Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.475/2002
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5P.475/2002 /min

Urteil vom 14. März 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber von Roten.

K. K.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Andreas Faller, Mattweg 153, 4144
Arlesheim,

gegen

B.K.-B.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Advokatin Elisabeth Freivogel,
Hauptstrasse 104, 4102 Binningen,
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

Art. 8 f. und Art. 29 BV (Abänderung des Scheidungsurteils),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Appellations-gerichts des
Kantons Basel-Stadt vom 30. August 2002.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 2. Juli 1997 schied das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt
die Ehe, die Frau B.B.________ (Jahrgang 1935) seinerzeit mit Herrn
K.________ (heute: Frau K.________) K.________ (Jahrgang 1930) geschlossen
hatte. Das Zivilgericht genehmigte die Vereinbarung der Ehegatten über die
vermögensrechtlichen Nebenfolgen der Scheidung. Danach übernahm
B.K.-B.________ die Liegenschaft X.________ in Basel zu Alleineigentum gegen
Zahlung von Fr. 347'000.-- an K.K.________ für deren Miteigentumshälfte
(Ziffer 1). Die Parteien erklärten sich damit für güterrechtlich auseinander
gesetzt (Ziffer 2). K.K.________ verpflichtete sich, B.K.-B.________ gestützt
auf Art. 152 ZGB ab 1. August 1997 indexierte Unterhaltsbeiträge von Fr.
1'500.-- pro Monat zu bezahlen; Erbanwartschaften von B.K.-B.________ waren
dabei nicht berücksichtigt (Ziffer 4).

Im Jahre 1998 beerbte B.K.-B.________ einen Onkel von K.K.________. Dieser
hatte B.K.-B.________ testamentarisch als Erbin eingesetzt mit der
Bestimmung, dass der auf sie entfallende Erbanteil mit einem ihr früher
gewährten zinslosen Darlehen von Fr. 350'000.-- verrechnet werden sollte.

Die Erbschaft von B.K.-B.________ veranlasste K.K.________, ein Verfahren auf
Abänderung des Scheidungsurteils anzuheben.

B.
Das Zivilgericht Basel-Stadt wies die Klage auf Herabsetzung bzw. Aufhebung
der Unterhaltsbeitragspflicht ab (Urteil vom 14. September 2001).
K.K.________ appellierte gegen dieses Urteil und reichte nach Bewilligung der
Appellation und Aktenschluss am 21. Dezember 2001 die Anträge mit Begründung
ein. Am 11. August 2002 ergänzte sie ihre Begründung mit neuen Tatsachen und
Beweismitteln. Die instruierende Appellationsgerichtspräsidentin wies die
Noveneingabe wegen Verspätung und "vorbehältlich eines anderen Entscheids der
Kammer des Appellationsgerichts" aus dem Recht (Verfügung vom 28. August
2002). Die Appellation wurde am 30. August 2002 abgewiesen. Bezüglich der
Noveneingabe hielt das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt fest,
K.K.________ habe es unterlassen, die Verfügung der Referentin mit Rekurs an
die Kammer des Appellationsgerichts weiterzuziehen, und begründete, weshalb
ein Rekurs auch ohne Erfolg geblieben wäre (E. 1a S. 3 des Urteils vom 30.
August 2002).

C.
K.K.________ hat gegen das appellationsgerichtliche Urteil eidgenössische
Berufung eingereicht und staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
Art. 8 f. und Art. 29 Abs. 1 und 2 BV erhoben. Mit der staatsrechtlichen
Beschwerde beantragt sie dem Bundesgericht die Aufhebung des angefochtenen
Urteils. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Entscheidung über die Berufung wird in der Regel bis zur Erledigung der
staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt; eine Ausnahme (BGE 122 I 81 E. 1 S.
82) von dieser Regel rechtfertigt sich nicht (Art. 57 Abs. 5 OG). Die vor
Appellationsgericht abgewiesene Noveneingabe betrifft die Tatsachengrundlage
des Sachurteils. Über ihre Zulässigkeit ist deshalb vorweg und in der
staatsrechtlichen Beschwerde zu entscheiden, zumal es dabei um die Anwendung
kantonalen Rechts geht, dessen Verletzung mit eidgenössischer Berufung nicht
gerügt werden kann (Art. 43 OG; BGE 128 III 76 E. 1a S. 80).

Die Begründungen von Beschwerde- und Berufungsschrift stimmen praktisch
wörtlich überein. Nebst der verschiedenen Bezeichnung der Rechtsmittel mit
entsprechenden Anträgen unterscheiden sich die Eingaben lediglich dadurch,
dass in der Beschwerdeschrift als verfassungswidrig gerügt wird (S. 3-13),
was gemäss Berufungsschrift Bundesrecht verletzen soll (S. 4-13). Zusätzlich
enthält die staatsrechtliche Beschwerde Verfassungsrügen betreffend die
Noveneingabe und das Nebeneinkommen der Beschwerdegegnerin (S. 13-18).
Inhaltlich übereinstimmende Rechtsmitteleingaben vor Bundesgericht sind nicht
unstatthaft, soweit die Vorbringen im Rahmen des entsprechenden Rechtsmittels
zulässig sind und den jeweiligen Begründungsanforderungen genügen (BGE 116 II
745 E. 2 S. 748; 118 IV 293 E. 2a S. 295). Nicht eingetreten werden kann hier
auf die Rügen, die materiellrechtlichen Bestimmungen über die Abänderung des
Unterhaltsbeitrags (aArt. 153 ZGB) und die bundesrechtlichen Beweisregeln
(Art. 8 ZGB) seien willkürlich (Art. 9 BV) bzw. rechtsungleich (Art. 8 und
Art. 29 Abs. 1 BV) angewendet worden. Damit werden keine eigentlichen
Verfassungsverletzungen geltend gemacht. Vielmehr wird eine unrichtige oder
mangelhafte Anwendung von Bundesprivatrecht beanstandet, die mit Berufung
vorzutragen ist (Art. 84 Abs. 2 OG; Urteil des Bundesgerichts 5P.263/2000 vom
20. Juli 2001, E. 2b). Es wird darauf im Sachzusammenhang zurückzukommen sein
(E. 2 und 3 hiernach).

Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden.

2.
Gemäss aArt. 153 Abs. 2 ZGB wird eine wegen Bedürftigkeit ausgesetzte Rente
auf Verlangen des pflichtigen Ehegatten aufgehoben oder herabgesetzt, wenn
die Bedürftigkeit nicht mehr besteht oder in erheblichem Masse abgenommen
hat, sowie wenn die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen der Höhe der Rente
nicht mehr entsprechen. Pflichtiger Ehegatte ist hier die Beschwerdeführerin,
und im kantonalen Verfahren musste die Frage beantwortet werden, ob eine
Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf Seiten der
Beschwerdegegnerin als unterhaltsberechtigtem Ehegatten eine Abänderung der
Bedürftigkeitsrente rechtfertige.

2.1 Prozessentscheidend ist das Darlehen von Fr. 350'000.-- gewesen, das die
Beschwerdegegnerin von einem Onkel der Beschwerdeführerin erhalten hat und
mit dem die Beschwerdegegnerin die güterrechtliche Ausgleichszahlung an die
Beschwerdeführerin geleistet hat. Beide kantonalen Gerichte sind davon
ausgegangen, dass die Ehegatten das Darlehen bei der Vereinbarung des
Unterhaltsbeitrags nicht unter den Passiven der Beschwerdegegnerin
berücksichtigt hätten. Es habe sich um ein zinsloses Darlehen gehandelt, das
für die Berechnung des Unterhaltsbeitrags ohne Belang gewesen sei (E. 3b S. 6
des appellationsgerichtlichen Urteils).

Der nachträglichen Abänderung gemäss aArt. 153 Abs. 2 ZGB unterliegen nicht
bloss durch Urteil festgelegte, sondern auch von den Parteien vereinbarte und
anschliessend gerichtlich genehmigte Renten (BGE 105 II 166 E. 1 S. 169). Von
welchen Vorstellungen die Parteien bei Abschluss einer Vereinbarung
ausgegangen sind, ist Tatfrage (BGE 105 II 166 E. 2 S. 169; 96 II 301 E. 4 S.
302). Die entsprechende Feststellung des Appellationsgerichts, die Parteien
hätten das erwähnte Darlehen ausser Betracht gelassen, ficht die
Beschwerdeführerin nicht an.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, es könne gar nicht relevant sein, ob
und aus welchen Gründen bei der Ausfällung des Scheidungsurteils Passiven
vergessen oder "nicht berücksichtigt" worden seien. Im Rahmen des
Abänderungsprozesses sei die Vermögenssituation der unterhaltsberechtigten
Person im Zeitpunkt der Scheidung vielmehr vollumfänglich mit derjenigen bei
Einreichung der Abänderungsklage zu vergleichen (S. 7). Ob diese
Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin zutrifft, kann das Bundesgericht im
Berufungsverfahren prüfen (z.B. BGE 117 II 359 E. 6 S. 367/368). Denn das
materielle Bundesrecht bestimmt, was rechtserheblich ist (BGE 123 III 35 E.
2b S. 40) und - bezogen auf den zu beurteilenden Fall - von welchen
wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist, damit der Abänderungsanspruch
gemäss aArt. 153 Abs. 2 ZGB beurteilt werden kann. Auf die Rüge der
Beschwerdeführerin kann nicht eingetreten werden (Art. 84 Abs. 2 OG).

2.2 Die Beschwerdeführerin wendet ein, selbst die von den kantonalen
Gerichten bejahte Vermögenssteigerung von Fr. 179'342.-- auf Seiten der
Beschwerdegegnerin sei als erheblich im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren
und müsste zu einer Anpassung der Unterhaltsbeiträge führen (S. 10/11). In
rechtlicher Hinsicht trifft es zu, dass die Herabsetzung (oder Aufhebung)
einer Rente gemäss aArt. 153 Abs. 2 ZGB nur in Betracht fällt, wenn sich die
massgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich verändert haben und die
neuen Gegebenheiten nach menschlichem Ermessen von Dauer sind (BGE 117 II 211
E. 5a S. 217). Ob ein Vermögenszuwachs von betragsmässig unbestrittenen Fr.
179'342.-- als erheblich und dauerhaft anzusehen ist, betrifft wiederum die
rechtliche Würdigung, so dass auf die Rüge nicht eingetreten werden kann
(Art. 84 Abs. 2 OG). Rechtsfragen bilden bei der Veränderung im Gesetzessinne
deren Erheblichkeit (BGE 118 II 229 E. 3a S. 233/234) und Dauerhaftigkeit
(BGE 120 II 4 E. 5d).

2.3 Endlich macht die Beschwerdeführerin geltend, der Beschwerdegegnerin sei
bloss der tatsächlich erzielte Vermögensertrag von 1.5 % angerechnet worden.
Es gehe nicht an, nur eine derart kleine Rendite in Anschlag zu bringen.
Anerkanntermassen sei auch ein hypothetischer Vermögensertrag zu
berücksichtigen, namentlich dort, wo die einstigen Ehegatten über kein
Einkommen ausser den AHV-Renten verfügten (S. 12 f.). Auch darüber kann im
Rahmen der Berufung entschieden werden (z.B. BGE 115 II 309 E. 3 S. 314; 114
II 117 E. 4 S. 122). Der Einwand ist hier unzulässig (Art. 84 Abs. 2 OG).

3.
Einen Verstoss gegen eine Vielzahl von Verfassungsgarantien erblickt die
Beschwerdeführerin darin, dass das Appellationsgericht eine nicht
unwesentliche, durch die Situation auf den Finanzmärkten verursachte
Verringerung des Vermögenszuwachses angenommen habe, ohne darüber ein
Beweisverfahren durchzuführen (S. 11), und dass das Appellationsgericht ihre
Beweisanträge nicht berücksichtigt habe, was das von ihr behauptete
Nebenerwerbseinkommen der Beschwerdegegnerin aus Klöppelkursen,
Schreibarbeiten u.a.m. anbetreffe (S. 17 f.).
3.1 Nach Art. 8 ZGB hat - abweichende Gesetzesbestimmungen vorbehalten -
derjenige das Vorhandensein einer Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte
ableitet. Diese Beweislast trifft im Abänderungsprozess die klagende Partei
(BGE 104 II 237 E. 5 S. 243). Als beweispflichtige Partei hat die
Beschwerdeführerin einen - aus Art. 8 ZGB abgeleiteten - Anspruch darauf, für
alle rechtserheblichen Sachvorbringen zum Beweis zugelassen zu werden, wenn
ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Rechts
entspricht (BGE 126 III 315 E. 4a S. 317). Der bundesgesetzliche geht dem -
in den genannten Punkten deckungsgleichen - verfassungsmässigen
Beweisanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) insoweit vor, als eine Verletzung des
Beweisanspruchs mit Berufung gerügt werden muss, dergegenüber die
staatsrechtliche Beschwerde aus Verfahrensgründen nachgeht (Art. 84 Abs. 2
OG; BGE 108 Ia 293 E. 4c S. 294).

3.2 Soweit das Appellationsgericht eine Veränderung der Börsenkurse und eine
schlechte Verfassung der Finanzmärkte unbekümmert um deren Bestrittenheit als
erstellt betrachtet und darüber keinen Beweis abgenommen hat, kann darin eine
Verletzung der allgemeinen bundesrechtlichen Beweisvorschrift liegen (z.B.
BGE 114 II 289 E. 2a S. 290/291). Die daherige Rüge der Beschwerdeführerin
ist im vorliegenden Verfahren unzulässig.

3.3 Soweit das Appellationsgericht form- und fristgerechte Beweisanträge der
Beschwerdeführerin zum Nebenerwerbseinkommen der Beschwerdegegnerin mit
Stillschweigen übergangen hat, so kann das, muss aber nicht, eine Verletzung
von Art. 8 ZGB bedeuten, die eine Rückweisung an die Vorinstanz zu
rechtfertigen vermag, damit sie das Versäumte nachholt (z.B. BGE 114 II 289
E. 2b S. 291; 121 III 118 E. 4b/aa und cc S. 124). Auch diese Rüge hätte mit
eidgenössischer Berufung erhoben werden müssen.

4.
Eine Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundsätze erblickt die
Beschwerdeführerin schliesslich darin, dass zunächst die instruierende
Appellationsgerichtspräsidentin und alsdann das Appellationsgericht ihre
Noveneingabe aus dem Recht gewiesen habe (S. 13 ff.).
4.1 Gemäss § 237 Abs. 1 ZPO/BS ist es den Parteien nicht gestattet, neue,
d.h. bei der erstinstanzlichen Verhandlung nicht vorgebrachte, Tatsachen oder
Beweismittel in der Appellationsinstanz vorzubringen oder einzulegen, es wäre
denn, dass eine Partei dartun könnte, dass sie solche erst seit dem
unterrichterlichen Spruch erfahren oder erhalten, oder dass sie vorher keinen
Anlass zu deren Vorbringen gehabt habe. Wie jede andere Präklusionsvorschrift
dient die nur eingeschränkte Zulassung von Noven einer beschleunigten
Verfahrenserledigung und damit der Beilegung des Rechtsstreites innert
nützlicher Frist, birgt aber gleichzeitig die Gefahr in sich, dass das
Gericht sein Urteil auf einen falschen oder unvollständigen Sachverhalt
stützen muss; andererseits wiederum kann ein uneingeschränktes Novenrecht der
einen Partei die Verfahrensrechte der anderen Partei beeinträchtigen und
deren Verteidigungsstellung erschweren. Die gesetzliche Regelung und deren
Handhabung erfordert eine Abwägung der zum Teil gegensätzlichen Anliegen und
Interessen im Zivilprozess (so bereits Hansjörg Fehr, Das Novenrecht, Diss.
Zürich 1948, Druck 1949, S. 11 ff. und S. 31 f.; seither: Isaak Meier,
Plädoyer für eine umfassende Zulassung von Noven im Rechtsmittelverfahren,
und Richard Frank, Die eingeschränkte Zulassung von Noven berührt nicht vorab
die Frage des rechtlichen Gehörs, in: Mitteilungen aus dem Institut für
zivilgerichtliches Verfahren in Zürich 19/1994 S. 33 ff. und 20/1995 S. 27
ff.). Die prozessuale Formvorschrift dient insgesamt berechtigten Interessen,
so dass deren Beachtung für sich allein keinen überspitzten Formalismus
bedeutet (Art. 29 Abs. 1 BV; z.B. für die vergleichbare Regelung in Art. 93
ZPO/BE: BGE 92 I 82 E. 1 S. 83 ff.; in der Genfer ZPO: Urteil P.489/1979 vom
12. März 1980, E. 2, in: SJ 1981 S. 426 ff.; in § 154 VRG/LU: Urteil
1P.504/1988 vom 3. November 1988, E. 3). Die gegenteilige Ansicht der
Beschwerdeführerin trifft nicht zu.

4.2 Das Appellationsgericht hat die Noveneingabe wegen Verspätung nicht
zugelassen. Gemäss § 237 Abs. 2 ZPO/BS sind neue Tatsachen oder Beweismittel
mit einer schriftlichen Eingabe spätestens beim Aktenschluss zu den Akten zu
geben; kommen sie der betreffenden Partei erst später zur Kenntnis, so sind
sie baldmöglichst und spätestens am dritten Tage vor dem Verhandlungstage dem
Appellationsgerichtspräsidenten einzugeben. Die Beschwerdeführerin macht
geltend, sie habe die Noveneingabe zum frühestmöglichen Zeitpunkt
eingereicht; jede andere Annahme sei willkürlich.

4.2.1 Die Beschwerdeführerin berichtet das Zustandekommen bzw. den Anlass
ihrer Noveneingabe wie folgt: Sie habe am 30. Mai 2002 auf Verlangen in die
Beilage der Beschwerdegegnerin zur Appellationsantwort (scil. das
Wertschriftenverzeichnis per 2001) Einsicht erhalten und dabei festgestellt,
dass im Vergleich dazu auf dem Wertschriftenverzeichnis per 1999 bei drei
Positionen der Vermerk "TR 04.05." angebracht gewesen sei, was einen Transfer
vom 4. Mai 1999 von einem anderen Konto her bedeute. Der Beizug früherer
Wertschriftenverzeichnisse aus ihren archivierten Unterlagen habe der
Beschwerdeführerin verdeutlicht, dass die Mutter der Beschwerdegegnerin
offensichtlich mittlerweile auf die Nutzniessung an der Erbschaft verzichtet
und die entsprechende Übertragung der Erbschaft an die Beschwerdegegnerin
stattgefunden hatte. Das Ergebnis dieser zeitaufwändigen Recherche habe sie
am 11. August 2002 in der Noveneingabe sofort dem Appellationsgericht
mitgeteilt (S. 14 der Beschwerdeschrift).

4.2.2 Die Beschwerdeführerin hat einleitend erläutert, weshalb die Ehegatten
in die Scheidungsvereinbarung über den Unterhaltsbeitrag den Vorbehalt
aufgenommen hätten, wonach Erbanwartschaften der Beschwerdegegnerin nicht
berücksichtigt seien. Der Grund für diese Regelung habe darin bestanden, dass
die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Scheidung bereits eine Erbschaft
gemacht hatte und mit weiteren Erbanfällen rechnen konnte, die aber allesamt
mit der Nutzniessung zu Gunsten der Mutter der Beschwerdegegnerin belastet
gewesen seien (S. 4). Selbst wenn der Abänderungsprozess wegen einer
unerwarteten Erbeinsetzung von Seiten Dritter veranlasst worden ist, hätte
sich die Beschwerdeführerin auf Grund des sachlichen Zusammenhanges schon bei
Anhebung der Abänderungsklage fragen müssen, ob die in der
Scheidungsvereinbarung vorbehaltenen Erbschaften zwischenzeitlich nicht
ebenfalls angefallen seien. Unter Willkürgesichtspunkten ist die Annahme
jedenfalls nicht zu beanstanden, die Beschwerdeführerin hätte zu diesem
Sachverhalt bereits vor Aktenschluss Prozessvorkehren (z.B. Editions- oder
Auskunftsbegehren u.ä.) treffen können.

Es kommt hinzu, dass sich der Vermerk "TR 04.05." weder aus der
Appellationsantwort noch aus den dazugehörigen Beilagen ergibt, sondern aus
dem Wertschriftenverzeichnis per 31. Dezember 1999, das unter der Nummer 22
bereits in den Akten des Zivilgerichts gelegen hat. Bei zumutbarer
Aufmerksamkeit hätte die Beschwerdeführerin den in der Noveneingabe
aufgedeckten Transfer somit bereits vor Zivilgericht klären können, und es
wäre ihr damit möglich gewesen, diesen Sachverhalt vor Aktenschluss in den
Prozess einzuführen.

Die Schilderung der Beschwerdeführerin zeigt, dass sie bei ihrer Recherche
keine Auskünfte bei Dritten oder der Beschwerdegegnerin einholen musste. Sie
will das am 30. Mai 2002 erhaltene Wertschriftenverzeichnis per 2001 einfach
mit ihren archivierten Unterlagen verglichen und dazu nach eigener
Darstellung über zwei Monate benötigt haben. In Anbetracht der verrichteten
Arbeit durfte die Noveneingabe willkürfrei als nicht mehr "baldmöglichst"
eingereicht im Sinne von § 237 Abs. 2 ZPO/BS bezeichnet werden.

4.2.3 Unter den gezeigten Gesichtspunkten erscheint es nicht als willkürlich,
dass das Appellationsgericht die Noveneingabe der Beschwerdeführerin aus dem
Recht gewiesen hat. Ob auch die Zweitbegründung betreffend unterbliebenem
Rekurs gegen die Instruktionsrichterverfügung der Willkürprüfung standhielte,
kann dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass die angefochtene
Wegweisung der Noveneingabe im Ergebnis weder offensichtlich unhaltbar ist,
noch mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, noch eine
Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (Art. 9 BV; BGE 128
I 177 E. 2.1 S. 182 und 273 E. 2.1 S. 275).

4.3 Einen überspitzten Formalismus erblickt die Beschwerdeführerin
schliesslich in der konkreten Anwendung des Novenverbots durch das
Appellationsgericht. Sie macht geltend, es fehle am schutzwürdigen Interesse
für eine strenge Handhabung des Novenverbots (S. 15). Der Beschwerdeführerin
ist zwar darin beizupflichten, dass der ordnungsgemässe Ablauf des
Appellationsverfahrens durch eine Zulassung ihrer Noveneingabe nicht
beeinträchtigt worden wäre. Die Beschwerdeführerin hat ihre Noveneingabe rund
neunzehn Tage vor der Hauptverhandlung eingereicht. Es ist damit ausreichend
Zeit für die Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin (act. 34) geblieben, und
auch die Appellationsverhandlung hat am dafür vorgesehenen Tag durchgeführt
werden können. Die Beschwerdeführerin übersieht indessen die Folgen, die eine
Zulassung ihrer Noveneingabe auf den weiteren Gang des Verfahrens gehabt
hätte. Gemäss § 237 Abs. 3 ZPO/BS wird das Appellationsgericht die Sache
entweder zu nochmaliger Anhörung der Parteien und neuer Beurteilung an das
erstinstanzliche Gericht zurückweisen oder selbst darüber befinden, wenn es
die Noven für erheblich hält. Geht das Appellationsgericht nach der ersten
Variante vor, dauert das Verfahren weitere Jahre, was den Parteien angesichts
ihres Alters nicht leichthin zuzumuten und vom Rechtsfriedensziel weit
entfernt ist. Nimmt das Appellationsgericht die neuen Tatsachen und
Beweismittel selber entgegen, so bringt es die Beschwerdegegnerin um die
Gelegenheit, das neue Beweisergebnis und seine neue urteilsmässige Würdigung
einer oberen Instanz mit voller Kognition in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht zur Überprüfung zu unterbreiten. Denn gegen das Urteil des
Appellationsgerichts stehen nur mehr Bundesrechtsmittel zur Verfügung, die
eine freie Überprüfung von Tatfragen nicht ermöglichen. Die strenge
Handhabung des Novenverbots dient im konkreten Fall berechtigten Interessen
der Gegenpartei und erweist sich deshalb nicht als überspitzt formalistisch
(Art. 29 Abs. 1 BV; vgl. BGE 113 Ia 84 E. 1 und 3a S. 87; 128 II 139 E. 2a S.
142).

5.
Aus den dargelegten Gründen muss die staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen
werden, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin wird
damit kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. März 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: