Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.236/2002
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6S.236/2002 /kra

Urteil vom 3. Dezember 2002
Kassationshof

Bundesrichter Schubarth, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Karlen,
Gerichtsschreiber Forster.

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, 4410 Liestal,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Pascal Riedo, Hauptstrasse 54, 4132
Muttenz.

Mehrfache Urkundenfälschung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichtes
Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, vom 9. April 2002.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 14. November 2001 sprach das Strafgericht Basel-Landschaft
X.________ des mehrfachen (teilweise geringfügigen und teilweise versuchten)
Diebstahls, des mehrfachen (teilweise versuchten) Betruges, der mehrfachen
Tätlichkeit, der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, der
Widerhandlung gegen das Waffengesetz, der mehrfachen (einfachen bzw. groben)
Verletzung von Verkehrsregeln, des mehrfachen (teilweise versuchten) Führens
eines Motorfahrzeuges trotz Entzugs des Führerausweises und der versuchten
Entwendung eines Motorfahrzeuges zum Gebrauch schuldig, und es verurteilte
den Angeklagten zu einer Gefängnisstrafe von sieben Monaten und einer Busse
von Fr. 1'000.--. Vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung wurde er
freigesprochen.

B.
Gegen das Strafurteil erklärte die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft die
Appellation. Diese richtete sich gegen den erfolgten Freispruch von der
Anklage der mehrfachen Urkundenfälschung und gegen die Qualifikation des
betreffenden Anklagesachverhaltes als mehrfache Tätlichkeit (anstatt einfache
Körperverletzung).

C.
Mit Urteil vom 9. April 2002 bestätigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft
(Abteilung Zivil- und Strafrecht) das erstinstanzliche Urteil. Insbesondere
sprach es den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung frei.

D.
Dagegen gelangte die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde vom 13. Juni 2002 an das Bundesgericht. Sie beantragt,
das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur zusätzlichen
Verurteilung des Angeklagten wegen mehrfacher Urkundenfälschung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

E.
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft und X.________ beantragen mit
Stellungnahmen vom 19. Juni bzw. 29. November 2002 je die Abweisung der
Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Staatsanwaltschaft ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 270 lit. c BStP).
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass das
angefochtene Urteil eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP).
Der Kassationshof ist an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt
gebunden (Art. 277bis Abs. 1 Satz 2 BStP).

2.
Die kantonalen Gerichte haben den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen
Urkundenfälschung freigesprochen, indem sie auf unechte Gesetzeskonkurrenz
(bzw. Straflosigkeit der Urkundenfälschung neben der Verurteilung wegen
Betruges) erkannten. Die Staatsanwaltschaft vertritt den Standpunkt, es
bestehe echte Konkurrenz (Realkonkurrenz) zwischen Art. 146 und Art. 251
StGB, und der Angeklagte sei daher zusätzlich wegen mehrfacher
Urkundenfälschung zu verurteilen und zu bestrafen.

2.1 Laut Anklageschrift hat der Beschwerdegegner im Juli/August 1999 in den
Filialen der Fa. Y.________ in Sissach, Kaiseraugst und Allschwil (durch Kauf
und anschliessende Rückgabe von Waren) zunächst die Ausstellung
unterschriebener Warenretourscheine erwirkt. Von diesen Gutscheinen fertigte
er anschliessend (mit Hilfe von "Tippex") "Blanko"-Kopien an, in die er
eigenhändig Warenpreise (bzw. verschiedene Multiplikationszahlen über den
Warenpreisen ["x 4", "x 6" bzw. "x 16"]) sowie gefälschte Unterschriften
einsetzte. Auf diese Weise hat er vom Verkaufspersonal in 23 Fällen die
ungerechtfertigte Auszahlung von Geldbeträgen (insgesamt gut Fr. 5'000.--)
erschlichen. In einem weiteren Fall blieb es beim Versuch. Von diesem für das
Bundesgericht verbindlichen Sachverhalt geht auch die Vorinstanz aus.

2.2 Nach Art. 251 Ziff. 1 StGB macht sich strafbar, wer in der Absicht,
jemandem am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder
einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde
fälscht oder verfälscht. Urkunden sind namentlich Schriften, die bestimmt und
geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110
Ziff. 5 StGB). Die vom Angeklagten manipulierten Warenretourscheine hatten
Beweiseignung und Beweisbestimmung im Rechtsverkehr (vgl. BGE 126 IV 65 E. 2a
S. 67 f.; 125 IV 17 E. 2a/aa S. 22 f., 273 E. 3a/aa S. 276 f.; 123 IV 61 E.
5a S. 63 f., je mit Hinweisen). Sie sollten insbesondere beweisen, dass ihr
Inhaber Ware zu einem bestimmten Preis gekauft und die Ware retourniert hatte
und dass er zur Rückforderung des Kaufpreises berechtigt war. Indem der
Angeklagte die Warenretourscheine kopierte und abänderte (indem er
eigenmächtig Preise bzw. Multiplikationszahlen sowie gefälschte
Unterschriften einsetzte), fälschte bzw. verfälschte er die betreffenden
(ursprünglich echten) Urkunden.

2.3 In den Urteilen der kantonalen Instanzen wird - mit Recht - nicht die
Ansicht vertreten, die Tatbestandselemente der Urkundenfälschung seien nicht
erfüllt oder es lägen Rechtfertigungs- oder Schuldausschliessungsgründe vor.
Vielmehr wird argumentiert, der Betrugstatbestand decke den Unrechtsgehalt
der Urkundenfälschung bereits ab, da die Urkundenfälschung lediglich der
arglistigen Täuschung zum Zwecke des Betruges gedient habe. Die Vorinstanz
vertritt die Auffassung, "das durch die Urkundenfälschung bzw. durch den
Betrug geschädigte Rechtsgut" sei "im Wesentlichen dasselbe, nämlich das
Vermögen der betroffenen Warenhauskette". Daher wirke die Begründung der
Staatsanwaltschaft "für die Annahme einer Realkonkurrenz zwischen Art. 251
und Art. 146 StGB" nicht überzeugend. Damit wird kein Fehlen der
Tatbestandsmässigkeit der Urkundenfälschung begründet, sondern die Annahme so
genannter unechter Gesetzeskonkurrenz zwischen Betrug und Urkundenfälschung.
Diese führe zur "Konsumtion" der Urkundenfälschung durch den
Betrugstatbestand und zum Freispruch vom Vorwurf der Urkundenfälschung als
"mitbestrafter Vortat".

Es ist zu prüfen, ob zwischen den Tatbeständen des Betruges und der
Urkundenfälschung echte oder unechte Gesetzeskonkurrenz besteht.

3.
Verwendet der Täter für einen Betrug gefälschte Urkunden, besteht nach der
Praxis des Bundesgerichtes (und nach herrschender Lehre) zwischen Art. 251
und Art. 146 StGB echte Gesetzeskonkurrenz (in der Form von "Realkonkurrenz",
BGE 122 I 257 E. 6a S. 263; 105 IV 242 E. 3b S. 247, je mit Hinweisen; s.
auch BGE 120 IV 122 E. 5-6 S. 129 ff.; 112 IV 19 E. 2f S. 25; vgl. für viele
Bernard Corboz, Les infractions en droit suisse, vol. I, Bern 2002, Art. 146
N. 49; vol. II, Art. 251 N. 189; Oskar A. Germann, Schweizerisches
Strafgesetzbuch, 9. Aufl., Zürich 1974, S. 387; Jörg Rehberg/Niklaus Schmid,
Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 187;
Jörg Rehberg, Strafrecht IV: Delikte gegen die Allgemeinheit, 2. Aufl.,
Zürich 1996, S. 133 Ziff. 5; Vital Schwander, Das Schweizerische
Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Zürich 1964, Rz. 704; Günter Stratenwerth,
Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen
Individualinteressen, 5. Aufl., Bern 1995, § 15 Rz. 67; Philipp
Thormann/Alfred von Overbeck, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, Bd. II,
Besondere Bestimmungen, Zürich 1941, Art. 251 N. 22; Stefan Trechsel,
Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art.
251 N. 20).

In einem obiter dictum von BGE 105 IV 242 E. 3b S. 247 wurde erwogen, dass
beim blossen Gebrauch einer von einem Dritten gefälschten Urkunde (im Sinne
von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB) die Frage der Konkurrenz zwischen Betrug
und Urkundenfälschung nicht gleich klar geregelt erscheine wie bei einer
eigenhändigen Fälschung oder Falschbeurkundung durch den Betrüger. Dennoch
sei auch bei dieser Tatbestandsvariante von echter Gesetzeskonkurrenz (hier
nämlich "Idealkonkurrenz") auszugehen. Das Vorliegen echter Konkurrenz wird
mit der Unterschiedlichkeit der betroffenen Rechtsgüter begründet. Art. 146
StGB schütze das Vermögen, Art. 251 StGB hingegen das Vertrauen in die
Gültigkeit von Beweisurkunden (BGE 105 IV 242 E. 3b S. 247 f. mit Hinweisen;
vgl. auch BGE 123 IV 61 E. 5a S. 63; zur Konkurrenz zwischen
Urkundenfälschung und Steuerdelikten s. BGE 122 IV 25 E. 3 S. 30-32 mit
Hinweisen).

Nachfolgend ist zu prüfen, ob sich im Sinne des angefochtenen Urteils eine
Änderung der Bundesgerichtspraxis aufdrängt.

3.1 In BGE 119 IV 154 E. 4a/aa S. 160 f. hat sich das Bundesgericht mit der
Lehre von der so genannten "straflosen Vor- bzw. Nachtat" befasst. Stehen
mehrere Straftaten so miteinander im Zusammenhang, dass die eine nur als
Vorstufe des eigentlichen Angriffs auf das geschützte Rechtsgut oder nur als
Ausnützen des durch die andere Straftat Erreichten erscheint, so nehme die
herrschende Doktrin unechte Konkurrenz an (mit der Folge, dass bei
unterschiedlichen Strafandrohungen jene Tat straflos bzw. "mitbestraft" sein
solle, für die das Gesetz die niedrigere Strafe vorsieht). Das Bundesgericht
erwog, dass es die Theorie der mitbestraften Vor- bzw. Nachtat "weitgehend
ablehne". Insbesondere bestehe echte Konkurrenz ("Realkonkurrenz") zwischen
dem Einführen und dem In-Umlauf-Setzen von Falschgeld sowie zwischen
Warenfälschung und Inverkehrbringen gefälschter Waren. Wer in diesen Fällen
beide Delikte verübt, mache "sowohl unter dem Gesichtspunkt des Erfolges als
auch unter dem der Schuld mehr als jemand, der nur entweder die Vortat oder
die Nachtat begeht". Auf eine Verurteilung wegen beider Taten könne nur dann
verzichtet werden, wenn sich "aus dem Gesetz deutlich" ergibt, dass die für
die eine Tat ausgefällte Strafe auch die andere abgelten soll (BGE 119 IV 154
E. 4a/aa S. 161 mit Hinweisen).

Das Bundesgericht stellte sodann fest, dass sowohl Geldfälschung als auch das
In-Umlauf-Setzen von Falschgeld "sich gegen dasselbe Rechtsgut" richten. Es
liess in der Folge die Frage offen, ob "jedenfalls bei objektiv und subjektiv
engem Zusammenhang" zwischen der Geldfälschung und dem In-Umlauf -Setzen von
Falschgeld durch den Fälscher letzteres als "mitbestrafte Nachtat" zu
betrachten sei (BGE 119 IV 154 E. 4a/bb-cc S. 161 f.).
3.2 Art. 146 StGB (Betrug) ist im Zweiten Titel (Strafbare Handlungen gegen
das Vermögen) im Zweiten Buch (Besondere Bestimmungen) des StGB systematisch
eingereiht. Art. 251 StGB (Urkundenfälschung) umschreibt eines von mehreren
Urkundendelikten im weiteren Sinne, welche den Elften Titel
(Urkundenfälschung) bilden. Die Urkundendelikte sind zwischen den Verbrechen
und Vergehen gegen den öffentlichen Verkehr (Neunter Titel) bzw. der
Fälschung von Geld, amtlichen Wertzeichen, amtlichen Zeichen, Mass und
Gewicht (Zehnter Titel) und den Verbrechen und Vergehen gegen den
öffentlichen Frieden (Zwölfter Titel) eingereiht.
Art. 146 StGB ist ein Erfolgsdelikt, welches das Vermögen schützt. Bei der
Urkundenfälschung handelt es sich hingegen um ein abstraktes
Gefährdungsdelikt. Geschütztes Rechtsgut von Art. 251 StGB ist das besondere
Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als Beweismittel
entgegengebracht wird bzw. Treu und Glauben im Geschäftsverkehr (BGE 123 IV
61 E. 5a S. 63; 122 IV 332 E. 2a S. 335; 120 IV 122 E. 4c S. 126; 119 Ia 342
E. 2b S. 346; 105 IV 242 E. 3b S. 247 f.; 92 IV 44 E. 2 S. 45, je mit
Hinweisen).

3.3 Der Tatbestand des (vollendeten) Betruges verlangt beim Täter die
Absicht, sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern sowie als
deliktischen Erfolg den Eintritt eines Vermögensschadens beim Opfer. Bei der
Urkundenfälschung handelt es sich hingegen um ein abstraktes
Gefährdungsdelikt (BGE 119 Ia 342 E. 2b S. 346). Neben der objektiven
Tathandlung genügt die Absicht des Fälschers, "jemanden am Vermögen oder an
anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen
unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen". Die abstrakte Gefährdung, die mit
Art. 251 StGB unter Strafe gestellt wird, ist somit nicht auf
Vermögensschädigungen (oder auf Schädigungen an anderen Rechtspositionen)
beschränkt. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes kann der subjektive
Tatbestand der Urkundenfälschung sich auf jede Art eines "unrechtmässigen
Vorteils" für den Täter oder einen Dritten beziehen. Es genügt dabei
grundsätzlich jede Besserstellung. Die Unrechtmässigkeit des Vorteils
verlangt weder Schädigungsabsicht noch eine selbstständige Strafbarkeit der
Vorteilserlangung (BGE 121 IV 90 E. 2b S. 92 f.; 119 IV 234 E. 2c S. 236-238;
118 IV 254 E. 5 S. 259 f.; 114 IV 126 E. 2c S. 127 in fine, je mit
Hinweisen). Ebenso wenig werden die Art der angestrebten Besserstellung oder
die Person (bzw. Institution), welche daraus einen Nachteil erleiden könnte,
vom Gesetz näher bestimmt.
Den Gesetzesmaterialien lassen sich keine Hinweise entnehmen, wonach der
Gesetzgeber (in Widerspruch zur bisherigen Bundesgerichtspraxis) beabsichtigt
hätte, Urkundendelikte, die in betrügerischer Absicht erfolgen, forthin
allein der Strafdrohung von Art. 146 StGB zu unterstellen. Im Gegenteil wird
auch in der Botschaft des Bundesrates zur Revision des Vermögens- und
Urkundenstrafrechtes bestätigt, dass zwischen Betrug und Urkundenfälschung
grundsätzlich echte Konkurrenz bestehe (vgl. BBl 1991 II 969 ff., S. 1018
f.).
3.4 Dass nach der Konzeption des Gesetzgebers der Unrechtsgehalt von Art. 251
StGB durch die gleichzeitig erfüllten Vermögensstraftatbestände nicht
vollständig abgedeckt wird, manifestiert sich sodann an der Tatsache, dass
nur Art. 146 Abs. 3 bzw. Art. 147 Abs. 3 StGB als (privilegierende)
Antragsdelikte ausgestaltet sind. Art. 251 StGB hingegen kennt das
Antragsprivileg von Angehörigen und Familiengenossen nicht. Da Art. 251 StGB
auch das besondere Vertrauen der Öffentlichkeit in die Gültigkeit von
privaten und öffentlichen Beweisurkunden (bzw. Treu und Glauben im
Rechtsverkehr) schützt, ist die Strafbarkeit nach Art. 251 StGB (im Gegensatz
zu Art. 146 Abs. 3 und Art. 147 Abs. 3 StGB) der prozessualen Disposition der
unmittelbar geschädigten Angehörigen oder Familiengenossen entzogen. Hätte
der Gesetzgeber die Urkundenfälschung zum Nachteil von Angehörigen oder
Familiengenossen durch Art. 146 Abs. 3 bzw. Art. 147 Abs. 3 StGB
abschliessend regeln wollen, wäre sie konsequenterweise in Art. 251 StGB
ebenfalls als Antragsdelikt auszugestalten gewesen. Dass dies nicht der Fall
ist, zeigt, dass neben den direkt (etwa durch ein Vermögensdelikt)
betroffenen Angehörigen oder Familiengenossen auch die übrigen Teilnehmer am
Rechts- bzw. Geschäftsverkehr durch Art. 251 StGB geschützt werden sollen.
Diese Dritten brauchen (nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes) nicht Opfer
eines Vermögensdeliktes zu sein (vgl. BGE 121 IV 90 E. 2b S. 92 f.; 118 IV
254 E. 5 S. 259 f.; 114 IV 126 E. 2c S. 127 in fine, je mit Hinweisen). Es
handelt sich bei der Urkundenfälschung wie erwähnt um ein abstraktes
Gefährdungsdelikt, das nicht nur den konkret von einem Vermögensdelikt
Betroffenen schützt.

3.5 Zwar wird in einem Teil der Literatur die Frage aufgeworfen, ob das
jeweilige Vermögensdelikt (Art. 146 bzw. Art. 147 StGB) nicht auch den
Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung umfasst, sofern diese nach dem Willen
des Täters (allein) der Verwirklichung des Vermögensdeliktes diente (vgl.
Martin Schubarth, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Besonderer Teil,
2. Band: Art. 137-172 StGB, Art. 148 N. 127; s. ferner Trechsel, a.a.O., Art.
251 N. 20, unter Berufung auf BBl 1991 II 995 [nur bezüglich Art. 147 StGB];
Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II:
Straftaten gegen Gemeininteressen, 5. Aufl., Bern 2000, § 36 Rz. 58 [für den
Fall der Falschbeurkundung bzw. den Gebrauch einer inhaltlich falschen
Urkunde]; noch enger Rehberg [Strafrecht IV], S. 131 Ziff. 2.3). Auch für
diese Auffassung würde allerdings (sinngemäss) vorausgesetzt, dass eine
weitergehende Rechtsgütergefährdung durch die unechte bzw. unwahre Urkunde
nicht ersichtlich ist.

Es entspricht gerade dem Wesen der abstrakten Gefährdungsdelikte, dass nicht
zum Vornherein ersichtlich ist, in welcher Weise - d.h. bei welchen Personen
und in welchem konkreten Sachzusammenhang - die dem Delikt innewohnende
Gefahr sich auswirken kann. Die "abstrakte" Gefahr bzw. das Missbrauchsrisiko
wird aber dennoch als derart hoch und schwerwiegend eingeschätzt, dass der
Gesetzgeber bereits das gefährdende Verhalten als selbstständig strafbar
beurteilt. Dass der ordnungsgemässe Gang des Rechtsverkehrs auch faktisch
tangiert wäre, ist daher im Falle der Urkundenfälschung nicht erforderlich.
Die Absichten des Fälschers können sich dabei auf einen vom Gesetz nicht
näher bestimmten "unrechtmässigen Vorteil" zugunsten des Täters oder eines
Dritten richten. Dabei genügt grundsätzlich jede Besserstellung (BGE 121 IV
90 E. 2b S. 92 f.; 119 IV 234 E. 2c S. 236-238; 118 IV 254 E. 5 S. 259 f.;
114 IV 126 E. 2c S. 127 in fine, je mit Hinweisen; s. auch BGE 115 IV 51 E. 7
S. 58). Art. 251 StGB schützt somit eine heterogene Vielzahl von
möglicherweise betroffenen Rechtspositionen und Geschäftsverkehrsinteressen,
welche im Einzelnen nicht konkretisiert werden müssen und auch regelmässig im
Voraus nicht näher konkretisiert werden können (vgl. dazu Corboz [vol. II],
Art. 251 N. 179-183; Stratenwerth [BT II], § 36 Rz. 21-24; Adolf
Schönke/Horst Schröder/Peter Cramer, Strafgesetzbuch, Kommentar, 26. Aufl.,
München 2001, § 267 N. 1-1a, 87b, 91-92; Trechsel, a.a.O., Art. 251 N.
15-16).

3.6 Wie dargelegt, hat der Gesetzgeber die Urkundenfälschung deutlich als
abstraktes Gefährdungsdelikt zum Schutze des Rechtsverkehrs konzipiert. Käme
er dennoch zur Auffassung, das jeweilige Vermögensdelikt umfasse auch den
Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung vollständig, sofern diese nach dem
Willen des Täters (allein) der Verwirklichung des Vermögensdeliktes diente,
dann wäre es Sache des Gesetzgebers, das Verhältnis zwischen Urkunden- und
Vermögensdelikten entsprechend neu und klar zu regeln (vgl. auch BGE 122 I
253 E. 6a S. 263; 119 IV 154 E. 4a/aa in fine S. 161, je mit Hinweisen). Im
hier zu beurteilenden Fall ist auch darauf hinzuweisen, dass dem Angeklagten
nicht bloss der täuschende Gebrauch einer unechten oder unwahren Urkunde
(Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB) vorgeworfen wird, sondern die eigenhändige
Fälschung bzw. Verfälschung von (ursprünglich echten) Urkunden (vgl. BGE 105
IV 242 E. 3b S. 247 f.). Auch die Autoren Rehberg (Strafrecht IV, S. 131
Ziff. 2.3) und Stratenwerth (BT II, § 36 Rz. 58) bejahen hier (im Einklang
mit der herrschenden Lehre und Praxis) die echte Konkurrenz. Darüber hinaus
verlangt Art. 251 StGB keine konkrete Vermögensgefährdung oder
Vermögensschädigung eines Dritten. Das Anstreben eines (im Gesetz nicht näher
bestimmten) "unrechtmässigen Vorteils" genügt.
Im hier zu beurteilenden Fall braucht auch nicht geprüft zu werden, ob sich
in Bagatellfällen mit geringem Gefährdungspotential allenfalls eine andere
Lösung bzw. eine Praxisänderung aufdrängen könnte. Insbesondere liegt hier
kein geringfügiges Vermögensdelikt vor, welches auf Antrag mit Haft oder
Busse zu bestrafen wäre (vgl. Art. 172ter StGB).

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass das angefochtene Urteil vor dem Bundesrecht
nicht standhält. Das Urteil ist aufzuheben, und das Verfahren ist zur
zusätzlichen Verurteilung und Bestrafung des Angeklagten wegen mehrfacher
Urkundenfälschung (in Realkonkurrenz mit Betrug) an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Kosten sind im vorliegenden Fall nicht zu erheben; eine Parteientschädigung
ist ebenfalls nicht auszurichten (vgl. Art. 278 Abs. 1 und 3 BStP). Zwar
stellt der unterliegende Beschwerdegegner ein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege. Dieses wird jedoch nicht näher begründet. Weder die
Bedürftigkeit des Gesuchstellers noch die sachliche Notwendigkeit seiner
Rechtsverbeiständung im vorliegenden Verfahren werden dargelegt. Bei dieser
Sachlage sind die gesetzlichen Voraussetzungen der unentgeltlichen
Rechtsverbeiständung nicht erfüllt (vgl. Art. 152 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil
des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft vom 9. April 2002 wird aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Dezember 2002

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: