Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.11/2002
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6S.11/2002/pai

                 K A S S A T I O N S H O F
                 *************************

                 Sitzung vom 20. März 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des Kassa-
tionshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger und Ge-
richtsschreiber Weissenberger.

                         _________

                         In Sachen

X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Dieter Huber, Tramstrasse 77, Zürich,

                           gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  S c h a f f h a u s e n ,

                         betreffend
 Art. 90 Ziff. 2 SVG (grobe Verletzung von Verkehrsregeln);
(eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
                    30. November 2001),

hat sich ergeben:

     A.- X.________ lenkte seinen Personenwagen am
23. Dezember 1999 gegen 05.00 Uhr auf der J15 in Richtung
Thayngen. Bei der Ausfahrt Bibern/Hofen missachtete er beim
Linksabbiegen das Vortrittsrecht eines von Thayngen her ent-
gegenkommenden Fahrzeuglenkers, worauf es zu einer heftigen
Kollision zwischen beiden Fahrzeugen kam. Beim Unfall er-
litten beide Lenker Verletzungen.

     B.- Mit Strafbefehl des Verkehrsstrafamtes des Kantons
Schaffhausen vom 21. März 2000 wurde X.________ der groben
Verletzung von Verkehrsregeln schuldig gesprochen und zu
14 Tagen Gefängnis bedingt sowie einer Busse von
Fr. 1'500.-- verurteilt.

        Auf Einsprache hin verurteilte die Einzelrichterin
in Strafsachen des Kantonsgerichts Schaffhausen X.________
am 28. Juni 2000 wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln
zu 14 Tagen Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probe-
zeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'500.--.

        Eine dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht
des Kantons Schaffhausen am 3. November 2000 ab und be-
stätigte das Urteil des Kantonsgerichts im Schuld- und
Strafpunkt.

        Das Bundesgericht hiess am 4. Juli 2001 eine
staatsrechtliche Beschwerde von X.________ teilweise gut und
erklärte die parallel erhobene Nichtigkeitsbeschwerde für
gegenstandslos.

     C.- Mit Urteil vom 30. November 2001 hiess das Ober-
gericht des Kantons Schaffhausen die Berufung von X.________
teilweise gut. Es sprach ihn der groben Verletzung von Ver-
kehrsregeln nach Art. 90 Ziff. 2 SVG schuldig und verur-
teilte ihn in Anwendung von Art. 63 und 66bis StGB zu einer
bedingten Gefängnisstrafe von 10 Tagen und einer Busse von
Fr. 1'500.--.

     D.- X.________ führt eidgenössische Nichtigkeits-
beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Schaffhausen vom 30. November 2001 vollumfänglich
aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Verurteilung
nach Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 3
SVG sowie Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VRV und zur entsprechenden
Neubeurteilung zurückzuweisen.

        Das Obergericht verzichtet unter Hinweis auf die
Erwägungen im angefochtenen Urteil auf eine Stellungnahme.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen ersucht um
Abweisung der Beschwerde.

        Das Bundesgericht hat mit Urteil vom heutigen Tag
eine parallel eingereichte staatsrechtliche Beschwerde ab-
gewiesen, soweit es darauf eingetreten ist.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in
Strafsachen ist kassatorischer Natur (Art. 277ter Abs. 1
BStP). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung
des angefochtenen Urteils verlangt, ist er damit nicht zu
hören.

        b) Der Kassationshof ist im Verfahren der eid-
genössischen Nichtigkeitsbeschwerde an die tatsächlichen
Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden.
Soweit der Beschwerdeführer von einem anderen Sachverhalt
als die Vorinstanz ausgeht oder diesen ergänzt, kann auf
seine Vorbringen nicht eingetreten werden (Art. 269 Abs. 1,
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP; BGE 122 IV 71 E. 2).

     2.- Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Ver-
urteilung wegen grober Verkehrsregelverletzung im Sinne von
Art. 90 Ziff. 2 SVG.

        a) Die Vorinstanz hält für das Bundesgericht ver-
bindlich fest, dass der Beschwerdeführer am 23. Dezember
1999 um 05.00 Uhr bei Dunkelheit auf der J15 in Richtung
Thayngen fuhr, bei der Ausfahrt Bibern/Hofen nach links
abbog und dabei das Vortrittsrecht des mit rund 80 km/h aus
Richtung Thayngen kommenden Y.________ missachtete. Sie
führt dazu aus, der Beschwerdeführer habe damit "wichtige
Verkehrsvorschriften in gravierender Weise verletzt" und
einen anderen Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet. Der
objektive Tatbestand der groben Verletzung von Verkehrs-
regeln gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG sei erfüllt (angefochtenes
Urteil, S. 4 f.). Näherer Prüfung bedürfe einzig der sub-
jektive Tatbestand.

        Die Vorinstanz erwägt dazu, der Beschwerdeführer
kenne die fragliche Strecke, da er sie täglich auf dem Weg
zur Arbeit befahre. Ihm sei auch bekannt, dass die Höchst-
geschwindigkeit auf dem Streckenabschnitt 80 km/h betrage.
Die Abzweigung Richtung Bibern/Hofen befinde sich in einer
langgezogenen Rechtskurve. Die Sicht auf die aus Richtung
Thayngen entgegenkommenden Fahrzeuge sei selbst am Tage ein-
geschränkt, weshalb das Abbiegen in die Verzweigung Bibern/-

Hofen eine hohe Aufmerksamkeit erfordere. Das gelte umso
mehr bei Dunkelheit. Der Abbiegende habe seine Aufmerksam-
keit ungeteilt auf den vortrittberechtigten Gegenverkehr zu
richten. Der Beschwerdeführer habe sich zu sehr auf die aus
der Abzweigung Bibern/Hofen aus Richtung der Zementfabrik in
die J15 einbiegenden Fahrzeuge konzentriert; diese seien für
ihn jedoch unbeachtlich gewesen, da sie seine Fahrspur nicht
hätten kreuzen können (angefochtenes Urteil, S. 6).

        Zur Ermittlung des Grades der Unaufmerksamkeit des
Beschwerdeführers setzt sich die Vorinstanz mit dessen ver-
schiedenen Aussagen zum Unfallhergang auseinander. Nach dem
Polizeirapport vom 23. Dezember 1999 soll sich der Be-
schwerdeführer wie folgt zum Unfallhergang geäussert haben:
"Ich kam also wie gesagt an die erwähnte Verzweigung und
stellte den linken Blinker. Es kamen vor allem sehr viele
Fahrzeuge aus der Richtung Zementwerk die Strasse hinunter.
Ich habe nach rechts geschaut und sah zwei Fahrzeuge kommen.
Ich liess diese passieren, schaute nochmals hoch in Richtung
Zementwerk und fuhr dann über die Gegenfahrbahn, als es
plötzlich zur Kollision mit dem von rechts kommenden Fahr-
zeug kam. Ich kann mir nicht erklären, wieso ich den Wagen
übersehen habe. Vermutlich habe ich mich zu stark auf die
Fahrzeuge konzentriert, welche aus der Richtung Zementwerk
kamen" (kt. act. 18). Am 14. März 2000 sagte der Beschwerde-
führer gegenüber dem Polizeirichter aus, er habe vor dem
Linksabbiegen angehalten und etwa drei Fahrzeuge vorbei-
fahren lassen. Erst dann sei er angefahren. Das entgegen-
kommende Fahrzeug habe er aus für ihn unerklärlichen Gründen
übersehen (kt. act. 40 f.). Anlässlich der Hauptverhandlung
vom 28. Juni 2000 erklärte der Beschwerdeführer, er habe an
der Verzweigung zwei oder drei entgegenkommende Fahrzeuge
vorbeifahren lassen. Er vermute, dass ihm diese kurz vor der
Einspurstrecke entgegengekommen seien. Es seien damals auch
Autos von der Zementfabrik her gekommen. Er schaue aus Ge-

wohnheit zu Fahrzeugen, die von der Zementfabrik herkämen,
denn es handle sich dabei vor allem um Arbeitskollegen (an-
gefochtenes Urteil, S. 7; kt. act. 89 ff.).

        Die Vorinstanz wertet diese Aussagen dahingehend,
dass nicht feststehe, ob der Beschwerdeführer am Ende der
Einspurstrecke sein Fahrzeug tatsächlich angehalten und vor
dem Anfahren etwa drei Fahrzeuge habe vorbeifahren lassen.
Es sei ebenso gut möglich, dass er sein Fahrzeug auf der
Einspurstrecke zwar verlangsamt aber vor dem Abbiegen nicht
vollständig angehalten habe. Selbst wenn man von der für ihn
günstigeren ersten Variante ausgehe, habe er dem entgegen-
kommenden Verkehr nicht die auf Grund der unübersichtlichen
Strecke und der Geschwindigkeit der entgegenkommenden Fahr-
zeuge angemessene Aufmerksamkeit geschenkt. Der Beschwerde-
führer könne sich auch nicht entlastend darauf berufen, er
habe sich auf die zwei bis drei vor ihm fahrenden Fahrzeuge
konzentrieren müssen und sei deshalb für einen kurzen Augen-
blick unaufmerksam gewesen. Gerade weil offensichtlich Ge-
genverkehr geherrscht habe, hätte er vor dem Anfahren be-
sonders darauf achten müssen, dass den ersten zwei bis drei
Fahrzeugen nicht weitere folgten. Er hätte sich nicht allein
auf die vorbeifahrenden Fahrzeuge konzentrieren und an-
schliessend einfach losfahren dürfen. Vielmehr sei er ver-
pflichtet gewesen, zuvor die gesamte Gegenfahrbahn zu über-
blicken und sich zu vergewissern, dass ihm kein weiteres
Fahrzeug entgegenkam. Gemäss der ergänzten Fotodokumentation
hätte der Beschwerdeführer den Geschädigten aus einer Dis-
tanz von rund 185 m erstmals herannahen sehen können. Zwar
seien die Fotos bei Tageslicht erstellt worden, doch hätten
an beiden am Unfall beteiligten Fahrzeugen die Abblend-
lichter gebrannt, weshalb der Beschwerdeführer das heran-
nahende Fahrzeug bei pflichtgemässer Sorgfalt auch in der
damals herrschenden Dunkelheit aus der erwähnten Distanz
hätte sehen müssen. Bei der auf der fraglichen Strecke

erlaubten Geschwindigkeit von 80 km/h habe es 8,32 s ge-
dauert, bis der Geschädigte die Strecke von 185 m bis zum
Standort des Beschwerdeführers zurückgelegt habe. Dieser
habe somit ausreichend Zeit gehabt, den Unfallgegner recht-
zeitig wahrzunehmen. Die Akten ergäben keinerlei Anhalts-
punkte dafür, dass der Geschädigte mit übersetzter Ge-
schwindigkeit gefahren sei. Doch selbst wenn dieser mit
100 km/h unterwegs gewesen wäre, hätte es 6,66 s gebraucht,
um die 185 m zurückzulegen. Auch eine solche Zeitspanne
hätte genügt, damit der Beschwerdeführer das herannahende
Fahrzeug rechtzeitig hätte erblicken können. Der Umstand,
dass der Beschwerdeführer den Geschädigten während der
ganzen 8,32 s bzw. 6,66 s nicht wahrgenommen habe, zeige,
dass er dem Gegenverkehr nicht die den Umständen angemessene
Beachtung geschenkt habe. Er habe daher "diejenige Sorgfalt
ausser Acht gelassen, die jedem verständigen Menschen in der
gleichen Lage und unter den gleichen Umständen als beacht-
lich hätte einleuchten müssen". Sein verkehrswidriges Ver-
halten wiege schwer und sei als rücksichtslos zu werten,
womit auch der subjektive Tatbestand der groben Verletzung
von Verkehrsregeln i.S. von Art. 90 Ziff. 2 SVG erfüllt sei
(angefochtenes Urteil, S. 7 - 9).
         b) Fehlt im Original

     3.- a) Nach Art. 90 Ziff. 2 SVG wird mit Gefängnis oder
mit Busse bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrs-
regeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer
hervorruft oder in Kauf nimmt. Der Tatbestand ist objektiv
erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in
objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicher-
heit ernstlich gefährdet. Eine ernstliche Gefahr für die
Sicherheit anderer im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist be-
reits beim Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefährdung
gegeben (BGE 123 IV 88 E. 3a; 123 II 106 E. 2a, je mit Hin-
weisen).

        Subjektiv erfordert der Tatbestand ein rücksichts-
loses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten,
d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln min-
destens grobe Fahrlässigkeit (BGE 118 IV 84 E. 2a mit Hin-
weisen). Dies ist immer zu bejahen, wenn der Täter sich der
allgemeinen Gefährlichkeit seiner verkehrswidrigen Fahrweise
bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kann aber auch vorliegen,
wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
pflichtwidrig gar nicht in Betracht zieht, also unbewusst
fahrlässig handelt. In solchen Fällen bedarf jedoch die An-
nahme grober Fahrlässigkeit einer sorgfältigen Prüfung
(BGE 106 IV 49 f. mit Hinweisen). Sie wird nur zu bejahen
sein, wenn das Nichtbedenken der Gefährdung anderer Ver-
kehrsteilnehmer ebenfalls auf Rücksichtslosigkeit beruht und
daher besonders vorwerfbar ist (BGE 118 IV 285 E. 4 mit Hin-
weisen). Mit dem Begriff der "Rücksichtslosigkeit" wird eine
besondere Gleichgültigkeit bzw. ein bedenken- oder gewissen-
loses Verhalten gegenüber fremden Rechtsgütern umschrieben,
das nicht nur im bewussten "Sich-hinwegsetzen", sondern auch
im blossen (momentanen) Nichtbedenken der Gefährdung fremder
Interessen liegen kann (unveröffentlichter Entscheid des
Bundesgerichts vom 11. April 1994 E. 2b [6S.56/1994]). In
Fällen unbewusster Fahrlässigkeit darf nicht einfach aus dem
objektiven Tatbestand auf die Erfüllung des subjektiven ge-
schlossen werden. Vielmehr ist auf Grund der gesamten Um-
stände zu ermitteln, ob das Übersehen eines Signals oder
einer Gefahrensituation auf Rücksichtslosigkeit beruht oder
nicht. Je schwerer die Verkehrsregelverletzung objektiv
wiegt, desto eher wird die Rücksichtslosigkeit zu bejahen
sein, sofern nicht besondere Gegenindizien vorliegen.

        b) Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer gemäss
Art. 90 Ziff. 2 i.V.m. Art. 36 Abs. 3 und Art. 34 Abs. 3 SVG
sowie Art. 14 Abs. 1 VRV verurteilt. Nach Art. 34 Abs. 3 SVG
hat der Fahrzeuglenker, der seine Fahrtrichtung ändern will,

wie insbesondere zum Abbiegen, auf den Gegenverkehr und auf
die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen. Gemäss
Art. 36 Abs. 3 SVG ist vor dem Abbiegen nach links den ent-
gegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen. Diese Vor-
trittsregel wird durch Art. 14 Abs. 1 VRV konkretisiert,
wonach der Vortrittsbelastete den Vortrittsberechtigten in
seiner Fahrt nicht behindern darf und mit Blick darauf seine
Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und wenn nötig vor
Beginn der Verzweigung zu halten hat.

        Im zu beurteilenden Fall ist nicht zweifelhaft, und
es wird vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht in Frage
gestellt, dass dieser die genannten wichtigen Verkehrsvor-
schriften in objektiv schwerer Weise missachtet und die Ver-
kehrssicherheit ernstlich gefährdet hat. Zu prüfen bleibt
mithin nur, ob ihm subjektiv ein rücksichtsloses oder sonst
schwerwiegend verkehrswidriges, mindestens grob fahrlässiges
Verhalten vorzuwerfen ist.

        c) aa) Im Zusammenhang mit Art. 90 Ziff. 2 SVG hat
das Bundesgericht Fälle unbewusster Fahrlässigkeit vor allem
bei der Verletzung von Lichtsignalen zu beurteilen gehabt.

        In BGE 118 IV 285 verneinte das Bundesgericht eine
grobe Fahrlässigkeit, weil der fehlbare Automobilist infolge
Unaufmerksamkeit das seit 7,6 s auf rot gewechselte Licht-
signal übersah und diese Pflichtwidrigkeit in Anbetracht der
Übersichtlichkeit der spitzwinkligen Einmündung einer einzi-
gen Fahrbahn von links und der ausgesprochen ruhigen Ver-
kehrslage nicht besonders schwer wog. Das Bundesgericht
gelangte zu dieser Beurteilung trotz Annahme einer objektiv
schweren Verkehrsregelverletzung und insbesondere auch einer
erhöhten abstrakten Gefährdung, weil bei der Beurteilung des
Verschuldens nicht nur das Ausmass des verschuldeten Er-
folges, sondern auch die Art und Weise der Herbeiführung

dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter
gehandelt hat, und dessen Beweggründe zu berücksichtigen
sind. Das Mass des Verschuldens variiert dabei je nach
Schwere des deliktischen Erfolges sowie den unterschiedlich
gravierenden Modalitäten der Tatbegehung (BGE 117 IV 113
f.). Auch bei der unbewussten Fahrlässigkeit kann es daher
entscheidend sein, weshalb der Täter die Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer gar nicht in Betracht zog. Nicht jede
Unaufmerksamkeit, die wegen der Schwere des Erfolges - hier
der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer - objektiv als
gravierende Verletzung der Vorsichtspflicht zu betrachten
ist, wiegt auch subjektiv schwer.

        Das Bundesgericht verneinte sodann grobe Fahr-
lässigkeit im Falle eines Automobilisten, der bei Gegenlicht
eine seit 4,4 s auf rot stehende Verkehrsregelungsanlage
übersah, weil das Versehen auf Grund der auf dem fraglichen
Strassenabschnitt aufeinander folgenden Lichtsignalanlagen,
deren Phasensteuerung nicht immer koordiniert und durch-
gehend gleich anzeigten, als nachvollziehbar bewertet wurde
(unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 6. Juni
1994 [6S.228/1994]).

        Hingegen hat das Bundesgericht grobe Fahrlässigkeit
in einem Fall unbewusster Missachtung einer seit mehr als
5,4 s auf rot stehenden Ampel bejaht, weil die fehlbare
Automobilistin auf Grund des Verkehrsaufkommens beim Zu-
fahren auf die Kreuzung besonders aufmerksam hätte sein
müssen. Sie wurde nicht wie im publizierten Entscheid durch
die ruhige Verkehrslage dazu verleitet, in ihrer Aufmerk-
samkeit nachzulassen. Sie liess sich im Gegenteil durch
einen Mann ablenken, der in der aus ihrer Sicht rechts
liegenden frischen Wiese mit seinem Hund trainierte. Ihr
Verhalten wertete das Bundesgericht auch in subjektiver
Hinsicht als schwerwiegend pflichtwidrig (unveröffentlichtes
Urteil des Bundesgerichts vom 25. Juni 1993 [6S.156/1993]).

        Abgesehen von diesen Fällen hat das Bundesgericht
auch bei der Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse
(unveröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom
16. Februar 1994 [6S.735/1993]) sowie beim  Überholen durch
blindes "Anhängen" (BGE 118 IV 285 E. 4) unbewusste grobe
Fahrlässigkeit i.S. von Art. 90 Ziff. 2 SVG bejaht.

        bb) Die Missachtung eines Rotlichtes lässt sich
nicht ohne Weiteres mit Fällen wie dem hier zu beurteilenden
gleichsetzen. Rotes Licht bedeutet zwingend "Halt"
(Art. 68 Abs. 1 SSV), selbst wenn eine Weiterfahrt keine
anderen Vekehrsteilnehmer behindern würde. Demgegenüber
überlässt es das Gesetz der Einschätzung des Vortritts-
belasteten, ob und wann er sein Abbiegemanöver ohne Be-
hinderung entgegenkommender Verkehrsteilnehmer einleiten
kann (Art. 36 Abs. 3 SVG). Dieser unterschiedliche Charakter
der Normen ist bei der Beurteilung der subjektiven Schwere
des Regelverstosses zu berücksichtigen.

        d) So sehr den allgemeinen Erwägungen der Vor-
instanz, vornehmlich zu den Anforderungen an die Aufmerk-
samkeit beim Linksabbiegen, zuzustimmen ist, erweist sich
ihre Einschätzung des Verschuldens als zu streng.

        aa) Nach den verbindlichen tatsächlichen Fest-
stellungen der Vorinstanz fuhr der Beschwerdeführer am
23. Dezember 1999 um 05.00 Uhr bei Dunkelheit auf der J15 in
Richtung Thayngen. Bei der Ausfahrt Bibern/Hofen wollte er
nach links abbiegen und hielt deshalb vorschriftsgemäss an,
um zwei bis drei entgegenkommenden Fahrzeugen den Vortritt
zu lassen. In dieser Zeit liess er sich von Fahrzeugen ab-
lenken, die aus dem Abzweiger in die J15 einbogen, welche
aber seine Fahrbahn nicht kreuzen konnten. Das wusste der
Beschwerdeführer, welcher die fragliche Strecke täglich auf
dem Weg zur Arbeit befuhr (angefochtenes Urteil, S. 8 f.).

Nach der Vorbeifahrt von zwei bis drei entgegenkommenden
Fahrzeugen fuhr der Beschwerdeführer an, ohne sich nochmals
nach rechts zu vergewissern, ob auf diese weitere folgten.
Er fuhr auf der Gegenfahrbahn frontal in das mit 80 km/h
fahrende Fahrzeug des Unfallgegners (angefochtenes Urteil,
S. 8). Die Vorinstanz begründet die von ihr bejahte sub-
jektive Rücksichtslosigkeit des Verhaltens des Beschwerde-
führers im Wesentlichen damit, dass dieser das herannahende
Fahrzeug erstmals 8,32 s vor dem Zusammenstoss hätte heran-
nahen sehen können. Wenn sie diese 8,32 s mit der Dauer der
Unaufmerksamkeit des Beschwerdeführers gleichsetzt, verkennt
sie jedoch, dass dieser nicht verpflichtet war, seine Auf-
merksamkeit ungeteilt und andauernd auf den Gegenverkehr zu
richten. Der Beschwerdeführer durfte auch diejenigen Fahr-
zeuge im Auge behalten, die aus seiner Sicht von links aus
dem Abzweiger in die J15 einbogen und dafür nahe an ihm
vorbeifahren mussten. Denn jeder Verkehrsteilnehmer ist
verpflichtet, nicht nur seine Fahrspur, sondern das gesamte
Verkehrsgeschehen im Umkreis des Fahrzeuges aufmerksam zu
verfolgen. Es bleibt zwar der Vorwurf, dass der Beschwerde-
führer vor dem Anfahren seine Aufmerksamkeit nicht erneut
auf den entgegenkommenden Verkehr und die von ihm 185 m weit
überblickbare Gegenfahrbahn richtete. Insofern dauerte seine
Unaufmerksamkeit nur wenig länger als die zwischen dem An-
fahren und dem Zusammenstoss liegende Zeitspanne. Das
Versagen des Beschwerdeführers war verhältnismässig kurz.
Die Unaufmerksamkeit muss als momentan bezeichnet werden.
Sie wiegt namentlich auch angesichts der eher ruhigen
Verkehrslage im Zeitpunkt des Unfalls nicht besonders
schwer. Von einem rücksichtslosen Verhalten kann jedenfalls
nicht gesprochen werden. Eine grobe Fahrlässigkeit ist zu
verneinen.
         bb) Fehlt im Original

     4.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist
deshalb gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben
und ist dem Beschwerdeführer eine Entschädigung aus der
Bundesgerichtskasse zuzusprechen.

            Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gut-
geheissen, soweit darauf einzutreten ist, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 30. November 2001
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vor-
instanz zurückgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dem Beschwerdeführer wird für das Verfahren der
eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde eine Entschädigung
von Fr. 2'500.-- aus der Bundesgerichtskasse zugesprochen.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht
des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 20. März 2002

                Im Namen des Kassationshofes
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
         Der Präsident:      Der Gerichtsschreiber: