Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.6/2002
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5P.6/2002/bie

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
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                        1. März 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der
II. Zivilabteilung, Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin
Escher und Gerichtsschreiber Möckli.

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                         In Sachen

E.A.________, 9000 St. Gallen, Beschwerdeführer,

                           gegen

H.A.________, 8038 Zürich, Beschwerdegegnerin,
Kantonsgericht  S t.  G a l l e n,  II. Zivilkammer,

                         betreffend
                  Art. 8, 9, 29 und 49 BV
                      (Ehescheidung),

hat sich ergeben:

     A.- Mit Urteil vom 27. August 1996 schied das Bezirks-
gericht St. Gallen die Ehe A.________ (Ziff. 1). Es stellte
die Kinder B.________, geb. 1989, und C.________, geb. 1991,
unter die elterliche Gewalt der Mutter (Ziff. 2), räumte
dem Vater ein Besuchsrecht von einem Wochenende pro Monat
sowie ein Ferienrecht von zwei Wochen pro Jahr ein und ord-
nete eine Beistandschaft gemäss Art. 308 ZGB an (Ziff. 3).
Des Weiteren verpflichtete es den Beklagten zu Unterhalts-
beiträgen an die Kinder von je Fr. 1'000.-- bis zum vollen-
deten 10. Altersjahr und anschliessend von Fr. 1'200.-- so-
wie zu Unterhaltsbeiträgen an die Klägerin von Fr. 2'700.--
bis Februar 2001 und von Fr. 1'000.-- bis Februar 2007
(Ziff. 4-6). Das Begehren der Klägerin um Zuweisung eines
Kapitalbetrages von Fr. 150'000.-- zur Errichtung eines
Vorsorgekontos wurde abgewiesen (Ziff. 7). In güterrecht-
licher Hinsicht wurde "festgestellt", dass das Taufsilber
sowie die Ahnenbilder dem Beklagten herauszugeben seien, wo
immer sie sich befänden, während der Beklagte die ihm gehö-
rende Mutter-Gottes-Statue als Leihgabe bei den Kindern be-
lasse und die Parteien im Uebrigen auseinandergesetzt seien
(Ziff. 8).

     B.- Mit Urteil vom 13. September 2001 wies das Kantons-
gericht St. Gallen die Berufung des Beklagten ab und bestä-
tigte das Urteil des Bezirksgerichts.

     C.- Gegen dieses Urteil hat E.A.________ sowohl staats-
rechtliche Beschwerde als auch Berufung eingereicht. Mit
staatsrechtlicher Beschwerde beantragt er, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Beweisergänzung,

namentlich hinsichtlich der Kinderbelange, an das Kantons-
gericht zurückzuweisen (Ziff. 1), und der Beschwerde sei die
aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (Ziff. 3). Im Übrigen er-
sucht er für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgelt-
liche Rechtspflege (Ziff. 2). Es ist keine Vernehmlassung
eingeholt worden.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Wird in der gleichen Sache sowohl Berufung als
auch staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, ist in der
Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu be-
finden und die Entscheidung über die Berufung auszusetzen
(Art. 57 Abs. 5 OG). Es besteht kein Anlass, anders zu ver-
fahren.

        b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier
nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer
Natur. Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung
des angefochtenen Entscheides verlangt, kann daher auf die
staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE
127 II 1 E. 2c S. 5; 125 I 104 E. 1b S. 107).

        c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur gegen
letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig (Art. 86
Abs. 1 OG; zu den hier nicht vorliegenden Ausnahmen: BGE 94
I 459, eingeschränkt in BGE 111 Ia 353 E. 1b S. 354, zuletzt
BGE 125 I 492 E. 1a/aa S. 493 f.). Anfechtungsobjekt ist da-
her entgegen der Annahme des Beschwerdeführers allein der
Entscheid des Kantonsgerichts, nicht auch jener des Bezirks-
gerichts.

     2.- a) Gemäss Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrecht-
liche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechts-
verletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim
Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden
kann (absolute Subsidiarität). In Zivilsachen können Bundes-
rechtsverletzungen mit Berufung geltend gemacht werden
(Art. 43 Abs. 1 OG), weshalb auf die Rügen, Art. 144 (Kinder-
anhörung), Art. 145 (Abklärung der Verhältnisse) und Art. 146
ZGB (Vertretung des Kindes) seien verletzt, nicht einzutreten
ist.

        b) Neue Vorbringen tatsächlicher und rechtlicher
Art sind im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde
grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, erst die Begrün-
dung des angefochtenen Entscheides gebe dazu Anlass (BGE 118
Ia 20 E. 5a S. 26; Kälin, Das Verfahren der staatsrechtli-
chen Beschwerde, 2. Auflage, Bern 1994, S. 369 ff.). Das
Vorbringen, die Beschwerdegegenerin wohne seit dem 1. April
2001 nicht mehr in der Schweiz, während er hierorts über
eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung verfüge, ist dem-
nach nicht zu hören, und auf den entsprechenden Antrag auf
Zeugeneinvernahme ist nicht einzutreten.

     3.- Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung der dero-
gatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 BV), des Will-
kürverbots (Art. 9 BV), des Gleichbehandlungsgebots (Art. 8
BV) sowie des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV).

        a) Art. 90 Abs. 1 lit. b OG erheischt eine kurz ge-
fasste Darlegung darüber, welche verfassungsmässigen Rechte
bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den ange-
fochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das
Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und,
soweit möglich, belegte Rügen (BGE 125 I 71 E. 1c S. 76).

Dies schliesst appellatorische Kritik aus, wie sie allen-
falls im Rahmen eines Berufungsverfahrens vorgebracht werden
kann (BGE 117 Ia 10 E. 4b S. 12).

        Die Begründungen der staatsrechtlichen Beschwerde
und der konnexen Berufung stimmen grösstenteils wörtlich
überein und der Beschwerdeführer bezeichnet seine Beschwer-
debegründung ausdrücklich als Auszug aus der Berufung. In
solchen Fällen ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob die
beiden Rechtsmittel den jeweiligen Begründungsanforderungen
genügen (BGE 116 II 745 E. 2b S. 748).

        b) aa) Betreffend die Kinderzuteilung bringt der
Beschwerdeführer vor, das Kantonsgericht habe sich bei der
Kinderzuteilung im Wesentlichen auf ein im Urteilszeitpunkt
über drei Jahre altes Gutachten sowie implizit auch auf ein
vom Gericht selbst als Parteibehauptung bezeichnetes Privat-
gutachten gestützt, während es die in der Zwischenzeit be-
kannten Informationen über das dem Kindeswohl abträgliche
Verhalten der Kindsmutter sowie sein beharrlich positives
Verhalten bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt und
seinen wiederholt gestellten Antrag auf Nachbegutachtung
unbeantwortet gelassen habe.

           Eine zu Unrecht unterbliebene Beweisabnahme
würde das aus Art. 8 ZGB fliessende Recht auf Beweis ver-
letzen und wäre deshalb mit Berufung zu rügen (BGE 123 III
35 E. 2b 40). Soweit willkürliche antizipierte Beweiswür-
digung und damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
geltend gemacht wird, wäre klar und detailliert darzulegen,
inwiefern der kantonale Entscheid qualifiziert unrichtig
sein soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 122 I 70 E. 1c
S. 73). Dies tut der Beschwerdeführer nicht.

           Im Übrigen ist unklar, welche Verfassungsbe-
stimmung und inwiefern sie durch die Verwendung eines drei-
jährigen Gutachtens sowie durch die Würdigung der übrigen
Beweismittel verletzt sein soll: Das Kantonsgericht hat
nicht verhehlt, dass die Klägerin ihre Mitwirkung für die
Ergänzung des gerichtlichen Gutachtens verweigert, eine
Prozessbeistandschaft entschieden abgelehnt und versucht
hat, das Besuchsrecht des Beschwerdeführers in verschiedener
Hinsicht zu unterlaufen. Es schien ihm aber undenkbar, die
elterliche Sorge dem Beschwerdeführer zu übertragen, weil
er weder einen bestimmten Beruf noch eine feste Stelle und
weder eine geeignete Wohnung noch einen gesicherten Aufent-
haltsstatus habe, keine realistischen Zukunftspläne zu ent-
werfen und nicht ansatzweise ein Konzept für die Kinder-
betreuung vorzulegen vermöge und den Kindern wegen seiner
Unausgeglichenheit, Unzuverlässigkeit und Passivität trotz
vorhandener Qualitäten kein Vorbild sein und ihnen keinen
festen Halt geben könne. Demgegenüber habe die Beschwerde-
führerin ihre Stärken bewiesen, indem sie den Absturz in
bescheidene Verhältnisse hingenommen und auch in Zeiten der
Not durchgehalten, sich mit Engagement um die Kinder ge-
kümmert und der Kindererziehung persönliche berufliche Ziele
geopfert habe. Weil das Kantonsgericht mit einer Fremdplat-
zierung eine Entwurzelung der Kinder befürchtete, hat es die
Kinder unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt. Es
hat sich dabei auf sachliche Kriterien gestützt, mit denen
sich der Beschwerdeführer in seiner Eingabe, soweit über-
haupt, nicht in der erforderlichen Weise auseinander setzt.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann deshalb in diesem
Punkt nicht eingetreten werden.

           bb) Der Beschwerdeführer macht des Weiteren gel-
tend, das Kantonsgericht hätte den nachehelichen Unterhalt
an die Beschwerdegegnerin gemäss § 1579 Abs. 2 BGB (recte:

§ 1579 Ziff. 2 BGB) herabsetzen müssen, da sie ihm die Kin-
der vorenthalte und ihn in den Massenmedien schlecht dar-
gestellt habe. Der Beschwerdeführer zeigt nicht einmal im
Ansatz auf, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche
Rechtssätze und inwiefern sie durch die getroffene Unter-
haltsregelung verletzt sein sollen. Auf die Beschwerde ist
insoweit nicht einzutreten.

           cc) In güterrechtlicher Hinsicht bringt der
Beschwerdeführer vor, nebst dem Taufsilber und den Ahnen-
bildern stünden auch diverse weitere Gegenstände eindeutig
in seinem Eigentum. Auch hier wird in keiner Weise dargetan,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze
und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt
sein sollen. Auf die Beschwerde ist folglich auch in diesem
Punkt nicht einzutreten.

     4.- Zusammenfassend ergibt sich, dass die staatsrecht-
liche Beschwerde schon an den formellen Anforderungen
scheitert und auf sie im Verfahren gemäss Art. 36a Abs. 1
lit. a OG nicht einzutreten ist. Wie die vorstehenden Erwä-
gungen zeigen, war sie von Anfang an aussichtslos, weshalb
das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist
(Art. 152 Abs. 1 OG). Nach dem Ausgang des Verfahrens sind
die Kosten dem Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 156
Abs. 1 OG). Der Beschwerdegegnerin sind keine Kosten
erwachsen. Daher erübrigt sich eine Parteientschädigung.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht
eingetreten.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantons-
gericht St. Gallen, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 1. März 2002

              Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: