Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.486/2002
Zurück zum Index Kassationshof in Strafsachen 2002
Retour à l'indice Kassationshof in Strafsachen 2002


6S.486/2002 /kra

Urteil vom 20. Februar 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Näf.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Stephan A. Buchli,
Buchli & Hochuli,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich.

Grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 2 SVG); Strafzumessung
(Art. 50 Abs. 2, Art. 63 StGB),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich,
II. Strafkammer,
vom 4. Oktober 2002.

Sachverhalt:

A.
X. ________ fuhr am 13. März 2001, um 13.22 Uhr, mit einem Personenwagen auf
der Stampfenbachstrasse in Zürich stadteinwärts. Nach der Tramhaltestelle
"Kronenstrasse" schloss er dicht zu dem von A.________ gelenkten
Personenwagen auf. Durch mehrmaliges Betätigen der Lichthupe versuchte er,
den Vordermann zu einer etwas schnelleren Fahrt zu bewegen. A.________, der
Polizeibeamter von Beruf ist und zur fraglichen Zeit privat unterwegs war,
kam dieser Aufforderung nicht nach, da er bei einer zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h mit einer seines Erachtens in jenem Bereich
angemessenen Geschwindigkeit von 45 km/h fuhr. X.________ leitete vor der
Tramhaltestelle "Beckenhof" ein Überholmanöver ein. Ab dem Zeitpunkt, da er
zum Überholen ansetzte, bis zu dem Zeitpunkt, als er auf der gleichen Höhe
mit A.________ war, gab Letzterer mehrere akustische Warnsignale ab, um
X.________ zum Abbruch des Überholmanövers aufzufordern. Dieser setzte jedoch
den Überholvorgang fort, wobei er mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h fuhr.
A.________ bremste hierauf stark ab, um X.________ zu ermöglichen, noch vor
der Traminsel wieder nach rechts einzubiegen. X.________ schloss das
Überholmanöver auf der Höhe der Einmündung der Georgenstrasse einige Meter
vor einem Fussgängerstreifen ab.

Durch die von A.________ abgegebenen Warnsignale wurde eine Fussgängerin, die
auf dem rechtsseitigen Trottoir stand in der Absicht, auf dem
Fussgängerstreifen zur Traminsel zu gelangen, auf die beiden herannahenden
Fahrzeuge aufmerksam. Da die Fussgängerin erkannte, dass das überholende
Fahrzeug sich dem Fussgängerstreifen mit relativ hoher Geschwindigkeit
näherte, betrat sie den Streifen nicht und wich auf dem Trottoir einige
Schritte vom Trottoirrand zurück. A.________ folgte X.________ über eine
kurze Strecke, um sich dessen Kontrollschildnummer zu notieren. X.________
zeigte A.________ in dieser Phase des Geschehens den ausgestreckten
Mittelfinger.

B.
B.aDer Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich sprach
X.________ am 19. April 2002 schuldig
der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m.
Art. 32 Abs. 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV (begangen durch
Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts);
der Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG i.V.m.
Art. 35 Abs. 2 und 3 SVG (begangen durch vorschriftswidriges Überholen);
der mehrfachen Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG
i.V.m. Art. 40 Satz 2 SVG und Art. 29 Abs. 1 VRV (begangen durch unnötige
Lichtsignale).
Er bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 3'000.--.

Hingegen wurde X.________ freigesprochen vom Vorwurf der Verletzung von
Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG i.V.m. Art. 33 Abs. 1 und 2
SVG sowie Art. 6 Abs. 1 VRV (angeblich begangen durch Missachten des
Vortrittsrechts einer Fussgängerin an einem Fussgängerstreifen).

Auf die Anklage wegen Beschimpfung (Art. 177 StGB) trat der Einzelrichter mit
Verfügung vom 19. April 2002 nicht ein.

B.b Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 4. Oktober 2002
schuldig
der groben Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG
i.V.m. Art. 32 Abs. 1 und 2 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV, Art. 33 Abs.
1 und 2 SVG sowie Art. 6 Abs. 1 VRV und Art. 35 Abs. 2 und 3 SVG sowie Art.
10 Abs. 2 VRV;
der mehrfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG
i.V.m. Art. 40 Satz 2 SVG und Art. 29 Abs. 1 VRV.
Es verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 7 Tagen
und zu einer Busse von Fr. 2'500.--.

C.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde.

D.
Am 12. November 2003 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich die von
X.________ erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf
eintrat.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Wer Verkehrsregeln des Strassenverkehrsgesetzes oder der
Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt, wird mit Haft oder mit
Busse bestraft (Art. 90 Ziff. 1 SVG). Wer durch grobe Verletzung der
Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft
oder in Kauf nimmt, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft (Art. 90 Ziff.
2 SVG).

1.1 Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer die Verletzung von mehreren
Verkehrsregeln betreffend die zulässige Geschwindigkeit, das Überholen und
das Vortrittsrecht der Fussgängerin am Fussgängerstreifen vor. Alle diese
Verkehrsregeln habe er durch das inkriminierte Verhalten, das als
einheitlicher Vorgang zu beurteilen sei, im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG
grob verletzt. Durch seine Fahrweise habe er sowohl den überholten
Fahrzeuglenker wie auch die Fussgängerin konkret gefährdet (angefochtenes
Urteil S. 21 ff.).
1.2 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, er habe durch die ihm
zur Last gelegten Verkehrsregelverletzungen weder den überholten
Fahrzeuglenker noch die Fussgängerin gefährdet und sich daher nicht der
groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG
schuldig gemacht. Er scheint zudem der Auffassung zu sein, dass in gewissen
Punkten nicht einmal eine einfache Verkehrsregelverletzung anzunehmen sei.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer fuhr während des Überholmanövers bei einer zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts mit einer Geschwindigkeit von 65
km/h. Dadurch missachtete er Art. 32 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 4a Abs. 1 lit. a
VRV. Entgegen einer Andeutung in der Nichtigkeitsbeschwerde (S. 4) ist es
nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer zudem wegen
Nichtanpassens der Geschwindigkeit an die Verhältnisse (Art. 32 Abs. 1 SVG)
verurteilt hat. Jedenfalls auf dem Streckenabschnitt kurz vor dem Abschluss
des Überholmanövers wäre angesichts der nahen Tramhaltestelle mit Insel und
Fussgängerstreifen auch die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, die
nur unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen zulässig ist,
nicht den Umständen angepasst gewesen.

2.2 Der Beschwerdeführer überholte den andern Automobilisten auf einem gerade
verlaufenden, breiten Strassenabschnitt. Bei Geschwindigkeiten von 45 km/h
des einen und von 65 km/h des andern Fahrzeugs reichte aber die Strecke bis
zur Traminsel für eine korrekte Durchführung des Überholvorgangs nicht aus.
Der Lenker des überholten Fahrzeugs erkannte dies und gab daher ab dem
Zeitpunkt, da der Beschwerdeführer zum Überholen ansetzte, bis zum Moment,
als dieser auf gleicher Höhe war, mehrere akustische Warnsignale ab, um den
Beschwerdeführer zum Abbruch des Überholmanövers zu veranlassen (siehe
angefochtenes Urteil S. 11). Als dies nichts fruchtete, bremste der Lenker
des überholten Wagens stark ab, um dem Beschwerdeführer zu ermöglichen, das
Überholmanöver vor der Traminsel abzuschliessen. Der Beschwerdeführer
missachtete durch sein Überholmanöver Art. 35 Abs. 2 und 3 SVG. Der zum
Überholen nötige Raum war angesichts der nahen Traminsel nicht frei, und der
Beschwerdeführer nahm auf den Lenker des überholten Fahrzeugs nicht die
gebotene Rücksicht. Dass der Beschwerdeführer unstreitig nicht brüsk wieder
einbog und somit nicht durch ein derartiges Einbiegemanöver den Lenker des
überholten Fahrzeugs zum Bremsen nötigte (angefochtenes Urteil S. 20;
Nichtigkeitsbeschwerde S. 7), ist unerheblich. Die Bemerkung des
Beschwerdeführers, der Lenker des überholten Fahrzeugs habe "ohne äusserliche
Notwendigkeit" gebremst (Nichtigkeitsbeschwerde S. 7), ist in Anbetracht der
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz unbegründet.

2.3 Die Fussgängerin stand bereits im Zeitpunkt, als der Lenker des
überholten Fahrzeugs akustische Warnsignale abgab, um den Beschwerdeführer
zum Abbruch des Überholmanövers zu veranlassen, auf dem Trottoir beim
Fussgängerstreifen in der erkennbaren Absicht, auf diesem die Fahrbahn zu
überqueren (siehe angefochtenes Urteil S. 11, 17/18, 20). Der
Beschwerdeführer hätte (auch) in Anbetracht der bei der gebotenen Sorgfalt
erkennbaren Fussgängerin das Überholmanöver abbrechen müssen. Indem er
stattdessen den Überholvorgang abschloss und sich dabei mit übersetzter
Geschwindigkeit dem Fussgängerstreifen näherte, missachtete er das der
Fussgängerin gemäss Art. 33 Abs. 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV zustehende
Vortrittsrecht. Dass die Fussgängerin angesichts des näher kommenden
Fahrzeugs des Beschwerdeführers einige Schritte vom Trottoirrand zurückwich,
bedeutet - entgegen der im erstinstanzlichen Urteil (S. 11) vertretenen
Auffassung - nicht, dass sie auf ihr Vortrittsrecht verzichtet habe. Vielmehr
wurde die Fussgängerin, die zuvor am Trottoirrand gestanden hatte, um den
Fussgängerstreifen zu betreten, durch die Fahrweise des Beschwerdeführers an
der Ausübung ihres Vortrittsrechts gehindert. Unzutreffend ist der Einwand
des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe nicht geprüft, ob die Fussgängerin
ihm gegenüber überhaupt vortrittsberechtigt gewesen sei (Beschwerde S. 6
unten). Dem angefochtenen Urteil kann entnommen werden, dass der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt, als die Fussgängerin erkennbar am Trottoirrand
stand, um den Fussgängerstreifen zu betreten, noch weit genug entfernt war,
um bei korrekter Fahrweise vor dem Streifen anzuhalten.

3.
3.1 Der qualifizierte Tatbestand von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist objektiv erfüllt,
wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise
missachtet und die Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche
Gefahr für die Sicherheit anderer ist nicht erst bei einer konkreten, sondern
bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben (BGE 123 II 106 E.
2a; 123 IV 88 E. 3a, je mit Hinweisen). Ob eine konkrete, eine erhöhte
abstrakte oder nur eine abstrakte Gefahr geschaffen wird, hängt von der
Situation ab, in welcher die Verkehrsregelverletzung begangen wird.
Wesentliches Kriterium für die Annahme einer erhöhten abstrakten Gefahr ist
die Nähe der Verwirklichung. Die allgemeine Möglichkeit der Verwirklichung
einer Gefahr genügt demnach nur zur Erfüllung des Tatbestands von Art. 90
Ziff. 2 SVG, wenn in Anbetracht der Umstände der Eintritt einer konkreten
Gefährdung oder gar einer Verletzung nahe liegt (BGE 123 IV 88 E. 3a; 118 IV
285 E. 3a).

Subjektiv erfordert der Tatbestand von Art. 90 Ziff. 2 SVG nach der
Rechtsprechung ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges
Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln mindestens
grobe Fahrlässigkeit (BGE 126 IV 192 E. 3; 123 IV 88 E. 2a und E. 4a; 118 IV
285 E. 4). Rücksichtslos ist unter anderem ein bedenkenloses Verhalten
gegenüber fremden Rechtsgütern. Dieses kann auch in einem blossen
(momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder Interessen bestehen (nicht
veröffentlichte Urteile 6S.11/2002 vom 20. März 2002 und 6S.56/1994 vom 11.
April 1994).

3.2 Der Beschwerdeführer bog zwar nicht brüsk vor dem überholten Fahrzeug
wieder nach rechts ein. Dies war indessen allein deshalb nicht notwendig,
weil der Lenker des überholten Fahrzeugs die vom Beschwerdeführer durch die
Einleitung des Überholmanövers geschaffene Gefahrenlage erkannte und daher
abbremste, um dem Beschwerdeführer ein Wiedereinbiegen nach rechts vor der
Traminsel zu ermöglichen. Wäre der überholte Fahrzeuglenker mit einer
unverminderten Geschwindigkeit von 45 km/h weitergefahren, so hätte der
Beschwerdeführer nur durch eine zusätzliche Beschleunigung der
Geschwindigkeit und durch ein brüskes Wiedereinbiegen vor dem überholten
Fahrzeug das Manöver vor der Traminsel abschliessen können. Der
Beschwerdeführer gefährdete den Lenker des andern Fahrzeugs dadurch konkret,
dass er auf dem fraglichen Streckenabschnitt überhaupt ein Überholmanöver
einleitete. Der überholte Fahrzeuglenker verminderte durch sein umsichtiges,
vorausschauendes Verhalten die vom Beschwerdeführer geschaffene konkrete
Gefahr und damit das Risiko eines Unfalls. Dies ändert jedoch nichts daran,
dass er durch das Überholmanöver des Beschwerdeführers konkret gefährdet
wurde.

Der Beschwerdeführer war der Ansicht, dass der andere Fahrzeuglenker zu
langsam fuhr. Er betätigte daher mehrmals die Lichthupe. Der andere
Fahrzeuglenker fuhr mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit von 45 km/h
weiter, was angesichts der nahen Traminsel mit Fussgängerstreifen angemessen
war. Der Beschwerdeführer verlor offensichtlich die Geduld. Er leitete daher
ein Überholmanöver ein, obschon der zum Überholen nötige Raum angesichts der
nahen Traminsel erkennbar nicht frei war und er daher das Überholmanöver nur
durch ein brüskes Wiedereinbiegen vor dem überholten Fahrzeug abschliessen
konnte, es sei denn, dass dessen Lenker stark abbremste. Der Beschwerdeführer
verhielt sich damit gegenüber dem Lenker des überholten Fahrzeugs
rücksichtslos.

Der Beschwerdeführer hat demnach durch sein Überholmanöver den Lenker des
überholten Fahrzeugs rücksichtslos konkret gefährdet und sich dadurch der
groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 i.V.m
Art.35 Abs. 2 und 3 SVG schuldig gemacht.

Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist daher in diesem Punkt
abzuweisen.

3.3
3.3.1Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer auch in Bezug auf die ihm
angelastete Missachtung der Vorschriften betreffend die zulässige
Geschwindigkeit und das Vortrittsrecht der Fussgängerin am Fussgängerstreifen
wegen grober Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG
verurteilt. Zwar sei die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
innerorts um 15 km/h nicht eo ipso als grobe Verkehrsregelverletzung zu
qualifizieren. "Indessen" habe der Beschwerdeführer "mit seinem Verhalten
sowohl den überholten Fahrzeuglenker im Zusammenhang mit dem Wiedereinbiegen
auf die Fahrspur als auch die sich immer noch in der Nähe des
Fussgängerstreifens aufhaltende Fussgängerin konkret gefährdet"
(angefochtenes Urteil S. 23 unten). Zu diesem "Verhalten" zählt die
Vorinstanz, wie sich aus dem Begründungszusammenhang ergibt, auch die dem
Beschwerdeführer vorgeworfene Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit.

Es ist indessen, entsprechend einem zutreffenden Einwand in der
Nichtigkeitsbeschwerde (S. 5/6), nicht ersichtlich, inwiefern der überholte
Fahrzeuglenker auch durch die überhöhte Geschwindigkeit des Beschwerdeführers
konkret gefährdet worden sei.

Das angefochtene Urteil enthält auch keine Anhaltspunkte, welche den Schluss
zulassen, dass die Fussgängerin, die auf dem Trottoir stand, durch die
Fahrweise des Beschwerdeführers konkret gefährdet worden sei. Die
Fussgängerin wäre allenfalls konkret gefährdet gewesen, wenn sie den
Fussgängerstreifen betreten hätte. Dies unterliess sie aber, da sie auf Grund
ihrer Beobachtung des Geschehens auf der Fahrbahn erkannte, dass der
Beschwerdeführer, der im Begriffe war, ein anderes Fahrzeug zu überholen,
wahrscheinlich vor dem Streifen nicht anhalten werde. Zwar wurde die
Fussgängerin gerade auch auf Grund der akustischen Warnsignale, welche der
Fahrzeuglenker abgab, um den Beschwerdeführer zum Abbruch des Überholmanövers
zu veranlassen, auf die beiden von links nahenden Fahrzeuge aufmerksam.
Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Fussgängerin allein dank dieser
akustischen Warnsignale und damit gewissermassen zufälligerweise auf die
Fahrweise des Beschwerdeführers aufmerksam geworden sei, wäre eine konkrete
Gefährdung zu verneinen. Entscheidend ist, dass die Fussgängerin den Streifen
tatsächlich nicht betrat. Im Übrigen war sie in jedem Fall, mithin unabhängig
von akustischen Warnsignalen anderer Verkehrsteilnehmer, verpflichtet, vor
dem Betreten des Streifens das Geschehen auf der Fahrbahn zu beobachten
(siehe Art. 47 Abs. 2 VRV). Bei dieser gebotenen Aufmerksamkeit war
erkennbar, dass der Beschwerdeführer, der im Begriff war, mit übersetzter
Geschwindigkeit ein anderes Fahrzeug zu überholen, wahrscheinlich vor dem
Fuss-gängerstreifen nicht anhalten würde. Wohl bestand die Möglichkeit, dass
die Fussgängerin aus irgendwelchen Gründen den Streifen betreten und sich
damit allenfalls einer konkreten Gefährdung durch die Fahrweise des
Beschwerdeführers aussetzen könnte. Diese Möglichkeit einer konkreten Gefahr
stellt indessen nicht ihrerseits auch eine konkrete Gefährdung dar. Dass die
Fussgängerin aber auf dem Trottoir konkret gefährdet gewesen sei, nimmt
offenbar auch die Vorinstanz selbst nicht an. Das angefochtene Urteil enthält
keine Anhaltspunkte, die den Schluss auf eine konkrete Gefährdung der
Fussgängerin auf dem Trottoir zulassen.

3.3.2 Der Tatbestand der groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von
Art. 90 Ziff. 2 SVG kann allerdings auch bei Vorliegen einer erhöhten
abstrakten Gefahr erfüllt sein. Diese ist, wie erwähnt (siehe E. 3.1 hievor),
gegeben, wenn in Anbetracht der konkreten Umstände der Eintritt einer
konkreten Gefährdung oder gar Verletzung nahe liegt. Die Vorinstanz hat sich
mit der Frage einer erhöhten abstrakten Gefahr nicht auseinander gesetzt. Sie
hatte dazu keinen Anlass, da sie eine konkrete Gefährdung der Fussgängerin
angenommen hat.

Das angefochtene Urteil enthält keine Anhaltspunkte, die darauf schliessen
lassen, dass durch die vom Beschwerdeführer begangene Verletzung der
Verkehrsregeln betreffend die zulässige Geschwindigkeit und/oder das
Vortrittsrecht auf oder an einem Fussgängerstreifen eine erhöhte abstrakte
Gefahr geschaffen worden sei. Der Strassenabschnitt, auf welchem der
Beschwerdeführer das Überholmanöver durchführte, ist breit und übersichtlich.
Inwiefern die Geschwindigkeit von 65 km/h auf diesem Strassenabschnitt eine
erhöhte abstrakte Gefahr begründet haben könnte, ist nicht ersichtlich. Mit
welcher Geschwindigkeit der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Abschluss
des Überholmanövers und somit einige Meter vor dem Fussgängerstreifen fuhr,
ist nicht festgestellt worden. Die Vorinstanz führt allerdings aus, "wegen
der nicht angepassten Geschwindigkeit bei den beschriebenen, nicht
ungefährlichen Strassen- und Sichtverhältnissen hätte es leicht zu einem
Unfall kommen können" (angefochtenes Urteil S. 23/24). Sie nimmt damit Bezug
auf ihre Feststellungen, dass die Stampfenbachstrasse stadteinwärts auf der
Höhe der Haltestelle "Beckenhof" eine leichte Linkskurve beschreibt und dass
wegen des Unterstandes für die wartenden Trambenützer die Sichtverhältnisse
auf der rechten Fahrspur deutlich eingeschränkt sind (angefochtenes Urteil S.
21). Dieser Strassenabschnitt befindet sich indessen jenseits des
Fussgängerstreifens (siehe kant. Akten act. 4 [Photos]). Es ist nicht
festgestellt worden, wie und mit welcher Geschwindigkeit der Beschwerdeführer
auf diesem Streckenabschnitt fuhr. Die Fahrweise des Beschwerdeführers nach
dem Passieren des Fussgängerstreifens bildet überhaupt nicht Gegenstand der
Anklageschrift.

Die Fussgängerin, welche den Streifen betreten wollte, konnte das
Überholmanöver beobachten. Angesichts der Fahrweise des Beschwerdeführers
unterliess sie es, den Fussgängerstreifen zu betreten. Unter den gegebenen
Umständen bestand auch nicht eine nahe liegende Möglichkeit, dass die
Fussgängerin den Streifen benützen und sich damit allenfalls einer konkreten
Gefährdung aussetzen könnte. Dass im massgebenden Zeitraum andere Fussgänger
erkennbar den Streifen betreten wollten, ist nicht festgestellt worden. Die
Verkehrsregel betreffend die Gewährung des Vortrittsrechts gegenüber
Fussgängern (Art. 33 Abs. 2 SVG) kann nur verletzt werden, wenn sich auf oder
an dem Streifen tatsächlich ein Fussgänger befindet. Auch die Anwendung von
Art. 90 Ziff. 2 SVG kommt folgerichtig insoweit nur unter dieser
Voraussetzung in Betracht. Die nahe liegende Möglichkeit, dass sich
Fussgänger auf oder an dem Streifen befinden könnten und bei Betreten
desselben konkret gefährdet wären, d.h. das Vorliegen einer erhöhten
abstrakten Gefahr, vermöchte eine Verurteilung wegen grober Verletzung von
Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 SVG nicht
zu begründen.

3.3.3 Der Beschwerdeführer hat sich somit durch die Missachtung der
Verkehrsregeln betreffend die zulässige Geschwindigkeit (Art. 32 Abs. 1 und 2
SVG sowie Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV) und durch die Missachtung der
Verkehrsregeln betreffend die Gewährung des Vortrittsrechts gegenüber
Fussgängern (Art. 33 Abs. 2 SVG sowie Art.6 Abs. 1 VRV) lediglich der
Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG schuldig gemacht.
Seine Verurteilung wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln  gemäss Art. 90
Ziff. 2 SVG verstösst insoweit gegen Bundesrecht. Die eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde ist daher in diesen Punkten gutzuheissen.

4.
Die Vorinstanz wird sich im neuen Entscheid auch mit der Strafzumessung
befassen. Sollte sie den Beschwerdeführer wiederum sowohl zu einer bedingt
vollziehbaren Freiheitsstrafe als auch zu einer Busse verurteilen, wird sie -
was im angefochtenen Entscheid unterblieben ist - im Rahmen ihrer
Begründungspflicht darlegen, aus welchen Gründen ihr eine Kombination der
beiden Strafen als angemessen erscheint.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer eine reduzierte
Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- zu tragen und ist ihm eine reduzierte
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- aus der Bundesgerichtskasse
auszurichten. Diese Beträge werden miteinander kompensiert.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 4. Oktober
2002 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigung ausgerichtet.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 20. Februar 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: