Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.39/2002
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6S.39/2002/kra

                K A S S A T I O N S H O F
                *************************

                Sitzung vom 17. April 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des
Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger,
Kolly, Karlen und Gerichtsschreiber Kipfer Fasciati.

                        ---------

                        In Sachen

X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Daniel Vischer, Lintheschergasse 21, Zürich,

                          gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  T h u r g a u,

                        betreffend
 Strafzumessung, bedingter Strafvollzug, Landesverweisung
                    (Raufhandel usw.)
[Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Thurgau SBB.1999.22 vom 24. April 2001],

hat sich ergeben:

     A.- Streitereien im Rotlicht-Milieu - es ging haupt-
sächlich um die von einer Prostituierten an den Vermieter
zu entrichtende Zimmermiete, eventuell um Schutzgelder -
führten am 3. Februar 1997 in Frauenfeld zu einer Schies-
serei, an welcher insgesamt elf Personen mehr oder weniger
intensiv beteiligt waren. Es standen sich zwei Gruppen ge-
genüber - die eine angeführt von X.________, die andere
von B.A.________.

     B.- Am 17. Juli/30. November 1998 fand das Bezirks-
gericht Frauenfeld X.________ schuldig der mehrfachen ver-
suchten eventualvorsätzlichen Tötung, der eventualvor-
sätzlichen schweren und einfachen Körperverletzung, des
Raufhandels sowie des mehrfachen unerlaubten Waffentragens
und bestrafte ihn mit vier Jahren Zuchthaus. Von weiteren
Vorwürfen sprach es ihn frei. Es verwies ihn für fünfzehn
Jahre des Landes.

     C.- Auf Berufung X.________s und eines Zivilklägers
hin fand das Obergericht des Kantons Thurgau X.________
des Raufhandels sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen
die Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schuss-
waffen durch türkische Staatsangehörige schuldig, nicht
hingegen der mehrfachen versuchten eventualvorsätzlichen
Tötung, der eventualvorsätzlichen mehrfachen schweren
beziehungsweise der eventualvorsätzlichen schweren und
einfachen Körperverletzung, der Gefährdung des Lebens und
des Angriffs. Das Obergericht bestrafte X.________ mit
zwei Jahren Zuchthaus und verwies ihn für fünfzehn Jahre
des Landes.

     D.- Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtig-
keitsbeschwerde X.________s. Er beantragt, das ange-
fochtene Urteil sei im Strafpunkt aufzuheben, und er sei
mit höchstens 18 Monaten Zuchthaus unter Anrechnung von 18
Tagen Untersuchungshaft zu bestrafen. Überdies sei der
Vollzug der Freiheitsstrafe aufzuschieben. Es sei von
einer Landesverweisung abzusehen, eventualiter sei sie auf
5 Jahre zu reduzieren, und sie sei bedingt auszusprechen.

        Ausserdem stellt er Antrag auf Gewährung der un-
entgeltlichen Rechtspflege.

        E.- In ihrer Vernehmlassung beantragt die Staats-
anwaltschaft Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde und ver-
weist zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des
Obergerichts.

           Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in
Strafsachen ist kassatorischer Natur (Art. 277ter Abs. 1
BStP). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung
des angefochtenen Urteils verlangt, ist auf die Beschwerde
nicht einzutreten.

     2.- Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit be-
gründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidge-
nössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP).

        Der Beschwerdeführer beanstandet den ergangenen
Schuldspruch nicht. Hingegen rügt er die Dauer der ausge-

sprochenen Strafe und der Nebenstrafe der Landesverweisung
sowie die Verweigerung des bedingten Vollzuges für die
Landesverweisung; die Vorinstanz habe im Übrigen auch die
Möglichkeit nicht erwogen, eine bedingt vollziehbare Ge-
fängnisstrafe auszusprechen. Im Rahmen der Strafzumessung
insgesamt habe die Vorinstanz deshalb die Art. 41, 63, 66,
66bis und 55 StGB verletzt.

     3.- a) Die Vorinstanz erachtet das Verschulden des
Beschwerdeführers als schwer bis sehr schwer. Er sei -
neben B.A.________ und C.A.________ - die treibende Kraft
gewesen, dass es überhaupt zur Schiesserei beim Restaurant
"Storchen" gekommen sei. Die einander gegenüberstehenden
Parteien hätten sich gegenseitig provoziert und ihre Ag-
gressionen geschürt. Der Beschwerdeführer habe sich nicht
damit begnügt, der Prostituierten D.________ (seiner
Schwägerin) für den Fall beizustehen, dass diese tat-
sächlich unmittelbar bedroht oder angegriffen würde. Diese
habe damit gerechnet, dass es am 3. Februar 1997 zu einer
Auseinandersetzung kommen würde. Wiederum habe er eine
Waffe auf sich getragen und diese geladen. Es könne ihm
einzig zugute gehalten werden, dass er vorher seine Schwä-
gerin D.________ (um den von dieser zu entrichtenden Miet-
zins bzw. um deren Schutzgeld es ursprünglich gegangen
war) beauftragt hatte, die Polizei zu avisieren. Er habe
sich bewaffnet ins Freie begeben, worauf es zur fraglichen
Auseinandersetzung gekommen sei. Auch wenn dem Beschwerde-
führer letztlich im Zusammenhang mit den von ihm abgege-
benen Schüssen auf E.________ und F.________ sowie in
Richtung von G.________ nach dem Grundsatz "im Zweifel für
den Angeklagten" eine Notwehrsituation bzw. allenfalls
fehlender Tötungs- und Verletzungsvorsatz zuzubilligen
sei, habe er einen ganz entscheidenden Anteil daran
gehabt, dass es überhaupt zu dieser unseligen Schiesserei

gekommen sei. Mit Bezug auf diese aggressive und explosive
Situation und das Zustandekommen der Auseinandersetzung
habe er etwa dieselbe Verantwortung wie B.A.________ oder
nur eine unwesentlich geringere Verantwortung zu tragen
als dieser.

        Erschwerend komme hinzu, dass der Beschwerde-
führer in unverantwortbarer Weise eigene Landsleute in die
Auseinandersetzung hineingezogen und diese nicht oder nur
sehr ungenau über die zu erwartenden Ereignisse orientiert
habe. Im Weiteren könne nicht von edlen Motiven gesprochen
werden. Tatsache sei, dass der Beschwerdeführer überhaupt
keine moralischen Bedenken gehabt habe, einerseits mit
D.________ ein freundschaftliches und teilweise intimes
Verhältnis einzugehen, und anderseits seinen eigenen
Bruder, welcher ferienhalber in der Schweiz gewesen sei,
mit ihr zusammenzuführen, damit sie ihn heirate.

        Strafschärfend habe sich die Deliktskonkurrenz
auszuwirken. Strafmindernd seien die Vorstrafenlosigkeit
und der gute Leumund des Beschwerdeführers zu berücksich-
tigen, ebenso sein korrektes Verhalten während und nach
der Strafuntersuchung sowie die verhältnismässig lange
Dauer des Strafverfahrens. Hingegen sei der Strafmilde-
rungsgrund der Provokation gemäss Art. 64 StGB nicht ge-
geben, da der Beschwerdeführer nicht in seinem Innersten
heftig erregt worden sei. Vielmehr seien beide Seiten von
vornherein in einem angespannten Klima auf eine Auseinan-
dersetzung eingestellt gewesen.

        Zu berücksichtigen sei, dass der Beschwerdeführer
selbst schwere Verletzungen davon getragen habe, welche
ihn voraussichtlich behindern würden. Gemäss Gutachten des
IRM St. Gallen sei nicht auszuschliessen, dass sich ein
Epilepsieleiden einstellen könnte. Der Beschwerdeführer

klage über Erschöpfung, Müdigkeit, dauernden Kopfdruck,
zeitweise Kopfschmerzen, Konzentrationsmangel und Kiefer-
schmerzen; er habe keine Lebensfreude mehr, Schmerzen am
linken Bein, Erinnerungsstörungen, Doppelbilder- und Zit-
teranfälle. Er schiele und sei - so die Verteidigung - ein
gebrochener Mann ohne Zukunft. Seine Frau habe im Januar
1998 ein erstes Kind von ihm geboren. Es komme aber nicht
zu einem Familienleben. Aufgrund dieser Schilderung müsse
von einer erheblichen Betroffenheit des Beschwerdeführers
ausgegangen werden. Diese rechtfertige es indessen nicht,
von einer Bestrafung Umgang zu nehmen. Allerdings sei die
Strafe zu mildern.

        Unter Berücksichtigung des schweren Verschuldens
und der Strafschärfungs- und Strafminderungsgründe müsste
ohne Beachtung von Art. 66bis Abs. 1 StGB eine Freiheits-
strafe im obersten noch möglichen Bereich des Strafrah-
mens (drei Jahre) ausgefällt werden. Unter Berücksich-
tigung der Betroffenheit von X.________ erscheine es an-
gemessen, die Zuchthausstrafe auf zwei Jahre zu reduzie-
ren.

        b) Der Beschwerdeführer rügt, bereits beim erst-
instanzlichen Urteil sei aufgefallen, dass ihm, wiewohl
vorstrafenlos und mit gutem Leumund beschieden, eine
gleich hohe Strafe auferlegt worden sei wie B.A.________,
der indessen schlecht beleumdet sei, etliche Vorstrafen
aufweise und überdies zusätzlich noch zufolge
betrügerischen Konkurses aus einem anderen Lebenszusam-
menhang schuldig gesprochen worden sei. Natürlich erwecke
dies den Verdacht, ein "Türken Malus" wirke sich nachtei-
lig zu seinen Lasten aus, zumal alle Teilnehmer an der
Auseinandersetzung auf der Seite der Gebrüder Reutimann,
welche immerhin am gleichen Geschehen beteiligt gewesen
seien, recht tiefe Strafen erhalten hätten.

        Die Vorinstanz habe den Beschwerdeführer von
sämtlichen Vorwürfen der Tötung und der Körperverletzung
freigesprochen und ihn lediglich noch des Raufhandels
sowie des unerlaubten Waffentragens für schuldig befunden.
Sie sei ohne Berücksichtigung des Strafmilderungsgrundes
von einer Strafe von drei Jahren, d.h. an der obersten
Grenze des Strafrahmens, ausgegangen. Dies erscheine nicht
als gerechtfertigt, zumal der Unterschied in der Grundbe-
strafung des Beschwerdeführers im Gegensatz zu
B.A.________ ein Jahr ausmache, obwohl bei Reutimann von
einer Zuchthausstrafe auszugehen und er etliche Vorstrafen
aufweise und schlecht beleumundet gewesen sei. Selbst wenn
man vom gleichen Verschulden ausgehe, sei dieser Unter-
schied von nur einem Jahr nicht mehr vertretbar, weil der
Freispruch beim Beschwerdeführer vom Vorwurf der Tötung
und der Körperverletzung zu wenig gewichtet worden sei.

        Die Vorinstanz gehe von einem schweren bis sehr
schweren Verschulden aus, mithin von einem nicht gänzlich
sehr schweren. Ohnehin erscheine diese Verschuldensannahme
nicht als gerechtfertigt. Immerhin habe der Beschwerde-
führer, entgegen der vorinstanzlichen Erwägungen, keine
eigennützigen Gründe gehabt, D.________ beizustehen. Die
Bedrohungssituation sei nicht von ihm, sondern von der
Gegenseite ausgegangen. Fehl am Platz sei die Bemerkung
der Vorinstanz, er habe keine moralischen Bedenken gehabt,
mit D.________ ein freundschaftliches und teilweise
intimes Verhältnis einzugehen und andererseits seinen
Bruder mit ihr zusammenzuführen, damit sie ihn heirate. Es
sei nicht Sache eines Gerichtes, über das Verhalten eines
Angeklagten im Privat- und Liebesleben zu befinden. Be-
stimmt dürfe jedenfalls ein solches Verhalten mit Bezug
auf das Strafmass keine Rolle spielen.

        Vor allem aber würden die Vorstrafenlosigkeit und
der gute Leumund bei der Annahme des Strafmasses von drei
Jahren vor Berücksichtigung des Schuldmilderungsgrundes
nicht gebührend in Rechnung gestellt.

        Die Vorinstanz habe aber auch durch die nicht
korrekte Anwendung von Art. 66bis StGB Bundesrecht ver-
letzt. Sie habe nicht begründet, warum von einer Bestra-
fung nicht Umgang genommen werden könne. Es sei auch nicht
ganz klar, was die Vorinstanz unter "erheblich" verstehe.
Die Strafe hätte mindestens um die Hälfte reduziert werden
müssen.

        Nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung
sei der Grenze von 18 Monaten bei Festlegung des Straf-
masses Rechnung zu tragen. In Kombination mit den vor-
stehenden Erwägungen qualifiziere es sich als bundes-
rechtswidrig, wenn die Vorinstanz bei einem Ersttäter mit
gutem Leumund es nicht bei einer bedingt aufschiebbaren
Strafe habe bewenden lassen.

        c)aa) Der Richter misst die Strafe nach dem Ver-
schulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe,
das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schul-
digen (Art. 63 StGB). Fest steht, dass sich der Begriff
des Verschuldens auf den gesamten Unrechts- und Schuldge-
halt der konkreten Straftat beziehen muss und dass bei der
Tatkomponente insbesondere folgende Faktoren zu beachten
sind: das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und
Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrich-
tung, mit der der Täter gehandelt hat, und die Beweggründe
des Schuldigen, die Art. 63 StGB ausdrücklich erwähnt. Die
Täterkomponente umfasst das Vorleben, die persönlichen
Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im
Strafverfahren.

        Dem Sachrichter ist also einerseits vorgeschrie-
ben, welche massgeblichen Gesichtspunkte er für die Zu-
messung der Strafe zu berücksichtigen hat. Andererseits
steht ihm innerhalb des Strafrahmens bei der Gewichtung
der einzelnen zu beachtenden Komponenten von der Natur der
Sache her ein erheblicher Ermessensspielraum zu.

        Der Kassationshof des Bundesgerichts kann daher
in das Ermessen auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der
ausschliesslich eine Verletzung von Bundesrecht geltend
gemacht werden kann (Art. 269 BStP), nur eingreifen, wenn
das kantonale Gericht den gesetzlichen Strafrahmen über-
oder unterschritten hat, wenn es von rechtlich nicht mass-
gebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn es we-
sentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungs-
weise in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens
falsch gewichtet hat (vgl. BGE 127 IV 101 E. 2c; 125 IV 1
E. 1; 123 IV 150 E. 2a mit Hinweisen).

        bb) Gemäss Art. 66bis Abs. 1 StGB sieht die zu-
ständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung
an das Gericht oder der Bestrafung ab, wenn der Täter
durch die unmittelbaren Folgen seiner Tat so schwer
betroffen worden ist, dass eine Strafe unangemessen wäre.

        Nach der Rechtsprechung ist diese Bestimmung je-
denfalls verletzt, wenn sie in einem Falle nicht Anwendung
findet, wo ein leichtes Verschulden sehr schwere direkte
Folgen für den Täter nach sich zieht, bzw. dort angewendet
wird, wo ein schweres Verschulden lediglich zu einer
leichten Betroffenheit des Täters geführt hat (BGE 119 IV
280 E. 1a). Zwischen diesen beiden Extremen hat der
Richter nach Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfal-
les zu entscheiden, wobei er über ein weites Ermessen ver-
fügt (BGE a.a.O.; 117 IV 245 E. 2a). Ist daher aufgrund
der Tatfolgen die Anwendung von Art. 66bis StGB nicht zum

vornherein auszuschliessen, hat der Richter zunächst die
Strafe ohne Berücksichtigung der Auswirkungen der Tat für
den Täter zuzumessen, um diese Einsatzstrafe sodann gegen
die eine unmittelbare Folge seiner Tat darstellende Be-
troffenheit des Täters abzuwägen (BGE 119 IV 280 E. 1a mit
Hinw. auf BGE 117 IV 245 E. 2b, vgl. auch BGE 121 IV 162).

        Bei dieser Abwägung kann sich ergeben, dass der
Täter bereits genug bestraft ist, weshalb von einer Be-
strafung abzusehen ist. Es kann sich indessen auch zeigen,
dass eine gänzliche Strafbefreiung nicht in Frage kommt,
aber angesichts der grossen Betroffenheit des Täters als
unmittelbare Folge seiner Tat nur eine niedrigere Strafe
als die Einsatzstrafe und gegebenenfalls auch als die
innerhalb des ordentlichen Strafrahmens zulässige nie-
drigste Strafe angemessen erscheint. Der Sinn der Be-
stimmungen in Art. 66bis StGB gebietet, in solchen Fällen
die schweren Tatfolgen auch über eine Strafmilderung nach
freiem Ermessen im Sinne von Art. 66 StGB angemessen zu
berücksichtigen, entsprechend deren doppelter Bedeutung
mit der Wirkung, dass der Richter nicht mehr an den für
das betroffene Delikt geltenden Strafrahmen gebunden ist,
die Strafe aber mindestens zu mindern hat (BGE 119 IV 280
E. 1a).

        d) Vorab ist festzuhalten, dass die Vorinstanz
Art. 66bis StGB nicht verletzt hat, wenn sie die von ihr
gewählte Einsatzstrafe von drei Jahren (dazu unten lit. e)
aufgrund von Art. 66bis StGB um einen Drittel oder ein
Jahr reduzierte. Bei dem von ihr angenommenen schweren
Verschulden des Beschwerdeführers lag es in ihrem Ermess-
en, überhaupt eine Strafe auszufällen und diese aufgrund
der schweren Verletzungen des Beschwerdeführers um einen
Drittel zu reduzieren.

        e) Die Vorinstanz siedelte die Einsatzstrafe im
obersten noch möglichen Bereich des Strafrahmens an, ging
also ohne Berücksichtigung von Art. 66bis StGB von der ge-
setzlichen Maximalstrafe aus. Der Besondere Teil des
Strafgesetzbuches enthält abgestufte Strafdrohungen. Der
Strafrahmen legt die Eckwerte fest, innerhalb deren der
Richter auf der Grundlage der Schuld und unter Berück-
sichtigung der spezial- und generalpräventiven Bedürfnisse
die Strafe zu bestimmen hat. Die Strafrahmen selbst ent-
halten keine Kriterien für die Einordnung eines Falles,
weil innerhalb des Strafrahmens eine gesetzlich bestimmte
Bezugsgrösse fehlt, von welcher der Tatrichter bei der
Bewertung des Sachverhalts für oder gegen den Täter
ausgehen könnte (Günter Gribbohm, StGB, Leipziger
Kommentar, 11. Aufl. 1995, § 46 N 60). Strafen im oberen
Bereich, insbesondere Höchststrafen, sind bloss aus-
nahmsweise und bei sehr schwerem Verschulden eines Täters
auszusprechen. Liegen strafmindernde oder strafmildernde
Umstände vor, ist die gesetzliche Höchststrafe nur zu-
lässig, wenn diese Umstände durch ebenfalls vorliegende
straferhöhende oder strafschärfende Faktoren kompensiert
werden (vgl. BGE 116 IV 300 E. 2a S. 302).

        aa) Hat der Täter durch eine oder mehrere Hand-
lungen mehrere Freiheitsstrafen verwirkt, so verurteilt
ihn der Richter gemäss Art. 68 Ziff. 1 Absatz 1 StGB zu
der Strafe der schwersten Tat und erhöht deren Dauer an-
gemessen; er kann jedoch das höchste Mass der angedrohten
Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen; dabei ist er
an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. Im zu
beurteilenden Fall ist bei den beiden Tatbeständen, deren
der Beschwerdeführer sich schuldig gemacht hat, die Straf-
drohung Gefängnis von drei Tagen bis zu drei Jahren
(Art. 36 StGB). Beim Vergehen gegen die Verordnung über
den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch türkische

Staatsangehörige ist es zudem möglich, Busse statt Gefäng-
nis auszusprechen. Da der Richter an das gesetzliche
Höchstmass der Strafart gebunden ist, liegt der obere
Strafrahmen im vorliegenden Fall bei drei Jahren Gefängnis
(vgl. Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkom-
mentar, 2. Aufl. 1997, Art. 68 N 13; Stratenwerth, Schwei-
zerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 2. Aufl. 1996,
§ 19 N 27). Die Vorinstanz ist demnach zu Recht von einem
Rahmen von drei Tagen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe
ausgegangen (sie hat schliesslich jedoch fälschlicherweise
formell eine Zuchthausstrafe statt einer Gefängnisstrafe
ausgesprochen).

        bb) Das Verschulden des Beschwerdeführers ist von
der Vorinstanz als schwer bis sehr schwer qualifiziert
worden. Das ist nicht bundesrechtswidrig. Der Beschwerde-
führer hat nicht irgend einen gewöhnlichen Raufhandel,
sondern eine regelrechte Schiesserei mitinszeniert und da-
zu eigene Landsleute in die Auseinandersetzung mit hinein-
gezogen.

        Zu Gunsten des Beschwerdeführers hat die Vorin-
stanz zu Recht auf die Vorstrafenlosigkeit, den guten
Leumund des Beschwerdeführers wie auch auf dessen korrek-
tes Verhalten während der Strafuntersuchung hingewiesen.
Dasselbe gilt für die relativ lange Verfahrensdauer, womit
wohl die Nähe einer Verletzung des Beschleunigungsgebotes
angesprochen sein dürfte.

        Dem steht jedoch gegenüber, dass die Strafe wegen
mehrfacher Deliktsbegehung in Anwendung von Art. 68
Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu schärfen war. Entgegen der Be-
schwerdeschrift durfte die Vorinstanz im Rahmen der Straf-
zumessung schliesslich auch berücksichtigen, dass der Be-
schwerdeführer selbst ein Verhältnis mit D.________

unterhielt und gleichzeitig deren Hochzeit mit seinem
Bruder arrangierte: Soweit dieser Umstand sein Privatleben
in moralischer Hinsicht betrifft, darf er für die Strafzu-
messung keine Rolle spielen; insofern der Beschwerdeführer
damit aber Beihilfe zu einer vom Gesetzgeber verpönten
Scheinehe leistete, soll dieser Umstand im Rahmen der
Strafzumessung durchaus Erwähnung finden.

        Ausgehend vom schweren bis sehr schweren Ver-
schulden des Beschwerdeführers und mit Rücksicht auf die
sich kompensierenden entlastenden und belastenden Umstände
hat die Vorinstanz das ihr zustehende Ermessen nicht ver-
letzt, als sie von einer Einsatzstrafe im obersten gesetz-
lich zulässigen Bereich ausging, bevor sie Art. 66bis StGB
anwendete.

        f) Im Weiteren rügt der Beschwerdeführer die Un-
gleichbehandlung bei der Festsetzung des Strafmasses im
Verhältnis zum Strafmass von vier Jahren für B.A.________,
welcher wegen erheblich schwerer wiegender Delikte
schuldig gesprochen worden sei, und im Verhältnis zu den
wesentlich milder ausgefallenen Strafen für die weiteren
Beteiligten.

        Das Strafmass ist nach Art. 63 StGB individuell
nach dem Verschulden eines Täters im Rahmen des richter-
lichen Ermessens festzusetzen. Der Grundsatz der Individu-
alisierung und der dem Sachgericht vom Gesetz bei der
Strafzumessung eingeräumte weite Strafermessensspielraum
führen notwendigerweise zu einer gewissen, vom Gesetzgeber
in Kauf genommenen Ungleichheit. Unterschiedliche Gewich-
tungen der massgebenden Faktoren sind zudem Folge der Un-
abhängigkeit des Richters, der weiten Strafrahmen, der
freien Beweiswürdigung sowie des erheblichen Ermessens des
Sachrichters. In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass

selbst gleich oder ähnlich gelagerte Fälle sich durchwegs
massgeblich in zumessungsrelevanten Punkten unterscheiden
können. Eine aus diesen Gründen resultierende Ungleichheit
in der Zumessung der Strafe reicht für sich allein nicht
aus, um auf einen Missbrauch des Ermessens schliessen zu
können.

        Die Vorinstanz hat mit drei Jahren Zuchthaus (vor
Anwendung von Art. 66bis StGB) für den Beschwerdeführer
eine sowohl im Vergleich zur Strafe für B.A.________ wie
auch im Vergleich zu den Strafen der weiteren Beteiligten
sehr hohe Einsatzstrafe ausgesprochen. Sie begründet die
Nähe dieses Strafmasses zu demjenigen für B.A.________ mit
dem beinahe gleichen Verschulden und der gleichen
Verantwortlichkeit der beiden Angeklagten für das
Zustandekommen der tätlichen Auseinandersetzung. Diese An-
nahme ist nicht unvertretbar. Zunächst ist festzustellen,
dass der Vergleich verschiedener Strafmasse grundsätzlich
schwierig ist, wenn - obwohl bezogen auf das nämliche Tat-
geschehen - bei den verschiedenen Tätern verschiedene Tat-
bestände zur Anwendung kommen. Zwar darf der Beschwerde-
führer nicht für den von B.A.________ zu vertretenden
Erfolg verantwortlich gemacht werden, doch ist er offen-
sichtlich für das Zustandekommen der sich im Raufhandel
verwirklichenden grossen Gefahr gemeinsam mit B.A.________
verantwortlich. Die ausgefällte (Einsatz-)Strafe liegt
deshalb noch im Bereich des der Vorinstanz zustehenden
Ermessens.

        Bei diesem Strafmass war die Vorinstanz nicht
verpflichtet, in Erwägung zu ziehen, ob in casu auch eine
bedingt vollziehbare Strafe ausgesprochen werden könnte
(BGE 118 IV 337 E. 2c; 127 IV 97 E. 3).

        g) Die Beschwerde ist demnach hinsichtlich des
Strafmasses abzuweisen.

     4.- Angefochten sind schliesslich die Dauer der ange-
ordneten Landesverweisung wie auch deren unbedingter Voll-
zug.

        Die Vorinstanz sprach den Beschwerdeführer im Un-
terschied zur ersten Instanz von den Vorwürfen der mehr-
fachen versuchten Tötung, der mehrfachen schweren bzw.
schweren und einfachen Körperverletzung, der Gefährdung
des Lebens und des Angriffs frei und reduzierte deshalb
die erstinstanzlich ausgefällte Strafe. Ausdrücklich keine
Konsequenzen hatten diese Freisprüche jedoch für die Dauer
der Landesverweisung. Der einzige begründende Hinweis der
Vorinstanz auf das schwere Verschulden des Beschwerdefüh-
rers vermag diesen Entscheid allein kaum zu rechtfertigen:
Das Verschulden ist im Hinblick auf einen konkreten Tatbe-
stand, für welchen ein Schuldspruch ergeht, zu qualifi-
zieren. Es stellt sich deshalb die Frage, ob das Ver-
schulden bei einem Tatbestand mit der Maximalstrafe von
drei Jahren Gefängnis absolut überhaupt so schwer wiegen
kann, dass eine Landesverweisung von maximaler Dauer aus-
zusprechen ist. Zwischen der Dauer der Hauptstrafe und
jener der Landesverweisung sollte eine gewisse Über-
einstimmung bestehen (BGE 123 IV 102 E. 3). Aus dem
angefochtenen Urteil geht hervor, dass die Vorinstanz
Art. 66bis StGB mit der Maximaldauer der Landesverweisung
von fünfzehn Jahren überhaupt nicht Rechnung getragen hat,
wozu sie verpflichtet gewesen wäre, da die Art. 63 ff.
StGB auch für die Bemessung der Nebenstrafen Anwendung zu
finden haben (BGE 123 IV 107 E. 1).

        Sodann ist darauf hinzuweisen, dass es nicht an-
geht, den Beschwerdeführer allein wegen des ihm zur Last
gelegten Raufhandels als ausserordentlich gefährlich ein-
zustufen. Schliesslich ist festzuhalten, dass die Verwur-
zelung des Beschwerdeführers in unserem Land für die Be-

messung der Landesverweisung nur insofern von Bedeutung
sein könnte, als sie Auswirkungen auf das Sicherungsbe-
dürfnis des Landes hätte.

        Ist die Dauer der Landesverweisung neu zu bestim-
men, so kann das Auswirkungen auch für deren Vollziehbar-
keit haben. Ob die Landesverweisung bedingt aufgeschoben
oder vollzogen werden soll, hängt einzig von der Prognose
über das zukünftige Verhalten des Verurteilten in der
Schweiz ab; nicht von Bedeutung ist dabei die Frage, ob
die Aussichten der Wiedereingliederung in der Schweiz oder
im Heimatland besser sind. Ob der bedingte Vollzug geeig-
net sei, den Angeklagten von der Begehung weiterer Straf-
taten abzuhalten, muss aufgrund einer Gesamtwürdigung
entschieden werden. In die Beurteilung miteinzubeziehen
sind neben den Tatumständen das Vorleben und der Leumund
des Beschwerdeführers sowie alle weiteren Tatsachen - in
casu unter anderem dessen heutiger Gesundheitszustand -,
die gültige Schlüsse auf seinen Charakter und die Aussich-
ten seiner Bewährung zulassen. Es ist unzulässig, unter
den nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu berücksichtigenden
Umständen einzelnen eine vorrangige Bedeutung beizumessen
und andere zu vernachlässigen oder überhaupt ausser acht
zu lassen (BGE 123 IV 107 E. 4a). Es sei schon heute des-
halb darauf hingewiesen, dass es nicht anginge, eine
günstige Prognose bloss mit der "manifestierten Gewalt-
bereitschaft" des Beschwerdeführers zu verneinen.

     5.- Zusammenfassend ist somit die Nichtigkeits-
beschwerde teilweise gutzuheissen und das angefochtene
Urteil in Bezug auf die angeordnete Landesverweisung und
deren Vollziehbarkeit aufzuheben.

        Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind
keine Kosten aufzuerlegen und der Vertreter des Beschwer-

deführers ist angemessen zu entschädigen. Das Gesuch um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist damit als
gegenstandslos geworden abzuschreiben.

            Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutge-
heissen, das angefochtene Urteil des Obergerichts des
Kantons Thurgau in Ziffer 10.c) aufgehoben und die Sache
zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen; im
Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf ein-
zutreten ist.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt
Daniel Vischer, wird für das bundesgerichtliche Verfahren
eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesge-
richtskasse ausgerichtet.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der
Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

                      _____________

Lausanne, 17. April 2002

               Im Namen des Kassationshofes
            des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:                    Der Gerichtsschreiber: