Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.52/2002
Zurück zum Index II. Zivilabteilung 2002
Retour à l'indice II. Zivilabteilung 2002


5P.52/2002/min

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
              ********************************

                       12. April 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der II. Zi-
vilabteilung, Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin Escher
und Gerichtsschreiber Schett.

                          ---------

                          In Sachen

A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Benno Gebistorf, Falkengasse 3, Postfach 5345,
6000 Luzern 5,

                            gegen

B.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Bruno Burch, Weggisgasse 1, 6004 Luzern,
Obergericht des Kantons  L u z e r n,  II. Kammer,

                         betreffend
              Art. 9 BV (Eheschutzmassnahmen),

hat sich ergeben:

     A.- A.________ und B.________ heirateten am 3. Juli
1998. Die Ehefrau brachte ihre drei Kinder C.________ (gebo-
ren 1987), D.________ (geboren 1989) und E.________ (geboren
1990) in den gemeinsamen Haushalt mit. Anfang März 2001 ver-
liess A.________ die eheliche Wohnung. Die Kinder E.________
und D.________ nahm sie mit, währenddem C.________ bei
B.________ verblieb. Sie zog zu ihrem neuen Partner, von dem
sie kurz darauf schwanger wurde.

        Am 15. Juni 2001 reichte A.________ beim Amtsgericht
X.________ ein Gesuch um Eheschutz ein. Sie verlangte von
B.________ gestützt auf Art. 170 ZGB Auskunft über seine
wirtschaftliche Situation und vom Gericht die Festlegung
eines Unterhaltsbeitrages. An der Gerichtsverhandlung vom
20. August 2001 erteilte B.________ die geforderten Auskünfte
und reichte die nötigen Belege ein, worauf das Amtsgericht
das Auskunftsbegehren als erledigt abschrieb. Mit Entscheid
vom 25. September 2001 wurde B.________ verpflichtet, seiner
Ehefrau ab 1. März 2001 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag
von Fr. 750.-- und ab 1. August 2003 einen solchen von
Fr. 1'250.-- zu bezahlen.

     B.- Auf Rekurs von B.________ hob das Obergericht des
Kantons Luzern dessen Unterhaltsverpflichtung am 6. Dezember
2001 auf.

     C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt
A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts
aufzuheben. Sie stellt das Gesuch um unentgeltliche Rechts-
pflege. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Im Eheschutzverfahren ergangene Entscheide der obe-
ren kantonalen Instanzen gelten nicht als Endentscheide im
Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG und können demzufolge nicht mit
Berufung angefochten werden. Hingegen ist für die Geltendma-
chung von verfassungsmässigen Rechten die staatsrechtliche
Beschwerde gegeben (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG; BGE 127 III 474
E. 2a mit Hinweisen).

     2.- Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht Willkür
vor, da es ihr ungeachtet ihres klaren Scheidungswillens das
Getrenntleben verweigert habe. Zudem habe es ihre tatsäch-
lichen Vorbringen nicht oder bloss oberflächlich berücksich-
tigt. Der Entscheid verletze überdies das in Art. 10 Abs. 2
BV verankerte Grundrecht auf persönliche Freiheit.

        a) Das Obergericht hält fest, die Ehefrau habe ihr
Gesuch nach Art. 175 ZGB mit der Tatsache begründet, dass sie
seit März 2001 vom Ehemann getrennt lebe. Angesichts ihrer
Erziehungs- und Betreuungspflicht sei sie nicht erwerbstätig
und daher auf einen Unterhaltsbeitrag dringend angewiesen.
Der erstinstanzliche Richter habe die Parteien zwar einver-
nommen, sie indes über die Aufhebung des gemeinsamen Haus-
haltes nicht befragt und sich in seinem Entscheid dazu auch
nicht geäussert. Er habe die Berechtigung zum Getrenntleben
nicht ausdrücklich bewilligt, sondern ausgehend von der fak-
tischen Situation den Unterhaltsbeitrag an die Ehefrau fest-
gelegt. Wenn auch im summarischen Verfahren geringere Beweis-
anforderungen gälten, werde aus den Vorbringen der Ehefrau
keine wesentliche Gefährdung glaubhaft gemacht, die sie zum
Getrenntleben berechtige. Im kantonalen Rekursverfahren habe
sie keinen Antrag auf Parteibefragung gestellt. Die nunmehr
eingereichten Schreiben des Ehemannes belegten zwar Meinungs-

verschiedenheiten unter den Parteien, jedoch erst ein halbes
Jahr seit der Trennung. Allfällige psychosomatische Beschwer-
den wegen der zwischenzeitlich nicht mehr intakten Ehe hätte
sie durch Einreichung eines Arztzeugnisses belegen können.
Sie lebe seit der Trennung mit ihrem neuen Partner, von dem
sie schwanger sei. Der Ehemann sei von der Ehefrau im Weitern
um Auskunft gemäss Art. 170 ZGB ersucht worden, welche er an
der Verhandlung vom 20. August 2001 erteilt habe, weshalb der
Amtsgerichtspräsident das Verfahren diesbezüglich als erle-
digt habe abschreiben dürfen.

        b) Entgegen ihren Vorbringen vor Bundesgericht hat
die Beschwerdeführerin den Eheschutzrichter nicht um die
Bewilligung zum Getrenntleben ersucht und auch keine Gründe
dargelegt, die einen solchen Entscheid rechtfertigen könnten.
Auch der von ihr behauptete Scheidungswille geht weder aus
dem Gesuch noch aus der Parteibefragung hervor, weshalb der
Eheschutzrichter sich damit nicht zu befassen hatte. Gegen-
stand des erstinstanzlichen Verfahrens bildete einmal das
Auskunftsersuchen gegenüber dem Ehemann, dem er vollumfäng-
lich nachgekommen ist. Alsdann ging es um die wirtschaftliche
Lage der Parteien und die Festlegung des Unterhaltsbeitrages
an die Ehefrau. Im kantonalen Rekursverfahren hielt die Be-
schwerdeführerin zur Berechtigung zum Getrenntleben nur fest,
diese sei evident. Ferner erhob sie erstmals eine Reihe von
Vorwürfen gegen den Ehemann.

        c) Die durch das Obergericht vorgenommene Beweis-
würdigung beschränkt sich auf die zwei Briefe des Ehemannes,
die von der Beschwerdeführerin eingereicht wurden. Weitere
Beweisofferten - wie Arztzeugnisse oder die Befragung der
Parteien - wurden auch im kantonalen Rekursverfahren nicht
vorgelegt. Es ist schlicht unerfindlich, wie das Obergericht
bei dieser Ausgangslage ihre Vorwürfe gegenüber dem Ehemann
und den behaupteten Scheidungswillen überhaupt hätte prüfen
sollen. Diese Rüge genügt nicht nur den Anforderungen von

Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht, wonach die Beschwerdeschrift
die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung
darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bezie-
hungsweise welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (BGE 122 I 70
E. 1c). Sie grenzt darüber hinaus an Mutwilligkeit.

        d) Angesichts des begrenzten Sachverhaltes, den
die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren vorbrachte,
kann dem Obergericht keine Willkür in der Anwendung von
Art. 175 ZGB vorgeworfen werden. Es trifft auch nicht zu,
dass Art. 175 ZGB mit dem Inkrafttreten des neuen Scheidungs-
rechts eine völlig andere Bedeutung erlangt haben soll, wie
sie meint. Das Erfordernis der Trennung gemäss Art. 114 ZGB
ist ein rein tatsächliches; ob die Ehegatten im Sinne von
Art. 175 ZGB dazu berechtigt waren, ist in diesem Zusammen-
hang nicht massgebend (Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum
neuen Scheidungsrecht, N. 6 zu Art. 114 ZGB). Insoweit geht
das Argument des Scheidungsverbotes fehl.

        e) Soweit die Berufung auf das Grundrecht der per-
sönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) eine selbständige Rüge
darstellt, wird sie ebenfalls nicht rechtsgenüglich begrün-
det. Beizufügen bleibt, dass jede Rechtsausübung - so auch
die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes - an Voraussetzungen
geknüpft werden darf, ohne dass sich daraus bereits eine Ver-
fassungsverletzung ergibt (vgl. Art. 36 BV).

     3.- Nach dem Gesagten ist der staatsrechtlichen Be-
schwerde kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Ver-
fahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156
Abs. 1 OG). Da sich die staatsrechtliche Beschwerde zum Vorn-
herein als aussichtslos erwies, ist das Gesuch der Beschwer-
deführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
abzuweisen (Art. 152 Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abge-
wiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Be-
schwerdeführerin auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht
des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

                        _____________

Lausanne, 12. April 2002

               Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: