Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.365/2002
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5P.365/2002 /bnm

Urteil vom 13. Dezember 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett

A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Heusi, Bielstrasse
111, Postfach 316, 4503 Solothurn,

gegen

Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer,
Amthaus I, Amthausplatz, 4500 Solothurn.

Art. 9 BV, unentgeltliche Rechtspflege, Parteientschädigung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Solothurn, Zivilkammer, vom 2. September 2002.

Sachverhalt:

A.
In dem zwischen B.________ (Ehefrau) und C.________ (Ehemann) hängigen
Eheschutzverfahren wies die Amtsgerichtspräsidentin von Olten-Gösgen am 14.
Dezember 2001 das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab mit der
Begründung, die Ehegatten würden zusammen über ein ausreichendes Einkommen
verfügen, um das Eheschutzverfahren finanzieren zu können. Dagegen reichte
B.________ (Ehefrau) am 30. Januar 2002 beim Obergericht des Kantons
Solothurn Rekurs ein. Mit Eingabe vom 6. März 2002 beantragte sie, das
Rekursverfahren bis zum Vorliegen einer neuen Eheschutzverfügung zu
sistieren, weil die Amtsgerichtspräsidentin gestützt auf einen neuen
Arbeitsvertrag des Ehemannes vom 28. November 2001 nicht von einem Einkommen
von Fr. 5'100.--, sondern von einem solchen von brutto Fr. 6'000.-- hätte
ausgehen müssen. Mit Verfügung vom 13. Juni 2002 wurde das Revisionsbegehren
gutgeheissen und den Parteien eröffnet, sie würden zu einer erneuten
Sühneverhandlung vorgeladen.

B.
Mit Schreiben vom 13. August 2002 beantragte B.________ (Ehefrau) dem
Obergericht, das Rekursverfahren zufolge Gegenstandslosigkeit von der
Geschäftskontrolle abzuschreiben, die Verfahrenskosten dem Rekursgegner zu
überbinden und der Rekurrentin eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr.
3'152.05 zu bezahlen. Mit Beschluss vom 2. September 2002 wurde der Rekurs
vom Obergericht als erledigt abgeschrieben und Rechtsanwalt A.________ für
das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.--
(inklusive Auslagen und MwSt) ausgerichtet, zahlbar durch den Staat Solothurn
(Ziff. 3).

C.
A.________ hat gegen den obergerichtlichen Beschluss am 8. Oktober 2002 beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, Ziff. 3
des angefochtenen Entscheids vom 2. September 2002 aufzuheben.

D.
Es wurde keine Vernehmlassung eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der angefochtene Beschluss des Obergerichts stellt einen letztinstanzlichen
kantonalen Endentscheid dar (Art. 84 Abs. 1, Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 OG).
Die strittige Parteientschädigung wurde dem Beschwerdeführer direkt
zugesprochen, womit er durch den angefochtenen Beschluss beschwert ist (Art.
88 OG).

2.
2.1 Das Obergericht führt aus, der Vertreter der Rekurrentin gebe einen
Zeitaufwand von insgesamt 13,5 Stunden für das Rekursverfahren an. Zwar habe
er nicht nur eine Rekursschrift auszuarbeiten, sondern ein
Sistierungsbegehren und schliesslich den Antrag auf Gegenstandslosigkeit
stellen müssen. Eine Instruktion, die Teilnahme an einer Verhandlung oder
dergleichen sei aber nicht notwendig gewesen. So erscheine insbesondere ein
Zeitaufwand von insgesamt 350 Minuten (bzw. gar 510 Minuten = 8,5 Stunden)
für Aktenstudium und Überarbeitung des Rekurses übertrieben. Zudem führe der
Vertreter der Rekurrentin auf seiner Honorarnote Arbeiten und Besprechungen
mit der Klientin auf, die wohl in indirektem Zusammenhang mit dem Rekurs
stünden (Revisionsverfahren), die aber nicht zu seinen Aufgaben im
Rekursverfahren gehörten. Schliesslich sei anzuführen, dass Kanzleiaufwand
unbeachtlich sei. Ein Zeitaufwand von fünf bis sechs Stunden sei deshalb
angemessen. Das Obergericht fährt fort, die Entschädigung sei so zu bemessen,
wie wenn die Rekurrentin im Rekursverfahren obsiegt hätte und ihr ein
unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt worden wäre. Zur Berechnung der
Entschädigung sei deshalb von einem Stundenansatz von Fr. 170.-- auszugehen
(Kreisschreiben des Obergerichts vom 23. Mai 2001). In diesem Sinne
rechtfertige es sich, dem Vertreter der Rekurrentin pauschal eine
Entschädigung von Fr. 1'000.-- zuzusprechen.

Der Beschwerdeführer trägt dagegen in der Hauptsache vor, die gestützt auf §
181 GT (Gebührentarif, BGS 615.11) festzusetzende Parteientschädigung richte
sich nach dem Umfang der Bemühung, der Wichtigkeit und der Schwierigkeit der
Sache und den Vermögensverhältnissen der Parteien. Eine Kürzung des Honorars
um mehr als zwei Drittel sei völlig haltlos und stelle eine krasse Verletzung
von § 181 GT.

2.2 Praxisgemäss ist dem Richter bei der Bemessung der Parteientschädigung
ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen (BGE 111 V 48 E. 4a S. 49). Einen
Ermessensentscheid hebt das Bundesgericht im Rahmen einer Willkürbeschwerde
nur auf, wenn die kantonale Behörde ihr Ermessen überschritten oder
missbraucht hat; dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
unhaltbaren Würdigung der Umstände beruht, sich offensichtlich nicht mit
Recht und Billigkeit vereinbaren lässt oder entscheidenden Gesichtspunkten
nicht Rechnung trägt und demgegenüber Momente berücksichtigt, die unerheblich
sind oder offensichtlich keine oder keine massgebliche Rolle hätten spielen
dürfen (BGE 109 Ia 107 E. 2c; 128 III 1 E. 4b S. 7; 126 III 8). Darüber
hinaus kann die Festsetzung eines Anwaltshonorars wegen Verletzung von Art. 4
aBV aufgehoben werden, wenn sie ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses
zu den mit Blick auf den konkreten Fall notwendigen anwaltlichen Bemühungen
steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst (Urteil
des Bundesgerichts 1P.642/1998 vom 26. Januar 1999, E. 3a; vgl. BGE 118 Ia
133 E. 2b).

2.3
2.3.1Von vornherein nicht eingetreten werden kann auf die Rüge der Verletzung
von § 181 GT, denn es wird nicht ansatzweise im Sinne von Art. 90 Abs. 1 lit.
b OG dargetan, inwiefern das Obergericht diese Bestimmung missachtet haben
soll.

2.3.2 Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, er habe nach Präjudizien und
Literaturstellen gesucht, aus denen hätte abgeleitet werden können, ob die
Berechnung der Gerichtspräsidentin einer Gerichtspraxis entspreche oder ob
allenfalls der Rekurs Aussicht auf Erfolg haben könnte. Die Erfolgschancen
und Kostenrisiken zur Ergreifung des Rechtsmittels hätten mit der
Klientenschaft besprochen werden müssen. Aufwändig sei die Prüfung des
Einkommens des Ehemannes aufgrund seiner Geschäftsabschlüsse 1998, 1999 und
2000 aufgrund der vorhandenen Steuerunterlagen gewesen. Wie sich aus der
Kostenzusammenstellung ergebe, habe die Rechtspraktikantin 320 Minuten mit
der Rekursbearbeitung und mit den Abklärungen betreffend Literatur und
Gerichtspraxis verbracht, wobei dieser Aufwand mit 50% im Kostenblatt
berücksichtigt worden sei. Die Suche nach Literatur und Judikatur sei jedoch
erfolglos geblieben. Die Überarbeitung dieses Rohentwurfs sei am 31. Januar
2000 mit 1,5 Stunden verbucht worden, was sicher angemessen sei. Die
Abklärungen anfangs März 2002 hätten der Kompatibilität des
Revisionsverfahrens mit dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegolten.
Schliesslich sei am 12. August 2002 das Begehren an das Obergericht gestellt
worden, das Rekursverfahren zufolge Gegenstandslosigkeit von der
Geschäftskontrolle abzuschreiben.

Mit diesen Einwänden kann der Willkürvorwurf nicht begründet werden, denn
gemäss Art. 9 BV ist ein Entscheid willkürlich, der mit der tatsächlichen
Situation im klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, was vom Beschwerdeführer in seiner
Eingabe darzulegen ist. Es genügt nicht, dass die Begründung unhaltbar ist,
vielmehr muss sich der Entscheid auch im Ergebnis als willkürlich erweisen
(BGE 127 I 60 E. 5a S. 70; 125 I 166 E. 2a S. 168, je mit Hinweisen). Für die
"locker geschriebene" neunseitige Rekursschrift, wobei der materielle Teil
nur knapp sechs Seiten umfasst, wurden vom Beschwerdeführer allein 270
Minuten aufgewendet; dazu kommen die Recherchen der Rechtspraktikantin von
160 Minuten sowie eine Besprechung mit der Klientin von 60 Minuten, total
also 500 Minuten oder 8 Stunden und 20 Minuten. Für das Sistierungsgesuch vom
6. März 2002 (2½ Seiten mit engem Zeilenabstand) wurden zwei Stunden
verrechnet, wozu sich der Beschwerdeführer nicht äussert. Zum Einwand des
Obergerichts, der Beschwerdeführer habe Arbeiten und Besprechungen mit Bezug
auf das Revisionsverfahren fakturiert, trägt der Beschwerdeführer lediglich
vor, der Aufwand habe sich nur auf das UP-Verfahren selber bezogen, wobei die
Abgrenzung oft schwierig gewesen sei, da die verschiedenen Verfahren nicht
losgelöst voneinander betrachtet werden könnten. Damit wird der Einwand des
Obergerichts in keiner Weise als verfassungswidrig dargetan (Art. 90 Abs. 1
lit. b OG).

Der zeitliche Aufwand, den der Beschwerdeführer für das Rekursverfahren
gebraucht hat, ist überreichlich gewesen. Der Schluss des Obergerichts, dafür
nur 5 - 6 Arbeitsstunden anzuerkennen, mag kleinlich erscheinen, hält jedoch
vor Art. 9 BV Stand (vgl. E. 2.2 hiervor).

2.4 Dass das Obergericht den Stundenansatz von Fr. 170.--, wie er für
unentgeltliche Rechtsvertreter gilt, anwendet, ist in der Tat nicht
einzusehen. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wurde vorliegend
ja gerade verweigert. Die Begründung für dieses Vorgehen lässt sich dem
angefochtenen Beschluss nicht entnehmen.

Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer vor, im Ergebnis werde eine
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zugesprochen. Rechne man nach, komme man
mit dem minimalen Zeitaufwand von fünf Stunden auf eine Entschädigung von Fr.
850.--. Dazu kämen Auslagen von Fr. 94.40 und die Mehrwertsteuer von Fr.
71.75, total Fr. 1'016.15. Daraus sei auf den ersten Blick ersichtlich, dass
bereits das Ergebnis der absoluten Minimalrechnung höher sei als die
zugesprochene Parteientschädigung. Gehe man gar von einem Zeitaufwand von
sechs Stunden aus, würde sich ein Total von Fr. 1'199.10 ergeben. Aus diesen
Berechnungen ergeben sich zwar Differenzen, aber keine krass unhaltbaren
(vgl. einen krassen Fall betreffend die Festsetzung des Honorars des
amtlichen Verteidigers: BGE 118 Ia 133 E. 2c - d S. 135 f.). Der
Beschwerdeführer versäumt es darzulegen, dass die Entschädigung bei einem
Ansatz von Fr. 170.-- (statt Fr. 210.--) auch im Ergebnis unhaltbar ist.

3.
Nach dem Ausgeführten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden und der
Beschwerdeführer wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine
Parteientschädigung an den Kanton Solothurn entfällt mangels Einholung einer
Vernehmlassung (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 750.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons
Solothurn, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Dezember 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: