Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.324/2002
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6S.324/2002 /pai

Urteil vom 21. November 2002
Kassationshof

Bundesrichter Schubarth, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Karlen,
Gerichtsschreiber Näf.

Free Lotto Association GmbH & Co. International KG, Füllenbachstrasse 8,
D-40474 Düsseldorf,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dominik Hasler, Hauptstrasse
14, 8280 Kreuzlingen,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld.

Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz; Einziehung von Vermögenswerten,
Verhältnis zwischen Art. 43 LG und Art. 59 StGB,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau
vom 14. März 2002.

Sachverhalt:

A.
X. ________ ist an verschiedenen Gesellschaften, unter anderem an der Free
Lotto Association GmbH & Co. International KG, Düsseldorf (nachfolgend Free
Lotto), beteiligt, die gewerbsmässig Kunden in der Schweiz für das deutsche
Zahlenlotto akquirieren.

B.
B.aDas Bezirksamt Kreuzlingen verurteilte X.________ mit Strafverfügung vom
23./24. Mai 2000 wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betreffend die
Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten im Sinne von Art. 38 Abs. 1 LG zu
einer Busse von 3000 Franken. Zugleich ordnete es gestützt auf Art. 43 LG und
Art. 59 StGB die Einziehung des mit Verfügung vom 18. August 1999 bei der
Postfinanz AG auf einem Postkonto der Free Lotto durch Kontosperre
beschlagnahmten Vermögenswerts von Fr. 250'000.-- zu Gunsten des Kantons
Thurgau an.

X. ________ focht seine Verurteilung wegen Widerhandlung gegen das
Lotteriegesetz nicht an; diese ist somit in Rechtskraft erwachsen.

B.b X.________ erhob gegen die Einziehungsverfügung Einsprache, welche die
Bezirksgerichtliche Kommission Kreuzlingen mit Urteil vom 26. Juni / 12.
September 2000 schützte; die Einziehungsverfügung wurde aufgehoben.

Das Obergericht des Kantons Thurgau hiess die von der Staatsanwaltschaft
dagegen erhobene Berufung mit Urteil vom 13. Februar / 25. Mai 2001 gut. Es
erwog unter anderem, die Verfügung betreffend Einziehung habe sich nicht
gegen X.________, sondern gegen die davon betroffene Free Lotto zu richten.

B.c Mit Verfügung vom 28. Juni 2001 ordnete das Bezirksamt Kreuzlingen die
Einziehung von Fr. 138'000.-- von dem auf die Free Lotto lautenden Postkonto
an. Die Bezirksgerichtliche Kommission hob mit Urteil vom 17. September / 7.
November 2001 die Einziehung in Gutheissung der von der Free Lotto erhobenen
Einsprache auf.

In Gutheissung der von der Staatsanwaltschaft dagegen erhobenen Berufung
ordnete das Obergericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom 14. März 2002 die
Einziehung eines Vermögenswerts im Betrag von Fr. 138'000.-- von dem mit
Verfügung vom 18. August 1999 bei der Postfinanz AG auf dem Postkonto der
Free Lotto beschlagnahmten Vermögenswert von Fr. 250'000.-- zu Gunsten des
Kantons Thurgau an.

C.
Die Free Lotto führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem
sinngemässen Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache
an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die Beschlagnahme- und die
Einziehungsverfügung des Bezirksamtes Kreuzlingen vom 18. August 1999
respektive vom 28. Juni 2001 aufhebe und die Beschwerdeführerin wieder in die
Verfügungsmacht über das Postkonto einsetze.

D.
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Thurgau beantragen in
ihren Vernehmlassungen die Abweisung der Beschwerde.

Die Free Lotto hat unaufgefordert eine Stellungnahme zur Vernehmlassung der
Staatsanwaltschaft eingereicht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 43 des Bundesgesetzes vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien
und die gewerbsmässigen Wetten (LG; SR 935.51) kann mit der Bestrafung wegen
der in Art. 38 ff. vorgesehenen Handlungen die Konfiskation der vorgefundenen
Lose, Coupons und Ziehungslisten, des für solche Gegenstände bezogenen
Kaufpreises, soweit er noch vorhanden ist, sowie der für das verbotene
Unternehmen hergestellten Druckschriften und Publikationsmittel verbunden
werden. Nach Art. 58 StGB verfügt der Richter ohne Rücksicht auf die
Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur
Begehung einer strafbaren Handlung gedient haben oder bestimmt waren, oder
die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht worden sind, wenn diese
Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die
öffentliche Ordnung gefährden. Gemäss Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB verfügt der
Richter die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine strafbare Handlung
erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine strafbare Handlung zu
veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden.

1.1 Die Vorinstanz stützt die Einziehung von Fr. 138'000.-- auf Art. 59 Ziff.
1 Abs. 1 StGB, der als neuere, die Einziehung von Vermögenswerten umfassend
regelnde Vorschrift Vorrang vor dem erheblich älteren, vor In-Kraft-Treten
des Strafgesetzbuches geschaffenen, lückenhaften Art. 43 LG habe. Die
Beschwerdeführerin macht geltend, bei Widerhandlungen gegen das
Lotteriegesetz bestimme sich die Einziehung ausschliesslich nach Art. 43 LG,
der als Spezialvorschrift Vorrang vor Art. 59 StGB habe. Bei Anwendung von
Art. 43 LG, der die konfiskationsfähigen Objekte abschliessend aufliste,
falle eine Einziehung des beschlagnahmten Vermögenswerts ausser Betracht, da
es sich dabei nicht im Sinne dieser Bestimmung um einen noch vorhandenen
Kaufpreis für Lose etc. handle und im Übrigen das Recht zur Einziehung
ohnehin verjährt sei, weil die (unbestrittene) Widerhandlung gegen das
Lotteriegesetz lediglich eine Übertretung sei. Die Vorinstanz hält in ihrer
Stellungnahme daran fest, dass der beschlagnahmte Vermögenswert gestützt auf
Art. 59 StGB einzuziehen sei, der Vorrang vor Art. 43 LG habe. Die
Staatsanwaltschaft verweist in ihrer Vernehmlassung auf die ihres Erachtens
zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid und führt ergänzend aus,
dass der beschlagnahmte Vermögenswert auch bei Anwendung von Art. 43 LG
einzuziehen sei, da es sich dabei um einen noch vorhandenen Kaufpreis für
Lose im Sinne dieser Bestimmung handle.

1.2 Das Bundesgericht hat sich, soweit überblickbar, noch nie ausdrücklich
mit dem Verhältnis zwischen Art. 43 LG und Art. 59 StGB befasst.

In BGE 123 IV 225 E. 3g S. 234 konnte, da die Vorinstanz keine Gewinne
eingezogen hatte, dahingestellt bleiben, ob bei Widerhandlungen gegen das
Lotteriegesetz neben Art. 43 LG betreffend die Konfiskation, der die Gewinne
nicht erwähnt, Art. 58 f. StGB betreffend die Einziehung ergänzend anwendbar
seien und ob und inwiefern gegebenenfalls unter Berücksichtigung der
Straflosigkeit des Einlegens in eine Lotterie (Art. 38 Abs. 2 LG) bei
verbotenen Lotterien im Allgemeinen und bei Veranstaltungen nach dem
Schneeballsystem im Besonderen allfällige Gewinne im erforderlichen
Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung stehen. In der nicht publizierten
E. 3e von BGE 124 IV 73, der Handlungen betraf, die sowohl als unlauterer
Wettbewerb wie auch als Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz zu
qualifizieren waren, hat das Bundesgericht die Vorinstanz darauf aufmerksam
gemacht, es dürfe nicht auf dem Wege der Bemessung der Busse ausgeglichen
werden, was richtigerweise durch Einziehung beziehungsweise durch Festlegung
einer staatlichen Ersatzforderung ausgeglichen werden müsse.

2.
2.1 Gemäss Art. 43 LG kann unter anderem der "für solche Gegenstände", das
heisst für "Lose, Coupons und Ziehungslisten" bezogene "Kaufpreis", "soweit
er noch vorhanden ist", konfisziert werden. Die Einzahlungen der Spieler auf
das Postkonto der Beschwerdeführerin können ohne weiteres als "Kaufpreis" im
Sinne von Art. 43 LG betrachtet werden. Dieser Kaufpreis ist - zufolge
Beschlagnahme durch Sperrung des Kontos - im Sinne von Art. 43 LG "noch
vorhanden". Fraglich mag aber sein, ob es sich dabei gemäss dieser Bestimmung
um einen Kaufpreis für Lose, Coupons oder Ziehungslisten handle. Der
Gesetzgeber hatte bei der Regelung der Einzelheiten naturgemäss die damals
bekannten Formen der Lotterien im Auge. Nach Art. 4 LG ("Verbotene
Handlungen") umfasst die untersagte Durchführung einer Lotterie die dem
Lotteriezweck dienenden Handlungen, wie die Ankündigung oder Bekanntmachung
einer Lotterie, die Ausgabe der Lose, die Empfehlung, das Feilbieten, die
Vermittlung und den Verkauf von Losen, Coupons oder Ziehungslisten, die
Losziehung, die Ausrichtung der Gewinne, die Verwendung des Ertrages.
Entsprechend bestimmt Art. 43 LG, dass die vorgefundenen Lose, Coupons und
Ziehungslisten, der für solche Gegenstände bezogene Kaufpreis, soweit er noch
vorhanden ist, sowie die für das verbotene Unternehmen hergestellten
Druckschriften und Publikationsmittel konfisziert werden können. Der
Anwendungsbereich des Lotteriegesetzes geht aber in Anbetracht der abstrakten
Definition des Begriffs der Lotterie in Art. 1 Abs. 2 LG über die damals (und
heute) bekannten Formen der Lotterien hinaus. Nach Art. 1 Abs. 2 LG gilt als
Lotterie jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei
Abschluss eines Rechtsgeschäftes ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn
in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit
planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf
Zufall gestelltes Mittel entschieden wird. Hinzu kommt, dass gemäss Art. 56
Abs. 2 LG der Bundesrat auf dem Verordnungsweg lotterieähnliche
Unternehmungen den im Lotteriegesetz enthaltenen Bestimmungen unterwerfen
kann. Von dieser Befugnis hat der Bundesrat durch Erlass von Art. 43 der
Verordnung zum Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen
Wetten (LV; SR 935.511) Gebrauch gemacht.

Es liesse sich die Auffassung vertreten, dass bei objektiv-zeitgemässer
Auslegung von Art. 43 LG unter Berücksichtigung von dessen Sinn und Zweck
nicht nur der in dieser Bestimmung ausdrücklich genannte (noch vorhandene)
Kaufpreis für Lose, Coupons und Ziehungslisten eingezogen werden kann,
sondern jeder (noch vorhandene) Vermögenswert, welchen der Spieler für den
Erwerb der Chance auf einen lotterierechtlich relevanten Gewinn erbringt. Bei
dieser Betrachtungsweise könnte der beschlagnahmte Vermögenswert im Betrag
von Fr. 138'000.-- gestützt auf Art. 43 LG eingezogen werden.

Unbegründet ist der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, dass eine
Einziehung gestützt auf Art. 43 LG jedenfalls infolge Verjährung ausser
Betracht falle, weil die Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz als
Übertretungen relativ in einem Jahr und absolut in zwei Jahren verjähren und
für die Einziehung dieselben Fristen gelten müssten. Das Lotteriegesetz
regelt die Verjährung der Konfiskation nicht. Für das Recht zur Einziehung
von Vermögenswerten, die durch Übertretungen erlangt worden sind, gelten
jedenfalls nicht die kurzen Verjährungsfristen von einem Jahr bzw. von zwei
Jahren (siehe BGE 117 IV 233 E. 5d S. 241 ff. betreffend die Einziehung bei
Übertretungen nach dem alten Spielbankengesetz; vgl. auch Art. 59 Ziff. 1
Abs. 3 StGB in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 18. März 1994 bzw. Art. 59
Ziff. 1 Abs. 3 StGB in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 22. März 2002, in
Kraft seit 1. Oktober 2002, i.V.m. Art. 333 Abs. 1 und Art. 337 StGB).

2.2 Ob der beschlagnahmte Vermögenswert im Sinne von Art. 43 LG als ein noch
vorhandener Kaufpreis für Lose, Coupons oder Ziehungslisten qualifiziert und
die Einziehung daher auf diese Bestimmung gestützt werden kann, muss indessen
nicht abschliessend entschieden werden. Selbst wenn man die Frage mit der
Beschwerdeführerin verneinen wollte, ist die Einziehung zulässig. Sie lässt
sich auf Art. 59 StGB stützen, der nach der zutreffenden Auffassung der
Vorinstanz aus nachstehenden Gründen insoweit Vorrang vor Art. 43 LG hat.

3.
3.1 Das Lotteriegesetz vom 8. Juni 1923 ist am 1. Januar 1924 in Kraft
getreten. Es ist seither nie geändert worden. Die Konfiskation im Sinne von
Art. 43 LG ist nicht als sachliche Massnahme, sondern als Nebenstrafe
ausgestaltet (siehe schon Ernst Blumenstein, Gutachten und Gesetzesentwurf
betreffend bundesrechtliche Regelung des Lotteriewesens, Bern 1913, S. 107;
Willy Staehelin, Das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die
gewerbsmässigen Wetten als Strafgesetz, Diss. Zürich 1941, S. 123). Sie ist
nicht obligatorisch, sondern fakultativ.

Art. 43 LG listet die Objekte auf, die bei der Durchführung einer verbotenen
Lotterie (siehe Art. 4 LG) in den damals bekannten Formen üblicherweise
verwendet wurden, nämlich einerseits Lose, Coupons und Ziehungslisten und
andererseits den hiefür bezogenen Kaufpreis sowie ferner die Druckschriften
und Publikationsmittel, welche der - ebenfalls verbotenen und strafbaren
(siehe Art. 4 und 38 LG) - Ankündigung oder Bekanntmachung einer Lotterie
dienen.

3.2 Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches in der Fassung vom 21. Dezember
1937 betreffend Einziehung und Verfall wurden durch das Bundesgesetz über das
Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 umfassend revidiert (siehe Botschaft,
BBl 1971 993 ff., 1007 f., 1031 f.; Verhandlungen der eidgenössischen Räte,
AB 1973 N 451 ff., 459, 495 ff.; AB 1973 S 578 f.). Art. 58 StGB in dieser
neuen Fassung regelte erstmals in allgemeiner Form die Ausgleichseinziehung.
Der Richter verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten
Person unter anderem die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine
strafbare Handlung erlangt worden sind, soweit die Einziehung zur Beseitigung
eines unrechtmässigen Vorteils oder Zustandes als geboten erscheint (Art. 58
Abs. 1 lit. a StGB in der Fassung von 1974); sind die Vermögenswerte nicht
mehr vorhanden, so wird auf eine Ersatzforderung des Staates in der Höhe des
unrechtmässigen Vorteils erkannt (Art. 58 Abs. 4 StGB in der Fassung von
1974). Das bis dahin geltende Recht hatte lediglich die Einziehung
gefährlicher Gegenstände und den Verfall von Geschenken und anderen
Zuwendungen vorgesehen (Art. 58 und 59 StGB in der Fassung von 1937). Die
Einziehungsbestimmungen des Strafgesetzbuches sind durch Bundesgesetz vom 18.
März 1994 ein weiteres Mal revidiert worden. Neu wird unter anderem die
Verjährung des Rechts zur Einziehung der durch strafbare Handlungen erlangten
Vermögenswerte ausdrücklich geregelt (Art. 59 Ziff. 1 Abs. 3 StGB; zur
Verjährung des Einziehungsrechts siehe schon BGE 117 IV 233 E. 5) und die
Möglichkeit der richterlichen Schätzung des Umfangs des einzuziehenden
Vermögenswerts vorgesehen (Art. 59 Ziff. 4 StGB).

Die so genannte Ausgleichseinziehung beruht vor allem auf dem grundlegenden
sozialethischen Gedanken, dass sich strafbares Verhalten nicht lohnen darf
(BGE 104 IV 228 E. 6b; 106 IV 336 E. 3b/aa; Trechsel, Schweizerisches
Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 59 N 1, mit Hinweisen).

3.3
3.3.1Art. 59 StGB hat als neuere, allgemeine, die Einziehung von
Vermögenswerten umfassend regelnde Bestimmung Vorrang vor dem älteren Art. 43
LG, der die Ausgleichseinziehung nur rudimentär - nämlich soweit den noch
vorhandenen Kaufpreis für Lose, Coupons oder Ziehungslisten betreffend -
regelt und welcher vor den grundlegenden Änderungen der
Einziehungsbestimmungen des Strafgesetzbuches in den Jahren 1974 und 1994
geschaffen worden war.

3.3.2 Zwar finden gemäss Art. 333 Abs. 1 StGB die allgemeinen Bestimmungen
des Strafgesetzbuches, zu welchen auch Art. 59 StGB gehört, auf Taten, die in
anderen Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, nur insoweit Anwendung, als
diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen. Dieser Vorbehalt
kann indessen in Anbetracht der grundlegenden sozialethischen Bedeutung der
Ausgleichseinziehung, wie sie in Art. 59 StGB ausgestaltet ist, nicht auch in
Bezug auf veraltete Einziehungsbestimmungen in irgendwelchen Spezialgesetzen
gelten, welche die Ausgleichseinziehung nur rudimentär regeln. Der Vorbehalt
in Art. 333 Abs. 1 am Ende StGB betrifft insoweit allenfalls Bestimmungen,
deren Anwendungsbereich weiter ist als derjenige von Art. 59 StGB, sowie
insbesondere Vorschriften, durch welche der Gesetzgeber bewusst eine von Art.
59 StGB abweichende Regelung getroffen hat.

Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollen die Bestimmungen des
Strafgesetzbuches betreffend die Einziehung von Vermögenswerten bei
sämtlichen strafbaren Handlungen des eidgenössischen Rechts anwendbar sein
(siehe Jean Gauthier, Quelques aspects de la confiscation selon l'article 58
du Code pénal Suisse, Festgabe Schultz, ZStrR 94/1977 S. 364 ff., 365). Es
ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei einer Revision des
Lotteriegesetzes auf den Erlass von besonderen Bestimmungen betreffend die
Einziehung, zumindest die Ausgleichseinziehung, verzichten wird, wie dies bei
der Änderung von verschiedenen Spezialgesetzen bereits geschehen ist, etwa
bei der Totalrevision des Bundesgesetzes über Glücksspiele und Spielbanken
durch Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 (SR 935.52).

Dies bedeutet aber nicht, dass bis zu einer solchen Revision des
Lotteriegesetzes infolge des in Art. 333 Abs. 1 am Ende StGB genannten
Vorbehalts Art. 43 LG allein anwendbar bleibt. Vielmehr ist aus den erwähnten
Gründen sowie mit Rücksicht auf die Vorstellungen des Gesetzgebers der in
Art. 333 Abs. 1 am Ende StGB umschriebene Vorbehalt im dargestellten Sinne
restriktiv auszulegen.

3.3.3 Das Bundesgericht hat bereits in BGE 97 IV 248 E. 3 die Verpflichtung
des Teilnehmers an einer lotterieähnlichen Kettenbriefaktion zur Bezahlung
des widerrechtlich erzielten Gewinnes an den Staat in Anwendung des damals,
im Jahre 1971, geltenden Art. 59 StGB betreffend Verfall von Geschenken und
anderen Zuwendungen bestätigt, und es ist damit davon ausgegangen, dass diese
Bestimmung - trotz der spezialgesetzlichen Regelung der Konfiskation in Art.
43 LG - auch bei Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz anwendbar ist.

3.3.4 Auch in der Lehre wird die Auffassung vertreten, dass Art. 59 StGB
betreffend die Einziehung von Vermögenswerten vollumfänglich auf die
eidgenössische Nebenstrafgesetzgebung anwendbar ist und diese nur insoweit
ihre eigenständige Bedeutung behält, als sie weiter als Art. 59 StGB geht
(Niklaus Schmid, Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen,
Geldwäscherei, Band I, 1998, Art. 59 StGB N 13; derselbe, Das neue
Einziehungsrecht nach StGB Art. 58 ff., ZStrR 113/1995 S. 321 ff., 327).
Allerdings wird andererseits auch die Ansicht vertreten, dass Art. 43 LG als
"lex specialis" Vorrang habe (Willy Staehelin, a.a.O., S. 143; Christian
Klein, Die Ausnützung des Spieltriebes durch Veranstaltungen der
Wirtschaftswerbung und ihre Zulässigkeit nach schweizerischem Recht, Diss.
Zürich 1970, S. 110 Fn. 14; Madeleine Vouilloz, La confiscation en droit
pénal - art. 58 ss CP, AJP 2001 S. 1387 ff., 1388). Diese Meinungen sind
indessen einerseits zu einer Zeit geäussert worden, als das Strafgesetzbuch
die Einziehung von durch strafbare Handlungen erlangten Vermögenswerten nicht
vorsah, und sie beziehen sich andererseits lediglich auf das Verhältnis von
Art. 43 LG zur Sicherungseinziehung im Sinne von Art. 58 StGB. Insoweit mag
Art. 43 LG, worüber hier jedoch nicht abschliessend zu entscheiden ist, als
zwar ältere, aber speziellere Bestimmung Vorrang haben und daher, im Falle
der Bestrafung des Beschuldigten, eine Konfiskation beispielsweise der für
das verbotene Unternehmen hergestellten Druckschriften und Publikationsmittel
gestützt auf Art. 43 LG zulässig sein, auch wenn diese Gegenstände nicht im
Sinne von Art. 58 Abs. 1 StGB die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit
oder die öffentliche Ordnung gefährden und daher eine Einziehung gestützt auf
Art. 58 Abs. 1 StGB unzulässig wäre (siehe dazu auch BGE 117 IV 336 E. 2, mit
Hinweisen). Allerdings ist die als Nebenstrafe ausgestaltete Konfiskation im
Sinne von Art. 43 LG fakultativ und dürfte der Richter daher von einer
Konfiskation der in dieser Bestimmung genannten Gegenstände absehen, wenn
diese völlig ungefährlich sind.

3.4 Die Vorinstanz hat somit Art. 59 StGB betreffend die Einziehung von
Vermögenswerten zu Recht als anwendbar erachtet.

Dass eine Einziehung des beschlagnahmten Vermögenswerts im Betrag von Fr.
138'000.-- auch bei Anwendung von Art. 59 StGB ausser Betracht falle, macht
die Beschwerdeführerin nicht geltend.

Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach abzuweisen.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Thurgau und dem Obergericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für
Justiz schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. November 2002

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: