Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.43/2002
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5C.43/2002 /min
Urteil vom 28. Mai 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Ersatzrichter Zünd,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Beklagter und Berufungskläger,

gegen

Y.________,
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Felix Rom,
Bleicherweg 27, 8002 Zürich.

Abänderung des Trennungsurteils

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 27. November 2001
Sachverhalt:

A.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 24. März 1993 wurden die Eheleute
X.________ (Ehemann) und Y.________ (Ehefrau) gestützt auf aArt. 147 Abs. 1
in Verbindung mit aArt. 142 ZGB auf unbestimmte Zeit getrennt. Dabei wurden
die Kinder A.________, geb. ... April 1978, und B.________, geb. ... August
1985, unter die elterliche Gewalt der Mutter gestellt. Das Gericht genehmigte
sodann die von den Parteien geschlossene Vereinbarung über die Nebenfolgen.
Der Ehemann wurde vereinbarungsgemäss unter anderem verpflichtet, seiner
Ehefrau einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'550.-- zu entrichten
sowie für die Dauer der Trennung sämtliche Hypothekarzinsen und
Gebäudeversicherungsprämien für die Liegenschaft in Z.________ zu bezahlen.
Der monatliche Unterhaltsbeitrag für die Tochter A.________ betrug Fr.
850.--, jener für den Sohn B.________ Fr. 750.-- bis zum vollendeten 12.
Altersjahr, danach Fr. 850.--, je zuzüglich Kinderzulagen. Diese
Unterhaltsbeiträge wurden indexiert auf Basis des Landesindexes der
Konsumentenpreise per Februar 1993 (137,2 Punkte) und sollten jeweils per 1.
Januar dem Indexstand vom Monat November des Vorjahres angepasst werden; für
den Unterhaltsbeitrag an die Ehefrau sollte dem Ehemann der Nachweis offen
stehen, dass sich sein Einkommen nicht entsprechend der Teuerung erhöht hat.
Aufgrund eines Abänderungsurteils vom 20. Dezember 1995 wurde der
Unterhaltsbeitrag für die Tochter auf Fr. 1'050.-- zuzüglich Kinderzulagen
erhöht.

B.
Am 26. April 2000 hiess das Bezirksgericht Horgen ein Abänderungsbegehren der
Klägerin vom 27. Mai 1999 teilweise gut und verpflichtete den Beklagten mit
Wirkung ab 1. Juni 1999 zur Bezahlung eines Unterhaltsbeitrags an die
Klägerin von monatlich Fr. 3'183.--. Das Obergericht des Kantons Zürich
bestätigte dies mit Urteil vom 27. November 2001 und erhöhte zudem den
Unterhaltsbeitrag für den Sohn auf Fr. 887.-- ab Juni 1999, auf Fr. 1'087.--
ab August 2000 und auf Fr. 1'187.-- ab August 2001, jeweils zuzüglich
Kinderzulagen. Diese Unterhaltsbeiträge wurden indexiert auf der Basis von
101,8 Punkten, Stand Ende Juli 2001.

C.
Der Beklagte hat am 30. Januar 2002 eidgenössische Berufung erhoben. Er
beantragt, das Urteil des Obergerichts vollumfänglich aufzuheben (Ziff. 1),
Dispositiv Ziffer 1 des Urteils des Bezirksgerichts Horgen vom 26. April 2000
aufzuheben, und das Begehren der Klägerin um Abänderung ihres
Unterhaltsbeitrages abzuweisen (Ziff. 2).

In ihrer Berufungsantwort vom 6. Mai 2002 beantragt die Klägerin, es sei die
Berufung für unbegründet zu erklären und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 27. November 2001 zu bestätigen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. b OG muss die Berufungsschrift die genaue
Angabe darüber enthalten, welche Punkte des Entscheides angefochten und
welche Abänderungen beantragt werden. Nach der Rechtsprechung ist diesen
Anforderungen Genüge getan, wenn in Verbindung mit der Begründung oder dem
angefochtenen Urteil ohne weiteres ersichtlich ist, in welchem Sinne das
angefochtene Urteil nach dem Willen des Berufungsklägers abgeändert werden
soll (BGE 101 II 372; 110 11 74 E. 1; 125 III 412 E. 1b, je mit Hinweisen).

Das Begehren des Beklagten ist insoweit klar, als er verlangt, dass der
Unterhaltsbeitrag an die Klägerin persönlich nicht abgeändert werde.
Demgegenüber ist es in Bezug auf den Unterhaltsbeitrag für den Sohn unklar,
und der Beklagte stellt diesbezüglich keinen ausdrücklichen Antrag. Aus dem
Begehren, das Urteil des Obergerichts sei vollumfänglich aufzuheben, könnte
aber geschlossen werden, dass dies auch für den Unterhaltsbeitrag für den
Sohn gelten solle. In der Begründung der Berufungsschrift wird allerdings nur
die Erhöhung des Unterhaltsbeitrages der Klägerin beanstandet, während der
Beklagte bezüglich des Kinderunterhaltsbeitrages festhält, er habe
"freiwillig einer entsprechenden Erhöhung der Unterhaltsbeiträge für den Sohn
(.) zugestimmt", als er - wie üblich erst im Gerichtssaal - davon Kenntnis
erhalten habe, dass dieser die Mittelschule besuchen werde. Es ist deshalb
anzunehmen, dass der Beklagte das Urteil des Obergerichts in diesem Punkt
nicht anfechten will, jedenfalls aber läge weder ein hinreichender Antrag
noch eine den Anforderungen genügende Begründung (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG)
vor, wenn er den Kinderunterhaltsbeitrag doch hätte anfechten wollen.

1.2  In der Berufungsantwort der Klägerin wird geltend gemacht, auf die
Berufung sei überhaupt nicht einzutreten, da sich diese gegen das
bezirksgerichtliche Urteil richte, nicht gegen den letztinstanzlichen
Endentscheid des Obergerichts. Das ist nicht zutreffend, denn in Ziff. 1
seines Begehrens verlangt der Beklagte ausdrücklich die Aufhebung des Urteils
des Obergerichts und aus Ziff. 2 geht hervor, dass er dieses - wie schon
ausgeführt - dahingehend abgeändert wissen will, dass die Frauenrente
gegenüber dem ursprünglichen Trennungsurteil vom 24. März 1993 nicht
abgeändert werde.

1.3  Die Klägerin macht überdies geltend, es fehle in der Berufungsschrift an
Ausführungen zum Streitwert. Auch aus diesem Grund sei auf die Berufung nicht
einzutreten. Es trifft zu, dass sich entgegen den gesetzlichen Vorschriften
(Art. 51 Abs. 1 lit. a und Art. 55 Abs. 1 lit. a OG) weder in der
Berufungsschrift noch im angefochtenen Urteil Angaben zum Streitwert finden,
doch lässt sich dieser ohne weiteres ermitteln, was ausreichend ist (BGE 109
11 491 S. 493; 120 11 393 E. 2 S. 395;). Massgebend für den Streitwert sind
die Rechtsbegehren, wie sie vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig
waren (Art. 46 OG). Bei Unterhaltsbeiträgen kommt es auf den Barwert an (BGE
85 11 365). Der Unterhaltsbeitrag für die Frau beträgt nach dem
Trennungsurteil Fr. 2'550.--, teuerungsbereinigt Fr. 2'760.-- (Index
Trennungsurteil: 137,2; Index November 2000: 148,5), vor Obergericht streitig
war die Erhöhung auf Fr. 3'183.--, also monatlich um Fr. 423.--, dies mit
Wirkung ab 1. Juni 1999. Es bedarf keiner weiteren Berechnung, um zu
erkennen, dass der Streitwert von Fr. 8'000.-- klar überschritten ist.

2.
2.1Solange die Ehe nicht geschieden ist, gelangen die gesetzlichen
Bestimmungen über die Unterhaltsansprüche zwischen den Ehegatten gemäss den -
nicht geänderten - Bestimmungen über die Unterhaltsansprüche zwischen den
Ehegatten gemäss Art. 163 ff. ZGB zur Anwendung; es handelt sich um
ehelichen, nicht um nachehelichen Unterhalt (BGE 95 11 68 E. 2a;
Hausheer/Spycher/Kocher/Brunner, Handbuch des Unterhaltsrechts, Bern 1997, S.
233, Rz. 04.109).

2.2 Gemäss Art. 163 Abs. 1 ZGB sorgen die Ehegatten gemeinsam, ein jeder nach
seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. Als ehelicher
Unterhalt können die Beiträge sowohl herabgesetzt als auch erhöht werden,
sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (BGE 95 11 68 E. 2b;
Hausheer/Spycher, Unterhalt nach neuem Scheidungsrecht, Ergänzungsband, Bern
2001, S. 149, Rz. 09.100; Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum neuen
Scheidungsrecht, Zürich 1999, S. 133, Rz. 26 zur Art. 117/118). Im
Unterschied zu Eheschutzmassnahmen, die regelmässig in einem summarischen
Verfahren ergehen und demzufolge nicht in materielle Rechtskraft erwachsen
(Hausheer/Spycher/Kocher/Brunner, a.a.O., Rz. 09.90 und Rzn. 11.59 ff),
werden die Trennungsfolgen aber in einem ordentlichen Zivilprozess geregelt
und werden damit formell und materiell rechtskräftig (BGE 95 11 68 E. 2c;
Sutter/ Freiburghaus, a.a.O., S. 130, Rz. 16 zu Art. 117/118). Ihre
Abänderung setzt eine erhebliche und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse
voraus (BGE 95 11 68 E. 2c; Sutter/Freiburghaus, a.a.O., S. 130, Rz. 16 zu
Art. 116/117). Die Rechtskraft des ursprünglichen Trennungsurteils hat
regelmässig zur Konsequenz, dass im Abänderungsverfahren das ursprüngliche
Verhältnis zwischen Einkommen und Unterhaltsbeitrag gewahrt wird (BGE 108 11
30 E. 8 S. 33; Hausheer/Spycher/Kocher/Brunner, a.a.O., Rz. 09.130).

2.3 Dem Trennungsurteil vom 24. März 1993 lag ein monatliches Nettoeinkommen
des Beklagten von Fr. 16'334.-- zugrunde. Nach den Feststellungen des
Obergerichts, die im Berufungsverfahren verbindlich sind (Art. 63 Abs. 2 OG),
beträgt das Nettoeinkommen nunmehr Fr. 18'000.-- bis Juni 2000 und, weil die
3%-ige Lohnkürzung des Staatspersonals auf diesen Zeitpunkt rückgängig
gemacht wurde, Fr. 18'500.-- für die Zeit danach. Soweit der Beklagte darauf
beharrt, dass das Einkommen per Juni 2000 nur Fr. 16'606.-- betrage und sich
danach nur auf Fr. 17'540.-- erhöht habe, hätte er dies mit staatsrechtlicher
Beschwerde geltend machen müssen. Das Einkommen des Beklagten hat sich
demnach gegenüber 1993 um 10 respektive 13 % erhöht. Zu berücksichtigen ist
allerdings, dass das Trennungsurteil die Unterhaltsbeiträge indexiert hat,
woraus folgt, dass der entsprechenden Erhöhung des Einkommens bereits
Rechnung getragen wurde. Der Unterhaltsbeitrag erhöhte sich jeweils auf
Beginn eines Jahres nach Massgabe des Indexstandes per November des
Vorjahres. Ausgehend von einem Indexstand von 137,2 Punkten im Februar 1993
erhöhte sich dieser im November 2000 auf 148,5 Punkte und im November 2001
auf 148,9 Punkte, was eine im Trennungsurteil bereits enthaltene Erhöhung des
Unterhaltsbeitrages um 8,2 % respektive 8,5 % bedeutet. Daraus ergibt sich,
dass das heutige Einkommen des Beklagten um weniger als 2 % (berechnet auf
November 2000) bzw. um weniger als 5 % (November 2001) höher ist als das dem
Trennungsurteil zugrunde gelegte.

2.4 Das Obergericht bezweifelt, ob eine Einkommenssteigerung um 10 - 13 %
erheblich ist und deshalb eine Anpassung der Unterhaltsbeiträge rechtfertigen
könnte; eine derartige Steigerung möge in knappen finanziellen Verhältnissen
erheblich erscheinen, bei guten bis sehr guten jedoch kaum. Unter
Berücksichtigung dessen, dass das Trennungsurteil bereits mit der Steigerung
der Lebenshaltungskosten und des Einkommens des Ehemannes im Rahmen der
Teuerung gerechnet hat, liegt - wie schon ausgeführt - nur eine Erhöhung des
Einkommens gegenüber den Annahmen, auf denen das ursprüngliche Urteil beruht,
um weniger als 2 respektive 5 % vor. Es ist offensichtlich, dass sich eine
Erhöhung des Unterhalts wegen höheren Einkommens des Ehemannes nicht
begründen lässt.

2.5 Das Obergericht begründet die Erhöhung des Unterhaltsbeitrags denn auch
nicht nur mit dem erhöhten Einkommen, sondern ergänzend und vor allem mit
gestiegenen Lebenshaltungskosten, namentlich im Bereich der Gesundheitskosten
(Krankenversicherungsprämien), sowie damit, dass die Tochter ein
Universitätsstudium begonnen habe und der Sohn die Mittelschule besuche. Der
Anstieg der Lebenshaltungskosten der Klägerin sei daher nur marginal
teuerungsbedingt, weshalb es nicht darauf ankomme, dass die
Unterhaltsbeiträge im Trennungsurteil indexiert worden seien. Aktenkundig und
notorisch sei zudem, dass der Beklagte zwischen Januar 1997 und Juni 2000
eine 3%-ige Lohnkürzung habe in Kauf nehmen müssen, weshalb in dieser Zeit
kein Anspruch auf Teuerungsausgleich bestanden habe, denn dem Ehemann sei
nach der Trennungsvereinbarung der Nachweis offen gestanden, dass sich sein
Einkommen nicht entsprechend der Teuerung erhöht habe.

Die Überlegungen des Obergerichts vermögen nicht zu überzeugen. Zunächst ist
darauf hinzuweisen, dass die Gesundheitskosten in den Landesindex der
Konsumentenpreise einfliessen. Zwar sind die Krankenversicherungsprämien
nicht in diesem Index erfasst, doch sind die zugrunde liegenden
Gesundheitskosten Teil des Warenkorbs. Der sog. "Mengeneffekt", d.h. die
prämienwirksame Ausweitung des Konsums im Gesundheitsbereich, ist allerdings
im Konsumentenpreisindex nicht erfasst. Die durch die Mengenausweitung
bewirkte Prämienerhöhung trifft aber beide Ehepartner gleichermassen; anders
wäre es höchstens, wenn einer der Ehegatten, hier möglicherweise die
Klägerin, Anspruch auf Verbilligungsbeiträge haben sollte, wozu allerdings
Feststellungen im angefochtenen Urteil fehlen. Alsdann mag zwar die Aufnahme
des Studiums oder der Besuch einer Mittelschule der Kinder Auswirkungen auf
deren Unterhaltsbedarf haben, was auch zu entsprechenden Änderungen der
Unterhaltsbeiträge geführt hat, die seitens des Beklagten unangefochten
geblieben sind. Dadurch erhöhen sich aber nicht die persönlichen
Lebenshaltungskosten der Klägerin.

3.
Da mithin keine erhebliche Veränderung der massgebenden Verhältnisse
vorliegt, ist für eine Abänderung der Unterhaltsrente für die Klägerin kein
Raum. Die Berufung ist deshalb gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist,
das Urteil des Obergerichts bezüglich der Unterhaltsrente für die Klägerin
persönlich aufzuheben und die Klage in diesem Punkt abzuweisen.

Die Klägerin hat die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1
OG). Eine Parteientschädigung schuldet sie jedoch nicht, da der Beklagte sich
nicht durch einen Anwalt vertreten liess. Für die Regelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens ist die Sache an das
Obergericht des Kantons Zürich zurückzuweisen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Das Bundesgericht erkennt im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Berufung wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Ziff. 1 des
Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 27. November
2001 wird mit Bezug auf den Unterhaltsbeitrag für die Klägerin persönlich
aufgehoben. Diesbezüglich wird die Klage abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Klägerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Die Ziff. 2 bis 5 des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 27. November 2001 werden aufgehoben. Die Sache wird zur
Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens an das
Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Mai 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: