Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.483/2002
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5P.483/2002 /bnm

Urteil vom 12. Februar 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Füllemann.

A. ________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Gemeinde Z.________,
Beschwerdegegnerin,
Kantonsgericht Wallis (Kassationshof in Zivilsachen und dessen Präsident),
Justizgebäude, avenue Mathieu-Schiner 1, 1950 Sion 2.

Art. 9 BV (definitive Rechtsöffnung).

Staatsrechtliche Beschwerde gegen zwei Entscheide vom 19. November 2002 des
Kantonsgerichts Wallis (Kassationshof in Zivilsachen bzw. dessen Präsident).

Das Bundesgericht hat nach Einsicht
- in die staatsrechtliche Beschwerde gegen
a)das Urteil vom 19. November 2002 des Kantonsgerichts Wallis (Kassationshof
in Zivilsachen), das eine Nichtigkeitsklage der Beschwerdeführerin gegen die
Erteilung der definitiven Rechtsöffnung für 150 Franken (nebst Kosten) an die
Beschwerdegegnerin (in der von dieser gegen die Beschwerdeführerin
eingeleiteten Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Y.________) abgewiesen
hat,
sowie gegen
b)den Entscheid vom 19. November 2002 des Kantonsgerichts (Präsident des
Kassationshofes), welches das Gesuch der Beschwerdeführerin um
unentgeltlichen Rechtsbeistand wegen Aussichtslosigkeit der Nichtigkeitsklage
abgewiesen hat,
- in die Schreiben vom 29. und 17. Januar 2003 der Beschwerde    gegnerin
bzw. des Kantonsgerichts, die beide auf Vernehmlassungen verzichtet haben,

in Erwägung,

dass das Kantonsgericht die Nichtigkeitsklage der Beschwerdeführerin mit der
Begründung abwies, obgleich der Rechtsöffnungstitel (Entscheid des
Polizeigerichts der Beschwerdegegnerin vom 9. Mai 2001) den minderjährigen
Sohn der Beschwerdeführerin (B.________, geb. 2. Januar 1985) zur Zahlung von
150 Franken Gerichtskosten an die Beschwerdegegnerin verpflichte, sei es
nicht willkürlich, die Rechtsöffnung (in der von der Beschwerdegegnerin gegen
die Beschwerdeführerin für den erwähnten Betrag eingeleiteten Betreibung)
gegenüber der Beschwerdeführerin zu erteilen, weil diese auf Grund von Art.
276 ZGB für die Prozesskosten ihres Sohnes einzustehen habe,
dass die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht diese Auffassung zu Recht als
unhaltbar und damit als willkürlich (Art. 9 BV) rügt,

dass nämlich der Rechtsöffnungsrichter bzw. das Kantonsgericht nicht über
eine auf Grund von Art. 276 ZGB gegen die Beschwerdeführerin gerichtete
Forderungsklage für Prozesskosten des Kindes, sondern über das Vorliegen
eines Rechtsöffnungstitels im Sinne von Art. 81 Abs. 1 SchKG gegenüber dem
Betreibungsschuldner zu befinden hatte,
dass im Rechtsöffnungsverfahren einzig zu prüfen war, ob Identität des
Betreibungsschuldners mit dem aus dem Rechtsöffnungstitel Verpflichteten
bestand (André Panchaud/Marcel Caprez, Die Rechtsöffnung, Zürich 1980, § 106,
S. 256f.),
dass es im vorliegenden Fall an der (für die Erteilung der Rechts- öffnung
erforderlichen) Identität des aus dem Urteil des Polizeigerichts
verpflichteten Sohnes mit der betriebenen Beschwerdeführerin offensichtlich
fehlte, weshalb sich die Abweisung der Nichtigkeitsklage gegen die Erteilung
der Rechtsöffnung als ebenso willkürlich erweist wie die Verweigerung des
unentgeltlichen Rechtsbeistandes wegen angeblicher Aussichtslosigkeit dieses
Rechtsmittels,
dass somit die staatsrechtliche Beschwerde gutzuheissen ist und sowohl das
Urteil des Kantonsgerichts (Kassationshof in Zivilsachen) vom 19. November
2002 wie auch der Präsidialentscheid vom gleichen Tag aufgehoben werden,
dass die unterliegende Beschwerdegegnerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 2
OG) und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdeführerin
gegenstandslos wird,
dass die nicht durch einen Anwalt vertretene Beschwerdeführerin keine
Parteientschädigung zugesprochen erhält (BGE 113 Ib 353 E. 6b),

im Verfahren gemäss Art. 36a OG erkannt:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil vom 19.
November 2002 des Kantonsgerichts Wallis (Kassationshof in Zivilsachen) sowie
der Entscheid vom 19. November 2002 des Kantonsgerichts Wallis (Präsident des
Kassationshofes in Zivilsachen) werden aufgehoben.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 100.-- wird der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführerin wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 12. Februar 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: