Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.91/2002
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5P.91/2002/bie

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
              ********************************

                        7. Mai 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der
II. Zivilabteilung, Bundesrichterin Escher, Bundes-
richterin Hohl und Gerichtsschreiber Schett.

                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

B.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Leo Müller, Hauptplatz, Postfach, 6017 Ruswil,
Obergericht des Kantons  L u z e r n,  I. Kammer,

                         betreffend
                     Art. 30 Abs. 1 BV
            (unparteiischer Richter; Ausstand),

         wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- Die von A.________ gegen den Entscheid des Amts-
gerichts Sursee betreffend die Zahlung eines Kostenvor-
schusses eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Ober-
gericht des Kantons Luzern am 18. Januar 2002 abgewiesen.

        Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 21. Februar
2002 beantragt A.________ dem Bundesgericht, den oberge-
richtlichen Entscheid vom 18. Januar 2002 aufzuheben und die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

        Mit Verfügung des Präsidenten der II. Zivilabtei-
lung ist der staatsrechtlichen Beschwerde am 15. März 2002
die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

        In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt
worden.

     2.- a) Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von hier
nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - rein kassatorischer
Natur (BGE 127 II 1 E. 2c S. 5). Soweit der Beschwerdeführer
mehr als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids ver-
langt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

        b) Das Obergericht hat sich in seinem Entscheid
einzig mit dem Vorwurf des Beschwerdeführers befasst, ob
die Richterin, die am Entscheid des Amtsgerichts Sursee vom
14. November 2001 beteiligt war, befangen gewesen sei. Gegen
diesen selbständig eröffneten Zwischenentscheid betreffend
das Ausstandsbegehren ist die staatsrechtliche Beschwerde
zulässig (Art. 87 Abs. 1 OG; BGE 126 I 203 E. 1).

     3.- a) Nach der materiell unverändert von Art. 58
aBV in Art. 30 Abs. 1 BV überführten, ebenfalls in Art. 6
Ziff. 1 EMRK enthaltenen Garantie des verfassungsmässigen
Richters hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache
von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefange-
nen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden
wird. Liegen bei objektiver Betrachtungsweise Gegebenheiten
vor, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der
Voreingenommenheit zu begründen vermögen, so ist die Garan-
tie verletzt (BGE 127 I 196 E. 2b mit Hinweisen). Solche
Gegebenheiten können in einem bestimmten persönlichen Ver-
halten der betroffenen Gerichtsperson zu erblicken sein,
das geeignet ist, den Anschein der Befangenheit zu erwecken
(BGE 124 I 121 E. 3a S. 123). Da sich nach Massgabe einer
objektiven Betrachtungsweise beurteilt, ob das Misstrauen in
eine Gerichtsperson als begründet erscheint, kommt in dieser
Hinsicht der subjektiven Wahrnehmung der Verfahrensparteien
keine Bedeutung zu (BGE 114 Ia 50 E. 3b S. 55 mit Hinweis).

        b) Das Obergericht stellt fest, die vorinstanzliche
Richterin C.________ sei die Ehefrau eines Gemeinderates von
Grosswangen. Dieser sei am vorinstanzlichen Verfahren nicht
beteiligt gewesen. Als Mitglied des Gemeinderates von Gross-
wangen solle er 1994 jedoch über ein Baubewilligungsgesuch
des Vaters des Beschwerdeführers mitentschieden haben. Die-
ser Umstand sei bei objektiver Betrachtungsweise nicht ge-
eignet, Misstrauen in die Unparteilichkeit der vorinstanz-
lichen Richterin zu erwecken. Beim Amtsgericht Sursee handle
es sich um eine vom Gemeinderat von Grosswangen unabhängige
Behörde. Das vorinstanzliche und das Baubewilligungsverfah-
ren stünden in keinem Zusammenhang, und in den beiden Ver-
fahren hätten sich völlig unterschiedliche Fragen gestellt.

Allein die Tatsache, dass die mitwirkende Richterin Ehefrau
eines Gemeinderates sei, vermöge bei zwei voneinander völlig
unabhängigen Verfahren keinen Ausstandsgrund zu schaffen
bzw. nicht den Anschein der Befangenheit zu erwecken.

        c) Der Beschwerdeführer bringt dagegen im Wesent-
lichen vor, die Behörden von Grosswangen hätten seit Jahren
alles versucht, seine Familie aus der Gemeinde weg zu ekeln.
Deshalb seien sämtliche Mitglieder der Behörden von Gross-
wangen für die Beurteilung von Gerichtsfällen aus seiner
Familie befangen und dürften am Entscheid nicht mitwirken.

        Vorweg ist klarzustellen, dass einzig die Mitwir-
kung der Amtsrichterin C.________ am Entscheid vom 14. No-
vember 2001 infrage steht. Die generellen Misstrauensäusse-
rungen des Beschwerdeführers genügen den Begründungsanforde-
rungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht. Denn nach dieser
Bestimmung muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesent-
lichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber
enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche
Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Ent-
scheid verletzt worden sind; das Bundesgericht prüft nur
klar und einlässlich erhobene Rügen (BGE 127 I 38 E. 3c mit
Hinweisen). Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Um-
stände sind objektiv betrachtet nicht geeignet, die Amts-
richterin C.________ bei der Mitwirkung des Entscheids vom
14. November 2001 als befangen oder voreingenommen erschei-
nen zu lassen, mag auch der Beschwerdeführer dies subjektiv
anders wahrnehmen. Der Umstand allein, dass Ehegatten oder
Familienmitglieder sich in verschiedenen Funktionen mit
Angelegenheiten der gleichen Personen befassen, weckt noch
keinen Anschein der Befangenheit. Das Baubewilligungsverfah-

ren, in dem der Ehemann der Amtsrichterin 1994 mitgewirkt
hat, betraf den Vater und das vom Amtsgericht beurteilte
Zivilverfahren den Sohn. Damit ein Verstoss gegen Art. 30
Abs. 1 BV erblickt werden könnte, müssten weitere Elemente
hinzukommen, was hier nicht der Fall ist. Da keine objekti-
ven Anhaltspunkte, die den Anschein der Befangenheit zu be-
gründen vermöchten, vorliegen, ist die Befangenheitsrüge
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

     4.- Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da
das Rechtsmittel von vornherein keine Aussicht auf Erfolg
haben konnte, ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
abzuweisen (Art. 152 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer lässt
sich in einer landwirtschaftlichen Schule ausbilden, weshalb
die Gerichtsgebühr zu reduzieren ist (Art. 153a OG). Dem Be-
schwerdegegner, der sich nur zum Gesuch um aufschiebende
Wirkung zu äussern hatte, ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 159 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     4.- Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

     5.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht
des Kantons Luzern, I. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 7. Mai 2002

              Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: