Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.34/2002
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5P.34/2002/bie

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
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                       19. April 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der
II. Zivilabteilung, Bundesrichterin Nordmann, Ersatz-
richter Zünd und Gerichtsschreiber Gysel.

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                         In Sachen

1. A.X.________, Bern,
2. B.X.________, Bern,
beide vertreten durch Fürsprecher Georg Friedli, Bahnhof-
platz 5, Postfach 6233, 3001 Bern, Beschwerdeführer,

                           gegen

1. Y.________, vertreten durch Fürsprecher Daniel Bögli,
   Schanzenstrasse 1, Postfach 8464, 3001 Bern,
2. Bank Z.________, Bern, vertreten durch Fürsprecher
   Christoph Käser, Schwanengasse 5/7, Postfach 6519,
   3001 Bern,
Beschwerdegegner,
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen
für den Kanton  B e r n,

                         betreffend
                     Art. 29 Abs. 2 BV

hat sich ergeben:

     A.- Die Eheleute A. und B.X.________ sind zu 1/3
und Y.________ zu 2/3 Miteigentümer an der Liegenschaft
........-strasse 55 in Bern. In einer Vereinbarung vom
29. August 1989 wurde festgelegt, dass Y.________ die
Liegenschaft verwalte und den beiden Miteigentümern eine
Pauschale zu zahlen habe. Da diese teilweise unbezahlt
geblieben war, liessen A. und B.X.________ Guthaben des im
Ausland wohnenden Y.________ mit Arrest belegen, darunter
auch Mietzinse für die Liegenschaft.

        In der von ihr gegen Y.________ bezüglich der
genannten Liegenschaft eingeleiteten Betreibung auf Grund-
pfandverwertung verlangte die Bank Z.________ die Ausdehnung
der Pfandhaft auf die Mietzinsforderungen (Art. 91 VZG).

        Unter Hinweis darauf, dass die Schuldbriefe der
Bank Z.________ nur den Miteigentumsanteil von Y.________
belasteten, ersuchten A. und B.X.________ das Betreibungsamt
Bern-Mittelland (Dienststelle Bern) am 10. Oktober 2001 da-
rum, nur die diesem Anteil entsprechenden Mietzinseinnahmen
dem Pfandverwertungsverfahren zuzuordnen.

        Das Betreibungsamt verfügte am 29. Oktober 2001,
dass verschiedene (im einzelnen genannte) Punkte der Verein-
barung vom 29. August 1989, die sich auf die Mietverträge
und die von Y.________ zu zahlende Pauschale beziehen, im
Pfandverwertungsverfahren als gegenstandslos betrachtet
würden und ein Drittel der einkassierten Mietzinse A. und
B.X.________ ausbezahlt werde.

     B.- In Gutheissung einer von Y.________ erhobenen
Beschwerde hob die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen für den Kanton Bern die betreibungsamtliche
Verfügung am 13. Dezember 2001 auf.

        A. und B.X.________ hatten von der Beschwerde keine
Kenntnis und haben den Entscheid der kantonalen Aufsichts-
behörde nicht zugestellt erhalten. Sie erfuhren davon am
16. Januar 2002 und konnten am 17. Januar 2002 die Akten
einsehen.

     C.- A. und B.X.________ haben mit Eingabe vom 28. Ja-
nuar 2002 staatsrechtliche Beschwerde erhoben und beantra-
gen, den Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen für den Kanton Bern vom 13. Dezember 2001
aufzuheben. Gerügt wird eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Für den Fall, dass
die Eingabe als Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG entgegen-
genommen werden sollte, machen die Beschwerdeführer zudem
geltend, der angefochtene Entscheid sei aus betreibungs-
rechtlicher Sicht unzutreffend.

        In seiner Vernehmlassung vom 8 April 2002 bean-
tragt Y.________, die staatsrechtliche Beschwerde bezüglich
der Rüge der Rechtsverweigerung gutzuheissen; falls die
Beschwerde nach Art. 19 SchKG materiell behandelt werde,
sei sie abzuweisen. Die Bank Z.________ verzichtet in ihrer
ebenfalls vom 8. April 2002 datierten Eingabe auf Vernehm-
lassung zur staatsrechtlichen Beschwerde und schliesst even-
tualiter auf Abweisung der betreibungsrechtlichen Beschwerde.
Die kantonale Aufsichtsbehörde verzichtet auf einen Antrag,
räumt aber ein, den angefochtenen Entscheid ohne Anhörung
der Beschwerdeführer gefällt zu haben, was auf einem Verse-
hen beruhe.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Beschwerdeführer haben am 16. Januar 2002
Kenntnis vom angefochtenen Entscheid erhalten und am Folge-
tag die Akten einsehen können. Sowohl die zehntägige
Beschwerdefrist nach Art. 19 SchKG wie auch die Frist von
dreissig Tagen zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde
(Art. 89 Abs. 1 OG) sind mit der am 28. Januar 2002 (Montag)
der schweizerischen Post übergebenen Eingabe gewahrt.

     2.- Die Vereinigung einer Beschwerde in Schuldbetrei-
bungs- und Konkurssachen und einer staatsrechtlichen
Beschwerde in einer einzigen Eingabe ist unter der Voraus-
setzung zulässig, dass die wesentlichen Elemente jedes
der beiden Rechtsmittel klar auseinander gehalten werden
(dazu BGE 120 III 64 E. 2 S. 65 f.; 113 III 120 E. 1
S. 121). Das ist hier der Fall, so dass der Entgegennahme
der beiden Rechtsmittel nichts entgegensteht.

        Die staatsrechtliche Beschwerde, welche die
Beschwerdeführer in erster Linie erheben, ist vorweg zu be-
handeln (vgl. auch Art. 57 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 81
OG). Sie ist auch zulässig, kann doch eine Gehörsverweige-
rung nur insoweit mit betreibungsrechtlicher Beschwerde
gerügt werden, als geltend gemacht wird, die Begründung des
angefochtenen Entscheids entspreche den Anforderungen von
Art. 20a Abs. 2 Ziff. 4 SchKG nicht.

     3.- Die Rüge der Gehörsverweigerung (Art. 29 Abs. 2 BV)
ist begründet: Dem angefochtenen Entscheid liegt eine Ver-
fügung des Betreibungsamtes zugrunde, die ihrerseits auf
einem Begehren der Beschwerdeführer beruhte und diesen
Rechte an den Mietzinseinnahmen einräumte. Mit der Auf-

hebung der Verfügung durch die kantonale Aufsichtsbehörde
wurde die Rechtsstellung der Beschwerdeführer zu deren
Nachteil verändert, ohne dass sie Gelegenheit gehabt hätten,
sich zu äussern. Darin liegt eine Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör, die zur Aufhebung des angefochtenen
Entscheids führen muss (vgl. BGE 105 III 33 E. 2 S. 33 f.
mit Hinweisen).

     4.- Mit der Gutheissung der staatsrechtlichen
Beschwerde wird die betreibungsrechtliche Beschwerde
gegenstandslos.

     5.- Die Beschwerdegegner, die übrigens die Gutheissung
der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt (Y.________) bzw.
sich eines Antrags zu dieser Beschwerde enthalten haben
(Bank Z.________), haben den Ausgang des Verfahrens nicht zu
vertreten. Sie sind nicht unterliegende Partei im Sinne von
Art. 156 Abs. 1 OG. Der angefochtene Entscheid ist wegen
eines Versehens der kantonalen Aufsichtsbehörde aufzuheben.
Dem Kanton, gegen dessen Verfügung in einer nicht seine
eigenen Vermögensinteressen betreffenden Angelegenheit
Beschwerde geführt wird, dürfen in der Regel jedoch keine
Gerichtskosten auferlegt werden (Art. 156 Abs. 2 OG). Hin-
gegen ist der Kanton Bern zu verpflichten, den Beschwerde-
führern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Partei-
entschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 OG). Bei deren
Bemessung ist nur dem Aufwand für die staatsrechtliche
Beschwerde Rechnung zu tragen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen
und der Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen für den Kanton Bern vom 13. Dezember 2001
(Nr. 387/01) aufgehoben.

     2.- Die betreibungsrechtliche Beschwerde wird als
gegenstandslos abgeschrieben.

     3.- Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

     4.- Der Kanton Bern wird verpflichtet, die Beschwerde-
führer für ihre Umtriebe im bundesgerichtlichen Verfahren
mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

     5.- Dieses Urteil wird den Parteien und der Aufsichts-
behörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton
Bern schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 19. April 2002

              Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: