Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.321/2002
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5P.321/2002 /min

Urteil vom 9. Dezember 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.

M.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Armin Linder, Rosenbergstrasse
22, 9000 St. Gallen,

gegen

F.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Hannelore Fuchs, Oberer
Graben 44, 9000 St. Gallen,
Kantonsgericht St. Gallen, II. Zivilkammer, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.

Art. 9 BV (Ehescheidung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St.
Gallen, II. Zivilkammer, vom 31. Juli 2002.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 30. September/9. Dezember 1999 schied das Bezirksgericht
Rorschach die Ehe von M.________ (Ehemann) und F.________ (Ehefrau) und
regelte die Nebenfolgen. Namentlich sprach es F.________ einen monatlichen
Unterhaltsbeitrag bis zur ihrer ordentlichen Pensionierung von Fr. 900.-- zu
und wies ihren Antrag auf Überweisung einer Freizügigkeitsleistung sowie
einer Entschädigung nach Art. 165 Abs. 2 ZGB ab. Im Rahmen der
güterrechtlichen Auseinandersetzung verpflichtete es F.________ zur Zahlung
von Fr. 79'672.75 an M.________ und halbierte den Saldo eines gemeinsamen
Bankkontos der Parteien.

B.
Auf Berufung beider Parteien und Anschlussberufung von F.________
verpflichtete das Kantonsgericht St. Gallen am 31. Juli 2002 M.________ zu
einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'100.-- bis zu seiner
ordentlichen Pensionierung und zu einer Entschädigung aus Vorsorgeausgleich
von Fr. 26'976.-- an F.________ sowie im Umfang von Fr. 4'580.-- zur Tilgung
der unbezahlten Steuerschulden aus den Jahren 1997/1998. Es wies den Anspruch
auf Entschädigung gemäss Art. 165 ZGB und das Begehren um Schuldneranweisung
von F.________ ab und verpflichtete sie zur Zahlung von Fr. 65'502.-- aus
Güterrecht an M.________.

C.
C.aMit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt M.________ dem Bundesgericht,
das kantonsgerichtliche Urteil betreffend die güterrechtliche
Auseinandersetzung, die Steuerschuld und den Unterhaltsbeitrag aufzuheben. Er
stellt das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.

F. ________ hat sich zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht vernehmen lassen.
Das Kantonsgericht St. Gallen hat ausdrücklich auf Gegenbemerkungen
verzichtet.

C.b M.________ hat gegen das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen zudem
Berufung eingereicht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Wird ein kantonales Urteil gleichzeitig mit staatsrechtlicher Beschwerde und
mit Berufung angefochten, wird in der Regel der Entscheid über Letztere bis
zur Erledigung der staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt (Art. 57 Abs. 5
OG). Vorliegend bestehen keine Gründe, von dieser Praxis abzuweichen.

2.
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht die Verletzung seines
rechtlichen Gehörs und mehrfach willkürliches Vorgehen vor.

2.1 Im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung stellte das
Kantonsgericht bei den Passiven eine Steuerschuld der Parteien für die Jahre
1997/1998 von Fr. 9'151.75 fest. Da in der massgeblichen Zeit beide Ehegatten
erwerbstätig gewesen seien und von Gesetzes wegen solidarisch hafteten, müsse
die Schuld auf Beide verteilt werden. Angesichts der gleich hohen verfügbaren
Mittel aus Einkommen und Unterhalt dränge sich eine Halbierung auf. Da dieser
Posten die Errungenschaft der Parteien in gleichem Masse belaste, erübrige
sich eine Berücksichtigung in der Vorschlagsberechnung.

Der Beschwerdeführer rügt nun, das Kantonsgericht sei auf seine Vorbringen in
der kantonalen Berufung nicht eingegangen und habe somit sein rechtliches
Gehör verletzt. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich das angefochtene Urteil
mit dem Hinweis auf die Solidarhaftung der Ehegatten sehr wohl dazu äussert,
wer die Schulden im Aussenverhältnis trägt. Zwar nimmt das Kantonsgericht zur
Schadenersatzforderung des Beschwerdeführers gegenüber der Ehefrau aus
unsorgfältiger Ausführung übertragener Geschäfte durch Nichtzahlung fälliger
Steuern während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit nicht ausdrücklich
Stellung. Indes geht aus dem Entscheid hervor, dass die Parteien die Tilgung
dieser Schuld auf die Zeit nach der Anordnung der vorsorglichen Massnahmen
verschoben hätten, welcher Entscheid am 2. November 1998 erging. Damit
brauchte sich das Kantonsgericht mit seinem Vorwurf gegenüber der Ehefrau,
der sich auf die Zeit bis Anfang Juni 1998 bezieht, nicht auseinander zu
setzen.

2.2 Gemäss den Feststellungen des Kantonsgerichts ist unklar, ob das
gemeinsame Konto der Parteien bei der Bank K.________ noch vorhanden ist,
welche Berechtigungsverhältnisse daran bestehen und wie hoch der Saldo ist.
Entweder hätten sich die Beteiligten inzwischen darüber geeinigt oder es
müsse ihnen überlassen werden, wie sie das Konto aufzulösen gedenken. Weder
seien hierzu Anträge gestellt noch Angaben geliefert worden, obwohl die
Prozessparteien mit Schreiben vom 17. Januar 2002 hierzu aufgefordert worden
seien. Der Saldo sei unbekannt.
Der Beschwerdeführer verlangte in der kantonalen Berufung (S. 6) den Einbezug
des Kontos in die güterrechtliche Auseinandersetzung, womit das
Kantonsgericht in der Tat nicht einfach von einem fehlenden Antrag sprechen
durfte. Ebenso hat er den damaligen Saldo von Fr. 9'262.30 bekannt gegeben.
Indes antwortete er dem Kantonsgericht auf seine allgemein gehaltene Anfrage
zu den allenfalls geänderten Verhältnissen nicht. Weshalb das Schreiben vom
17. Januar 2002 eigens auf das Bankkonto der Parteien bei der Bank K.________
hätte hinweisen müssen, wird vom Beschwerdeführer nicht weiter begründet.
Damit stand der Berufungsinstanz der aktuelle Kontostand nicht zur Verfügung
und ein allfälliges Bankguthaben konnte bei der güterrechtlichen
Auseinandersetzung nicht berücksichtigt werden. Der angefochtene Entscheid
erweist sich damit zumindest im Ergebnis nicht als unhaltbar (siehe dazu BGE
125 I 166 E. 2a S. 168; 124 I 247 E. 5 S. 250).

2.3 Das Ergebnis der güterrechtlichen Qualifikation der Gegenstände im
ehemännlichen Vermögen schliesst den Rückkaufswert der Lebensversicherung bei
der 'Versicherung G.________' von Fr. 3'982.-- nicht als Eigengut und das
Darlehen 'F.________' von Fr. 4'915.-- nicht als Ersatzforderung des
Eigengutes gegenüber der Errungenschaft ein. Ob dieses Vorgehen des
Kantonsgerichtes korrekt ist, muss nach den Regeln des materiellen
Bundesrechts (Art. 197 und Art. 198 sowie Art. 209 ZGB) beurteilt werden, was
im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nicht möglich ist. Jede andere
Betrachtungsweise würde eine behauptete falsche Rechtsanwendung zur
Rechtsverweigerung machen und dem Zusammenspiel von staatsrechtlicher
Beschwerde und Berufung nicht gerecht werden. Dass massgebliche
Sachverhaltsmomente in diesem Zusammenhang willkürlich gewürdigt oder
Vorbringen und Anträge des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt worden
wären, macht er im vorliegenden Verfahren nicht geltend. Er beschränkt sich
auf die Kritik des angefochtenen Entscheides als aktenwidrig, willkürlich und
rechtsverweigernd, womit er in Tat und Wahrheit nicht die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG), sondern in
unzulässiger Weise von Bundesrecht (Art. 43 Abs. 1 OG) geltend macht. Auf die
Rügen ist demzufolge nicht einzutreten.

2.4 Die Wohnkosten des Beschwerdeführers wurden vom Kantonsgericht mit Fr.
1'200.-- veranschlagt. Es befand, dass die Miete von Fr. 1'530.--, wie sie
die kantonale Vorinstanz festlegte, für eine einzelne Person recht hoch sei.
Zugleich wies es aber auch auf die besonderen Ansprüche des Beschwerdeführers
an eine Wohnung im Hinblick auf seine körperliche Behinderung hin. Inwiefern
die nunmehr festgelegte Miete unhaltbar sein sollte, wird in der Beschwerde
nicht weiter begründet. Dass der Beschwerdeführer gemäss eigenen Angaben
keinen Anlass hatte, eine günstigere Wohnung zu suchen, lässt die Korrektur
des Kantonsgerichts allein noch nicht als willkürlich erscheinen. Angesichts
der letztinstanzlichen Feststellung, der Beschwerdeführer lebe zwar nicht im
Konkubinat, teile hingegen die Wohnung mit seiner Partnerin, und dem Verzicht
auf eine Beteiligung dieser Frau an der Miete, ist das Ergebnis des
angefochtenen Entscheids in diesem Punkt nicht willkürlich.

3.
Nach dem Gesagten ist der staatsrechtlichen Beschwerde insgesamt kein Erfolg
beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Die Rechtsbegehren waren von vornherein
aussichtslos, womit das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist,
ohne dass die behauptete Bedürftigkeit noch geprüft werden muss (Art. 152
Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Dezember 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: