Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.392/2002
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6S.392/2002 /kra

Sitzung vom 17. Dezember 2002
Kassationshof

Bundesrichter Schubarth, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Bundesrichterin Klett, Bundesrichter
Kolly,
Gerichtsschreiberin Krauskopf.

1.  A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, Postfach 1011, 8501
Frauenfeld,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner.

Genugtuung (mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern usw.),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau
vom 12. März 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 14. November 2001 verurteilte das Bezirksgericht Frauenfeld den
Angeklagten X.________ wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern und
mehrfacher Schändung zu einer Zuchthausstrafe von 42 Monaten. Auf Antrag der
Geschädigten wurde die grundsätzliche Haftbarkeit des Angeklagten für die
Schadenersatzforderungen aller Opfer festgestellt und die Opfer wurden zur
Geltendmachung allfälliger Forderungen an den Zivilrichter verwiesen. Den
Antrag der Geschädigten, der Angeklagte sei zu verurteilen, allen Opfern je
eine Genugtuung von Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins je seit dem Beginn der sie
schädigenden Handlungen zu bezahlen, hiess das Bezirksgericht teilweise gut.
Das Gericht verpflichtete den Angeklagten, A.________ Fr. 10'000.--,
B.________ Fr. 8'000.--, C.________ Fr. 8'000.--, F.________ Fr. 6'000.--,
D.________ Fr. 6'000.--, E.________ Fr. 4'000.--, H.________ Fr. 5'000.-- und
G.________ Fr. 5'000.-- zu bezahlen; zur Bezahlung dieser Genugtuungen wurde
der Staat Thurgau nach OHG verpflichtet; in diesem Umfang wurde ihm der
Rückgriff auf den Angeklagten eingeräumt. Die von den Opfern beanspruchte
einheitliche, höhere Genugtuung lehnte das Bezirksgericht ab, da der
einheitliche Betrag dem Sinn und Zweck der Genugtuung widersprechen würde,
diese vielmehr je differenzierend zur je erlittenen Unbill eines jeden Opfers
festzusetzen sei. Die Zusprechung von Zins, welche eine blosse Idee in der
Literatur sei, lehnte das Gericht unter Hinweis auf seine Praxis ab.

B.
Das Obergericht des Kantons Thurgau befand mit Urteil vom 12. März 2002 die
Berufungen der Opfer als teilweise begründet, die Anschlussberufung des
Angeklagten als unbegründet, erkannte den Angeklagten der mehrfachen
sexuellen Handlungen mit Kindern, der mehrfachen Vergewaltigung und der
mehrfachen Schändung, begangen im Zustand mittelgradig verminderter
Zurechnungsfähigkeit, schuldig und verurteilte ihn in Anwendung von Art. 187
Ziff. 1, 190 Abs. 1 und 191 sowie Art. 11 StGB zu 42 Monaten Zuchthaus. Die
den Opfern erstinstanzlich zugesprochenen Genugtuungen erhöhte das
Obergericht je auf den doppelten Betrag und sprach A.________ Fr. 20'000.--,
B.________ Fr. 16'000.--, C.________ Fr. 16'000.--, F.________ Fr. 12'000.--,
D.________ Fr. 12'000.--, E.________ Fr. 8'000.--, H.________ Fr. 10'000.--
und G.________ Fr. 10'000.-- zu. Der vom Bezirksgericht in Würdigung der
objektiven Schwere und subjektiven Betroffenheit der Opfer gewählten
Differenzierung der Beträge pflichtete das Obergericht grundsätzlich bei und
hielt auch dafür, die Zusprechung des beantragten Schadenszinses ab
jeweiligem Beginn der Persönlichkeitsverletzung komme nicht in Betracht, da
das Obergericht bezüglich der Bemessungssätze auf den Zeitpunkt seines
Urteils abstelle.

C.
Mit Nichtigkeitsbeschwerde vom 3. Oktober 2002 stellen die Opfer die Anträge,
der Angeklagte sei in Abänderung von Ziff. 5b des Urteils des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 12. März 2002 zu verpflichten, A.________ eine
Genugtuung von Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins ab 1. März 1994, B.________ Fr.
20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.Juni 1994, C.________ Fr. 20'000.-- nebst 5 %
Zins seit 1. Januar 1996, F.________ Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.
September 1995, D.________ Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1. Juni 1996,
E.________ Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1. Juni 1999, H.________ Fr.
20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1. Dezember 1994 und G.________ Fr. 20'000.--
nebst 5 % Zins seit 1. Dezember 1994 zu bezahlen; dementsprechend sei der
Staat Thurgau in Ziffer 6 des Dispositivs für den Fall der Uneinbringlichkeit
der Ansprüche zu verpflichten, den Opfern die Genugtuungsbeträge von je Fr.
20'000.-- nebst Zins zu bezahlen.

Die Opfer beantragen gleichzeitig die Gewährung der unentgeltlichen
Prozessführung und die Bestellung ihrer Anwältin als Offizialvertreterin.

D.
Das Obergericht des Kantons Thurgau hat am 21. Oktober 2002 sämtliche Akten
übermittelt und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid beantragt, die
Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen. Das Gericht hat in seiner Vernehmlassung
noch beigefügt, es halte die Beschwerde für aussichtslos. Die Eingabe des
Obergerichts wurde der Vertreterin der Opfer am 23. Oktober 2002 zur Kenntnis
zugestellt.

Der Beschwerdegegner hat von der Gelegenheit, sich vernehmen zu lassen,
keinen Gebrauch gemacht.

E.
Mit Verfügung vom 11. Oktober 2002 wurde von der Einforderung eines
Kostenvorschusses mit Rücksicht auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
abgesehen und in Aussicht gestellt, über das Gesuch werde auf Antrag der
bundesgerichtlichen Referentin entschieden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführer verlangen die Aufhebung der Dispositiv-Ziffer 6 des
angefochtenen Urteils, in welcher ihnen ein direkter Genugtuungsanspruch
gegenüber dem Kanton Thurgau eingeräumt und dem Kanton Rückgriff auf den
Beschwerdegegner im Umfang der zugesprochenen Genugtuung gewährt wird. Das
Obergericht stützt sich dabei - unter Hinweis auf die Ausführungen des
Bezirksgerichts - auf Art. 11 ff. des Opferhilfegesetzes (OHG; SR 312.5).
Entschädigung und Genugtuung gemäss Art. 11 ff. OHG sind dem
Bundesverwaltungsrecht zuzuordnen; diesbezügliche Entscheide bilden
Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG, welche mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten sind (BGE 126 II 237 E. 1a S. 239,
125 II 169 E. 1 S. 171, 122 II 211 E. 1 S. 212). Demnach ist die
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Punkt unzulässig; sie ist nur
gegeben für Zivilansprüche, die zusammen mit der Strafklage beurteilt wurden
(Art. 271 Abs. 1 Satz 1 BStP; Martin Schubarth, Nichtigkeitsbeschwerde 2001,
Bern 2001, N. 249 f.). Auf den Antrag der Beschwerdeführer, Ziffer 6 des
Dispositivs des angefochtenen Urteils aufzuheben, kann somit nicht
eingetreten werden.

2.
Ist der Zivilanspruch zusammen mit der Strafklage beurteilt worden, so kann
die Nichtigkeitsbeschwerde wegen dieses Anspruchs vom Geschädigten, vom
Verurteilten und von dem mit ihm ersatzpflichtig erklärten Dritten ergriffen
werden. Berufung ist ausgeschlossen (Art. 271 Abs. 1 BStP).

2.1 Nach der Rechtsprechung ist die Berufung und nicht die
Nichtigkeitsbeschwerde gegeben, wenn vor der letzten kantonalen Instanz
einzig die im Strafverfahren adhäsionsweise geltend gemachte Zivilforderung
strittig war, so dass die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt
nicht ergriffen werden konnte (BGE 118 II 410 E. 1 S. 412 mit Verweisen;
Schubarth a.a.O., N. 251). Im vorliegenden Fall haben zwar zunächst nur die
Opfer kantonale Berufung beim Obergericht des Kanons Thurgau eingereicht und
Anträge zu den Genugtuungssummen gestellt. Der Angeklagte hat jedoch
kantonale Anschlussberufung erhoben und darin auch Anträge zum Strafpunkt
gestellt, die das Obergericht im angefochtenen Entscheid beurteilt hat. Damit
sind die Voraussetzungen von Art. 271 Abs. 1 BStP hier erfüllt; die
Nichtigkeitsbeschwerde ist grundsätzlich zulässig und die Opfer sind als
Geschädigte in Bezug auf den Zivilanspruch, den ihre Anträge betreffend die
Höhe und Verzinsung der Genugtuungsforderung allein betreffen, zur
Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert.

2.2 Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde tritt im Zivilpunkt an die
Stelle der Berufung und muss nach der inhaltlich mit Art. 55 Abs. 1 lit. b OG
übereinstimmenden Vorschrift von Art. 273 Abs. 1 lit. a BStP die Angabe,
welche Punkte des Entscheides angefochten werden, und die Anträge enthalten.
Auch in diesem Verfahren ist daher die Bezifferung der eingeklagten Geldsumme
erforderlich (BGE 127 IV 141 E. 1c S. 143, 125 III 412 1c S. 415) und es muss
- sofern das kantonale Urteil im Strafpunkt nicht angefochten oder die
Nichtigkeitsbeschwerde insofern abgewiesen wird - insbesondere der Streitwert
erreicht sein, sofern er Zulässigkeitsvoraussetzung für die Berufung bildet
(BGE 128 IV 53 E. 6a S. 69, 127 IV 141 E. 1b S. 142f). Aus dem angefochtenen
Urteil ergibt sich diesbezüglich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der
Streitwert nach Art. 46 OG erreicht ist, waren doch vor dem Obergericht für
jede der Beschwerdeführer schon einzeln mehr als die erforderlichen Fr.
8'000.-- streitig. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist auch insoweit zulässig.

2.3 Die Nichtigkeitsbeschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur; das
heisst, es kann mit diesem Rechtsmittel nur die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids verlangt werden (BGE 125 IV 298 E. 1 S. 301). Allerdings bestimmt
Art. 277quater BStP, dass der Kassationshof im Zivilpunkt entweder selbst in
der Sache entscheidet oder diese zu neuer Entscheidung an die kantonale
Behörde zurückweist; der reformatorische Antrag ist daher im Zivilpunkt
zulässig (BGE 125 III 412 E. 1c/cc S. 416). Auf den Antrag der
Beschwerdeführer, es sei die Dispositiv-Ziffer 5b des angefochtenen Urteils
abzuändern, kann daher eingetreten werden.

2.4 Im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde (Art. 277bis Abs. 1 BStP) können
die Würdigung der Beweise und die Tatsachenfeststellungen ebenso wenig
überprüft werden wie im Verfahren der Berufung (BGE 126 IV 65 E. 1 S. 66, 124
IV 81 E. 2a S. 83, 127 IV 46 E. 1a S. 47, vgl. auch BGE 127 III 390 E. 1f S.
393). Soweit die Beschwerdeführer die Feststellungen im angefochtenen Urteil
ergänzen oder ihre Rügen auf eine davon abweichende Sachdarstellung stützen,
sind sie nicht zu hören.

3.
Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf
Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es
rechtfertigt und diese nicht anders wieder gutgemacht worden ist (Art. 49
OR). Die Genugtuung hat in erster Linie zum Zweck, beim Verletzten für die
erlittene immaterielle Unbill bzw. das empfundene Unrecht einen Ausgleich zu
schaffen, indem das Wohlbefinden anderweitig gesteigert oder dessen
Beeinträchtigung erträglicher gemacht wird (BGE 123 III 10 E. c/bb S. 15).
Die Bemessung der Genugtuung richtet sich vor allem nach der Art und Schwere
der Verletzung, der Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die
Persönlichkeit sowie dem Grad des Verschuldens des Schädigers (BGE 125 III
412 E. 2a S. 417). Die Festlegung der Höhe beruht auf der Würdigung
sämtlicher Umstände und richterlichem Ermessen (Art. 4 ZGB). Das
Bundesgericht überprüft zwar als Rechtsfrage frei, ob das kantonale Gericht
sein Ermessen richtig ausgeübt hat. Es auferlegt sich jedoch nach konstanter
Praxis Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn das Sachgericht grundlos von
den in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Bemessungsgrundsätzen abweicht,
oder wenn Tatsachen berücksichtigt worden sind, die für den Entscheid im
Einzelfall keine Rolle spielen oder umgekehrt Umstände ausser Betracht
gelassen worden sind, die in den Entscheid hätten einbezogen werden müssen;
ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, wenn sich
diese als offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht
erweisen (BGE 128 IV 53 E.7a S. 71, 127 III 310 E. 3 S. 313 f., 125 III 412
E. 2a S. 417).

3.1 Die Vorinstanz hat - insofern in Bestätigung des erstinstanzlichen
Urteils - die Höhe der Genugtuung für die einzelnen Opfer des
Beschwerdegegners differenziert festgelegt. Sie hat in dieser Hinsicht
erwogen, die Schwierigkeit im Zusammenhang mit Angriffen auf die sexuelle
Integrität die Schwere und die Auswirkungen eines Eingriffs zu objektivieren,
entbinde das Gericht von einer differenzierenden Betrachtungsweise nicht. Das
Obergericht ist vielmehr davon ausgegangen, es könne nicht von vorneherein
und verallgemeinernd gesagt werden, die Vergewaltigung rufe stets nach einem
höheren Basisbetrag oder einer höheren Genugtuung als beispielsweise eine
andere nötigende sexuelle Handlung. Die Auswirkungen solcher Taten hängen
nach den Ausführungen im angefochtenen Entscheid neben der Art der
Tatbegehung auch von der Opferpersönlichkeit und der persönlichen Einstellung
des Opfers zur entsprechenden sexuellen Handlung ab. Die Beschwerdeführer
bringen nichts vor, was diese Erwägungen grundlegend zu entkräften vermöchte.
Sie berufen sich dagegen auf die Gemeinsamkeiten unter den Opfern und heben
insbesondere hervor, dass alle Opfer entweder sehr jung oder behindert waren,
dass sie alle körperlich gar nicht entwickelt oder geistig unreif und sexuell
unerfahren waren, dass sie sich alle wegen ihres Alters, ihrer Behinderung
oder aufgrund ihrer familiären Situation nicht hätten wehren können oder
jedenfalls bald hätten einsehen müssen, dass entsprechende harmlose Versuche
zwecklos gewesen seien. Die Beschwerdeführer sehen sodann die Gemeinsamkeiten
darin, dass sich der Angeklagte bei allen in ihr Vertrauen eingeschlichen und
die Tatsache ausgenutzt habe, dass er die Betreuungs- und Bezugspersonen
aller Opfer gut bis sehr gut kannte und bei allen Opfern schweren Schaden
angerichtet habe, der ihre Persönlichkeit auf das Massivste verletzte und bei
allen langfristige Auswirkungen im Sinne von Entwicklungsstörungen ausgelöst
habe, welche keineswegs abgeschlossen seien und noch jahrelang nachwirkten.
Sie weisen darauf hin, dass keines der Opfer eine normale Biographie
aufweise.

3.2 Die von den Beschwerdeführern aufgezeigten Gemeinsamkeiten vermögen einen
Eingriff in das von der Vorinstanz geübte Ermessen bei der Festsetzung der
Genugtuung nicht zu rechtfertigen. Wenn die Vorinstanz zunächst die Schwere
sowohl der Handlungen wie der Auswirkungen für die zu Beginn der Delikte
13-jährige A.________ insgesamt und im Verhältnis zu den anderen Opfern als
schwerwiegender erachtete, hat sie keineswegs die Opfer gegeneinander
"ausgespielt", wie sie vorbringen. Sie hat vielmehr konkret die Auswirkungen
der sehr schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen aufgrund der Art und der
Vorgehensweise des Täters, des Alters und der Umstände in ihren Auswirkungen
auf die Verhaltensweise und künftige Lebensführung des Opfers gewichtet und
ohne Bundesrechtsverletzung geschlossen, diese seien insgesamt als
schwerwiegender zu betrachten als bei den andern Opfern, die nicht in diesem
besonders empfindlichen Alter und insgesamt durch das spezifische Vorgehen
des Beschwerdegegners zwar ebenfalls sehr schwer, aber doch etwas weniger
schwerwiegend betroffen gewesen seien. Den Beschwerdeführern ist zwar
zuzugestehen, dass nicht mathematisch genau abgewogen werden kann, ob eine
ausserordentlich lange Dauer des Missbrauchs oder die Intensität des
sexuellen Missbrauchs schwerer wiege und dass unmöglich ist, das junge Alter
oder die Art und das Ausmass der Behinderung gegeneinander aufzuwiegen. Sie
verkennen jedoch, dass gerade aus diesem Grund eine differenzierte Abwägung
sämtlicher Umstände der Persönlichkeitsverletzung für jedes der Opfer
erforderlich ist, das den individuellen Auswirkungen und konkreten Umständen
für jede einzelne der geschädigten Personen Rechnung trägt. Der Umstand, dass
neben dem konkret betroffenen Opfer noch weitere Personen durch ähnliche
Delikte des Beschwerdegegners geschädigt wurden, rechtfertigt nicht, auf die
Würdigung der Umstände des Tatvorgehens gegenüber jedem einzelnen Opfer und
den entsprechenden konkreten Auswirkungen der Persönlichkeitsverletzungen bei
jeder einzelnen geschädigten Person zu verzichten. Die Vorinstanzen haben
bundesrechtskonform die konkreten Umstände der Delikte des Angeklagten
gegenüber jedem einzelnen Opfer gewürdigt. Sie haben zu Recht abgelehnt, in
pauschaler Weise alle Handlungen des Angeklagten in Anbetracht ihrer durchaus
auch bestehenden Gemeinsamkeiten über einen Leisten zu schlagen und insofern
einen einheitlichen Geldbetrag als Genugtuung festzusetzen. Dass sie im
Ergebnis unterschiedliche Beträge als Genugtuung zugesprochen haben,
bestätigt vielmehr das korrekte Vorgehen in der Würdigung sämtlicher
individueller Umstände.

3.3 Die Beschwerdeführer behaupten im Übrigen nicht, dass die Grössenordnung
der zugesprochenen Genugtuungsbeträge namentlich unter Berücksichtigung der
im Bereich von Sexualdelikten bis anhin gesprochenen Geldsummen als stossend
oder dem Gerechtigkeitsgefühl in grundlegender Weise widerstreitend erschiene
(vgl. BGE 125 III 269 E. 2 S. 273/274). Ihre Ausführungen beschränken sich im
Wesentlichen auf das Vorbringen, die ihnen zugefügte Unbill sei in gesamter
Betrachtungsweise für alle Opfer ungefähr gleich schwer zu gewichten und es
rechtfertige sich daher grundsätzlich keine Differenzierung. Diese Ansicht
beruht auf der grundlegend verfehlten Annahme, es beständen im vorliegenden
Zusammenhang Gründe für eine Gleichbehandlung der Opfer, die gegenüber der
individuellen und konkreten Würdigung sämtlicher Umstände für jedes einzelne
der Opfer überwögen. Die Vorbringen in der Beschwerde vermögen in Bezug auf
die Würdigung der Umstände jeder individuellen Persönlichkeitsverletzung
nicht auszuweisen, dass von anerkannten Bemessungsgrundsätzen abgewichen oder
Tatsachen berücksichtigt worden wären, die für den Entscheid im Einzelfall
keine Rolle hätten spielen dürfen oder umgekehrt gerade Umstände ausser
Betracht geblieben wären, die in den Entscheid hätten einbezogen werden
müssen. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist insofern unbegründet.

4.
Die Beschwerdeführer rügen sodann als Bundesrechtsverletzung, dass ihnen kein
Schadenszins zugesprochen wurde.

4.1 Zum Schaden gehört nach konstanter Rechtsprechung der Zins vom Zeitpunkt
an, in welchem das schädigende Ereignis sich finanziell ausgewirkt hat. Der
Schadenszins läuft bis zur Zahlung des Schadenersatzes und bezweckt, den
Anspruchsberechtigten so zu stellen, wie wenn er für seine Forderung am Tage
der unerlaubten Handlung bzw. im Zeitpunkt deren wirtschaftlichen
Auswirkungen befriedigt worden wäre (BGE 122 III 53 E. 4a S. 54 mit
Hinweisen). Die Genugtuung wird in der Rechtsprechung weitgehend gleich
behandelt wie der Schadenersatz, indem etwa Umstände, die auf die Entstehung
oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt haben, und insbesondere ein
Selbstverschulden des Geschädigten bei der Bemessung durch einen
entsprechenden Abzug berücksichtigt werden (BGE 123 III 306 E. 9b S. 315, 117
II 50 E. 4b S. 62, vgl. auch BGE 128 II 49 E. 4.2 S. 54) und indem namentlich
die Genugtuungen ab dem massgebenden Tag des schädigenden Ereignisses
verzinst werden (vgl. BGE 118 II 404 E. 3b/bb S. 408, BGE 117 II 50 E. 4b S.
63, 112 II 131 E. 4d S. 138, vgl. auch BGE 125 III 269 E. 2d S. 276, wo dem
Opfer entsprechend dem Antrag vor erster Instanz ein Schadenszins von 5 % ab
dem Datum zugesprochen worden war, für den es ihn beantragt hatte).

4.2 Der Zins auf der Genugtuung ab dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses
bezweckt wie der Schadenszins, den Gläubiger so zu stellen, als wäre ihm der
Geldbetrag bereits im Zeitpunkt der Persönlichkeitsverletzung bzw. der
Entstehung der seelischen Unbill zugeflossen (vgl. BGE 122 III 53 E. 4a S.
54). Der Zins bildet Teil der Genugtuung, denn diese soll der geschädigten
Person unabhängig von der Länge des Verfahrens bis zur endgültigen Festlegung
der Genugtuungssumme bzw. bis zur Zahlung in vollem Betrag zur Verfügung
stehen; der Zins soll die vorenthaltene Nutzung des Kapitals für die Zeit
zwischen dem Delikt bzw. dessen Auswirkung auf die Persönlichkeit des Opfers
und der Zahlung ausgleichen. In der Literatur wird denn auch die Verzinsung
nicht nur des Schadenersatzes, sondern auch der Genugtuung allgemein
befürwortet (vgl. Keller, Haftpflicht im Privatrecht, Bd. II, Bern 1998, S.
130f, Brehm, Berner Kommentar, 2. Aufl., N. 95 zu Art. 49 OR, Oftinger/Stark,
Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, Zürich 1995 § 6 N. 23-25 S. 256 f.,
Gauch/Schluep/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 7.
Aufl., Bd. II, N. 2791, Guhl/Merz/Koller, Das Schweizerische
Obligationenrecht, Zürich 2000, S. 79 §10 N. 58). Dem kann auch nicht mit dem
Argument begegnet werden, dass die Grössenordnung der Genugtuung nach den im
Zeitpunkt des Urteils üblichen Ansätzen bemessen wird. Zwar hat das
Bundesgericht den Vorschlag in Betracht gezogen, entweder zusätzlich zu der
nach den Ansätzen am Verletzungstag bemessenen Summe einen Zinsanspruch
zuzusprechen oder eine Genugtuung nach den Ansätzen am Urteilstag ohne Zins
festzulegen (BGE 116 II 295 E. 5b S. 299f). Ob diese Alternative überhaupt
richtig sei, erscheint zweifelhaft, da angesichts des weiten Ermessens bei
der Festlegung der Genugtuungssummen fragwürdig erscheint, von "Ansätzen" zu
sprechen und bei einer generellen Veränderung in der Grössenordnung der
zugesprochenen Summen nach allgemeinen Grundsätzen sämtliche noch nicht
rechtskräftig entschiedenen Fälle gemäss der neuen Praxis zu entscheiden sind
(Urteil 4C.379/1994 vom 21. August 1995, E. 7 mit Verweis auf BGE 119Ib 103
E. 1b S. 107, vgl. auch Keller, a.a.O.). Im vorliegenden Fall steht dieser
Ansicht aber schon der Umstand entgegen, dass die Grössenordnung der
zugesprochenen Genugtuungen im hier massgebenden Zeitraum seit 1994 keine
grundlegende Änderung erfahren hat. Die im angefochtenen Urteil
zugesprochenen Summen halten sich denn auch durchaus in diesem Rahmen und
liegen jedenfalls nicht derart an der oberen Grenze, dass der Zins als
enthalten gelten könnte (vgl. BGE 125 III 269 E. 2 S. 273/274).

4.3 Die Rüge der Beschwerdeführer ist insofern begründet; es steht ihnen auf
den zugesprochenen Genugtuungssummen ein Zins von 5 % (Art. 73 OR) seit dem
sie schädigenden bzw. Unbill verursachenden Delikt zu. Als Zeitpunkt der
Persönlichkeitsverletzung kann indes entgegen ihrer Ansicht nicht die erste
deliktische Handlung gelten. Dem widerspricht die Bemessung der Genugtuung
nach der Gesamtheit der persönlichkeitsverletzenden Eingriffe in die sexuelle
Integrität der Beschwerdeführer, in deren Rahmen sowohl allfällige
verschiedene Verletzungen wie insbesondere auch der Zeitraum, während dem die
Eingriffe stattgefunden haben, ebenso zu berücksichtigen sind, wie
schliesslich die Auswirkungen der gesamten Verletzungen auf ihre
Persönlichkeit. Die Entstehung der seelischen Unbill ist mit der ersten
Persönlichkeitsverletzung nicht abgeschlossen, wenn darauf weitere -
allenfalls schwerer wiegende und schon wegen der Wiederholung meist
nachhaltiger beeinträchtigende - Persönlichkeitsverletzungen folgen.
Anderseits kann auch nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass die
schliesslich entscheidende Beeinträchtigung der Persönlichkeit erst mit der
letzten begangenen Verletzung abgeschlossen und eingetreten sei. In der Regel
ist daher bei mehreren Verletzungen über einen längeren Zeitraum ein
mittlerer Zeitpunkt für die gesamte Verletzung als massgebend anzusehen. Der
Zeitpunkt der Entstehung der seelischen Unbill ist somit mangels besonderer
Umstände auf die Mitte des Zeitraumes festzulegen, während welcher der Täter
die Beschwerdeführer zu verschiedenen Zeitpunkten und auf teilweise
unterschiedliche Weise missbraucht hat.

4.4 Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat der Beschwerdegegner
die persönlichkeitsverletzenden Handlungen gegenüber den Opfern in folgenden
Zeiträumen begangen: Gegen A.________ ab Frühling/Sommer 1994 bis Juli/August
1994, gegen B.________ von Sommer bis Ende Dezember 1994, gegen C.________
von 1996 bis anfangs 2000, gegen F.________ ab Herbst 1995 bis Frühling 2000,
gegen D.________ ab 1996 bis Oktober 2000, gegen E.________ ab 1999 bis
Oktober 2000, gegen H.________ ab Winter 1994 bis Mai 1995 und gegen
G.________ von Ende 1994 bis Januar 2001. Dies ergibt folgende für den Beginn
des Zinsenlaufs massgebende mittlere Zeitpunkte:
A.________:  1.3.1994 bis 1. 9.1995: 1.11.1994;
B.________: 1.6.1994 bis 31.12.1994: 1.9.1994;
C.________: 1.1.1996 bis 1.1.2000: 1.1.1998;
F.________: 1.9.1995 bis 1.3.2000: 1.6.1998;
D.________:  1.1.1996 bis 1.10.2000: 1.5.1998;
E.________:  1.1.1999 bis 1.10.2000: 1.12.1999;
H.________: 1.9.1994 bis 1.5.1995: 1.1.1995;
G.________:  1.12.1994 bis 1.2.2001: 1.1.1998.

4.5 Die Nichtigkeitsbeschwerde ist in Bezug auf die Zinsen teilweise
gutzuheissen. Dementsprechend ist das angefochtene Urteil in Ziffer 5b
aufzuheben und den Opfern sind folgende Genugtuungssummen zuzusprechen:

A.________ Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.11.1994;
B.________ Fr. 16'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.9.1994;
C.________ Fr. 16'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.1.1998;
F.________ Fr. 12'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.6.1998;
D.________ Fr. 12'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.5.1998;
E.________ Fr.  8'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.12.1999;
H.________ Fr. 10'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.1.1995;
G.________ Fr. 10'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.1.1998.

5.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist teilweise in Bezug auf die Zinsen
gutzuheissen, im Übrigen in Bezug auf die verlangte Erhöhung der
Genugtuungssummen als unbegründet abzuweisen. Die Bedürftigkeit der
Beschwerdeführer ist hinreichend erstellt. Ihre Rechtsbegehren sind nicht von
vornherein als aussichtslos zu bezeichnen, zumal sie teilweise obsiegen. Es
ist ihnen daher eine Parteientschädigung aus der Bundesgerichtskasse
auszurichten, und es ist auf die Erhebung von Kosten zu verzichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und
Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, Frauenfeld, wird den Beschwerdeführern als
Offizialvertreterin beigegeben.

2.
Auf den Antrag Ziffer 2 der Rechtsbegehren der Beschwerdeführer wird nicht
eingetreten.

3.
Antrag Ziffer 1 der Rechtsbegehren der Beschwerdeführer wird teilweise
gutgeheissen, Dispositivziffer 5b des Urteils des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 12. März 2002 wird aufgehoben und wie folgt neu formuliert:
"Der Berufungsbeklagte wird verpflichtet, den Opfern die nachfolgenden
Genugtuungssummen zu bezahlen:

A.________ Fr. 20'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.11.1994;
B.________ Fr. 16'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.9.1994;
C.________ Fr. 16'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.1.1998;
F.________ Fr. 12'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.6.1998;
D.________ Fr. 12'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.5.1998;
E.________ Fr.  8'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.12.1999;
H.________ Fr. 10'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.1.1995;
G.________ Fr. 10'000.-- nebst 5 % Zins seit 1.1.1998."

4.
Es werden keine Kosten erhoben.

5.
Der Vertreterin der Beschwerdeführer, RA Dr. Barbara Wyler, Frauenfeld, wird
von der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau sowie
der Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Dezember 2002

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: