Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.263/2002
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5P.263/2002 /min
5P.463/2002

Urteil vom 31. Januar 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiberin Scholl.

N. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Pablo Blöchlinger, Postfach,
8021 Zürich,

gegen

G.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
lic.iur. Heinz Birchler, Wotanstrasse 10, 8032 Zürich,
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach 4875,
8022 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich.

HEntfÜ; Kinderrückführung; Art. 9 BV etc.,

Staatsrechtliche Beschwerden gegen die Beschlüsse des Kassationsgerichts des
Kantons Zürich vom 25. Oktober 2002 (5P.463/2002) und des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 20. Juni 2002 (5P.263/2002).

Sachverhalt:

A.
N. ________, schweizerische Staatsangehörige, und G.________, argentinischer
Staatsangehöriger, heirateten 1993 und nahmen kurze Zeit später Wohnsitz in
Argentinien. Die gemeinsamen Kinder A.________ (geb. 1994) sowie B.________
und C.________ (beide geb. 1997) wurden in Argentinien geboren und haben
seither dort gelebt. N.________ reiste mit den drei Kindern im März 2001 in
die Schweiz ein, wo sie seither wohnen.

B.
Mit Eingabe vom 21. September 2001 beantragte G.________ bei der zuständigen
argentinischen Zentralbehörde gestützt auf das Haager Übereinkommen über die
zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung die Rückführung der
drei Kinder nach Argentinien. Am 27. November 2001 reichte er beim
Bezirksgericht Meilen die entsprechende Klage ein.

Mit Verfügung vom 30. Januar 2002 befahl das Bezirksgericht Meilen in
Gutheissung der Klage, die drei Kinder nach Argentinien zurückzubringen oder
zurückbringen zu lassen, unter Androhung der Ungehorsamsstrafe. Gegen diesen
Entscheid führte N.________ Rekurs beim Obergericht des Kantons Zürich,
welchen dieses mit Beschluss vom 20. Juni 2002 abwies. Eine dagegen
gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht mit Beschluss
vom 25. Oktober 2002 ab.

C.
N.________ gelangt mit zwei staatsrechtlichen Beschwerden gegen den Beschluss
des Kassationsgerichts des Kantons Zürich (Verfahren 5P.463/2002) sowie den
Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich (Verfahren 5P.263/2002) an das
Bundesgericht. Sie beantragt, die jeweiligen Entscheide aufzuheben.

Der Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts (Verfahren
5P.463/2002) wurde mit Verfügung vom 10. Dezember 2002 die aufschiebende
Wirkung zuerkannt. Bei der Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
(Verfahren 5P.263/2002) wurde mit Verfügung des Präsidenten der II.
Zivilabteilung vom 24. Juli 2002 das Gesuch um aufschiebende Wirkung unter
Hinweis auf das kantonale Verfahren abgewiesen. Ein Gesuch um Vereinigung der
beiden Verfahren wurde mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 abgelehnt.

Die Beschwerdeführerin stellt in beiden Verfahren ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Bestellung eines Rechtsbeistandes.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Behandlung der beiden staatsrechtlichen Beschwerden ist nicht zu einem
Verfahren vereinigt worden. Da beide Beschwerden aber den gleichen
Streitgegenstand und die gleichen Parteien betreffen, können beide
Beschwerden im gleichen Urteil behandelt werden.

2.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und in
welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist (BGE 128
I 46 E. 1a S. 48).

2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt es sich beim Verfahren
betreffend die Rückführung eines Kindes im Sinne des Haager Übereinkommens
über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (SR
0.211.230.02; Haager Übereinkommen; HEntfÜ) nicht um eine
Zivilrechtsstreitigkeit; vielmehr stellt das Übereinkommen eine Art
administrative Rechtshilfe für den Fall von Kindesentführungen zur Verfügung.
Damit kann ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid weder mit Berufung
noch mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde
beim Bundesgericht angefochten werden (BGE 120 II 222 E. 2b S. 224; 123 II
419 E. 1a S. 421).

2.2 Gemäss Art. 86 Abs. 1 OG ist eine staatsrechtliche Beschwerde nur gegen
letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig. Der Beschluss des
Kassationsgerichts vom 25. Oktober 2002 stellt in jedem Fall einen solchen
dar, der Entscheid des Obergerichtes vom 20. Juni 2002 nur insoweit, als
dagegen nicht die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde zulässig ist.

2.3 Die Beschwerdeführerin ist als Mutter der betroffenen Kinder und
Unterlegene im kantonalen Verfahren zweifellos zur staatsrechtlichen
Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG).

2.4 Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Staatsvertragsrecht
geltend macht (Art. 84 Abs. 1 lit. c OG), ist darauf hinzuweisen, dass gemäss
neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine Noven vorgebracht werden
können (BGE 128 I 354 E. 6c S. 357). Da sodann zwischen der Zulassung neuer
tatsächlicher Vorbringen bzw. dem Novenverbot und der (freien) Überprüfung
des Sachverhaltes ein Zusammenhang besteht, hat das Bundesgericht in einer
weiteren Praxisänderung erkannt, dass der Sachverhalt bei einer
Staatsvertragsbeschwerde lediglich auf Willkür zu überprüfen ist, wenn eine
gerichtliche Vorinstanz den Sachverhalt festgestellt hat (BGE 5P.304/2002 vom
20. November 2002, E. 1.3). Im Übrigen unterliegt, soweit gehörig gerügt
(Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) die Anwendung des betreffenden Staatsvertrages der
freien Überprüfung durch das Bundesgericht.

3.
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des
Kantons Zürich vom 25. Oktober 2002 (Verfahren 5P.463/2002)
3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Kassationsgericht habe gegen den
Anspruch auf rechtliches Gehör und Gleichbehandlung durch Gerichtsinstanzen
und somit gegen Art. 29 Abs. 1 und 2 BV verstossen, indem es der
Beschwerdeführerin die Eingabe des Beschwerdegegners im Verfahren der
kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde nicht zugesandt hat, mit welcher er die
Abweisung der Beschwerde beantragt hatte. Dadurch sei ihr nicht möglich
gewesen nachzuprüfen, ob sich das Kassationsgericht auf unzulässige Noven
gestützt habe oder sich in unzulässiger Weise habe beeinflussen lassen.

Auf Grund der formellen Natur des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGE 119 Ia
136 E. 2b S. 138; 126 I 19 E. 2d/bb S. 24) ist diese Rüge vorab zu behandeln.
Die Beschwerdeführerin durfte im kantonalen Verfahren damit rechnen, die
Beschwerdeantwort der Gegenpartei, wie bereits die vorangehenden Verfügungen
des Kassationsgerichts, ohne weiteres zur Kenntnis zu erhalten. Erst durch
die Zustellung des angefochtenen Beschlusses des Kassationsgerichts war für
sie ersichtlich, dass überhaupt eine Beschwerdeantwort eingereicht worden
war.

Dies wäre aber auch der Zeitpunkt gewesen, in dem die Beschwerdeführerin  die
Zustellung der gegnerischen Eingabe bzw. Akteneinsicht hätte verlangen
müssen. Auch im Verfahrensrecht haben der Grundsatz von Treu und Glauben und
das Verbot des Rechtsmissbrauchs Geltung (BGE 119 Ia 221 E. 5a S. 228; 120 Ia
19 E. 2c/aa S. 24). Wenn die Beschwerdeführerin rechtzeitig gehandelt hätte,
wäre es ihr möglich gewesen, in der Rüge der Gehörsverweigerung konkret
darzutun, inwieweit sie hätte replizieren wollen. Es ist zu beachten, dass
die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren der staatsrechtlichen
Beschwerde ausnahmsweise geheilt werden kann, wenn die Kognition des
Bundesgerichts gegenüber derjenigen der letzten kantonalen Instanz nicht
eingeschränkt ist und dem Beschwerdeführer kein Nachteil erwächst (BGE 107 Ia
1 E. 1 S. 2; 127 I 128 E. 4d S. 133), was vorliegend erfüllt ist. Die
Beschwerdeführerin konnte sich daher nicht darauf verlassen, dass die
schlichte Unterlassung der Zustellung der Beschwerdeantwort zu einer
Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen würde, insbesondere in einem
Verfahren wie dem vorliegenden, das zügig abzuwickeln ist. Die
Beschwerdeführerin wäre gehalten gewesen, ihre Vorbringen genügend zu
substantiieren. Durch ihre Untätigkeit hat sie die Rüge der Gehörsverletzung
verwirkt. Demnach kann in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht eingetreten
werden.

Eine Verletzung von kantonalem Prozessrecht macht die Beschwerdeführerin in
diesem Zusammenhang im Übrigen nicht geltend. Nicht eingetreten werden kann
auf den nicht näher begründeten Vorwurf der Verletzung des
Gleichbehandlungsgebotes, dem vorliegend ohnehin keine selbstständige
Bedeutung zukommt.

3.2 Die Beschwerdeführerin rügt weiter, das Kassationsgericht habe die
Aussagen einer Zeugin willkürlich gewürdigt, indem sie keine schwerwiegende
Gefährdung der Kinder bei einer Rückführung angenommen habe.

Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat ein Beschwerdeführer in der
Beschwerdeschrift kurz darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte bzw.
welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid
verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das
Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen. Auf ungenügend
begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid
tritt es nicht ein (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 127 I 38 E. 3c S. 43). Wird
die Verletzung des Willkürverbotes geltend gemacht, genügt es nicht, die
Rechtslage aus Sicht des Beschwerdeführers zu schildern und den davon
abweichenden Entscheid als willkürlich zu bezeichnen. Der Beschwerdeführer
hat vielmehr im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern das Kassationsgericht zu
Unrecht verneint haben soll, dass die Beweiswürdigung des Obergerichts
offensichtlich unhaltbar sei, mit der tatsächlichen Situation in krassem
Widerspruch stehe, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtssatz krass
verletze oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitssinn zuwiderlaufe (BGE
117 Ia 10 E. 4b S. 12; 125 I 492 E. 1b S. 495).

Diesen Anforderungen genügen die vorliegenden Ausführungen der
Beschwerdeführerin nicht, zumal sie über die eigene Schilderung des
Sachverhaltes nicht hinausgehen und keine vertiefte Auseinandersetzung mit
dem angefochtenen Entscheid darstellen. Insoweit ist demnach auf die
Beschwerde nicht einzutreten.

3.3 Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, das Kassationsgericht
habe gegen Art. 29 Abs. 2 BV verstossen, indem es die Anordnungen der
Vorinstanzen nicht aufhob, obwohl dem ältesten Kind kein Beistand gegeben
wurde und es nicht zur Sache angehört wurde.

Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, ist das Kassationsgericht auf
diese Rüge nicht eingetreten, da es der Auffassung war, der aus Art. 29 Abs.
2 BV abgeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör gehe nicht weiter als die
Regelungen in Art. 13 HEntfÜ und Art. 12 des Übereinkommens über die Rechte
des Kindes (SR 0.107; UNO-Kinderrechtskonvention; KRK); da in diesem Bereich
dem Bundesgericht freie Kognition zustehe, sei die kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig.

Die Beschwerdeführerin setzt sich nun aber in ihrer Eingabe nicht mit dem
Nichteintretensentscheid des Kassationsgerichts auseinander; sie macht
insbesondere nicht geltend, es sei zu Unrecht nicht auf die Rügen
eingetreten. Stattdessen führt sie materiell aus, weshalb das Obergericht den
Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. auf einen Beistand für das Kind verletzt
habe. Da aber allein das Urteil des Kassationsgerichts Anfechtungsobjekt der
vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde ist, kann auf die vorgebrachten
Rügen offensichtlich nicht eingetreten werden.

3.4 Gestützt auf diese Erwägungen kann auf die staatsrechtliche Beschwerde
nicht eingetreten werden. Bei diesem Verfahrensausgang hat die
Beschwerdeführerin grundsätzlich die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 156
Abs. 1 OG). Da der Beschwerdegegner nur zur Vernehmlassung zum Gesuch um
aufschiebende Wirkung eingeladen worden ist, ist ihm eine reduzierte
Parteientschädigung zuzusprechen.

Die Beschwerdeführerin hat für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung gestellt. Die
unentgeltliche Rechtspflege ist einer Partei zu bewilligen, die bedürftig und
deren Sache nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1 OG). Als aussichtslos
sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen,
bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die
Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können.
Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten
und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer
sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen
finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem
Prozess entschliessen würde (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 127 I 202 E. 3a und
b S. 204 f., je mit Hinweisen).

Die vorliegende Eingabe hat sich als derart mangelhaft erwiesen, dass auf
keine der Rügen hat eingetreten werden können. Die Gewinnausichten sind daher
deutlich geringer als die Verlustgefahren. Dem Gesuch kann demnach wegen
Aussichtslosigkeit nicht stattgegeben werden, womit die Frage der
Bedürftigkeit nicht zu prüfen ist.

4.
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, vom 20. Juni 2002 (Verfahren 5P.263/2002)
4.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Obergericht habe gegen Art. 13 Abs.
1 lit. a HEntfÜ verstossen, indem es nicht erkannt habe, dass der
Beschwerdegegner das Verbringen der Kinder in die Schweiz nachträglich
genehmigt habe.

4.1.1 Wie oben ausgeführt (vgl. E. 2.2) ist die staatsrechtliche Beschwerde
ans Bundesgericht nur zulässig, soweit der kantonale Instanzenzug
ausgeschöpft wurde (Art. 86 Abs. 1 OG). Wenn die Beschwerdeführerin daher
geltend macht, das Obergericht habe die Bemühungen des Beschwerdegegners,
sich ebenfalls in der Schweiz niederzulassen, willkürlich gewürdigt, ist auf
die Beschwerde nicht einzutreten. Die entsprechende Rüge kann mit kantonaler
Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden (§ 285 Abs. 2 Satz 2 ZPO/ZH).
Das Kassationsgericht hat sich denn auch in seinem Entscheid mit diesen
Vorbringen auseinander gesetzt.

4.1.2 Zulässig ist die Beschwerde hingegen, soweit die Beschwerdeführerin
geltend macht, das Obergericht habe Art. 13 Abs. 1 lit. a HEntfÜ falsch
ausgelegt. Gemäss dieser Bestimmung kann die Rückführung unter anderem
verweigert werden, falls nachgewiesen ist, dass die Person, der die Sorge für
das Kind zustand, das Verbringen des Kindes ins Ausland nachträglich
genehmigt hat. Die Beschwerdeführerin rügt vorliegend, das Obergericht
vermenge in seinen Ausführungen zu Art. 13 Abs. 1 lit. a HEntfÜ die
Sorgerechts- mit der Rückführungsfrage.

Das Obergericht hat ausgeführt, dass Bemühungen um eine Niederlassung in der
Schweiz nicht ohne weiteres mit dem Einverständnis mit dem Verbleib der
Kinder in der Schweiz gleichzusetzen seien. Diese Schlussfolgerung des
Obergerichts ist nicht zu beanstanden. Eine nachträgliche Genehmigung lässt
sich aus dem Verhalten des Beschwerdegegners nicht ableiten.

4.2 Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, das Obergericht habe gegen
Art. 13 Abs. 1 lit. b HEntfÜ sowie Art. 3 Abs. 1 KRK verstossen, indem es
eine schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens sowie
eine unzumutbare Lage für die Kinder bei einer Rückführung verneint habe.

4.2.1 Wie bereits ausgeführt (E. 3.2) prüft das Bundesgericht im Verfahren
der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar und detailliert erhobene Rügen
(Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Diesen Anforderungen genügen die Vorbringen der
Beschwerdeführerin nicht in allen Teilen, so insbesondere die Ausführungen
zum Lebenswandel des Beschwerdegegners und zur Lage in Argentinien. In diesen
Rügen wird nicht in genügender Art und Weise dargetan, an welcher Stelle und
inwiefern der angefochtene Entscheid unhaltbar sein soll. Soweit ist auf die
Beschwerde nicht einzutreten.

Zudem sind auch hier die vorgebrachten Rügen infolge Nichtausschöpfung des
Instanzenzuges unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin die Würdigung von
Zeugenaussagen und des Berichts der Jugend- und Beratungsstelle kritisiert.
Weiter sind, wie oben ausgeführt (vgl. E. 2.4), Noven im vorliegenden
Verfahren nicht zulässig. Neu und damit nicht zu beachten sind daher die
Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe einen Zusammenbruch erlitten, als sie
sich mit einer möglichen Rückkehr nach Argentinien beschäftigt habe, sowie
weitere Ausführungen zum Leben in Argentinien.

Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang erstmals auf das
durch die UNO-Kinderrechtskonvention geschützte Kindeswohl beruft, sind diese
Vorbringen ebenfalls neu und damit unzulässig. Es erübrigt sich daher, das
Verhältnis dieser Konvention zum Haager Übereinkommen zu prüfen.

4.2.2 Dem Bundesgericht unterbreitet werden kann hingegen die Rechtsfrage, ob
die Rückkehr nach Argentinien für die Kinder eine Gefährdung darstellt. Die
Beschwerdeführerin bringt vor, dass ein Herausreissen aus dem in der Schweiz
geführten Leben für die Kinder traumatisierend wäre. Dazu drohe der
Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr nach Argentinien eine langjährige
Freiheitsstrafe, was zwangsläufig zu einer Trennung von Mutter und Kindern
führen würde. All dies wäre eine schwerwiegende Gefährdung der Kinder in
ihrer seelischen Entwicklung und würde sie zudem in eine unzumutbare Lage
bringen.

4.2.2.1 Gemäss Art. 13 Abs. 1 lit. b HEntfÜ besteht keine Pflicht zur
Rückführung, wenn nachgewiesen ist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden
Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist
oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage gebracht wird. Ziel
des Haager Übereinkommens ist, die sofortige Rückführung widerrechtlich in
einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückbehaltener Kinder
sicherzustellen und zu gewährleisten (Art. 1 HEntfÜ). Insbesondere will das
Übereinkommen die Kinder nicht dem zur Ausübung der elterlichen Sorge besser
befähigten Elternteil zusprechen; bezweckt wird vielmehr die
Wiederherstellung des vor der Entführung herrschenden faktischen Zustandes.
Damit soll auch die Erschleichung von (heimatlichen) Zuständigkeiten durch
einen Ehegatten verhindert werden. Die mit der Entführung geschaffenen
Gegebenheiten sollen rückgängig gemacht und der Entscheid über die
Kinderzuteilung dem Richter am Ort des bisherigen Aufenthalts anheimgestellt
werden (BGE 123 II 419 E. 2b S. 424).

4.2.2.2 Es ist nachvollziehbar, dass die Rückführung für die Kinder mit
seelischen Schmerzen verbunden sein kann; dies wird aber vom Haager
Übereinkommen in Kauf genommen. Eine Ablehnung der Rückführung ist nur
gerechtfertigt, wenn für die Kinder darüber hinaus die ernsthafte Gefahr
besteht, in ihrer geistig-psychischen, körperlichen, moralischen und sozialen
Entwicklung negativ beeinflusst zu werden, d.h., wenn ihnen die Gefahr eines
seelischen Schadens droht.

Die Kinder haben seit ihrer Geburt in Argentinien gelebt. Auch wenn sie sich
in den letzten Monaten gut in der Schweiz eingelebt haben sollten, sind keine
ernsthaften Gründe ersichtlich, warum es unzumutbar wäre, sie in das Land
zurückzuführen, in dem sie ihr gesamtes bisheriges Leben verbracht haben.

4.2.2.3 Was die mögliche Trennung von der Mutter betrifft, da dieser bei
einer Rückkehr nach Argentinien eine gegebenenfalls erhebliche
Freiheitsstrafe droht, hat das Obergericht ausgeführt, dass eine Trennung von
Entführer und Kind grundsätzlich keine Verweigerung der Rückgabe zu begründen
vermöge; Ausnahmen seien höchstens im Zusammenhang mit Kleinkindern und
Säuglingen angebracht. Im vorliegenden Fall seien aber die Kinder in einem
Alter, in dem nur noch aussergewöhnliche Umstände einer Trennung eine schwere
Schädigung zu begründen vermögen, und solche würden hier nicht vorliegen.
Diesen Erwägungen ist zuzustimmen: Das Haager Übereinkommen dient der
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes, wie er vor der Entführung
bestand. Einer Trennung von der Mutter folgt nicht zwingend eine Gefährdung
der Kinder, zumal auch das Übereinkommen eine solche Trennung in Kauf nimmt,
da mit der Rückführung der Kinder nicht zwangsläufig auch die Rückkehr des
Entführers verbunden ist. Die drei Kinder der Beschwerdeführerin sind alle
dem Kleinkindalter entwachsen, auch wenn eine (zeitweise) Trennung von ihrer
Mutter sicher nicht einfach zu ertragen wäre, kann nicht von einer schweren
Gefährdung oder Unzumutbarkeit ausgegangen werden.

Weiter ist im vorliegenden Fall zu beachten, dass die Beschwerdeführerin die
Strafverfolgung durch die Entführung der Kinder selber provoziert hat. Es
darf daher nicht sein, dass sie aus den eventuell daraus resultierenden
Folgen ihres (widerrechtlichen) Tuns etwas zu ihren Gunsten ableiten kann
(Hans Kuhn, Ihr Kinderlein bleibet, so bleibet doch all, AJP 1997 S. 1099).
Auch wenn bei einer Rückführung in erster Linie auf die Interessen der Kinder
abzustellen ist, ist nicht zu übersehen, dass die mögliche Gefahr für das
Kindeswohl durch die Entführung der Kinder erst geschaffen wurde.

4.3 Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, das Obergericht habe gegen Art.
13 Abs. 2 HEntfÜ und Art. 12 KRK verstossen, indem es die Meinung der Kinder,
insbesondere des ältesten unter ihnen, nicht berücksichtigt habe.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, das älteste Kind sei gestützt auf
die UNO-Kinderrechtskonvention anzuhören und es sei ihm ein Prozessbeistand
zu ernennen, sind diese Vorbringen neu und daher unzulässig. Die Rügen
bezüglich der falschen Anwendung von Art. 13 Abs. 2 HEntfÜ erschöpfen sich in
in neuen Vorbringen und einer ebenfalls unzulässigen Kritik an der
Beweiswürdigung des Obergerichts. So verhält es sich insbesondere, wenn die
Beschwerdeführerin vorbringt, das Obergericht habe das ärztliche
Privatgutachten zu wenig berücksichtigt.

4.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorgebrachten Rügen, soweit
überhaupt zulässig, nicht begründet sind. Das Obergericht hat in seinem
Entscheid das Haager Übereinkommen nicht verletzt. Die staatsrechtliche
Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden
kann.

Das Obergericht hat der Beschwerdeführerin eine Frist von 30 Tagen ab
Zustellung seines Beschlusses vom 20. Juni 2002 gesetzt, um die Kinder nach
Argentinien zurückzubringen oder zurückbringen zu lassen. Dieser Termin ist
mittlerweile verstrichen; daher hat das Bundesgericht darüber neu zu
befinden.

4.5 Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin grundsätzlich die
Verfahrenskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie schuldet dem
Beschwerdegegner keine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche
Verfahren, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat auch für dieses Verfahren ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung gestellt. Wie die
staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Kassationsgerichts (E.
3.4) besteht auch die vorliegende Eingabe der Beschwerdeführerin in weiten
Teilen aus unzulässigen oder rein appellatorischen Ausführungen. Auch soweit
auf die Rügen eingetreten wurde, sind die Gewinnaussichten deutlich geringer
als die Verlustgefahren gewesen, da insbesondere für einen Nachweis der
Gefährdung der Kinder die Aktenlage offensichtlich nicht ausgereicht hat. Dem
Gesuch kann demnach wegen Aussichtslosigkeit nicht stattgegeben werden, womit
die Frage der Bedürftigkeit nicht zu prüfen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 25. Oktober 2002 (Verfahren
5P.463/2002) wird nicht eingetreten.

2.
Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 20. Juni 2002 (Verfahren 5P.263/2002)
wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Kinder A.________, geb. 1994, B.________ und
C.________, beide geb. 1997, bis zum 7. März 2003 nach Argentinien
zurückzubringen oder zurückbringen zu lassen, unter Androhung der Bestrafung
wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB
(Bestrafung mit Haft oder Busse) im Widerhandlungsfall.

4.
Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege (Verfahren 5P.463/2002 und
5P.263/2002) werden abgewiesen.

5.
Die Gerichtsgebühren von Fr. 1'500.-- (Verfahren 5P.463/2002) und Fr.
2'000.-- (Verfahren 5P.263/2002) werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

6.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren (Verfahren 5P.463/2002) mit Fr. 300.-- zu entschädigen.

7.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kassationsgericht des Kantons Zürich und
dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Januar 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: