Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.195/2002
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5P.195/2002 /min

Urteil vom 23. Juli 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Hohl,
Gerichtsschreiber Zbinden.

A. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hansheiri Inderkum,
Marktgasse 4, 6460 Altdorf UR,

gegen

B.________,
C.________,
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwältin Christina
Stutz-Berger, Aegeristrasse 50, Postfach 26, 6301 Zug,
Obergericht des Kantons Uri, Zivilrechtliche Abteilung, Rathausplatz 2,
Postfach 449, 6460 Altdorf UR.

Art. 9 BV (Besitzesschutz),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Uri, Zivilrechtliche Abteilung, vom 20. März 2002.

Sachverhalt:

A.
A. ________ (Gesuchsteller oder Beschwerdeführer) ist Eigentümer des
Grundstücks GB 25 X.________. Zu Lasten dieses Grundstücks besteht ein Fuss-
und Fahrwegrecht zu Gunsten des Nachbargrundstückes GB 29 X.________.
B.________ und C.________ (Gesuchsgegner oder Beschwerdegegner) sind
ihrerseits Eigentümer einer Parzelle, welche an das Grundstück GB 29
X.________ grenzt. Auf dem Grundstück GB 29 X.________ befindet sich ein
Parkplatz, den die Gesuchsgegner aufgrund einer vertraglichen Abmachung mit
den Eigentümern während deren Abwesenheit benutzen dürfen. Um zum Parkplatz
zu gelangen, fuhren die Gesuchsgegner über das Grundstück des Gesuchstellers,
GB 25.

B.
Auf Ersuchen des Gesuchstellers befahl das Landgerichtspräsidium Uri im
Befehlsverfahren den Gesuchsgegnern unter Androhung der Strafen gemäss Art.
292 StGB, das Begehen und Befahren des Grundstückes GB 25 X.________ zu
unterlassen. Demgegenüber hiess das Obergericht des Kantons Uri am 20. März
2002 den gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs der Gesuchsgegner gut und
wies das Gesuch um Besitzesschutz ab.

C.
Der Gesuchsteller führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art.
9 BV mit dem Begehren, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben. Es sind
keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

D.
Der Beschwerdeführer hat überdies um Erläuterung des obergerichtlichen
Entscheides ersucht, weshalb das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde
mit Verfügung vom 7. Juni 2002 suspendiert worden ist. Am 10. Juli 2002 hat
das Obergericht das Erläuterungsgesuch abgewiesen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Letztinstanzliche Besitzesschutzentscheide in Anwendung von Art. 928 ZGB
können einzig mit zivilrechtlicher Nichtigkeitsbeschwerde (Art. 68 ff. OG)
oder staatsrechtlicher Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 OG) angefochten werden (BGE
113 II 243; 107 II 233 E. 1). Im vorliegenden Fall beruft sich der
Beschwerdeführer auf keinen der Nichtigkeitsgründe gemäss Art. 68 Abs. 1 lit.
a-e OG, sondern behauptet einzig eine Verletzung des Willkürverbotes (Art. 9
BV). Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst im Wesentlichen geltend, aus
dem Sachverhalt ergebe sich, dass es im vorliegenden Fall um eine Klage aus
Besitzesstörung nach Art. 928 ZGB gehe. Das Obergericht habe Art. 928 ZGB
willkürlich angewendet, indem es entgegen dem klaren Wortlaut dieser
Bestimmung und in Abweichung verschiedener Lehrmeinungen abgeklärt habe, ob
den Gesuchsgegnern ein Recht zur Nutzung der Dienstbarkeit zustehe.

2.2 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das Obergericht auf Rekurs
der Beschwerdegegner über eine Besitzesschutzklage befunden hat, wobei es
sich, wie die Erwägungen des angefochtenen Entscheides ausserdem
verdeutlichen, um eine Klage aus Besitzesstörung handelt. Wird der Besitz
durch verbotene Eigenmacht gestört, so kann der Besitzer gegen den Störenden
Klage erheben, auch wenn dieser ein Recht zu haben behauptet (Art. 928 Abs. 1
ZGB). Nach den Feststellungen des angefochtenen Entscheides, die vom
Beschwerdeführer nicht bestritten werden, haben die Eigentümer des
Grundstücks GB 29 die Beschwerdegegner (Eigentümer des benachbarten
Grundstücks) vertraglich berechtigt, bei ihrer Abwesenheit den auf GB 29
gelegenen Parkplatz zu benutzen. Kraft des ihnen vertraglich eingeräumten
Nutzungsrechtes am Grundstück GB 29 aber steht den Beschwerdegegnern
selbstredend auch zu, das den Eigentümern von GB 29 zu Lasten GB 25
eingeräumte Fuss- und Fahrrecht, das der Nutzung von GB 29 dient,
mitzubenutzen (vgl. BGE 100 II 105 E. 3a S. 115 Liver, Zürcher Kommentar, 3.
Aufl. 1980, N. 40 und 41 zu Art. 730 ZGB). Auch die Beschwerdegegner sind
demnach Besitzer der Dienstbarkeit (vgl. Stark, Berner Kommentar,
Vorbemerkungen Besitzesschutz zu Art. 926-929 ZGB, N. 72 in Verbindung mit N.
78), weshalb es an der Voraussetzung der verbotenen Eigenmacht mangelt; das
ergibt sich denn auch zweifelsfrei aus der obergerichtlichen Begründung.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat das Obergericht nur
geprüft, ob die Voraussetzungen von Art. 928 Abs. 1 ZGB erfüllt sind, auch
wenn die Begründung über weite Strecken gar ausführlich ausgefallen ist. Der
vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, das Obergericht habe Art. 928 Abs. 1
ZGB willkürlich angewendet, erweist sich mithin als unbegründet. Dies führt
zur Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 OG). Er schuldet den Beschwerdegegnern allerdings keine
Entschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren, da keine Vernehmlassung
eingeholt worden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Uri,
Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juli 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: