Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5P.174/2002
Zurück zum Index II. Zivilabteilung 2002
Retour à l'indice II. Zivilabteilung 2002


5P.174/2002 /min

Urteil vom 5. Juli 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.

R. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Luzius Schmid, Villa
Fontana, Obere Strasse 22B, Postfach, 7270 Davos Platz,

gegen

T.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin lic.iur. Diana Honegger
Droll, Salishaus, Masanserstrasse 35, Postfach 57, 7006 Chur,
Kantonsgericht von Graubünden, Kantonsgerichtsausschuss, Poststrasse 14, 7002
Chur.

Art. 9 BV (definitive Rechtsöffnung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von
Graubünden, Kantonsgerichtsausschuss, vom 20. Februar 2002.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 12. Juli 2001 schied das Bezirksgericht Prättigau/Davos die
Ehe von T.________ (Ehefrau) und R.________ (Ehemann). Es genehmigte die
Teilkonvention vom 5. Mai 2001, regelte die strittige Unterhaltsfrage sowie
den Umfang der aufzuteilenden Austrittsleistung aus dem
Pensionskassenguthaben der Ehefrau. Unter Einbezug des Ergebnisses der
güterrechtlichen Auseinandersetzung sprach das Gericht T.________ ein
Guthaben von Fr. 256'280.45 zu. Davon überwies ihr R.________ Fr. 229'321.45.
Von der verbleibenden Schuld über Fr. 26'959.-- war der Saldo aus der
Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche aus Unterhalt und Miete für die
Monate September, Oktober und November 2001 in Abzug zu bringen.

B.
T.________ setzte ihr Restguthaben von Fr. 26'134.-- in Betreibung, worauf
R.________ Rechtsvorschlag erhob. Das Bezirksgerichtspräsidium Prättigau/
Davos erteilte der Gesuchstellerin in der Betreibung Nr. ... des
Betreibungsamtes Davos am 11. Januar 2002 die definitive Rechtsöffnung über
Fr. 26'134.-- zuzüglich Zinsen. Die von R.________ dagegen erhobene
Beschwerde wurde vom Kantonsgericht von Graubünden am 20. Februar 2002
abgewiesen.

C.
R.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das
kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben. Sein Gesuch um aufschiebende Wirkung
ist abgewiesen worden und ebenso das entsprechende Wiedererwägungsbegehren.
Dem Gesuch um Sistierung des Verfahrens wurde nicht Folge geleistet.

Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde
von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 128 I 46 E. 1a).

Entscheide der letzten kantonalen Instanz über die Gewährung oder
Verweigerung der definitiven oder provisorischen Rechtsöffnung sind mit der
staatsrechtlichen Beschwerde anfechtbar (BGE 120 Ia 256 E. 1a; 111 III 8 E.
1). Damit steht vorliegend dem Eintreten insofern nichts im Weg, als sich die
erhobenen Rügen gegen das kantonsgerichtliche Urteil richten. Soweit der
Beschwerdeführer indes den Rechtsöffnungsentscheid kritisiert, ist auf seine
Vorbringen nicht einzutreten.

2.
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht die willkürliche Anwendung von
Art. 81 Abs. 1 SchKG vor, da es die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung
geschützt habe, obwohl diese gestützt auf ein Urteil ausgesprochen worden
sei, das den geschuldeten Betrag gar nicht nenne, sondern die Verrechnung
seiner daselbst bestimmten Verpflichtung mit Ansprüchen infolge des
Massnahmeentscheides vom 18. April 2000 zulasse. Somit schulde er lediglich
einen nicht bezifferten Saldo aus einem Abrechnungs- und
Verrechnungsverhältnis, der gestützt auf das Scheidungsurteil nicht
vollstreckt werden könne.

2.1 Ein Entscheid erweist sich als willkürlich, wenn er einen unbestrittenen
Rechtsgrundsatz verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Eine Verletzung von Art. 9 BV ist indes nicht bereits dann
anzunehmen, wenn eine andere Lösung möglich oder gar vorzuziehen wäre (BGE
126 III 438 E. 3 S. 440).
Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Urteil einer Behörde des
Bundes oder des Kantons, in dem die Betreibung eingeleitet ist, so wird die
definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden
beweist, dass die Schuld seit Erlass des Urteils getilgt oder gestundet
worden ist, oder die Verjährung  anruft (Art. 81 Abs. 1 SchKG). Gemäss dem
klaren Wortlaut dieser Bestimmung darf der Rechtsöffnungsrichter die Einrede
der Tilgung nur anerkennen, wenn dafür der Urkundenbeweis erbracht ist.
Sofern die Tilgung auf die Verrechnung mit einer Gegenforderung gestützt
wird, muss nach Lehre und Rechtsprechung die Gegenforderung des Schuldners
ihrerseits durch ein gerichtliches Urteil im Sinne von Art. 81 Abs. 1 SchKG
oder durch eine vorbehaltlose Anerkennung der Gegenpartei belegt sein. Es
entspricht dem Willen des Gesetzgebers, die Möglichkeiten des Schuldners zur
Abwehr der definitiven Rechtsöffnung zu beschränken. Um jede Verschleppung
der Vollstreckung zu verhindern, kann der definitive Rechtsöffnungstitel nur
durch einen strikten Gegenbeweis, d.h. mit völlig eindeutigen Urkunden
entkräftet werden (BGE 115 III 97 E. 4 mit Hinweisen; 124 III 501 E. 3a; 125
III 42 E. 2b).

2.2 Das Kantonsgericht hält fest, dass aus dem rechtskräftigen
Scheidungsurteil vom 12. Juli 2001 eine klar bezifferte Güterrechtsforderung
zu Gunsten der Beschwerdegegnerin hervorgehe, womit ein definitiver
Rechtsöffnungstitel vorliege, was von den Parteien nicht bestritten werde.
Dem Beschwerdeführer stehe demgegenüber das Verrechnungsrecht hinsichtlich
allfälliger Ansprüche aus dem Massnahmeentscheid zu. Indes gründe seine
Einrede auf Rechnungen und Zahlungsbelegen, die weder einen definitiven noch
einen provisorischen Rechtsöffnungstitel darstellten. Es bleibe ihm
unbenommen, seinen Standpunkt mit den ihm zur Verfügung stehenden Beweisen
dem ordentlichen Richter zu unterbreiten.

2.3 Mit dieser Begründung setzt sich der Beschwerdeführer in keiner Weise
auseinander. Im Wesentlichen wiederholt er den bereits im kantonalen
Verfahren vertretenen Standpunkt, dass das Scheidungsurteil keinen
bezifferten Betrag festlege, sondern ein Abrechnungs- und
Verrechnungsverhältnis begründe. Damit sei von den
Verrechnungsvoraussetzungen gemäss Art. 81 Abs. 1 SchKG abzusehen. Das
Kantonsgericht führt aus, dass das Scheidungsurteil lediglich die Verrechnung
zulasse, und zwar bereits ab dem 1. Juni 1999, hätte wie die Erhebung dieser
Einrede rechtsgenüglich belegt werden müssen. Dazu finden sich in der
Beschwerde keine den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
genügenden Einwände (BGE 110 Ia 1 E. 2a).

3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde insgesamt als unzulässig. Damit
kann dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wegen
Aussichtslosigkeit nicht stattgegeben werden (Art. 152 Abs. 1 OG). Dem
Beschwerdeführer sind ausgangsgemäss die Kosten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden,
Kantonsgerichtsausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juli 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: