Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.160/2002
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7B.160/2002 /min

Urteil vom 4. Oktober 2002
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons
Basel-Landschaft, Dreierkammer des Kantonsgerichts, Gerichtsgebäude,
Bahnhofplatz 16, 4410 Liestal.

Fortsetzung der Betreibung/Einrede gemäss Art. 81 Abs. 2 SchKG,

Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs des Kantons Basel-Landschaft, Dreierkammer des Kantonsgerichts, vom
9. Juli 2002.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Das Betreibungsamt Binningen teilte am 27. Mai 2002 der
Betreibungsgläubigerin Versicherung Y.________ AG, Zürich, mit, dass der
Betreibungsschuldner X.________ fristgemäss nach Art. 79 Abs. 2 und Art. 81
Abs. 2 SchKG Einrede gegen ihre Verfügung vom 25. März 2002 erhoben habe und
die Fortsetzung der Betreibung (Nr. ...) erst möglich sei, wenn sie beim
Rechtsöffnungsrichter des Betreibungsortes ein diese Einrede als unzutreffend
zurückweisendes Rechtsöffnungsurteil erwirkt habe. Dagegen beschwerte sich
die Versicherung Y.________. Die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs des Kantons Basel-Landschaft (Dreierkammer des Kantonsgerichts) hiess
die Beschwerde mit Entscheid vom 9. Juli 2002 gut und hob die Verfügung des
Betreibungsamtes vom 27. Mai 2002 auf; weiter stellte sie fest, dass die
Eingabe des Schuldners X.________ an das Betreibungsamt keine Einrede gemäss
Art. 81 Abs. 2 SchKG enthält, und wies das Betreibungsamt an, die von der
Versicherung Y.________ eingeleitete Betreibung fortzusetzen. Zur Begründung
führte die Aufsichtsbehörde aus, dass die Äusserung des Schuldners vom 25.
Mai 2002 keine formell zulässige Einrede im Sinne von Art. 81 Abs. 2 SchKG
gegen den ausserkantonalen Anerkennungsentscheid, mit dem der Rechtsvorschlag
beseitigt wurde, darstelle und daher vom Betreibungsamt zurückzuweisen sei.

X. ________ hat den Entscheid der Aufsichtsbehörde vom 9. Juli 2002 mit
Beschwerdeschrift vom 15. August 2002 (Postaufgabe) an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt sinngemäss,
es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und das Betreibungsamt
anzuweisen, die Betreibung nicht fortzusetzen.

Die Aufsichtsbehörde hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Weitere
Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden.

2.
2.1 Der Entscheid der (oberen) kantonalen Aufsichtsbehörde kann innert zehn
Tagen nach der Eröffnung an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 19
Abs. 1 SchKG; Art. 78 Abs. 1 OG). Aus den kantonalen Akten geht hervor, dass
der angefochtene Entscheid am 15. Juli 2002 als Gerichtsurkunde (Einschreiben
mit Rückschein) an den Beschwerdeführer gesandt wurde, bis zum 23. Juli 2002
auf der Poststelle zur Abholung bereit lag und nicht abgeholt wurde. Der
Beschwerdeführer macht zur Rechtzeitigkeit seiner am 15. August 2002
erhobenen Beschwerde geltend, dass er vom 7. Juli bis 4. August 2002 abwesend
gewesen sei und erst am 5. August 2002 Kenntnis vom Entscheid genommen habe.

2.2 Wird eine eingeschriebene Sendung nicht innerhalb der vorgesehenen
Abholfrist von sieben Tagen abgeholt (Ziff. 2.3.7 lit. b der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen "Postdienstleistungen" der Schweizerischen Post, Ausgabe
Januar 2002, i.V.m. Art. 11 Abs. 1 des Postgesetzes [SR 783.0] sowie Art. 13
Abs. 1 der Postverordnung [SR 783.01]), gilt die Sendung nach der
Rechtsprechung (BGE 123 III 392 E. 1 S. 493; 127 I 31 E. 2a/aa S. 34; 127 III
173 E. 1a S. 174) als am letzten Tag der Frist zugestellt, sofern der
Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen. Letzteres ist hier ohne
weiteres zu bejahen, da aus dem angefochtenen Entscheid und den kantonalen
Akten hervorgeht, dass die Aufsichtsbehörde die Beschwerde der Versicherung
Y.________ vom 6. Juni 2002 mit Verfügung vom 10. Juni 2002 dem
Beschwerdeführer unstrittig zur Vernehmlassung bis zum 26. Juni 2002
zugestellt hat. Ab diesem Zeitpunkt musste der Beschwerdeführer mit der
Zustellung eines Entscheides dieser Behörde rechnen. Auf dem angefochtenen
Entscheid findet sich der Vermerk, dass die Aufsichtsbehörde diesen auch dem
Beschwerdeführer zusandte. Dass ihm in der Folge eine Abholungseinladung
zuging, bestreitet der Beschwerdeführer nicht; vielmehr legt er seiner
Eingabe die Kopie der Einladung der Poststelle Z.________ vor, dass eine
Gerichtsurkunde mit Absendeort Liestal vom 16. bis 23. Juli 2002 abzuholen
sei. Der Beschwerdeführer legt im Weiteren keine Gründe dar, weshalb er
infolge eines unverschuldeten Hindernisses davon abgehalten worden sei,
darauf innert Frist zu handeln und beantragt auch nicht sinngemäss eine
Wiederherstellung der Frist (Art. 33 Abs. 4 SchKG). Mit dem zugestellten
Entscheid hat die Aufsichtsbehörde nicht nur über die Begründetheit
(Gutheissung) der Beschwerde entschieden, sondern das Betreibungsamt zur
Fortsetzung der Betreibung angewiesen. Indessen stellt diese ausdrückliche
Anweisung, dem Fortsetzungsbegehren der Betreibungsgläubigerin Folge zu
leisten, m.a.W. die Pfändungsankündigung auszustellen (d.h. auszufertigen)
keine Betreibungshandlung im Sinne von Art. 56 SchKG dar, weil sie den
Betreibenden - anders als etwa die (Anweisung zur) Zustellung der
Pfändungsankündigung - seinem Ziel (noch) nicht näher bringt und nicht in die
Rechtsstellung des Betriebenen eingreift (BGE 121 III 284 E. 2a, betreffend
die Ausstellung eines Zahlungsbefehls; Gilliéron, Commentaire de la LP, N. 32
zu Art. 56; Bauer, in: Kommentar zum SchKG, N. 27, 28 u. 33 zu Art. 56).
Folglich sind die vom 15. Juli bis 31. Juli dauernden Betreibungsferien (Art.
56 Ziff. 2 SchKG) nicht zu berücksichtigen (vgl. BGE 117 III 4 E. 3 S. 5).
Somit begann die 10-tägige Beschwerdefrist für die Weiterziehung des
Entscheides der Aufsichtsbehörde an das Bundesgericht mit rechtswirksamer
Zustellung am 23. Juli 2002 (letzter Tag der Abholfrist) mit dem 24. Juli
2002 zu laufen (Art. 31 Abs. 1 SchKG) und endigte am Freitag, 2. August 2002.
Die gemäss Vermerk der Aufsichtsbehörde am 15. August 2002 der
schweizerischen Post (Art. 32 Abs. 1 SchKG) übergebene Beschwerde erweist
sich als verspätet.

2.3 An diesem Ergebnis ändert nichts, dass die Aufsichtsbehörde den nicht
abgeholten Entscheid am 26. Juli 2002 mit A-Post erneut zugestellt hat. Der
Beginn der 10-tägigen Frist zur Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG richtet sich
einzig nach den dargelegten Regeln des Bundesrechts (BGE 120 III 3 E. 1d S.
4). Da der Beschwerdeführer - wie erwähnt - eine erste Abholungsaufforderung
erhalten hat, könnte er sich im Übrigen von vornherein nicht darauf berufen,
die zweite, während laufender Rechtsmittelfrist erfolgte Zustellung habe eine
Verlängerung der Frist gestützt auf den Vertrauensschutz bewirkt (vgl. BGE
115 Ia 12 E. 4 S. 18 ff.).

3.
Die erkennende Kammer könnte im Fall einer formell unzureichenden Beschwerde,
wie sie hier vorliegt, eingreifen, wenn sie - ohne dass die Akten zu
durchforschen wären - auf eine nichtige Verfügung tatsächlich aufmerksam wird
(BGE 94 III 65 E. 2 S. 68 u. 71). Da weder der Beschwerdeschrift noch dem
angefochtenen Entscheid irgendwelche Hinweise auf eine nichtige Verfügung der
Vollstreckungsorgane zu entnehmen sind (vgl. Art. 22 SchKG), erweist sich die
Beschwerde insgesamt als unzulässig.

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin (Versicherung
Y.________ AG), dem Betreibungsamt Binningen und der Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft, Dreierkammer des
Kantonsgerichts, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Oktober 2002

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: