Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.419/2002
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5P.419/2002 /min

Urteil vom 20. Januar 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber von Roten.

Versicherung B.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Christian Boll, c/o Regli &
Boll, Advokatur zur Konzerthalle, Weissbad-
strasse 8b, 9050 Appenzell,

gegen

K.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Jodok Wyer, Postfach 331, 3930
Visp,
Kantonsgericht Wallis, Zivilgerichtshof I, Justizgebäude,
1950 Sion 2.

Art. 9 BV (Versicherungsvertrag; Beweiswürdigung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantons-gerichts Wallis,
Zivilgerichtshof I, vom 2. Oktober 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 2. Oktober 1993 brach im Wohnhaus von K.________ ein Brand aus. Gegen
Schaden am Hausrat war K.________ bei der Versicherung B.________
(nachstehend: "B.________") versichert, die die entsprechende
Hausratversicherung im Jahre 1993 von der Versicherung A.________ (im
Folgenden: "A.________") übernommen hatte. Die "B.________" verweigerte ihre
Versicherungsleistung mit der Begründung, K.________ habe trotz Mahnung vom
18. August 1993 die Prämie für die Hausratversicherung erst am 5. Oktober
1993 bezahlt; für die Zeit vom 6. September 1993 (Ablauf der Mahnfrist) bis
zum 5. Oktober 1993 (Datum der Prämienzahlung) habe deshalb kein
Versicherungsschutz bestanden.

B.
Auf Klage von K.________ hin verurteilte das Kantonsgericht Wallis
(Zivilgerichtshof I) die "B.________" zur Bezahlung von Fr. 52'263.-- nebst
Zins zu 5 % seit dem 3. November 1993 auf Fr. 40'000.-- und seit dem 28. Juli
1996 auf Fr. 12'263.-- (Urteil vom 2. Oktober 2002).

C.
Die "B.________" hat gegen das kantonsgerichtliche Urteil eidgenössische
Berufung eingelegt und staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Mit dieser
beantragt sie dem Bundesgericht zur Hauptsache die Aufhebung des
angefochtenen Urteils. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Richten sich staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Berufung gegen
das nämliche kantonale Urteil, wird die Entscheidung über die Berufung in der
Regel bis zur Erledigung der Beschwerde ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5 OG). Von
dieser Regel ausnahmsweise abzuweichen (vgl. BGE 122 I 81 E. 1), rechtfertigt
sich vorliegend nicht, zumal die Beschwerdeführerin Willkür in der
Beweiswürdigung rügt, die im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann
(BGE 126 III 189 E. 2a Abs. 3 S. 191; 125 III 78 E. 3a S. 79). Über die
staatsrechtliche Beschwerde ist zuerst zu entscheiden.

2.
Das Kantonsgericht hat R.________ als Betriebsangehörigen bzw.
Versicherungsexperten der Beschwerdeführerin bezeichnet und ihr dessen Wissen
angerechnet. Die Beschwerdeführerin zitiert die entscheidrelevanten
Erwägungen aus dem angefochtenen Urteil (E. 4c und e S. 10 f.) und macht
geltend, das Kantonsgericht habe das Wissen von R.________ fälschlicherweise
ihr zugerechnet. Soweit das Kantonsgericht damit nicht Bundesrecht falsch
angewendet habe oder nicht ein offensichtliches Versehen (i.S.v. Art. 63 Abs.
2 OG) vorliege, habe das Kantonsgericht Beweise willkürlich gewürdigt. Die
Beschwerdeführerin belegt mit Aktenhinweisen, unter den Parteien sei weder im
Schriftenwechsel noch im Beweisverfahren jemals strittig gewesen, dass es
sich bei R.________ um einen Mitarbeiter der "A.________" und nicht der
"B.________" handle, was sich auch aus dessen eigener Aussage ergebe. In
dieser offensichtlichen und mit sachlichen Gründen nicht vertretbaren
Aktenwidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin willkürliche Beweiswürdigung.

Mit ihren Vorbringen begründet die Beschwerdeführerin ein offensichtliches
Versehen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG, dessen Voraussetzungen gerade dann
erfüllt sein können, wenn - wie hier geltend gemacht - eine tatsächliche
Feststellung des angefochtenen Urteils der übereinstimmenden Darstellung der
Parteien sowie den Prozessbeilagen widerspricht (z.B. BGE 83 II 231 E. 2a/aa
S. 235). Die entsprechende Versehensrüge, die mit der hier fraglos zulässigen
eidgenössischen Berufung erhoben werden kann und erhoben wird (S. 6 Ziffer 2
der Berufungsschrift), schliesst die staatsrechtliche Beschwerde wegen
Willkür in der Beweiswürdigung aus (Art. 84 Abs. 2 OG; vgl. BGE 96 I 193 E. 3
und 4 S. 197 ff.; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in
Zivilsachen, Zürich 1992, Anm. 42 und 43 S. 213; seither: Urteile des
Bundesgerichts 4P.232/1995 vom 4. Juni 1996, E. 4b (ausführlich), sowie
5P.457/2000 vom 20. April 2001, E. 5, und 4P.257/2000 vom 28. März 2001, E.
2).

Zufolge ihrer Subsidiarität (Art. 84 Abs. 2 OG) kann auf die staatsrechtliche
Beschwerde ebenso wenig eingetreten werden, was die Frage angeht, ob und
inwieweit die Beschwerdeführerin sich das Wissen von R.________ anrechnen
lassen muss. Sie wird durch das Bundesrecht beantwortet, dessen Verletzung
wiederum mit der hier fraglos zulässigen eidgenössischen Berufung geltend zu
machen ist und geltend gemacht wird (S. 5 ff. der Berufungsschrift).

3.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann insgesamt nicht eingetreten werden.
Die Beschwerdeführerin wird damit kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis,
Zivilgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Januar 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: