Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.481/2002
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6S.481/2002 /kra

Urteil vom 19. Juni 2003
(nach Sitzung vom 10. April 2003)
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Näf.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Dr. Hansulrich Weber,
Marktgasse 27, 4902 Langenthal,

gegen

A.________ AG,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher Mathias Ammann, Löwenplatz 5,
Postfach 90, 3303 Jegenstorf.

Unrechtmässige Aneignung fremder beweglicher Sachen mit geringem
Vermögenswert ohne Bereicherungsabsicht (Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 i.V.m. Art.
172ter Abs. 1 StGB),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, vom 7. Juni 2002.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ war seit 1. Oktober 1999 bei der A.________ AG in C.________
als Köchin angestellt. Die A.________ AG betreibt eine Bäckerei/Konditorei
mit angegliedertem Café, in dem auch verschiedene Mittagessen angeboten
werden. X.________ war die einzige in der Küche tätige Angestellte. Sie
arbeitete jeweils von 08.00 Uhr bis nach dem Mittagsservice, das heisst bis
13.30 Uhr, und, nach einer halbstündigen Pause, von 14.00 bis 17.00 Uhr.
X.________ wurde von der Arbeitgeberin monatlich ein Pauschalbetrag von Fr.
180.-- unter dem Titel "Kostgeld Mittagessen" vom Lohn abgezogen. X.________
nahm diesen Abzug während einiger Zeit unwidersprochen hin. Sie war aber
damit unzufrieden, da sie ihn in Anbetracht der von ihr am Arbeitsplatz
konsumierten Lebensmittel für zu hoch hielt. Sie teilte dies im Frühjahr 2000
ihrem Chef B.________ mit und verlangte eine Reduktion des Abzugs. B.________
forderte sie auf, ihm detaillierte Angaben über ihre Konsumgewohnheiten in
den Mittagspausen am Arbeitsplatz zu machen. X.________ übergab ihrem Chef
einen Zettel, auf dem geschrieben stand, was sie an einem Tag am Arbeitsplatz
konsumiert hatte, nämlich einen Kaffee, ein Sandwich und fünf Teebeutel. Dem
Chef reichten diese Angaben betreffend einen einzigen Tag zur Berechnung
eines monatlichen Betrages für Kostgeld Mittagessen nicht aus und er gab den
Zettel an X.________ zurück. In der Folge fanden keine weiteren Gespräche
über die Höhe des Pauschalabzugs statt.

A.b Am 25. August 2000, als X.________ nach Arbeitsschluss um ca. 17.20 Uhr
ihren Arbeitsplatz verliess, wurde sie von B.________ vor der Bäckerei
angehalten, zurück in den Laden geführt und nach Beizug einer anderen
Angestellten aufgefordert, den Inhalt ihrer Tasche auszubreiten. Nach
anfänglicher Weigerung kam sie dieser Aufforderung schliesslich nach. Es
kamen ein Beutel vakuumierter Kopfsalat, ein Beutel vakuumierte Zutaten zu
Marktsalat, zwei Brotstücke, ein Silserbrötchen und ein Liter Vollrahm zum
Vorschein. X.________ hatte diese Sachen in der Küche an sich genommen und
wollte sie nach Hause mitnehmen. Sie wurde gleichentags fristlos entlassen.

Mit Schreiben vom 28. August 2000 an die Arbeitgeberin protestierte
X.________ gegen die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses und
erklärte sich bereit, die Arbeit bis zum Ablauf der ordentlichen
Kündigungsfrist am 30. September 2000 fortzusetzen. Sie kündigte die
Einleitung von rechtlichen Schritten für den Fall an, dass sie von der
Arbeitgeberin nicht innert drei Tagen die schriftliche Aufforderung erhalte,
die vertragsgemässe Arbeit wieder aufzunehmen.

Mit Eingabe vom 31. August 2000 reichte die A.________ AG beim
Untersuchungsrichteramt Emmental-Oberaargau Strafanzeige gegen X.________ ein
mit den Rechtsbegehren, diese sei wegen Veruntreuung, eventualiter wegen
Diebstahls, subeventualiter wegen Sachentziehung zu verurteilen, begangen am
25. August 2000 zum Nachteil der A.________ AG durch Mitnahme von
Lebensmitteln.

Am 27. September 2000 reichte X.________ beim Gerichtspräsidenten 2 des
Gerichtskreises V Burgdorf-Fraubrunnen arbeitsrechtliche Klage auf Zahlung
von ausstehenden Lohnforderungen im Gesamtbetrag von Fr. 12'608.50 ein. Mit
Verfügung vom 6. Oktober 2000 ordnete der Gerichtspräsident die Sistierung
des arbeitsrechtlichen Verfahrens an, da dessen Ausgang wesentlich von der
Entscheidung im Strafverfahren abhängig sei.

B.
Mit Urteil des Gerichtspräsidenten 4 des Gerichtskreises V
Burgdorf-Fraubrunnen vom 25. Juli 2001 wurde X.________ mangels Absicht
unrechtmässiger Bereicherung freigesprochen vom Vorwurf des Diebstahls (Art.
139 StGB) von Lebensmitteln im Gesamtwert von ca. Fr. 15.--, angeblich
begangen am 25. August 2000 in C.________ zum Nachteil der A.________ AG. Aus
den schriftlichen Urteilserwägungen ergibt sich, dass X.________ auch vom
Vorwurf der Veruntreuung (Art. 138 StGB) freigesprochen wurde, weil ihr die
Sachen nicht "anvertraut" worden seien, sowie vom Vorwurf der Sachentziehung
(Art. 141 StGB), da sie der A.________ AG keinen "erheblichen Nachteil"
zugefügt habe, und dass in Bezug auf den Vorwurf der unrechtmässigen
Aneignung ohne Bereicherungsabsicht (Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB) das
Vorliegen eines rechtsgültigen Strafantrags verneint wurde.

Das Obergericht des Kantons Bern sprach X.________ auf Appellation der
Privatklägerin A.________ AG hin am 7. Juni 2002 der unrechtmässigen
Aneignung ohne Bereicherungsabsicht von Lebensmitteln im Gesamtwert von ca.
Fr. 15.-- schuldig und verurteilte sie in Anwendung von Art. 137 Ziff. 2 Abs.
2 i.V.m. Art. 172ter StGB zu einer Busse von 100 Franken. X.________ wurde
zudem zur Zahlung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 1'100.--,
zum Ersatz der erstinstanzlichen Parteikosten der Privatklägerin von Fr.
5'420.55 und zum Ersatz der oberinstanzlichen Parteikosten der Privatklägerin
von Fr. 2'785.45 verpflichtet.

C.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde verzichtet.

Die A.________ AG stellt in ihrer Vernehmlassung den Antrag, die
Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern
damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen
Voraussetzungen der Artikel 138-140 StGB zutreffen, mit Gefängnis oder mit
Busse bestraft (Art. 137 Ziff. 1 StGB). Die Straftat der unrechtmässigen
Aneignung wird gemäss Art. 137 Ziff. 2 StGB nur auf Antrag verfolgt, wenn der
Täter die Sache gefunden hat oder sie ihm ohne seinen Willen zugekommen ist
(Abs. 1), wenn er ohne Bereicherungsabsicht handelt (Abs. 2) oder wenn er zum
Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen handelt (Abs. 3). Richtet
sich das Vermögensdelikt nur auf einen geringen Vermögenswert oder auf einen
geringen Schaden, so wird der Täter, auf Antrag, mit Haft oder mit Busse
bestraft (Art. 172ter Abs. 1 StGB).

Nach der Auffassung der Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin durch ihr
Verhalten den Tatbestand der unrechtmässigen Aneignung ohne
Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB erfüllt. Da
sich die Tat nur auf einen geringen Vermögenswert von ca. Fr. 15.-- gerichtet
habe, liege ein geringfügiges Vermögensdelikt im Sinne von Art. 172ter StGB
vor.

2.
2.1 Die erste Instanz hat, wie sich aus ihren Urteilserwägungen (kant. Akten
p. 274a ff.) ergibt, eine Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen
unrechtmässiger Aneignung ohne Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 137
Ziff. 2 Abs. 2 StGB mit der Begründung abgelehnt, dass es in Bezug auf diesen
Straftatbestand an einem rechtsgültigen Strafantrag fehle (erstinstanzliche
Urteilsbegründung S. 24 f., kant. Akten p. 274x f.).

Die Vorinstanz ist demgegenüber der Auffassung, dass die als "Strafanzeige"
betitelte Eingabe der Privatklägerin vom 31. August 2000 in Anbetracht der
darin enthaltenen Ausführungen auch in Bezug auf den Tatbestand der
unrechtmässigen Aneignung ohne Bereicherungsabsicht als rechtsgültiger
Strafantrag zu qualifizieren sei (angefochtenes Urteil S. 11 ff.).

Die Beschwerdeführerin macht geltend, eine Verurteilung wegen unrechtmässiger
Aneignung ohne Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB
falle schon deshalb ausser Betracht, weil insoweit kein gültiger Strafantrag
vorliege (Nichtigkeitsbeschwerde S. 19 f.).
2.2 Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt ein gültiger Strafantrag im
Sinne von Art. 28 StGB vor, wenn der Antragsberechtigte innert Frist bei der
nach dem kantonalen Recht zuständigen Behörde in der vom kantonalen Recht
vorgeschriebenen Form seinen bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des
Täters so erklärt, dass das Strafverfahren ohne weitere Willenserklärung
weiterläuft (BGE 115 IV 1 E. 2a; 108 Ia 97 E. 2, mit Hinweisen). In der Regel
bringt der Strafantragsteller einen bestimmten Sachverhalt zur Anzeige. Es
ist nicht seine Aufgabe, den Sachverhalt rechtlich zu qualifizieren; die
rechtliche Würdigung obliegt der Behörde (BGE 115 IV 1 E. 2a). Nennt der
Antragsteller im Antrag die Strafbestimmung und/oder den Straftatbestand, die
beziehungsweise der durch das angezeigte Verhalten seines Erachtens verletzt
beziehungsweise erfüllt worden ist, so ist die Behörde an diese Qualifikation
nicht gebunden.

Treffen mehrere Tatbestände zusammen, so hat der Antragsteller allerdings die
Möglichkeit, die Bestrafung des Angeschuldigten nur unter bestimmten
tatsächlichen oder rechtlichen Aspekten zu verlangen; insbesondere kann er,
wenn er eine Anzeige in Bezug auf Offizialdelikte einreicht, auf eine
Strafverfolgung von daneben einhergehenden Antragsdelikten verzichten (BGE
115 IV 1 E. 2a, mit Hinweisen).

Die rechtliche Beurteilung des dem Angeschuldigten im Strafantrag
vorgeworfenen Verhaltens bleibt aber - entgegen dem Eindruck, den eine
Bemerkung im vorstehend zitierten BGE 115 IV 1 E. 2a erwecken könnte - stets
Sache der Behörde. Der Antragsteller kann darauf keinen Einfluss nehmen,
indem er beispielsweise erklärt, das dem Angeschuldigten im Strafantrag
vorgeworfene Verhalten solle nur unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten
beurteilt werden (BGE 68 IV 70 unten). Der Strafantragsteller kann auf die
rechtliche Beurteilung nur gewissermassen indirekt Einfluss nehmen, indem er
den Strafantrag durch eine entsprechende Umschreibung des inkriminierten
Verhaltens sachlich dergestalt beschränkt, dass bestimmte Straftatbestände
von vornherein zweifelsfrei ausser Betracht fallen (vgl. dazu BGE 85 IV 73;
siehe zum Ganzen den nicht publizierten Bundesgerichtsentscheid 6S.164/1995
vom 6. Juni 1995).

2.3 Die anwaltlich vertretene Beschwerdegegnerin hat in ihrer als
"Strafanzeige" bezeichneten Eingabe vom 31. August 2000 an das
Untersuchungsrichteramt Emmental-Oberaargau das inkriminierte Verhalten in
tatsächlicher Hinsicht ausführlich dargestellt. Sie hat - ohne Hinweise auf
Gesetzesartikel - die Rechtsbegehren gestellt, die Beschwerdeführerin sei
wegen Veruntreuung, eventualiter wegen Diebstahls, subeventualiter wegen
Sachentziehung zu verurteilen. Sie hat dies rechtlich damit begründet, dass
die Sachen der Beschwerdeführerin als Köchin anvertraut gewesen seien und die
Mitnahme der Gegenstände in Bereicherungsabsicht erfolgt sei; soweit das
Tatbestandsmerkmal des Anvertrautseins fehlen sollte, sei weiterhin der
Tatbestand des Diebstahls erfüllt; sollte die Bereicherungsabsicht nicht
nachgewiesen werden können, so sei in jedem Fall der Tatbestand der
Sachentziehung erfüllt.

Die Beschwerdegegnerin brachte mit ihren Ausführungen in der Strafanzeige
deutlich ihren unbedingten Willen zum Ausdruck, dass die Beschwerdeführerin
wegen des angezeigten Verhaltens - nach welcher Strafbestimmung auch immer -
bestraft werden soll. Dass sie nicht auch den Straftatbestand der
unrechtmässigen Aneignung ohne Bereicherungsabsicht ausdrücklich erwähnte,
lässt nicht den Schluss zu, sie habe damit den Willen geäussert, dass eine
Bestrafung der Beschwerdeführerin zu unterbleiben habe, falls das angezeigte
Verhalten nach der Auffassung der Behörden lediglich diesen Tatbestand
erfüllen sollte. Für eine solche Willensäusserung, die ohnehin rechtlich
unerheblich wäre, gab es entgegen den Andeutungen in der
Nichtigkeitsbeschwerde (S. 19/20) auch keinen vernünftigen Grund. Die
Beschwerdegegnerin wünschte eine Bestrafung der Beschwerdeführerin, weil sie
sich davon einen für sie günstigen Ausgang des von der fristlos entlassenen
Beschwerdeführerin anhängig gemachten arbeitsrechtlichen Prozesses erhoffte;
insoweit spielte es aber keine entscheidende Rolle, unter welchen
Straftatbestand das angezeigte Verhalten subsumiert würde, zumal ohnehin nur
ein - lediglich auf Antrag strafbares - geringfügiges Vermögensdelikt im
Sinne von Art. 172ter Abs. 1 StGB zur Diskussion stehen konnte. Der
vorliegende Fall unterscheidet sich wesentlich von dem BGE 115 IV 1 zu Grunde
liegenden Fall, in welchem eine Verurteilung wegen falscher Anschuldigung
gemäss Art. 303 StGB, mithin wegen eines Offizialdelikts, beantragt worden
war und der Antragsteller im Wissen, dass die Behörde darin nicht auch einen
Strafantrag wegen Ehrverletzung erblickte, innert der noch offenen Frist
keinen diesbezüglichen Strafantrag eingereicht hatte, was unter den konkreten
Umständen als Verzicht verstanden werden konnte. Im Übrigen dürfte das
Begehren, die Beschwerdeführerin sei subeventualiter wegen "Sachentziehung"
zu verurteilen, falls ihr die Bereicherungsabsicht nicht nachgewiesen werden
könnte, ohnehin auf einem Versehen beruhen. Den Tatbestand der Sachentziehung
erfüllt gemäss Art. 141 StGB in der seit 1. Januar 1995 geltenden Fassung,
wer dem Berechtigten ohne Aneignungsabsicht eine bewegliche Sache entzieht
und ihm dadurch einen erheblichen Nachteil zufügt. Massgebend ist somit nicht
das Fehlen der Bereicherungsabsicht, sondern das Fehlen der
Aneignungsabsicht, und der Tatbestand setzt die - vorliegend offensichtlich
nicht gegebene - Zufügung eines erheblichen Nachteils voraus. Die
Beschwerdegegnerin hatte allem Anschein nach den Tatbestand der
Sachentziehung im Sinne von Art. 143 aStGB im Auge, wonach, auf Antrag,
bestraft wurde, wer ohne Bereicherungsabsicht eine bewegliche Sache dem
Berechtigten entzog und ihn dadurch am Vermögen schädigte. Gerade auch ein
solches Verhalten wird, unter der einschränkenden Voraussetzung der
Aneignung, vom Tatbestand der unrechtmässigen Aneignung ohne
Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB erfasst (siehe
Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art.
137 N. 7, mit Hinweisen).

2.4 Die Einreichung eines Strafantrags war entgegen den weiteren Einwänden in
der Nichtigkeitsbeschwerde (S. 20 ff.) nicht rechtsmissbräuchlich. Die
Ausübung des Antragsrechts ist namentlich als rechtsmissbräuchlich zu
betrachten, wenn der Antragsteller selber durch rechtswidriges Verhalten zur
eingeklagten Tat unmittelbar Anlass gegeben hat (BGE 104 IV 90 E. 3b; 105 IV
229; 128 IV 154 E. 4). Diese Voraussetzung ist vorliegend selbst dann nicht
erfüllt, wenn man mit der Beschwerdeführerin annehmen wollte, dass der
monatliche Lohnabzug von Fr. 180.-- für "Kostgeld Mittagessen" im Grundsatz
oder zumindest in der Höhe rechtswidrig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin
nahm diesen Lohnabzug während einiger Monate unwidersprochen hin. Als sie im
Frühjahr 2000 beim Chef vorsprach, lehnte dieser eine Reduktion des Abzugs
nicht kategorisch ab. Vielmehr verlangte er Angaben, die belegten, dass die
Beschwerdeführerin regelmässig so wenig konsumierte, dass ein Lohnabzug von
Fr. 180.-- pro Monat zu hoch sei. Als der Chef die Angaben der
Beschwerdeführerin auf einem Zettel betreffend Konsumationen an einem
einzigen Tag als unzureichend bezeichnete, unterliess es die
Beschwerdeführerin, ergänzende, ausführlichere Angaben nachzureichen, was
möglich gewesen wäre. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass
das Verhalten des Chefs, falls es überhaupt rechtswidrig gewesen sein sollte,
unmittelbar Anlass zur eingeklagten Tat gegeben habe.

2.5 Die Beschwerdeführerin erachtet die Anrufung der Strafverfolgungsbehörden
durch die Beschwerdegegnerin als offenkundig rechtsmissbräuchlich, weil
Letztere damit einzig das Ziel verfolge, durch eine Verurteilung der
Beschwerdeführerin wegen einer Bagatelle den Nachweis eines wichtigen Grundes
für die fristlose Entlassung zu erlangen, welche die Beschwerdeführerin im
hängigen arbeitsrechtlichen Verfahren anfechte (Nichtigkeitsbeschwerde S. 2
f.).

Der Einwand ist unbegründet. Strafanträge und Strafanzeigen werden recht
häufig allein oder vor allem mit dem Ziel eingereicht, durch die angestrebte
strafrechtliche Verurteilung des Angeschuldigten die eigenen Aussichten in
einem hängigen oder drohenden Zivilprozess zu verbessern, und nicht selten
stellen die Gegenstand des Strafverfahrens bildenden Handlungen blosse
Bagatellen dar. Dies führt zwar zu einer zusätzlichen Belastung der
Strafjustiz, die man bedauern kann, bedeutet aber nicht, dass die Anrufung
der Strafverfolgungsbehörden rechtsmissbräuchlich sei.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, eine Verurteilung gemäss Art. 137
Ziff. 2 Abs. 2 StGB in Verbindung mit Art. 172ter Abs. 1 StGB falle infolge
Eintritts der Verjährung ausser Betracht. Der Tatbestand von Art. 137 Ziff. 2
Abs. 2 StGB sei nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen und
in zweiter Instanz erst nach Ablauf der relativen einjährigen
Verjährungsfrist gemäss Art. 109 aStGB in das Verfahren einbezogen worden. Da
sich die innerhalb der relativen Verjährungsfrist vor erster Instanz
behandelten Vorwürfe durchwegs als haltlos erwiesen hätten, seien sie auch
nicht geeignet gewesen, für den nicht erfassten Tatbestand
verjährungsunterbrechend zu wirken. Zudem sei das in Abwesenheit der Parteien
am 7. Juni 2002 ausgefällte Appellationsurteil erst nach dem 25. August 2002
und somit nach Ablauf der zweijährigen absoluten Verjährungsfrist förmlich
eröffnet worden (Nichtigkeitsbeschwerde S. 22).

Die Einwände sind unbegründet.

3.2 Gemäss Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB, der im Zeitpunkt der Ausfällung des
die Beschwerdeführerin verurteilenden angefochtenen Entscheids vom 7. Juni
2002 noch gegolten hat, wird die Verfolgungsverjährung unterbrochen durch
jede Untersuchungshandlung einer Strafverfolgungsbehörde oder Verfügung des
Gerichts gegenüber dem Täter, namentlich durch Vorladungen, Einvernahmen,
durch Erlass von Haft- oder Hausdurchsuchungsbefehlen sowie durch Anordnung
von Gutachten, ferner durch jede Ergreifung von Rechtsmitteln gegen einen
Entscheid. Diese Vorkehrungen unterbrechen die Verjährung der
Strafverfolgung, d.h. der Verfolgung eines bestimmten Verhaltens, und die
Unterbrechung hat Wirkung in Bezug auf sämtliche gesetzliche
Straftatbestände, unter welche der Gegenstand des Verfahrens bildende
Lebenssachverhalt allenfalls subsumiert werden kann, mithin auch in Bezug auf
gesetzliche Tatbestände, die erst nach Ablauf der relativen Verjährungsfrist
in Erwägung gezogen wurden und im Zeitpunkt der verjährungsunterbrechenden
Massnahme noch nicht zur Diskussion standen.

Im Übrigen hat der Vertreter der Beschwerdegegnerin bereits in seinem
Plädoyer an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 25. Juli 2001 und
somit vor Ablauf der einjährigen relativen Verjährungsfrist unter anderem den
Antrag gestellt und begründet, die Beschwerdeführerin sei eventualiter "der
unrechtmässigen Aneignung gemäss Art. 137 Abs. 2 StGB" schuldig zu sprechen
(Protokoll der erstinstanzlichen Hauptverhandlung, S. 13; kant. Akten p.
239), und hat die erste Instanz in der Begründung ihres Urteils vom 25. Juli
2001 dazu erwogen, dass es insoweit an einem rechtzeitigen Strafantrag fehle
(erstinstanzliche Urteilsbegründung S. 24; kant. Akten p. 274x).

3.3 Die rechtzeitig unterbrochene Verjährungsfrist hörte altrechtlich mit der
Ausfällung des die Beschwerdeführerin verurteilenden angefochtenen Entscheids
vom 7. Juli 2002 zu laufen auf. Massgebend ist die Ausfällung, nicht die
Eröffnung des Entscheides (BGE 121 IV 64 E. 2, mit Hinweisen). In diesem
massgebenden Zeitpunkt war die absolute Frist von zwei Jahren, die am 25.
August 2000 begonnen hatte, noch nicht abgelaufen.

4.
4.1 Die Vorinstanz kommt auf Grund verschiedener Umstände zum Schluss, die
Beschwerdeführerin sei sich durchaus bewusst gewesen, dass sie die fraglichen
Waren nicht habe nach Hause mitnehmen dürfen (angefochtenes Urteil S. 23);
sie habe sehr wohl gewusst, dass sie nicht berechtigt gewesen sei, sich
beliebig beziehungsweise als Ausgleich für den Pauschalabzug an den
Lebensmitteln zu bedienen (angefochtenes Urteil S. 24). Dass die
Beschwerdeführerin davon ausgegangen sein könnte, ihr Chef sei damit
einverstanden, dass sie die fehlenden Konsumationen am Mittag durch
Warenmitnahme am Abend ausgleiche, müsse ausgeschlossen werden (angefochtenes
Urteil S. 25).

Die Vorinstanz hält in Würdigung der gesamten Umstände fest, dass sich die
Beschwerdeführerin einerseits mit der Warenmitnahme für den abgezogenen
Pauschalbetrag von Fr. 180.-- habe schadlos halten wollen und dass es ihr
nach Massgabe ihrer eigenen Vorstellungen nicht darum gegangen sei, sich
dadurch zu bereichern (angefochtenes Urteil S. 25). Hingegen erscheine
andererseits der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe die fraglichen
Sachen in der Meinung behändigt, dazu berechtigt zu sein, klar als
Schutzbehauptung (angefochtenes Urteil S. 25). Die Feststellung der ersten
Instanz, die Beschwerdeführerin habe sich auf Grund der Umstände irrtümlich
zur Mitnahme der fraglichen Waren berechtigt gefühlt, stehe im Widerspruch zu
Sinn und Zweck eines Pauschalabzugs für die tägliche Mittagsverpflegung
(angefochtenes Urteil S. 24) und sei willkürlich (angefochtenes Urteil S.
25). Die Beschwerdeführerin habe im Gegenteil gewusst beziehungsweise
zumindest in Kauf genommen, dass sie nicht zum selbständigen Behändigen von
Waren befugt sei (angefochtenes Urteil S. 25).

In ihren rechtlichen Erwägungen führt die Vorinstanz unter Hinweis auf ihre
tatsächlichen Feststellungen aus, die Beschwerdeführerin habe somit nicht in
der Absicht unrechtmässiger Bereicherung gehandelt, weshalb eine Verurteilung
wegen Diebstahls (Art. 139 StGB) ausser Betracht falle (angefochtenes Urteil
S. 26 ff.). Die Beschwerdeführerin habe aber den Tatbestand der
unrechtmässigen Aneignung ohne Bereicherungsabsicht (Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2
StGB) erfüllt. Die fraglichen Lebensmittel seien fremde bewegliche Sachen.
Die Beschwerdeführerin habe durch das Wegtragen der Sachen in ihrer Tasche
ihren Aneignungswillen manifestiert. Die Aneignung sei unrechtmässig. Der
monatliche Pauschalabzug von Fr. 180.-- habe die Beschwerdeführerin nicht
berechtigt, Waren eigenmächtig nach Hause mitzunehmen. Eine diesbezügliche
Einwilligung der Beschwerdegegnerin habe nicht vorgelegen. Die
Beschwerdeführerin habe ein solches Einverständnis auch nicht irrtümlich
angenommen. Ob eine vertragliche Regelung betreffend Kostgeld-Abzug
tatsächlich bestanden habe, könne im Strafverfahren offen bleiben. Selbst
eine durch die Beschwerdegegnerin vollzogene einseitige Vertragsänderung
hätte die Beschwerdeführerin nicht berechtigt, den Abzug eigenmächtig durch
Selbstbedienung an den Waren der Beschwerdegegnerin auszugleichen. Die
Beschwerdeführerin hätte vielmehr die Meinungsverschiedenheiten mit der
Beschwerdegegnerin bereinigen sollen, und erste Anstrengungen in diese
Richtung habe sie denn auch unternommen; allenfalls hätte sie den Rechtsweg
beschreiten müssen. Somit sei vorliegend auch das Tatbestandsmerkmal der
Unrechtmässigkeit der Aneignung objektiv und subjektiv erfüllt (angefochtenes
Urteil S. 28 f.). Ein zivilrechtliches Selbsthilferecht im Sinne von Art. 52
Abs. 3 OR komme mangels Tatbestand von vornherein nicht in Frage und sei denn
auch von der Beschwerdeführerin mit Recht nicht geltend gemacht worden
(angefochtenes Urteil S. 29).

4.2 Die Beschwerdeführerin macht im Schuldpunkt unter anderem geltend, der
Lohnabzug für "Kostgeld Mittagessen" sei aus verschiedenen Gründen
rechtswidrig gewesen. Daher sei ihr Verhalten als erlaubte Selbsthilfe
zivilrechtlich gestattet gewesen. Was zivilrechtlich erlaubt sei, könne keine
strafbare Handlung sein, wie sich unter anderem aus Art. 32 StGB ergebe. Im
schriftlichen Einzelarbeitsvertrag vom 1. Oktober 1999 sei von einem
Kostgeld-Abzug nicht die Rede; unter der Rubrik "weitere Abzüge" - neben den
ausdrücklich genannten Sozialabzügen - sei ein Strich angebracht. Eine
diesbezügliche Vereinbarung sei auch weder mündlich noch durch konkludentes
Verhalten abgeschlossen worden; es liege ein Dissens vor. Eine mündlich
beziehungsweise konkludent abgeschlossene Vereinbarung wäre im Übrigen
ungültig. Der Landes-Gesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes, der allgemein
verbindlich sei, schreibe für die Regelung über die Verpflegung die
Schriftform vor und untersage Pauschalabzüge; diese Vorschriften dürften
nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden. Die Vorinstanz habe
sich zu Unrecht nicht mit der Frage der objektiven Unrechtmässigkeit der
inkriminierten Handlung auseinander gesetzt. Die Mitnahme von Lebensmitteln
sei nicht schon deshalb unrechtmässig im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2
StGB, weil sie gegen den Willen der Beschwerdegegnerin erfolgt sei. Ausserdem
seien die diesbezüglichen Weisungen der Beschwerdegegnerin ohnehin unzulässig
gewesen. Dass die Beschwerdeführerin selber ihr Verhalten allenfalls
subjektiv für unzulässig gehalten habe, sei unerheblich; in diesem Falle
liege höchstens ein untauglicher Versuch (Art. 23 StGB) vor, welcher, da
lediglich eine Übertretung (Art. 172ter Abs. 1 StGB) zur Diskussion stehe,
nicht strafbar sei.

5.
Es kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob der Pauschalabzug
von monatlich Fr. 180.-- für "Kostgeld Mittagessen" rechtlich zulässig war.
Selbst wenn man die Frage verneinen wollte, ergäbe sich daraus nach der
zutreffenden Auffassung der Vorinstanz nicht die Berechtigung der
Beschwerdeführerin zur Aneignung der fraglichen Sachen. Wer zum Zwecke der
Sicherung eines berechtigten Anspruchs sich selbst Schutz verschafft, ist
gemäss Art. 52 Abs. 3 OR dann nicht ersatzpflichtig, wenn nach den gegebenen
Umständen amtliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt und nur durch Selbsthilfe
eine Vereitelung des Anspruches oder eine wesentliche Erschwerung seiner
Geltendmachung verhindert werden konnte. Diese Voraussetzungen der erlaubten
Selbsthilfe sind hier nicht erfüllt. Der Beschwerdeführerin wäre es möglich
und zumutbar gewesen, im einfachen und raschen arbeitsrechtlichen Verfahren
(siehe Art. 343 OR) abklären zu lassen, ob und gegebenenfalls in welchem
Umfang der Lohnabzug von Fr. 180.-- unter den gegebenen Umständen rechtens
sei.

6.
6.1 Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches betreffend die strafbaren
Handlungen gegen das Vermögen und die Urkundenfälschung sind durch
Bundesgesetz vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995, revidiert
worden. Das neue Recht sieht in Art. 137 StGB neu den Tatbestand der
unrechtmässigen Aneignung von fremden beweglichen Sachen vor.

6.1.1 Gemäss Art. 137 Ziff. 1 StGB wird, wenn nicht die besonderen
Voraussetzungen der Artikel 138 - 140 zutreffen, mit Gefängnis oder mit Busse
bestraft, wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen
anderen damit unrechtmässig zu bereichern. Mit diesem neuen Tatbestand der
unrechtmässigen Aneignung in Bereicherungsabsicht wurden gewisse
ungerechtfertigte Strafbarkeitslücken des alten Rechts geschlossen (siehe die
Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Schweizerischen
Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes betreffend strafbare
Handlungen gegen das Vermögen und Urkundenfälschung, BBl 1991 II 969 ff.,
999; Stratenwerth/Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil I, 6. Aufl.
2003, § 13 N. 2).

6.1.2 In Art. 137 Ziff. 2 StGB sind bestimmte privilegierte
Tatbestandsvarianten der unrechtmässigen Aneignung von fremden beweglichen
Sachen geregelt, unter anderem - in Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB - die
unrechtmässige Aneignung ohne Bereicherungsabsicht. Gemäss den Ausführungen
in der Botschaft des Bundesrates ist an Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB
materiell nichts neu, da das darin umschriebene Verhalten bisher nach Art.
143 aStGB (Sachentziehung) strafbar war (a.a.O., S. 999 f., 1006). Allerdings
hätten vereinzelte Vernehmlasser gefordert, das Merkmal der Schädigung des an
der Sache Berechtigten aus Art. 143 aStGB in Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB zu
übernehmen; dies sei indessen im Zusammenhang mit Aneignungen nicht sinnvoll,
da die dauernde Enteignung gegen den Willen des Berechtigten ohnehin stets
eine Schädigung darstelle (a.a.O., S. 1000).

Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ist im Vergleich zu Art. 143 aStGB einerseits
insoweit enger, als er eine Aneignung erfordert, und andererseits insofern
weiter gefasst, als er nicht ausdrücklich die Schädigung des Berechtigten
voraussetzt. In der Lehre wird die Auffassung vertreten, mit der Schaffung
des neuen Straftatbestands der unrechtmässigen Aneignung ohne
Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB sei eine ganze
Reihe von Verhaltensweisen strafbar geworden, die zuvor straflos gewesen
seien (Stratenwerth/Jenny, a.a.O., § 13 N. 42; Trechsel, a.a.O., Art. 137
StGB N. 7; Niggli, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, 2003, Art. 137 StGB
N. 6, 56 f.). Die Begründung, mit welcher die Botschaft diese Ausweitung des
Tatbestands zu rechtfertigen suche, dass nämlich die dauernde Enteignung
gegen den Willen des Berechtigten für diesen ohnehin stets eine Schädigung
darstelle, sei schlicht unzutreffend (Stratenwerth/Jenny, a.a.O., § 13 N.
42).

6.2
6.2.1Aneignung bedeutet, dass der Täter die fremde Sache oder den Sachwert
wirtschaftlich seinem eigenen Vermögen einverleibt, sei es, um sie zu
behalten oder zu verbrauchen, sei es, um sie an einen andern zu veräussern.
Ebenfalls eine Aneignung liegt vor, wenn ein Eigentümer über die Sache
verfügt, ohne diese Eigenschaft zu haben. Beim Vorgang der Aneignung wird
zwischen der negativen Seite der Enteignung und der positiven Seite der
Zueignung unterschieden. Der Täter muss einerseits den Willen auf dauernde
Enteignung des bisherigen Eigentümers und andererseits den Willen auf
mindestens vorübergehende Zueignung haben. Dabei genügt aber nicht, dass der
Täter den Aneignungswillen hat; er muss ihn vielmehr auch betätigen (siehe
zum Ganzen BGE 118 IV 148 E. 2a, mit zahlreichen Hinweisen; Trechsel, a.a.O.,
N. 5 vor Art. 137 StGB; Stratenwerth/Jenny, a.a.O., § 13 N. 9 ff.; Niggli,
a.a.O., Art. 137 StGB N. 16 ff., 25 ff.).
6.2.2 Die Beschwerdeführerin hat sich die Lebensmittel, die fremde bewegliche
Sachen sind, dadurch angeeignet, dass sie diese in ihre Tasche steckte und
damit nach Arbeitsschluss das Geschäftslokal der Beschwerdegegnerin verliess
mit dem Willen, die Lebensmittel zum Zwecke des Konsums nach Hause
mitzunehmen. Durch die Mitnahme der Lebensmittel hat die Beschwerdeführerin
deutlich ihren Aneignungswillen manifestiert. Nicht erst der allfällige
Konsum der Lebensmittel zu Hause ist die tatbestandsmässige Aneignung; das
Tatbestandsmerkmal der Aneignung ist unter den gegebenen Umständen vielmehr
bereits durch die Mitnahme der Lebensmittel erfüllt.

6.3 Unrechtmässig ist die Aneignung insbesondere, wenn das als Aneignung zu
qualifizierende Verhalten gegen den Willen des Eigentümers verstösst.

Die Vorinstanz stellt verbindlich fest, dass es den Angestellten durch
Weisungen der Beschwerdegegnerin untersagt war, eigenmächtig Waren aus dem
Geschäft zu behändigen (angefochtenes Urteil S. 21/22). Die Mitarbeiter
hätten die Möglichkeit gehabt, Waren mit 10 % Rabatt zu erwerben
(angefochtenes Urteil S. 21). In den schriftlichen Weisungen der
Beschwerdegegnerin werde festgehalten, dass "Mundraub" zu einer Verwarnung
und im Wiederholungsfall zur fristlosen Entlassung sowie "Diebstahl" zur
sofortigen fristlosen Entlassung führe (angefochtener Entscheid S. 21). Da
somit die inkriminierte Mitnahme von Lebensmitteln gegen den Willen der
Beschwerdegegnerin erfolgte, war die in der Mitnahme liegende Aneignung
unrechtmässig.

6.4 Die Vorinstanz stellt verbindlich fest, dass die Beschwerdeführerin die
Weisungen der Beschwerdegegnerin gekannt hat. Die Beschwerdeführerin hat sich
somit die Sachen vorsätzlich unrechtmässig angeeignet.

7.
7.1 Die Beschwerdeführerin macht allerdings geltend, das angefochtene Urteil
setze sich nicht mit der Frage auseinander, ob sie die Lebensmittel, welche
sie mitnehmen wollte, als ihr Mittagessen am Arbeitsplatz hätte konsumieren
dürfen. Sie wäre indessen berechtigt gewesen, sich am Arbeitsplatz aus dem
Salat und den Zutaten ein Mittagessen zuzubereiten, dazu die Brotstücke oder
das Silserbrötchen zu konsumieren und den Rahm zur Herstellung der Sauce,
eines Desserts oder als Zusatz zum Kaffee zu verwenden; der restliche Rahm
hätte am Arbeitsplatz an weiteren Tagen Verwendung finden können. Wenn aber
die Aneignung der fraglichen Lebensmittel am Mittag am Arbeitsplatz rechtens
gewesen und damit die Verfügungsmacht rechtmässig auf die Beschwerdeführerin
übergegangen wäre, so habe die Beschwerdeführerin auch am Abend
Verfügungsmacht gehabt. Ob die ihr für den Pauschalabzug zustehende Leistung
in Form von Lebensmitteln am Arbeitsplatz oder aber anderswo verzehrt werde,
könne für die Beurteilung des Tatbestandselements der Fremdheit nicht von
Bedeutung sein (Nichtigkeitsbeschwerde S. 10 f.).
7.2 Dem angefochtenen Urteil und den Akten kann nicht entnommen werden, ob es
der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Stellung als einzige Köchin im Betrieb
der Beschwerdegegnerin gestattet gewesen wäre, die fraglichen Lebensmittel,
welche den Wert eines Mittagsmenüs nicht überstiegen, zur Zubereitung einer
Mittagsmahlzeit für sich selbst am Arbeitsplatz zu verwenden. Auch wenn man
zu Gunsten der Beschwerdeführerin annehmen wollte, dass ihr dies erlaubt
gewesen wäre, oder ihr zubilligen wollte, dass sie irrtümlich von einer
solchen Erlaubnis ausgegangen sei, hätte sie sich durch die inkriminierte
Handlung aus nachstehenden Gründen der vorsätzlichen unrechtmässigen
Aneignung im Sinne von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

7.3 Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung
über sie nach seinem Belieben verfügen (Art. 641 Abs. 1 ZGB). Diese
Verfügungsmacht des Eigentümers wird durch die Straftatbestände, welche
Aneignungsdelikte umschreiben, geschützt (siehe BGE 118 IV 209 E. 3b S. 212;
Stratenwerth/Jenny, a.a.O., N. 4 vor § 13; Niggli, a.a.O., N. 20 vor Art. 137
StGB). Daran ändert nichts, dass das neue Recht im Unterschied zum alten
nicht mehr ausdrücklich zwischen Delikten gegen das Eigentum einerseits und
Straftaten gegen das Vermögen überhaupt andererseits unterscheidet; die
Verfügungsmacht des Eigentümers ist als solche Teil des Vermögens (Niggli,
a.a.O., N. 20 vor Art. 137 StGB).

Die Beschwerdegegnerin konnte als Eigentümerin nach Belieben darüber
befinden, wem sie welche Sachen unter welchen Bedingungen, Voraussetzungen
und Umständen übereignen wollte. Sie konnte einerseits damit einverstanden
sein, dass die Beschwerdeführerin die vorliegend zur Diskussion stehenden
Lebensmittel zur Zubereitung von Mahlzeiten für sich selbst am Arbeitsplatz
verwendete, und sie konnte gleichzeitig andererseits der Beschwerdeführerin
verbieten, dass diese die Lebensmittel nach Hause mitnehme. Im vorliegenden
Fall war der Beschwerdeführerin, wie allen Angestellten, die Mitnahme von
Lebensmitteln untersagt. Dieses Verbot war im Übrigen durchaus sinnvoll; denn
im Falle der eigenmächtigen Mitnahme fehlt einerseits die Möglichkeit der
Kontrolle und besteht andererseits die Gefahr des Missbrauchs.

7.4 Allerdings mag es zutreffen, dass der Beschwerdegegnerin kein
Vermögensschaden daraus erwachsen ist, dass die Beschwerdeführerin die
fraglichen Sachen, statt sie allenfalls erlaubterweise am Arbeitsplatz zu
konsumieren, verbotenerweise nach Hause mitnahm. Der Tatbestand der
unrechtmässigen Aneignung ohne Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 137
Ziff. 2 Abs. 2 StGB setzt indessen keine Vermögensschädigung voraus.

Aus dem Umstand, dass es der Beschwerdeführerin allenfalls objektiv oder
zumindest nach ihren subjektiven Vorstellungen erlaubt gewesen wäre, aus den
Lebensmitteln am Arbeitsplatz eine Mahlzeit zuzubereiten und diese am
Arbeitsplatz einzunehmen, konnte die Beschwerdeführerin auch nicht subjektiv
den Schluss ziehen, dass es ihr folglich erlaubt sei, die Lebensmittel
stattdessen nach Hause mitzunehmen, da es der Beschwerdegegnerin gleichgültig
sein könne, an welchem Ort die Lebensmittel konsumiert würden. Einer solchen
Schlussfolgerung stand das der Beschwerdeführerin bekannte Verbot der
Mitnahme von Lebensmitteln entgegen, welches zur Vermeidung einer
Missbrauchsgefahr durchaus sinnvoll war. Die Beschwerdeführerin hat denn auch
bezeichnenderweise die Lebensmittel heimlich aus dem Geschäftslokal
geschafft.

7.5 Die Beschwerdeführerin hat sich somit durch das inkriminierte Verhalten
vorsätzlich fremde bewegliche Sachen unrechtmässig angeeignet und damit den
Tatbestand von Art. 137 Ziff. 2 Abs. 2 StGB erfüllt. Dass es ihr allenfalls
erlaubt gewesen wäre, aus den Sachen am Arbeitsplatz eine Mahlzeit
zuzubereiten und diese am Arbeitsplatz zu konsumieren, ist unerheblich.

8.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem
Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten
zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). Der Beschwerdegegnerin, die durch ihren
Anwalt eine Vernehmlassung eingereicht hat, ist aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung zuzusprechen (Art. 278 Abs. 3 Satz 1 BStP). Es wird darauf
verzichtet, die Beschwerdeführerin zu verpflichten, der Bundesgerichtskasse
hiefür Ersatz zu leisten (Art. 278 Abs. 3 Satz 3 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Der Beschwerdegegnerin wird eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- aus der
Bundesgerichtskasse ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Juni 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: