Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.485/2002
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6S.485/2002 /kra

Urteil vom 26. Mai 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Weissenberger.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Antoine F. Goetschel,
Goetschel & Raess, Ilgenstrasse 22, Postfach 218, 8030 Zürich,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.

Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau,
1. Strafkammer, vom 5. September 2002.

Sachverhalt:

A.
X. ________ baute im Frühjahr 1999 auf einer Fläche von rund 40 Aren Hanf an.
Einen Teil der Ernte (21 kg) verkaufte er im Jahr 2000 für Fr. 12'700.-- an
die Firma B.________ GmbH, wobei er die Hanfstauden eine Zeit lang in seiner
Scheune zum Trocknen lagerte. Einen weiteren Teil der Ernte (30 kg) verkaufte
er durch Vermittlung von A.________ für Fr. 21'000.-- an einen unbekannten
Dritten. Ferner tauschte er 5 kg Hanf gegen Hanf-Stecklinge ein. Der
THC-Gehalt des von X.________ geernteten und verkauften bzw. getauschten
Hanfes konnte nicht ermittelt werden. Im Frühjahr 2000 baute X.________
erneut grossflächig Hanf an. Dieses Hanf hatte kurz vor der Ernte einen
Gehalt an THC zwischen 3 und 8 %.

B.
Das Bezirksgericht Bremgarten sprach X.________ am 27. September 2001 der
qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19
Ziff. 2 lit. c BetmG schuldig und verurteilte ihn zu 13 Monaten Gefängnis
bedingt und zu einer Busse von Fr. 1'500.--; von weiteren Vorwürfen wurde
X.________ freigesprochen.

Das Obergericht des Kantons Aargau, 1. Strafkammer, hiess die Berufung von
X.________ am 5. September 2002 gut, soweit die Erstinstanz die Strafe nach
Art. 68 Ziff. 1 StGB geschärft hatte, und wies sie im übrigen ab. Es
bestätigte den Entscheid des Bezirksgerichts Bremgarten im Schuld- und
Strafpunkt.

X. ________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau aufzuheben.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme eines schweren Falles im
Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG durch die Vorinstanz. Er macht
geltend, es fehle hier am Erfordernis des erheblichen Gewinns.

1.1 Gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG liegt ein mit Freiheitsstrafe von
mindestens einem Jahr und Busse bedrohter schwerer Fall einer Widerhandlung
gegen Ziffer 1 der Norm vor, wenn der Täter durch gewerbsmässigen Handel
einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt hat.

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt ein Täter gewerbsmässig,
wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit
aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten
Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er
die deliktische Tätigkeit nach Art eines Berufs ausübt. Der Täter muss sich
darauf eingerichtet haben, durch die deliktische Handlung Einkünfte zu
erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner
Lebensgestaltung darstellen (BGE 123 IV 113 E. 2c S. 116).

Beim schweren Fall im Sinne von Art 19 Ziff. 2 lit. c BetmG muss der Täter
kumulativ zum gewerbsmässigen Handeln einen grossen Umsatz oder einen
erheblichen Gewinn tatsächlich erwirtschaftet haben. Das Bundesgericht hat in
einem neuen Entscheid einen gewerbsmässig erzielten Umsatz im Drogenhandel ab
Fr. 100'000.-- als gross bezeichnet. Gleichzeitig hat es dem Zeitraum, über
den sich die gewerbsmässige Tätigkeit erstreckte, für die Beurteilung der
Umsatzgrösse keine Bedeutung zugemessen (Urteil 6S.320/2002 vom 26. November
2002 E. 3.1 f., zur Veröffentlichung vorgesehen). Einen erheblichen
(Netto-)Gewinn hat die Rechtsprechung bei Einnahmen von mindestens Fr.
20'000.-- bejaht (Urteil 6S.226/1999 vom 3. Mai 1999 E. 1).

1.2 Die Vorinstanz hat verbindlich festgehalten, dass der Beschwerdeführer
einen guten Teil seiner Arbeitszeit und bedeutende Mittel für den Anbau, die
Pflege und Ausscheidung männlicher Pflanzen, die Ernte und Verarbeitung
(Trocknung) des Hanfes aufgewendet hat und sich zudem darauf eingerichtet
hatte, weiterhin Hanf anzubauen und als Betäubungsmittel zu veräussern. Der
Hanfanbau war neben der Damhirschzucht ein wesentliches Stammbein seiner
bäuerlichen Tätigkeit. Der Beschwerdeführer säte maschinell aus. Während der
Wachstumszeit musste er den Boden bearbeiten, jäten und düngen sowie die
männlichen Pflanzen herausschneiden. Für die Ernte beschäftigte er mehrere
Personen. Die geernteten Pflanzen trocknete er in seiner Scheune mit einem
eigens dafür gebauten Wagen mit Gebläse. Er trat mit mehreren Abnehmern in
Kontakt, um seinen Hanf zu verkaufen, und er schloss nach der ersten Ernte
einen Abnahmevertrag mit der Firma B.________ GmbH ab (angefochtenes Urteil,
S. 20 f.). Anbau, Gewinnung und Verkauf des Hanfes nahmen somit einen
erheblichen Teil seiner Erwerbstätigkeit in Anspruch. Der Beschwerdeführer
erzielte in der Deliktsperiode einen Umsatz von Fr. 33'700.--. Die Vorinstanz
hat den Nettogewinn bzw. die Aufwendungen des Beschwerdeführers nicht
festgestellt. Nach den Vorbringen des Beschwerdeführers belief sich der
Nettogewinn auf rund Fr. 20'000.-- (Beschwerde, S. 3 f.). In den Jahren 1995
und 1996 versteuerte der Beschwerdeführer Einkünfte von je Fr. 40'200.--. In
seiner Beschwerde macht er nicht geltend, im Tatzeitraum weniger verdient zu
haben, weshalb hier mit der Vorinstanz auf das steuerbare Einkommen aus
früheren Jahren abzustellen ist. Die errichtete Struktur und Organisation
seines landwirtschaftlichen Betriebs waren darauf eingerichtet, mit dem
Hanfgeschäft regelmässige Einkünfte zu erzielen. Diese stellten im Vergleich
zu seinen sonstigen Einkünften mit mindestens einem Viertel einen namhaften
Teil seines Lebensunterhalts dar (Urteil, S. 20 f.). Im Lichte der
dargelegten Rechtsprechung nahm die Vorinstanz zu Recht Gewerbsmässigkeit an.

Wie für die Beurteilung der Umsatzgrösse ist auch für die Frage der
Erheblichkeit des Gewinns nach Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG der Zeitraum
unbeachtlich, über den sich die gewerbsmässige Tätigkeit erstreckte. Setzt
man einen Nettogewinn in der Grössenordnung von Fr. 20'000.-- in Verhältnis
zum Grenzbetrag von Fr. 100'000.-- für den grossen Umsatz erscheint ein
derartiger Gewinn bereits als erheblich. Nicht nur beträgt die Gewinnmarge 25
%, was für die Herstellung von Marihuana eher hoch sein dürfte, sondern der
Betrag kann auch objektiv nur über einen umfangmässig bedeutenden
Drogenhandel erzielt werden, der eine Freiheitsstrafe von mindestens einem
Jahr rechtfertigt. Aus diesen Gründen verletzt die Annahme eines schweren
Falles durch die Vorinstanz Bundesrecht nicht.

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz führe im Urteilsdispositiv
nur Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG auf, nicht aber Ziffer 1 der Norm. Das
verletze Art. 1 StGB (Beschwerde, S. 4 f.).

Dieser Einwand ist unbegründet. Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG qualifiziert
ausdrücklich den gewerbsmässigen Handel als schweren Fall einer einfachen
Widerhandlung gemäss Ziff. 1 der Norm. Das dem Beschwerdeführer vorgeworfene
Verhalten geht damit aus der im Urteilsdispositiv genannten Bestimmung
unmittelbar hervor, womit eine Verletzung des aus Art. 1 StGB fliessenden
Grundsatzes "nulla poena sine lege" zu verneinen ist. Wohl ist richtig, dass
die Verurteilung wegen einer qualifizierten Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz einen Schuldspruch nach Art. 19 Ziff. 1 BetmG
voraussetzt und sowohl diese Bestimmung als auch die Qualifikationsnorm im
Urteilsdispositiv genannt werden müssten. Das Fehlen des Grundtatbestandes im
Urteilsdispositiv der Vorinstanz beruht auf einem offensichtlichen Versehen,
geht doch aus der Begründung im Urteil hervor, dass die Vorinstanz den
Beschwerdeführer auch nach Art. 19 Ziff. 1 BetmG verurteilt hat
(angefochtenes Urteil, S. 19). Der Beschwerdeführer ist durch das Versehen
der Vorinstanz nicht beschwert. Sollte das Obergericht sein Versehen nicht
von Amtes wegen korrigieren, kann der Beschwerdeführer die Ergänzung des
Urteilsdispositivs verlangen.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Dementsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen
(Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Strafkammer, sowie der
Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, den 26. Mai 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: