Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.253/2002
Zurück zum Index II. Zivilabteilung 2002
Retour à l'indice II. Zivilabteilung 2002


5C.253/2002 /min

Urteil vom 18. Dezember 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

G. ________,
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Carla Wassmer,
Oberer Steisteg 18, Postfach 148, 6431 Schwyz,

gegen

F.________,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin
Michel, Zürcherstrasse 49, Postfach 333,
8853 Lachen SZ.

Ungültigkeit eines Testamentes, Erbunwürdigkeit,

Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz vom 10.
September 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 28. März 1998 verstarb K.________ im Alter von 88 Jahren. Sie hinterlässt
als einzigen gesetzlichen Erben ihren Sohn G.________. Am 23. November 1989
hatte sie ein eigenhändiges Testament verfasst, zu dem sie am folgenden Tag
sowie am 17. März 1991 je einen Nachtrag erstellte. Neben Vermächtnissen in
der Höhe von insgesamt Fr. 240'000.-- setzte sie F.________ als Erbin des
"Wohnhauses an der Strasse S.________ Schwyz", ohne Mobiliar, ein. Das
gesamte übrige Vermögen sollte ihrem Sohn G.________ zufallen, insbesondere
die Liegenschaften in Zug und Ascona. Sämtliche letztwilligen Anordnungen
wurden am 15. Juni 1994 auf der Gemeinde Schwyz hinterlegt. Am 26. Februar
1996 zog F.________, bevollmächtigt von K.________, die Testamente von der
Gemeinde zurück und brachte sie am 28. Februar 1996 wiederum zurück.

B.
Das Bezirksgericht Schwyz wies mit Urteil vom 10. Mai 2000 die Klage von
G.________ auf Feststellung der Ungültigkeit/Nichtigkeit der von K.________
am 23./24. November 1989 verfassten Testamente ab und hiess die Widerklage
von F.________ auf Übertragung der Liegenschaft KTN ... in Schwyz gut. Die
von G.________ dagegen erhobene Berufung wurde vom Kantonsgericht Schwyz am
10. September 2002 abgewiesen.

C.
G.________ gelangt mit Berufung ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung
des kantonsgerichtlichen Urteils und die Feststellung, dass F.________ wegen
Ungültigkeit/Nichtigkeit der Testamente vom 23./24. November 1989 keine
Ansprüche zustünden.

Eine Berufungsantwort wurde nicht eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Kantonsgericht äussert sich entgegen Art. 51 Abs. 1 lit. a OG zum
Streitwert nicht, doch beträgt dieser nach dem Urteil des Bezirksgerichts wie
auch nach der Darstellung des Klägers mindestens 1 Million Franken und
übersteigt die Streitwertgrenze des Art. 46 OG bei weitem.

2.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens ist das Bundesgericht bei seinem Entscheid
an die Sachverhaltsfeststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden
(Art. 63 Abs. 2 OG). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen
Feststellungen richten, sind im Grundsatz unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c
OG; BGE 126 III 59 E. 2a S. 65 mit Hinweisen). Der Kläger hält sich über
weite Strecken nicht an dieses Gebot.

3.
3.1 Der Kläger trägt vor, nach einhellig herrschender Lehre trete
Erbunwürdigkeit von Gesetzes wegen ein und sei von Amtes wegen zu
berücksichtigen (Escher, Zürcher Kommentar, N. 3 zu Art. 540 ZGB; Schwander,
Basler Kommentar, ZGB II, N. 1 zu Art. 540). Obwohl er Erbunwürdigkeit der
Beklagten geltend mache, habe es die Vorinstanz unterlassen, Art. 540 ZGB
anzuwenden, d.h. das Vorgefallene im Rahmen der Untersuchungsmaxime zu
prüfen. Indem das Kantonsgericht Beweise verlange, habe es Art. 8 ZGB
verletzt (Kummer, Berner Kommentar, N. 18 zu Art. 8 ZGB).

Von vornherein fehl geht das auf Messmer/Imboden (Die eidgenössischen
Rechtsmittel in Zivilsachen, N. 74) gestützte Vorbringen, die Vorinstanz habe
Bundesrecht verletzt, indem sie die Erbunwürdigkeit nicht von Amtes wegen
berücksichtigt habe; denn diese Autoren befassen sich an der zitierten Stelle
allgemein mit der falschen Anwendung von Bundesrecht und erwähnen die
Erbunwürdigkeit nicht. Die Erbunwürdigkeit ist zwingendes Recht. Sie tritt
ein, ohne dass die Erben sie geltend machen, und diese können daher nicht auf
die Geltendmachung der Erbunwürdigkeitsgründe verzichten (Schwander, a.a.O.,
N. 24 zu Art. 540). Da die Unwürdigkeit schlechthin erbunfähig macht, ist sie
vom Richter von Amtes wegen zu berücksichtigen (Escher, l.c.). Der Kläger
übersieht, dass einer der in Art. 540 Abs. 1 Ziff. 1-4 ZGB aufgeführten
Gründe erfüllt, also in tatsächlicher Hinsicht erstellt sein muss, bis der
Richter gehalten ist, die Erbunwürdigkeit von Amtes wegen zu respektieren.
Und der Untersuchungsgrundsatz (vgl. dazu Art. 145 Abs. 1 und Art. 280 Abs. 2
ZGB, Art. 343 Abs. 4 OR), wo der Richter aus Gründen des öffentlichen
Interesses die volle Verfügung über den Streitgegenstand und/oder die
Stoffsammlung nicht den Parteien allein überlassen darf (statt vieler:
Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 7. Auflage Bern 2001, N. 47
S. 170), ist hinsichtlich der Erbunwürdigkeit im Gesetz nicht vorgesehen.
Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Textstelle bei Kummer herleiten.
Eine Verletzung von Art. 8 ZGB ist somit nicht gegeben.

3.2 Die Vorinstanz stellt fest, ein Erbunwürdigkeitsgrund liege offenkundig
nicht vor. Es könne diesbezüglich auf die zutreffenden Erwägungen des
Bezirksgerichts unter Ziff. 4, mit denen sich der Kläger nicht auseinander
setze, verwiesen werden. Den Nachweis dafür, dass die Beklagte eine
erbrechtliche Anordnung der Erblasserin vernichtet, beseitigt oder ungültig
gemacht hätte (Art. 540 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB), habe der Kläger nicht erbringen
können. Die Vorinstanz hat auf das vom Bezirksgericht durchgeführte
Beweisverfahren abgestellt und dieses zu ihrem gemacht. Art. 8 ZGB schreibt
dem Sachrichter nicht vor, mit welchen Mitteln der Sachverhalt abzuklären
ist; Art. 8 ZGB kann zudem nicht verletzt sein, wenn - wie hier - kein
offenes Beweisergebnis vorliegt (BGE 122 III 219 E. 3c S. 223; 119 II 114 E.
4c S. 117, je mit Hinweisen).
Die Einwände des Klägers, die Beklagte habe mittels nichtiger Vollmacht
Dispositionen der unzurechnungsfähigen Erblasserin ermöglicht, sind
unzulässig, da sie den Feststellungen der Vorinstanz widersprechen (E. 2
hiervor). Das Kantonsgericht ist vielmehr zum Schluss gekommen, der Beweis
einer Manipulation oder einer rechtswidrigen Beeinflussung der Erblasserin
sei nicht im Ansatz erbracht worden. Auch in dem vom Kläger veranlassten
Strafverfahren seien keine Verdachtsgründe einer solchen Manipulation zu Tage
getreten; auch hätten weder eine unrechtmässige Aneignung von
Vermögenswerten, arglistige Vermögensschädigung oder ungetreue
Geschäftsbesorgung vom Kläger dargetan werden können. Auch an diese
tatsächlichen Feststellungen ist das Bundesgericht gebunden (Art. 63 Abs. 2
OG). Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie die
Erbunwürdigkeit der Beklagten verneint hat.

3.3 Das Kantonsgericht hat in Bestätigung des bezirksgerichtlichen Urteils
befunden, ob die Erblasserin im Februar 1996 urteils- und damit testierfähig
gewesen sei, sei für die Frage der Gültigkeit der Testamente vom 23./24.
November 1989 irrelevant. Inwiefern die Vorinstanz mit dieser
Schlussfolgerung Bundesrecht missachtet haben soll, wird nicht hinreichend im
Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. c OG begründet (BGE 116 II 745 E. 3 S.
748/749), weshalb darauf nicht eingetreten werden kann.

4.
Nach dem Dargelegten ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Kläger kostenpflichtig (Art. 156
Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung an die Beklagte entfällt, weil keine
Berufungsantwort eingeholt worden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil
des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, Zivilkammer, vom 10. September 2002
wird bestätigt.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 10'000.-- wird dem Kläger auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Dezember 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: