Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.28/2002
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5C.28/2002 /bnm

Urteil vom 18. Februar 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiberin Scholl.

Z. ________,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Flurin Turnes,
Neugasse 35, 9000 St. Gallen,

gegen

Bank Y.________,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas
Hünerwadel, c/o Wenger Vieli Belser Rechtsanwälte, Postfach, 8034 Zürich.

Aberkennung; Pfandvertrag,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 4. Dezember 2001.

Sachverhalt:

A.
Z. ________ errichtete am 14. November 1994 zu Lasten ihrer
Stockwerkeigentumseinheit einen Inhaberschuldbrief über Fr. 100'000.-- (2.
Pfandstelle), den sie gleichentags an die Bank Y.________ verpfändete. Das
Pfand sollte einen Kredit sichern, den die Bank Y.________ der X.________ AG
(nachfolgend: Aktiengesellschaft) gewährt hatte, an welcher der Sohn von
Z.________ als Aktionär und Verwaltungsrat beteiligt war. Am 21. August 1998
wurde über die Aktiengesellschaft der Konkurs eröffnet.

B.
Mit Zahlungsbefehl vom 22. Februar 1999 leitete die Bank Y.________ die
Betreibung auf Grundpfandverwertung für eine Forderung von Fr. 100'000.--
nebst Zins ein, worauf Z.________ Rechtsvorschlag erhob. Mit Verfügung vom
17. August 1999 erteilte die Einzelrichterin des Bezirksgerichts Zürich die
provisorische Rechtsöffnung für eine Forderung von Fr. 100'000.-- nebst Zins
zu 5 % seit 11. Februar 1999 sowie für das Pfandrecht.

Die von Z.________ erhobene Aberkennungsklage wies das Bezirksgericht Zürich
mit Urteil vom 28. November 2000 ab. Das Obergericht des Kantons Zürich hiess
die dagegen erhobene Berufung von Z.________ mit Urteil vom 4. Dezember 2001
teilweise gut und und aberkannte die Forderung im Betrag von Fr. 16'184.15
zuzüglich Zins. Demzufolge werde die Rechtsöffnung im Umfang von Fr.
83'815.85 nebst Zins zu 5 % seit 11. Februar 1999 definitiv.

C.
Z.________ gelangt mit Berufung ans Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil
des Obergerichts des Kantons Zürich aufzuheben und die Aberkennungsklage
vollumfänglich gutzuheissen.

Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden. Das Obergericht hat keine
Gegenbemerkungen angebracht.

D.
Z.________ hat gegen das Urteil des Obergerichts auch kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde erhoben. Auf die gegen den abweisenden Beschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich erhobene staatsrechtliche Beschwerde
ist das Bundesgericht mit Urteil vom heutigen Tag nicht eingetreten
(Verfahren 5P.443/2002).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine vermögensrechtliche
Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 46 OG. Der erforderliche Streitwert
für das Berufungsverfahren ist gegeben. Die Berufung ist rechtzeitig erhoben
worden und richtet sich gegen einen letztinstanzlichen kantonalen
Endentscheid, der nicht mehr durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel
angefochten werden kann (Art. 54 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 OG).

2.
Das Obergericht ist gestützt auf die von der Beklagten eingereichten
Kontoauszüge zum Schluss gekommen, dass es bis zur Konkurseröffnung über die
begünstigte Aktiengesellschaft zu keiner Reduktion des Kredits gekommen sei.
Es habe nur eine Umschichtung der Schuld vom Kontokorrentkonto auf das
Hypothekarkonto stattgefunden, was nicht als Rückzahlung gelten könne. Auf
die Abnahme weiterer Beweismittel zu diesem Sachvorbringen, insbesondere auf
die Einvernahme der von der Klägerin angerufenen Zeugen, verzichtete das
Obergericht. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung von Art. 8 ZGB.

2.1 Art. 8 ZGB verleiht einen bundesrechtlichen Anspruch auf Abnahme von
Beweisen, die zum Nachweis einer rechtserheblichen Tatsache frist- und
formgerecht anerboten worden sind. Der Beweisführungsanspruch ist
insbesondere dann verletzt, wenn der kantonale Richter über rechtserhebliche
Tatsachen überhaupt nicht Beweis führen lässt (BGE 114 II 289 E. 2 S. 290 f.;
123 III 35 E. 2b S. 40). Diese Norm bestimmt indessen nicht, mit welchen
Mitteln der Sachverhalt abzuklären ist und wie der Richter das Ergebnis der
Abklärungen zu würdigen hat; nicht ausgeschlossen wird dadurch eine
vorweggenommene Beweiswürdigung. Art. 8 ZGB steht demnach einer bloss
beschränkten Beweisabnahme nicht entgegen, wenn der Richter schon nach deren
Ergebnis von der Sachdarstellung einer Partei überzeugt ist oder dafür hält,
die zusätzlich beantragten Beweise vermöchten zur Klärung des Sachverhaltes
nichts beitragen (BGE 122 III 219 E. 3c S. 223; 128 III 22 E. 2d S. 25). Eine
andere Frage ist, ob die Beschränkung allenfalls gegen Art. 9 BV verstösst,
was jedoch mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen wäre.

2.2 Im vorliegenden Fall liegt kein offenes Beweisergebnis vor. Das
Obergericht hat auf Grund der eingereichten Kontoauszüge als erwiesen
betrachtet, dass keine Kreditrückzahlung erfolgt sei. Auf die Abnahme
weiterer Beweismittel wurde verzichtet, weil offenbar die Aussagen der Zeugen
in antizipierter Würdigung nicht als geeignet erschienen, am feststehenden
Beweisergebnis etwas zu ändern. Damit liegt keine Verletzung von Art. 8 ZGB
vor, womit sich die entsprechende Rüge der Klägerin als unbegründet erweist.

3.
Die Klägerin bringt vor, für den gewährten Kredit habe neben ihr auch der
Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident der Aktiengesellschaft eine
Sicherheit im Umfang von Fr. 100'000.-- geleistet. Dessen Sicherheit sei von
der Beklagten verwertet worden, wodurch die Schuld - unter Berücksichtigung
des Konkursergebnisses - getilgt sei und gegenüber der Klägerin kein Anspruch
mehr bestehe.

3.1 Das Obergericht führt in diesem Zusammenhang einzig aus, dass die
Beklagte als Voraussetzung für ihre Kreditzusage eine Sicherheitsleistung von
Fr. 200'000.-- verlangt habe, und zwar im Umfang von je Fr. 100'000.-- durch
den Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident der Aktiengesellschaft sowie
durch die Klägerin bzw. deren Sohn. Ob und inwieweit die Sicherheit des
Verwaltungsratspräsidenten verwertet worden ist und sich die Beklagte daraus
befriedigt hat, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den
Akten.

3.2 Im Berufungsverfahren sind neue tatsächliche Vorbringen sowie neue
Einreden ausgeschlossen (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Das Bundesgericht ist an
die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden,
wenn sie nicht offensichtlich auf Versehen beruhen, unter Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen (Art. 63 Abs. 2 OG)
oder zu ergänzen sind (Art. 64 OG). Liegen solche Ausnahmen vor, so hat die
Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, darüber
genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen. Eine Ergänzung setzt zudem
voraus, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im kantonalen Verfahren
prozesskonform aufgestellt, von der Vorinstanz aber zu Unrecht für
unerheblich gehalten oder übersehen worden sind, was wiederum näher anzugeben
ist; andernfalls gelten die Vorbringen als neu und damit als unzulässig (BGE
115 II 484 E. 2a S. 485 f.; 127 III 248 E. 2c S. 252).

Offensichtliches Versehen liegt zudem nur vor, wenn die Vorinstanz eine
bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig, d.h. nicht in ihrer wahren
Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut wahrgenommen hat
(BGE 109 II 159 E. 2b S. 162).

3.3 Ein Versehen der Vorinstanz, wie die Klägerin geltend macht, kann
vorliegend nicht bejaht werden. Die Frage nach der Verwertung der Sicherheit
des Hauptaktionärs und Verwaltungsratspräsidenten der Aktiengesellschaft
sowie das Verhältnis zwischen den beiden geleisteten Sicherheiten war vor
kantonaler Instanz nicht Prozessthema. Die Klägerin weist auch nicht nach,
sie habe entsprechende Sachbehauptungen und Anträge bereits im kantonalen
Verfahren prozesskonform aufgestellt. Die Aktenstelle, auf welche die
Klägerin hinweist, äussert sich zu den hier strittigen Punkten nicht.
Folglich erweist sich das Vorbringen der Klägerin als neu und damit
unzulässig. Insoweit kann daher auf die Berufung nicht eingetreten werden.

4.
Damit ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird die Klägerin kostenpflichtig (Art. 156
Abs. 1 OG). Sie schuldet der Beklagten allerdings keine Parteientschädigung
für das bundesgerichtliche Verfahren, zumal keine Berufungsantwort eingeholt
wurde.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4000.-- wird der Klägerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Februar 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: