Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6A.87/2002
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6A.87/2002 /pai

Urteil vom 10. Februar 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Schubarth, Wiprächtiger,
Gerichtsschreiber Weissenberger.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reinhold Nussmüller,
Kirchstrasse 1, Postfach 1022, 8580 Amriswil,

gegen

Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau, Postfach
319, 8570 Weinfelden.

Entzug des Führerausweises; Dauer des Entzugs,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Endentscheid der Rekurskommission für
Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau vom 26. November 2001.

Sachverhalt:

A.
X. ________ fuhr am 9. Dezember 2000 um 20.50 Uhr bei guten
Wetterverhältnissen mit seinem Personenwagen auf der Autobahneinfahrt in St.
Gallen-Winkeln zur Stadtautobahn SA1. Aufgrund einer abrupten Lenkbewegung
kam sein Fahrzeug ins Schleudern und prallte frontal gegen einen Mast. Die
Polizei nahm ihm den Führerausweis auf der Stelle ab. Die durchgeführte
Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1.68
Gewichtspromille. Das Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau entzog
X.________ deshalb den Führerausweis für drei Monate, vom 9. Dezember 2000
bis und mit 9. März 2001.

B.
Am 24. April 2001 um 02.15 Uhr fuhr X.________ mit seinem Personenwagen durch
Bernhardzell. Bei einer Kontrolle stellte die Polizei einen starken
Alkoholgeruch fest, worauf sie eine Blutprobe anordnete. Diese ergab eine
minimale Blutalkoholkonzentration von 1.2 Gewichtspromille.

Mit Verfügung vom 20. September 2001 entzog das Strassenverkehrsamt des
Kantons Thurgau X.________ den Führerausweis gestützt auf Art. 17 Abs. 1 lit.
d SVG für die Dauer von neunzehn Monaten. Einen dagegen erhobenen Rekurs
hiess die Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau am
26. November 2001 (versendet am 9. Oktober 2002) im Zumessungspunkt teilweise
gut und setzte die Entzugsdauer auf achtzehn Monate herab. In der
Zwischenzeit hatte das Untersuchungsamt St. Gallen X.________ mit Strafbefehl
vom 9. Oktober 2001 für diesen und den früheren Vorfall des mehrfachen
Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand, der Verletzung von
Verkehrsregeln sowie der Übertretung der Verkehrsregelverordnung schuldig
gesprochen und zu einer bedingten Gefängnisstrafe von sechs Wochen sowie
einer Busse von Fr. 1'500.-- verurteilt; der Strafbefehl wurde rechtskräftig.

C.
X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den Entscheid
der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau vom 26.
November 2001 aufzuheben und ihm den Führerausweis für nicht mehr als zwölf
Monate zu entziehen. Allenfalls sei die Sache zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Bundesgericht hat der Beschwerde am 22. November 2002 die aufschiebende
Wirkung zuerkannt (act. 7). Die Rekurskommission für Strassenverkehrssachen
des Kantons Thurgau und das Bundesamt für Strassen beantragen
übereinstimmend, die Beschwerde abzuweisen (act. 8, 11).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, nicht aber
Unangemessenheit gerügt werden (Art. 104 OG). Nachdem als Vorinstanz eine
richterliche Behörde entschieden hat, ist das Bundesgericht an die
Feststellung des Sachverhaltes gebunden, soweit dieser nicht offensichtlich
unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist (Art. 105 Abs. 2 OG). Der
Beschwerdeführer anerkennt den im angefochtenen Entscheid festgestellten
Sachverhalt.

2.
2.1 Die Vorinstanz führt aus, es sei ein zwingender Entzugsgrund nach Art. 16
Abs. 3 lit. b SVG gegeben. Da der Beschwerdeführer wenige Wochen nach Ablauf
eines dreimonatigen Führerausweisentzuges wegen Fahrens in angetrunkenem
Zustand erneut angetrunken gefahren sei, müsse der Führerausweis gemäss Art.
17 Abs. 1 lit. d SVG für mindestens zwölf Monate entzogen werden. Das
Verschulden des Beschwerdeführers sei "nicht unerheblich". Bei einer
Blutalkoholkonzentration von mindestens 1.20 Gewichtspromille im ersten Jahr
der Rückfallsfrist gehe die Administrativbehörde im Kanton Thurgau
praxisgemäss von einer zwanzigmonatigen Entzugsdauer aus. Es handle sich
dabei um einen "Basiswert", der sich je nach den individuellen Verhältnissen
ändern könne. So sei ein schlechter fahrerischer Leumund massnahmeschärfend
zu berücksichtigen, während die Massnahmeempfindlichkeit mildernd gewertet
werde (angefochtener Entscheid, S. 6 f.).

Die Vorinstanz erwägt sodann, der Einwand des Beschwerdeführers, wonach er am
24. April 2001 ein im zuvor besuchten eintägigen Kurs für Verkehrsauffällige
gelerntes Trinkverhalten befolgt habe, um den maximal zulässigen
Blutalkoholwert von 0,8 Promille nicht zu überschreiten, sei unglaubwürdig.
Bereits der Versuch, kurze Zeit nach erfolgtem Führerausweisentzug die noch
zulässige Promille-Grenze auszureizen, spreche "nicht eben für eine stark
gesteigerte Einsicht in die Folgen des Fahrens unter Alkohol". Um diese
Einsicht zu fördern, bedürfe der Beschwerdeführer einer deutlich über dem
gesetzlichen Minimum liegenden Entzugsdauer. Die Beschränkung auf zwölf
Monate Führerausweisentzug komme bereits angesichts des
Alkoholisierungsgrades und des Zeitpunktes des Rückfalls nicht in Betracht.
Die minimale Entzugsdauer sei bei Rückfalltätern (nur) kurz vor Ablauf der
gesetzlichen Fünfjahresfrist und mit einer knapp über 0,8 Promille liegenden
Blutalkoholkonzentration angezeigt. Der gute fahrerische Leumund des
Beschwerdeführers von 1977 bis 2000 wirke sich angesichts des Vorfalls vom
Dezember 2000 nicht mildernd aus. Demgegenüber könne die erhöhte berufliche
Sanktionsempfindlichkeit des in einem Einmann-Malergeschäft arbeitenden
Beschwerdeführers mit einer Reduktion der Entzugsdauer um zwei Monate auf
achtzehn Monaten berücksichtigt werden (angefochtener Entscheid, S. 7 f.).
2.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, im Strafverfahren seien beide Vorfälle
zusammen beurteilt worden. Der Strafbescheid binde die Vorinstanz insofern,
als diese ebenfalls eine Strafschärfung wegen Tatmehrheit unter Ausschluss
der Rückfallsregelung hätten verneinen müssen. Die Annahme eines technischen
Rückfalls verletze Bundesrecht. Zudem verstosse es gegen den Grundsatz "ne
bis in idem" und Art. 4 des Zusatzprotokolls Nr. 7 der EMRK, wenn wie hier
der gleiche Vorfall in zwei unterschiedlichen Verfahren zu mehreren
Sanktionen (Strafe und Führerausweisentzug) führe (Beschwerde, S. 8 f.).
Schliesslich hätten die Vorinstanzen gemäss BGE 119 Ib 158 das Ergebnis des
Strafverfahrens abwarten müssen. Ein Zuwarten wäre für den Beschwerdeführer
von Vorteil gewesen, weil die beiden Vorfälle dann zu nur einer Massnahme
geführt hätten. Indem die Erstinstanz vor einem rechtskräftigen Strafurteil
entschied, habe sie Bundesrecht, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und
die "einschlägigen Bestimmungen der EMRK" verletzt (Beschwerde, S. 10).

Diese Einwände sind unbegründet.

2.3 Dem Beschwerdeführer wurde für den Vorfall vom 9. Dezember 2000 der
Führerausweis während drei Monaten vom 9. Dezember 2000 bis zum 9. März 2001
entzogen. Der Umstand, dass die Entzugsbehörde den Abschluss des
Strafverfahrens in der gleichen Sache nicht abwartete, hätte der
Beschwerdeführer gegebenenfalls in jenem Verfahren beanstanden müssen. Diese
Frage kann hier nicht mehr zur Diskussion gestellt werden.

Im hier zu beurteilenden Verfahren hat der Beschwerdeführer gegenüber dem
Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau nicht beantragt, es sei der Ausgang
des Strafverfahrens abzuwarten, bevor über die Administrativmassnahme
entschieden werde (vgl. kt. act. 5). Eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör liegt damit nicht vor.

Anfechtungsobjekt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nur der
letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 98 lit. g OG). Soweit der
Beschwerdeführer die vorangehende Verfügung des Strassenverkehrsamtes des
Kantons Thurgau anzufechten scheint, indem er vorbringt, dieses hätte zuerst
den Ausgang des Strafverfahrens abwarten müssen, ist sein Antrag unzulässig
(vgl. BGE 112 Ib 39 E. 1e mit Hinweis). Die Vorinstanz hat ihren Entscheid am
26. November 2001 gefällt. Der Strafbefehl erging über eineinhalb Monate
früher am 9. Oktober 2001. Bereits aus dieser Tatsache ergibt sich, dass die
Vorinstanz ihre Pflicht, das Strafurteil abzuwarten, nicht verletzt haben
kann. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im
Verfahren das Ergebnis der Blutprobe und damit den Nachweis für die
Angetrunkenheit anerkannt hat, womit ohnehin eine Ausnahme von der genannten
Regel gegeben war (vgl. BGE 119 Ib 158; 121 II 214; 123 II 97 E. 3c/aa; dazu
auch Philippe Weissenberger, Die Zumessung des Warnungsentzugs von
Führerausweisen nach der neueren Praxis des Bundesgerichts, SJZ 1999, S. 517
f. mit weiteren Hinweisen).

2.4 Der Vollzug des Führerausweisentzugs für den Vorfall vom 9. Dezember 2002
lag rund eineinhalb Monate zurück, als der Beschwerdeführer sein Fahrzeug am
24. April 2001 erneut in angetrunkenem Zustand lenkte. Die formellen
Voraussetzungen des Rückfalls nach Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG sind damit
erfüllt. Der Umstand, dass die Strafbehörde die beiden Vorfälle in Anwendung
von Art. 68 Ziff. 1 StGB zusammen beurteilte, band die Vorinstanz nicht in
der geltend gemachten Weise. Ein Strafurteil kann die Verwaltungsbehörde nur
hinsichtlich des festgestellten Sachverhalts und der rechtlichen
Qualifikation des Vorfalls überhaupt binden (dazu und zu den Ausnahmen BGE
119 Ib 158; 121 II 214; 123 II 97 E. 3c/aa). Wenn der gleichzeitigen
Beurteilung mehrerer Vorfälle durch den Strafrichter eine Sperrwirkung für
die Anwendung der Rückfallsregelung zukäme, würde jener Täter begünstigt, der
die Taten im gleichen Kanton beging; eine solche von Zufällen abhängige
Besserstellung Einzelner wäre rechtlich und sachlich kein Anlass.

2.5 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst es nicht gegen den
Grundsatz "ne bis in idem", wenn für die gleiche Widerhandlung gegen das
Strassenverkehrsrecht in zwei verschiedenen Verfahren eine Strafe und ein
Führerausweisentzug bzw. eine Administrativmassnahme ausgesprochen wird (BGE
125 II 402 E. 1; ferner unveröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts
6A.76/1995 vom 5. Dezember 1995, und dazu der Nichtzulassungsentscheid des
EGMR vom 30. Mai 2000, in: VPB 2000 152 1391). Darauf ist nicht
zurückzukommen.

3.
Der Beschwerdeführer rügt eine mehrfache Ermessensüberschreitung durch die
Vorinstanz bei der Festsetzung der Entzugsdauer. Die Praxis der
Rekurskommission, bei einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1.20
Gewichtspromille im ersten Jahr der fünfjährigen Rückfallsfrist eine
zwanzigmonatige "Basisentzugsdauer" zu Grunde zu legen, sei zu schematisch
und verletze Bundesrecht (Beschwerde, S. 9 f.). Sein Verschulden wiege eher
leicht. Er habe die strafbare Grenze der Blutalkoholkonzentration um
lediglich 0,4 %o überschritten. Aufgrund der ihm vermittelten
Resorptionsregeln habe er auf eine Blutalkoholkonzentration unter der
gesetzlichen Obergrenze vertrauen dürfen. Zudem sei bei seiner Fahrt niemand
ernsthaft gefährdet worden (Beschwerde, S. 11 ff.). Auch habe die Vorinstanz
seinen guten fahrerischen Leumund überhaupt nicht und seine erhöhte
Sanktionsempfindlichkeit zu wenig berücksichtigt (Beschwerde, S. 11, 14).
Schliesslich müsse sich die von ihm nicht verschuldete Länge des Verfahrens
sanktionsmindernd auswirken. Die Vorinstanz habe für die Ausfertigung des
Entscheids mehr als zehn Monate benötigt (Beschwerde, S. 15).

3.1 Der Führerausweis muss unter anderem entzogen werden, wenn der
Fahrzeuglenker in angetrunkenem Zustand fährt (Art. 16 Abs. 3 lit. b SVG).
Der Entzug dauert dann mindestens zwei Monate (Art. 17 Abs. 1 lit. b SVG).
Ist der Fahrzeuglenker innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren Entzugs
wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand erneut in diesem Zustand gefahren,
beträgt die Entzugsdauer mindestens ein Jahr (Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG).

Die Dauer des Warnungsentzuges richtet sich gemäss Art. 33 Abs. 2 VZV vor
allem nach der Schwere des Verschuldens, dem Leumund als Motorfahrzeugführer
sowie nach der beruflichen Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen.

3.2 Bei Regelverstössen im Strassenverkehr ohne Beteiligung von Dritten, was
beim Fahren im angetrunkenen Zustand oder mit überhöhter Geschwindigkeit oft
der Fall ist, sehen sich die Behörden mit einer grossen Anzahl gleichartiger
Fälle konfrontiert. Richtlinien zur Bemessung von Massnahmen können helfen,
solche Fälle schneller zu bearbeiten, und sie können einen Beitrag zur
gleichmässigen Anwendung des Rechts leisten (vgl. René Schaffhauser,
Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts Band III, Bern 1995, N.
2414 ff.). Das Bundesgericht hat sich wiederholt zu kantonalen und
interkantonalen Richtlinien, namentlich zur Praxis einer zeitlich gestaffelt
abnehmenden Entzugsdauer von zwölf bis zwei Monaten nach Ablauf der
Rückfallsfrist gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG und anderen
Berechnungsschemen für strassenverkehrsrechtliche Massnahmen geäussert und
dabei festgehalten, dass solche standardisierten "Tarife" Bundesrecht
verletzen, wenn sie zu schematisch angewendet und die Umstände des
Einzelfalls nicht mehr genügend berücksichtigt werden (vgl. nur BGE 123 II 63
E. 3c/aa S. 66 f.; 123 II 106 E. 2e S. 113; 124 II 44 E. 1; Urteil 6A.57/2002
vom 23. August 2002, E. 4.1 mit Hinweis auf Urteil 6A.23/2002 vom 30. April
2002; Urteil 6A.49/2001 vom 30. Oktober 2001). Zumessungsrichtlinien sind
somit zulässig, sofern sie mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts im
Einklang stehen, nicht starr angewendet werden und die Behörden ihr Ermessen
damit nicht faktisch selbst einschränken. Der Schematismus darf nicht zu
einer im Einzelfall unverhältnismässigen Sanktion führen (vgl. Weissenberger,
a.a.O., S. 519 f.).
3.3 Die Vorinstanz nimmt weder Bezug zu dieser Rechtsprechung noch legt sie
dar, wie ihre zeitlich und nach Höhe der Blutalkoholkonzentration gestaffelt
ab- oder zunehmenden Entzugsdauern nach Ablauf eines früheren Entzugs wegen
Fahrens in angetrunkenem Zustand bis zum Ablauf der fünfjährigen
Rückfallsfrist gestaltet sind. Sie verwendet die Entzugsdauer von zwanzig
Monaten nach "Tarif" bei einem Rückfall mit 1.2 Promille innert eines Jahres
seit dem früheren Entzug als "Einsatzmassnahme" und passt sie nach den
Umständen des vorliegenden Falles etwas nach unten an. Dieses Vorgehen
verletzt Bundesrecht und führt zu einer unverhältnismässig langen
Entzugsdauer. Der Einsatzwert erweist sich als zu hoch und erlaubt keine
ausreichende Anpassung. Ausgangspunkt der Bemessung einer Massnahme muss die
vom Gesetz vorgegebene minimale Entzugsdauer sein. Das ergibt sich aus der
klaren Abstufung im Gesetz, auf die nochmals hinzuweisen ist: Bei einem
Rückfall innert fünf Jahren ist der Führerausweis für mindestens ein Jahr zu
entziehen (Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG), danach für mindestens zwei Monate
(Art. 17 Abs. 1 lit. b SVG). Diese Mindestsanktionen gelten durchschnittliche
Fälle mit leichten bis mittelschweren Verschulden in der Regel bereits ab.
Nur bei vom Durchschnittsfall abweichenden besonders erschwerenden Umständen
sind die Mindestsanktionen entsprechend zu erhöhen. Eine davon abweichende
kantonale Praxis mit zeitlich und nach anderen Kriterien gestaffelten
deutlich höheren Minimalentzugsdauern ist damit nicht vereinbar.

Für die Sanktionsbemessung ist gestützt auf Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG von
zwölf Monaten auszugehen. Anschliessend sind die Kriterien von Art. 33 Abs. 2
VZV anzuwenden. Schweres Verschulden wird dabei zu einer längeren
Entzugsdauer führen. Die Erhöhung ist individuell zu bestimmen. Es darf nicht
starr auf ein Richtmass abgestellt werden. Gemäss den weiteren Kriterien ist
dann das erhaltene Ergebnis gegebenenfalls nach unten anzupassen, wobei die
Mindestsanktionen grundsätzlich die unterste Sanktionsgrenze darstellen.
Davon kann beispielsweise nur abgewichen werden bei Strafmilderungsgründen
wie verminderter Zurechnungsfähigkeit.

3.4 Erstes Zumessungskriterium bei der Festsetzung der Entzugsdauer gemäss
Art. 33 Abs. 2 VZV ist die Schwere des Verschuldens. Nach den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 2 OG) lenkte der
Beschwerdeführer sein Fahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 1.2
Gewichtspromille. Sein Verschulden wiegt damit objektiv mittelschwer. Ab
einer Blutalkoholkonzentration von 0.8 %o muss mit schwerwiegenden, auch von
einem geübten Lenker nicht mehr kompensierbaren Einbussen in der
Fahrtauglichkeit ausgegangen werden (Schaffhauser, a.a.O., N. 2352). Die
Fahrtauglichkeit nimmt mit höheren Werten weiter stark ab. Damit spricht es
nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers, dass er keine konkreten Fahrfehler
begangen hat und glücklicherweise niemand zu Schaden gekommen ist. Auch
subjektiv kann dem Beschwerdeführer kein geringeres Verschulden zuerkannt
haben. Wohl ist der Rückfall bereits dadurch abgegolten, dass für den neuen
Vorfall eine hohe Mindestentzugsdauer von einem Jahr gilt, doch kann die
Schwere des Rückfalls bei der Sanktionsbemessung gewichtet werden. Der
Beschwerdeführer hat sehr kurz nach Ablauf eines Ausweisentzugs erneut
angetrunken ein Motorfahrzeug im Strassenverkehr gelenkt. Sein Einwand,
wonach er gestützt auf seine Lernerfahrungen im Kurs für verkehrsauffällige
Lenker ein besonderes Trinkverhalten befolgt habe, um den Blutalkoholwert von
0.8 Promille dank der laufenden Resorption und den Trinkpausen nicht zu
überschreiten, hat die Vorinstanz angesichts der erheblichen Überschreitung
dieses Wertes zu Recht als unglaubwürdig verworfen. Seine Ausführungen zu
diesem Punkt und zur angeblich sehr geringen Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer in der Beschwerde (S. 12 f.) und vor allem im kantonalen
Verfahren (kt. act. 5 S. 2-4) lassen auf fehlende Einsicht und Umkehr in
seinem Verhalten schliessen. All diese Faktoren hätte die Vorinstanzen mit
einigen (wenigen) Monaten sanktionserhöhend gewichten dürfen.

Demgegenüber hält die Vorinstanz fest, dass der Beschwerdeführer beruflich
auf sein Fahrzeug angewiesen ist, auch wenn seine betagten Eltern für ihn
Fahrdienste geleistet haben, als ihm der Führerausweis entzogen worden war.
Damit ist von einer erhöhten Massnahmeempfindlichkeit des Beschwerdeführers
auszugehen, welche die Vorinstanz mit zwei Monaten sanktionsmindernd
berücksichtigt hat (angefochtener Entscheid, S. 8). Das ist angesichts des
Umstandes, dass die vom Beschwerdeführer allein geführte GmbH formell seinen
Eltern gehört und diese damit ein eigenes Interesse an der beruflichen
Tätigkeit ihres Sohnes haben (vgl. angefochtenes Urteil, S. 8), nicht zu
beanstanden. Den guten automobilistischen Leumund des Beschwerdeführers von
1977 bis 2000 anerkennt die Vorinstanz, wertet ihn jedoch angesichts des
einschlägigen Vorfalls vom 9. Dezember 2000 zu Recht nicht sanktionsmindernd.

Ausgehend von einer zwölfmonatigen Mindestentzugsdauer, ihrer Erhöhung um
gegen vier Monaten aufgrund der Schwere des Rückfalls und der fehlenden
Einsicht, sowie der Reduktion um zwei Monate für die Sanktionsempfindlichkeit
ist im vorliegenden Fall eine Entzugsdauer von nicht mehr als vierzehn
Monaten angemessen.

3.5 Der Beschwerdeführer verlangt zudem eine Verkürzung des Warnungsentzugs
aufgrund der langen Verfahrensdauer. Die Erziehung und Besserung eines Täters
setzt voraus, dass die Massnahme in einem angemessenen zeitlichen
Zusammenhang zur Regelverletzung steht. Ausserdem nimmt mit dem Zeitablauf
die Erforderlichkeit einer erzieherischen Sanktion ab, wenn sich der Täter in
dieser Zeit wohl verhalten hat (BGE 127 II E. 3d). Das Bundesgericht hat eine
Verkürzung der Entzugsdauer in Ausnahmefällen für möglich erklärt, wenn das
Verfahren verhältnismässig lange gedauert hat, der Betroffene sich während
dieser Zeit wohl verhalten hat und ihn an der langen Verfahrensdauer keine
Schuld trifft (BGE 120 Ib 504 E. 4e S. 510). Welche Verfahrensdauer als
überlang zu gelten hat, lässt sich nicht abstrakt und in absoluten Zahlen
ausdrücken, sondern ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten.
Die strafrechtlichen Verjährungsregeln sind sinngemäss beizuziehen (BGE 127
II E. 3d). Das Bundesgericht hat im Falle einer groben Verletzung der
Verkehrsregeln eine Dauer des kantonalen Verfahrens von fünf Jahren als
überlang erachtet (BGE 120 Ib 504 E. 3), im Falle einer blossen Übertretung
schon eine solche von viereinhalb Jahren (BGE 127 II E. 3d). Im vorliegenden
Fall hat das kantonale Verfahren bis zur Versendung des vorinstanzlichen
Urteils rund eineinhalb Jahre beansprucht. Das ist nicht unverhältnismässig
lang, obschon die Vorinstanz zwischen Entscheiddatum und -versand auffallend
viel Zeit benötigt hat.

4.
Die Beschwerde ist im Zumessungspunkt begründet und damit teilweise
gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Hebt das Bundesgericht den
angefochtenen Entscheid auf, so entscheidet es selbst in der Sache oder weist
diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Art. 114 Abs. 2 OG). Die
entscheidwesentlichen Elemente liegen vor. Damit kann umgehend entschieden
werden, dass dem Beschwerdeführer der Führerausweis für die Dauer von
vierzehn (14) Monaten entzogen wird. Einzig für die Regelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen im kantonalen Verfahren ist die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden keine Kosten erhoben (Art. 156 Abs.
1 und 2 OG). Dem Beschwerdeführer steht eine leicht reduzierte
Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist,
teilweise gutgeheissen und das Urteil der Rekurskommission für
Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau vom 26. November 2001 aufgehoben.

2.
Dem Beschwerdeführer wird der Führerausweis für die Dauer von vierzehn
Monaten entzogen. Im Übrigen wird die Sache zur Neuverlegung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Rekurskommission für
Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau zurückgewiesen.

3.
Für das Verfahren vor Bundesgericht werden keine Kosten erhoben.

4.
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Rekurskommission für
Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau sowie dem Strassenverkehrsamt des
Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Februar 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: