Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.365/2002
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6S.365/2002 /kra

Sitzung vom 22. Januar 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Boog.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Richard Jezler,

gegen

B.________,
C.________,
D.________,
Beschwerdegegner,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Mona,
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8023 Zürich.

Fahrlässige Tötung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich,
I. Strafkammer,
vom 29. Mai 2002.

Sachverhalt:

A.
A. ________ sollte am 3. März 1999 durch Beamte der Kantonspolizei Bern
fremdenpolizeilich per Flugzeug aus der Schweiz nach Kairo ausgeschafft
werden. Der Ausschaffungshäftling war bereits auf dem Weg von Bern zum
Flughafen Zürich-Kloten gefesselt worden und wurde anschliessend in einer
Zelle der Flughafenpolizei von den begleitenden Polizeibeamten geknebelt, um
sicherzustellen, dass er die Ausschaffung nicht durch Schreien behindern
würde. Die Knebelung (Mundverklebung) wurde von X.________, der in einer
benachbarten Zelle als begleitender Arzt mit der Ausschaffung eines anderen
Häftlings betraut war, daraufhin überprüft, ob eine genügende Nasenatmung
möglich sei. Beim anschliessenden Transport mittels Rollstuhl von der Zelle
zu einem wartenden Kleinbus wurde festgestellt, dass A.________ nicht mehr
ansprechbar war. In der Folge rief einer der Polizeibeamten X.________
herbei, der die Mundknebelung entfernte und versuchte, den
Ausschaffungshäftling durch Mundbeatmung zu reanimieren. Die Bemühungen
blieben ohne Erfolg. A.________ verstarb an einem Herz-Kreislaufversagen mit
Atemstillstand.

B.
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Bülach erklärte
X.________ mit Urteil vom 2. Juli 2001 der fahrlässigen Tötung schuldig und
verurteilte ihn zu fünf Monaten Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug, unter
Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren. Ferner verpflichtete er den
Beurteilten zum Ersatz der Begräbniskosten und zur Bezahlung weiteren
Schadenersatzes, wobei er das Schadenersatzbegehren der Geschädigten im
Quantitativ auf den Zivilweg verwies. Ferner verurteilte der Einzelrichter
X.________ zur Zahlung von Genugtuungen in der Höhe von Fr. 30'000.-- an die
Geschädigte B.________ und von je Fr. 10'000.-- an die Geschädigten
C.________ und D.________. Auf die Genugtuungsforderungen der übrigen
Familienangehörigen trat er nicht ein. Auf Berufung von X.________ bestätigte
das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 29. Mai 2002 das
erstinstanzliche Urteil im Schuldspruch und setzte die ausgesprochene Strafe
auf drei Monate Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von
zwei Jahren, herab. Im Zivilpunkt bestätigte es das erstinstanzliche Urteil.

C.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er die
Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur neuen
Entscheidung an das Obergericht des Kantons Zürich beantragt. Ferner stellt
er das Gesuch, seiner Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

D.
Das Obergericht des Kantons Zürich schliesst in seiner Stellungnahme auf
Abweisung der Beschwerde. Die Geschädigten beantragen unter Verzicht auf
Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft des
Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet.

E.
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat mit Beschluss vom 14. August
2003 eine gegen das Urteil des Obergerichts erhobene kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen.

F.
Mit Entscheid vom heutigen Datum hat der Kassationshof eine in derselben
Sache eingereichte staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen.

G.
Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde hat der Präsident des
Kassationshofs mit Verfügung vom 20. Oktober 2003 superprovisorisch
angeordnet, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung
alle Vollziehungsvorkehrungen betreffend Zivilforderung zu unterbleiben
haben.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Vorinstanz stellt gestützt auf ein zur Todesursache erstattetes
Obduktionsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin an der Universität Zürich
(IRM) vom 29. Dezember 1999 sowie auf dessen Ergänzung nebst Nachtrag vom 30.
Oktober 2000 für den Kassationshof verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1
BStP), das Opfer sei an den Folgen der im Rahmen der Ausschaffung vollzogenen
Zwangsmassnahmen erstickt. Es liege ursächlich ein Tod durch mechanisches
Ersticken vor, wobei anteilsmässig - aber nicht hauptgewichtig - auch
Phänomene, wie sie bei der so genannten "positional asphyxia" (lagebedingter
Erstickungstod) beschrieben würden, mitgespielt hätten.

1.2 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der fahrlässigen
Tötung. Er macht geltend, die Kontrolle der Nasenatmungskapazität habe
ergeben, dass das Opfer durch beide Nasengänge uneingeschränkt habe atmen
können. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung bekomme ein Mensch, der durch
beide Nasengänge uneingeschränkt atmen könne, ohne Dazutreten
aussergewöhnlicher Umstände immer genügend Sauerstoff und könne auch
hinreichend Kohlendioxid abatmen. Er habe daher davon ausgehen dürfen, dass
die Atmung ausreichend sei und kein Grund bestanden habe, die Mundverklebung
zu entfernen. Der weitere Verlauf des Geschehens sei für ihn nicht
vorhersehbar gewesen.

1.3 Gemäss Art. 117 StGB wird mit Gefängnis oder Busse bestraft, wer
fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht. Fahrlässig begeht der Täter ein
Verbrechen oder Vergehen, wenn die Tat darauf zurückzuführen ist, dass er die
Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht
oder darauf nicht Rücksicht genommen hat (Art. 18 Abs. 3 Satz 1 StGB). Ein
Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung setzt somit voraus, dass der Täter den
Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat.
Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat
aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit
bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und
müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten
hat (Art. 18 Abs. 3 Satz 2 StGB).

Erkennbar bzw. voraussehbar ist die Gefahr des Erfolgseintritts für den
Täter, wenn sein Verhalten geeignet ist, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge
und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen
herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Dabei müssen die zum Erfolg
führenden Geschehensabläufe für den konkreten Täter mindestens in ihren
wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Die Vorhersehbarkeit der zu
beurteilenden Ursache für den Erfolg ist nur zu verneinen, wenn ganz
aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden eines Dritten oder
Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursache hinzutreten, mit denen
schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass
sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolgs erscheinen
und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des
Angeschuldigten - in den Hintergrund drängen (BGE 127 IV 34 E. 2a; 122 IV 17
E. 2c; 121 IV 10 E. 3, 286 E. 3 je mit Hinweisen).

1.4 Der Schuldspruch der fahrlässigen Tötung verletzt kein Bundesrecht. Nach
den Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer erkannt, dass beim
Opfer der rechte Nasengang durch die stark verbogene Nasenscheidewand
beträchtlich eingeengt war. Es ist ihm auch bewusst gewesen, dass bei dieser
körperlichen Prädisposition Probleme mit der Atmung auftreten könnten. Der
Ausschaffungshäftling hatte ihm gegenüber denn auch die Befürchtung
geäussert, er könnte während des Fluges zu wenig Luft bekommen. Bei dieser
Sachlage ist die Auffassung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe mit
seinem Verhalten den Tod des Opfers herbeigeführt oder zumindest begünstigt,
nicht zu beanstanden. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, hätte der
Beschwerdeführer aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten als Arzt bei
sorgfältiger Untersuchung der Atmung durch die Nase erkennen können und
müssen, dass sich die Nasenatmungskapazität unter Stress verschlechtern
könnte, wodurch die Aufnahme von Sauerstoff und die Abatmung von Kohlendioxid
erheblich beeinträchtigt würden, da wegen des verklebten Mundes ein
Ausweichen auf Mundatmung nicht möglich gewesen sei. Er hätte auch bedenken
müssen, dass diese Umstände zu einem vom Opfer willentlich nicht mehr selbst
regulierbaren "circulus vitiosus" führen würden. Bei dieser Sachlage kommt
die Vorinstanz zu Recht zum Schluss, der Beschwerdeführer hätte die akute
Erstickungsgefahr durch die Mundverklebung erkennen können und müssen. Er
hätte daher zumindest die Beurteilung der Atmung ablehnen oder den Rat eines
Spezialisten einholen müssen. Indem er den Polizeibeamten trotz dieser
Umstände beschieden habe, es bestünde aufgrund der Knebelung keine relevante
Beeinträchtigung der Nasenatmung, und es unterlassen habe, ihnen von der
Mundverklebung abzuraten oder Notfallinstruktionen zu erteilen, hat er die
ärztliche Sorgfaltspflicht missachtet.
Was der Beschwerdeführer hiegegen einwendet, führt zu keiner anderen
Beurteilung. Aussergewöhnliche Umstände, die das Verhalten des
Beschwerdeführers als nicht mehr kausal erscheinen liessen, sind nicht
ersichtlich. Namentlich konnten nach den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz eine vorbestandene Herzerkrankung des Opfers oder ein den
Beschwerdeführer entlastendes Mitverschulden der Polizeibeamten
ausgeschlossen werden.

Ist die Sorgfaltspflichtverletzung schon deshalb zu bejahen, weil der
Beschwerdeführer die Nasenatmungskapazität des Opfers zu Unrecht als
ausreichend beurteilt hat, muss nicht geprüft werden, ob sich die
Fahrlässigkeit auch aus der mangelnden Instruktion der Polizeibeamten und der
Bemerkung des Beschwerdeführers, das Opfer simuliere nur, ergibt.

Die Beschwerde erweist sich im Strafpunkt als unbegründet.

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich im Weiteren gegen die Verurteilung zu
Schadenersatz und Genugtuung an die Mutter und zwei Brüder des Opfers.

2.1 Die Vorinstanz nimmt an, der Beschwerdeführer habe im Auftrag des Kantons
Bern als Arzt einen anderen Ausschaffungshäftling betreut und diesbezüglich
eine amtliche Verrichtung ausgeübt. Der Auftrag des Beschwerdeführers habe
nur die Betreuung jenes anderen Ausschaffungshäftlings umfasst. Das Opfer
habe er dagegen in Zürich zum ersten Mal gesehen. Er sei am Flughafen von den
Polizeibeamten angefragt worden, ob er sich dieses anschauen könne, weil er
sich in der Nähe befand. Die Polizeibeamten hätten den Beschwerdeführer aber
nicht kraft seines Mandates angefragt und seien auch nicht befugt gewesen,
seinen Auftrag zu erweitern oder ihm namens des Staates einen neuen Auftrag
zu erteilen. Seine Verrichtungen in Bezug auf das Opfer seien daher
privatrechtlicher Natur gewesen. Der Beschwerdeführer habe den Schaden,
welchen er dem Opfer bzw. dessen Hinterbliebenen widerrechtlich zugefügt
habe, somit nicht in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit verursacht. Damit sei
Art. 61 Abs. 1 OR nicht anwendbar, so dass die Staatshaftung entfalle und der
Beschwerdeführer persönlich nach Art. 41 ff. OR zu belangen sei.

2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet seine Passivlegitimation hinsichtlich der
Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen. Wohl habe er bezüglich dem Opfer
ursprünglich keinen Auftrag des Kantons Bern gehabt. Doch habe das
Polizeikommando Bern am fraglichen 3. März 1999 gleichzeitig zwei
Ausschaffungshäftlinge von Bern zum Flughafen Zürich-Kloten überführen
müssen. Auf Weisung der Vorgesetzten seien die beiden Transporte
zusammengefasst und mit einem Fahrzeug ausgeführt worden. Diese Gruppe habe
aus dem Opfer mit seinen drei Begleitern, dem andern Aussschaffungshäftling
mit seinen Begleitern, zu welchen auch er (der Beschwerdeführer) als einziger
Arzt an Bord des Fahrzeugs gehört habe, sowie aus dem Chauffeur bestanden.
Mit der Zusammenfassung der beiden Transporte zu einer Gruppe seien die
Vorgesetzten stillschweigend davon ausgegangen, dass sich die Begleiter bei
allfälligen Schwierigkeiten gegenseitig unterstützen würden, unabhängig
davon, für welchen Häftling sie zuständig gewesen seien. Durch diese konkrete
Ausgestaltung der Reiseorganisation sei somit der ihm erteilte, ursprünglich
enger gefasste Auftrag konkludent erweitert worden. Die Abgabe eines
Beruhigungsmittels und die Überprüfung der dem Opfer angelegten Knebelung im
Ausschaffungsgefängnis des Flughafens Kloten sei daher in amtlicher Funktion
und nicht im Rahmen der privaten freiberuflichen Tätigkeit erfolgt. Die
Vorinstanz habe Art. 61 Abs. 1 OR zu Unrecht nicht angewendet.

2.3
2.3.1Mit der Nichtigkeitsbeschwerde kann nur die Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 269 Abs. 1 BStP). Eine Verletzung von Bundesrecht liegt
auch vor, wenn Bundesrecht an Stelle von kantonalem Recht angewendet wurde.
Zur richtigen Auslegung kantonalen Rechts äussert sich das Bundesgericht aber
nicht (BGE 93 II 189 E. a; 83 II 345 E. 1).

2.3.2 Ein öffentlicher Beamter oder Angestellter haftet für den in Ausübung
seiner amtlichen Tätigkeit verursachten Schaden nach den Regeln des
Zivilrechts, sofern das öffentliche Recht keine abweichenden Bestimmungen
enthält (vgl. Art. 61 Abs. 1 OR). Für gewerbliche Verrichtungen des Beamten
gelten ausschliesslich die zivilrechtlichen Bestimmungen (Art. 61 Abs. 2 OR;
BGE 128 III 76 E. 1a; 122 III 101 E. 2a), sofern jedenfalls die
öffentlich-rechtlichen Verantwortlichkeitsgesetze zugunsten des Geschädigten
keine strengere Haftung vorsehen (Roland Brehm, Berner Kommentar, 2. Aufl.
1998, Art. 61 N 49).

Handelt der öffentliche Beamte oder Angestellte nicht im Rahmen seiner
öffentlichen Aufgabe, sondern aus eigenem Interesse, steht er einer
Privatperson gleich; in diesem Fall richtet sich die Haftung nach Art. 41 ff.
OR. Das öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeitsrecht kommt nur zur
Anwendung, wenn der Schaden in Ausübung der amtlichen Funktion und nicht nur
bei Gelegenheit der amtlichen Verrichtung verursacht wird. Im letzteren Fall
gilt die Handlung als nicht-amtliche Verrichtung, deren Folgen dem
Privatrecht unterstellt sind (Brehm, a.a.O., Art. 61 N 35 f.). Entscheidend
ist, ob der Handelnde in der Funktion als Beamter oder öffentlicher
Angestellter einen Schaden verursacht. Es muss somit ein funktioneller
Zusammenhang zwischen der amtlichen Stellung als öffentlicher Beamter oder
Angestellter und der schädigenden Handlung bestehen (Brehm, a.a.O., Art. 61 N
36 und Art. 55 N 21; Jost Gross, Schweizerisches Staatshaftungsrecht, 2.
Aufl., Bern 2001, S. 114; vgl. auch Anton K. Schnyder, Basler Kommentar, OR
I, 3. Aufl. 2003, Art. 55 N 12 f.).
2.3.3 Der Beschwerdeführer hat unbestrittenermassen im Auftrag des Ausländer-
und Bürgerrechtsdienstes des Kantons Bern als Arzt einen anderen
Ausschaffungshäftling bei der Ausreise begleitet. Es steht ausser Zweifel,
dass er bei der Betreuung dieses Häftlings eine öffentliche, nicht eine
private Aufgabe erfüllt und somit als öffentlicher Beamter oder Angestellter
im Sinne von Art. 61 OR gehandelt hat (vgl. BGE 122 III 101 E. 2a/aa). Zu
prüfen ist hingegen, ob er auch in Bezug auf das Opfer in der Funktion als
Beamter oder öffentlicher Angestellter gehandelt hat. Dies ist entgegen der
Auffassung der Vorinstanz zu bejahen. Denn der Beschwerdeführer hat die ihm
zur Last gelegte Schädigung nicht bloss bei Gelegenheit der amtlichen
Verrichtung verursacht. Vielmehr besteht ein offensichtlicher Zusammenhang
zwischen seiner Funktion als begleitender Arzt des zweiten
Ausschaffungshäftlings und der Betreuung des Opfers bzw. der Überprüfung der
ihm angelegten Mundverklebung. Beide Tätigkeiten sollten die reibungslose
Ausschaffung der betroffenen Personen ermöglichen und erfolgten daher im
klaren Interesse des Staates. Die Überprüfung der Knebelung lässt sich daher
nicht als rein privatrechtliche Verrichtung verstehen. Der Beschwerdeführer
hat daher auch in Bezug auf das Opfer in amtlicher Funktion gehandelt. Dass
ihm ursprünglich nur für die Betreuung des anderen Ausschaffungshäftlings ein
ausdrücklicher Auftrag erteilt worden war, steht dem nicht entgegen. Der
Beschwerdeführer hat hier die ihm übertragene Aufgabe aus eigener Initiative
erweitert. Bei dieser Konstellation bleibt der funktionelle Zusammenhang
zwischen der Schädigung und der amtlichen Verrichtung bestehen. Insofern
verhält es sich gleich wie bei der Haftung des Geschäftsherrn für die
Kompetenzüberschreitung der Hilfsperson gemäss Art. 55 OR (Brehm, a.a.O.,
Art. 61 N 36 und Art. 55 N 25 f.; Karl Oftinger/Emil W. Stark,
Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. II/1, S. 319 N 93). Damit wäre im
vorliegenden Fall eine Haftung des Staates gemäss Art. 47 Abs. 1 des Gesetzes
über das öffentliche Dienstrecht des Kantons Bern vom 5. November 1992
(Personalgesetz; SR BE 153.01) in Betracht gefallen. Die Vorinstanz hat zu
Unrecht Bundesprivatrecht angewendet.

Die Beschwerde ist im Zivilpunkt begründet.

2.3.4 Heisst der Kassationshof die Nichtigkeitsbeschwerde im Zivilpunkt gut,
so entscheidet er in der Sache selbst oder weist sie zu neuer Entscheidung an
die kantonale Behörde zurück (Art. 277quater Abs. 1 BStP; BGE 121 III 252 E.
3a). Im vorliegenden Fall entscheidet der Kassationshof selbst, da die Sache
aufgrund der obstehenden Erwägungen spruchreif ist (E. 2.3.3). Die Klage der
Geschädigten ist mangels Passivlegitimation des Beschwerdeführers abzuweisen.

3.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde im Strafpunkt abzuweisen, im Zivilpunkt
hingegen gutzuheissen und die Klage abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens hat der Beschwerdeführer im Umfang seines Unterliegens die Kosten
mit einer reduzierten Gebühr zu tragen und steht ihm gleichzeitig, soweit die
Beschwerde gutgeheissen wird, eine reduzierte Parteientschädigung in gleicher
Höhe wie die reduzierte Gerichtsgebühr zu (Art. 278 Abs. 1 und 3 BStP). Die
beiden Beträge können somit verrechnet werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird im Strafpunkt abgewiesen.

2.
2.1 Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird im Zivilpunkt gutgeheissen
und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2002 in den
Dispositivziffern 4 und 5a aufgehoben.

2.2 Die Klage der Geschädigten wird abgewiesen.

3.
Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. Mai 2002 wird in den
Dispositivziffern 6 bis 8 aufgehoben und die Sache zur Neuregelung der
Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

4.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigung ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 22. Januar 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: