Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.178/2002
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5C.178/2002 /bie

Urteil vom 1. April 2003
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

E. X.________, Beklagte und Berufungsklägerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Hadrian Meister, Sophienstrasse 2, Postfach 155,
8030 Zürich,

gegen

C.X.________, Kläger und Berufungsbeklagten,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hanspeter Strickler,
Bahnhofstrasse 26, 9320 Arbon.

Ehescheidung,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 14. Juni 2002.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 20. April 2001 schied das Bezirksgericht Zürich die Ehe von
C.X.________ und E.X.________ und regelte die Nebenfolgen. Die elterliche
Sorge über die Kinder S.________ (geboren 1985) und N.________ (geboren 1988)
wurde der Mutter übertragen und das Besuchs- und Ferienrecht des Vaters
festgelegt. C.X.________ wurde zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag für die
Kinder von je Fr. 900.-- zuzüglich Kinderzulagen sowie zu einem solchen für
E.X.________ von Fr. 2'000.-- ab Rechtskraft der Scheidung bis zum 31. Juli
2003 und von Fr. 1'000.-- bis zum 31. Mai 2004 verpflichtet. Die
Teilvereinbarung der Ehegatten über die güterrechtliche Auseinandersetzung
wurde genehmigt. Zudem wurde die im Miteigentum der Ehegatten stehende
Liegenschaft an der Z.________-strasse 16 in Y.________ unter alleiniger
Übernahme der grundpfandrechtlich gesicherten Schulden von insgesamt Fr.
436'000.-- an E.X.________ übertragen. Diese wurde zur Leistung eines
Ausgleichsbetrag aus Güterrecht an C.X.________ von Fr. 271'550.--
verpflichtet, zahlbar innert 60 Tagen ab Rechtskraft des Scheidungsurteils.
Die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich wurde angewiesen, Fr.
215'464.-- vom Freizügigkeitskonto von C.X.________ auf dasjenige von
E.X.________ zu übertragen.

B.
Auf Appellation beider Parteien setzte das Obergericht des Kantons Zürich am
14. Juni 2002 den Unterhaltsbeitrag für E.X.________ auf  Fr. 1'850.-- ab
Rechtskraft seines Urteils bis zum 31. August 2004  und alsdann auf Fr.
800.--bis zum 31. August 2006 fest. Der Ausgleichsbetrag aus Güterrecht wurde
auf Fr. 268'625.-- festgelegt, zahlbar innert 60 Tagen ab Rechtskraft des
obergerichtlichen Urteils.

C.
E.X.________ gelangt mit Berufung an das Bundesgericht. Sie beantragt die
Aufhebung des Urteils des Obergerichts in Bezug auf die Ansetzung der
Zahlungsfrist für die Überweisung des güterrechtlichen Ausgleichsbetrags und
die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuem Entscheid. Eventualiter
verlangt sie einen Zahlungsaufschub bis zum 31. Dezember 2004, subeventuell
einen solchen von angemessener Dauer. Sie stellt das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

D.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2003 hat das Kassationsgericht des Kantons
Zürich die Nichtigkeitsbeschwerde von E.X.________ abgewiesen, soweit es
darauf eintrat.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Verweigerung einer Zahlungsfrist für die Tilgung einer
Beteiligungsforderung im Sinne von Art. 218 Abs. 1 ZGB stellt einen
Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG dar.

Sie beschlägt eine Zivilrechtsstreitigkeit mit Vermögenswert. Entgegen Art.
51 Abs. 1 lit. a OG geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor, ob  der
erforderliche Streitwert erreicht ist  (Art. 46 OG). Vor der letzten
kantonalen Instanz war der bis Ende Dezember 2004 verlangte Zahlungsaufschub
strittig. Angesichts der dadurch anfallenden gesetzlichen Verzinsung von 5 %
des zu leistenden Betrages von Fr. 268'625.-- ist die gesetzliche
Streitwertgrenze wohl erreicht (Hausheer/ Reusser/Geiser,  Berner Kommentar,
N. 27 zu Art. 218 ZGB). Aus dieser Sicht ist auf die Berufung grundsätzlich
einzutreten. Zulässig ist einzig der Eventualantrag, dem sich - im Gegensatz
zum Hauptantrag - das gewünschte Zahlungsdatum entnehmen lässt.

2.
Die Beklagte wehrt sich gegen die Zahlung der ihr auferlegten
Beitragsforderung innert 60 Tagen und verlangt die Einräumung einer
Zahlungsfrist bis Ende 2004.

2.1 Gemäss Art. 218 Abs.1 ZGB kann der zur Leistung einer
Beteiligungsforderung verpflichtete Ehegatte verlangen, dass ihm
Zahlungsfristen eingeräumt werden, wenn ihn die sofortige Bezahlung in
ernstliche Schwierigkeiten bringt. Gemeint sind Nachteile wirtschaftlicher
Art, wie mangelnde Liquidität, die den Schuldner zur Veräusserung von
Vermögenswerten unter ungünstigen Bedingungen oder zur Neuverschuldung
zwingen. Die Pflicht zur sofortigen Tilgung der Schuld muss für den
Pflichtigen mit einem spürbaren Nachteil verbunden sein, dem mit zumutbarer
Anstrengung nicht begegnet werden kann. Die Gewährung eines Zahlungsaufschubs
muss demgegenüber seine Schwierigkeiten beheben oder zumindest spürbar
mildern. Beim chronisch Zahlungsunfähigen trifft dies nicht zu. Trifft es den
Schuldner härter, wenn er sofort leisten muss, als den Gläubiger, wenn er auf
sein Geld warten muss, ist der Zahlungsaufschub zu gewähren. Es gilt somit im
konkreten Fall eine Interessenabwägung zwischen den beiden Positionen
vorzunehmen. Dabei darf auf Seiten des Schuldners die gesetzliche Zinspflicht
und die allfällige Sicherstellungspflicht im Falle eines Zahlungsaufschubs
gemäss Art. 218 Abs. 2 ZGB nicht ausser Acht gelassen werden (Botschaft vom
11. Juli 1979, BBl 1979 II S. 1191 ff., Ziff. 222.551 S. 1324;
Hausheer/Reusser/Geiser, a.a.O., N. 13, 14 und 27 zu Art. 218 ZGB; Hausheer,
in: Basler Kommentar, ZGB I, 2. Auflage 2002, N. 10, 11 und 13 zu Art. 218;
Deschenaux/Steinauer/Baddeley,  Les effets du mariage, Rz. 1497, 1498, S.
598/599).

2.2 Die Vorinstanz hielt fest, dass sich die güterrechtliche
Ausgleichsforderung zur Hauptsache auf den Mehrwert der Liegenschaft
Z.________-strasse 16 in Y.________ beziehe, die zuvor im Miteigentum der
Ehegatten stand und nun von der Beklagten allein genutzt werde. Die zu
erwartenden höheren Zinsen und Kosten für das Haus seien bei der Ermittlung
ihrer Lebenshaltungskosten bereits berücksichtigt worden. Im Falle eines
Zahlungsaufschubs müsste diese Berechnung angepasst oder die Verzinsung zu
Gunsten des Klägers angeordnet werden. Der Beklagten sei die Zahlung der
bereits berücksichtigten höheren Zinsen zuzumuten. Sie behaupte auch nicht
konkret, dass eine Erhöhung der Grundpfandschuld unmöglich sei, da sie
offensichtlich die nötigen Bemühungen in dieser Richtung noch nicht
unternommen habe. Zudem stehe ihr noch das Guthaben bei der
Beamtenversicherungskasse für eine Verpfändung oder einen Vorbezug zur
Verfügung. Schliesslich stehe der Ausgleichsbetrag seit der erstinstanzlichen
Entscheidung, also bereits mehr als ein Jahr fest.

2.3 Die Beklagte bringt vor, die Aufnahme eines weiteren Hypothekardarlehens
bringe sie in grosse Schwierigkeiten. Ihre Ausführungen zur Bankenpraxis bei
der Vergabe von Krediten, insbesondere was die Schätzung einer Liegenschaft
und die Belehnungshöhe betrifft, sind allgemeiner Art. Zudem finden sie keine
Stütze in den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, sondern
stellen unzulässige Ergänzungen des Sachverhaltes dar (Art. 63 Abs. 2 OG). Es
oblag der Beklagten, im kantonalen Verfahren ihren Standpunkt darzutun und
die notwendigen Beweise anzubieten. Konkret hätte sie belegen müssen, weshalb
ihr eine Fremdfinanzierung des geschuldeten Betrages nicht möglich sei und
inwiefern ihr die Banken oder die Pensionskasse keine Mittel zur Verfügung
stellen. Stattdessen hat sie gemäss des Ausführungen der Vorinstanz sich noch
gar nicht um die notwendigen finanziellen Mittel bemüht. Zudem behauptet sie,
aufgrund ihrer Lebenshaltungskosten sich bereits in einer finanziellen
Notlage zu befinden. Abgesehen davon, dass gemäss vorinstanzlicher
Feststellung ihr zumutbares Einkommen total Fr. 3'650.--, und nicht wie
behauptet Fr. 3'150.-- beträgt, übersieht die Beklagte, dass bei der
Berechnung der Lebenshaltungskosten nicht nur die bereits anfallenden,
sondern auch die aufgrund der Finanzierung des güterrechtlichen
Ausgleichsbetrags zu erwartenden Hypothekarzinsen bereits berücksichtigt
worden sind. Weiter führt die Beklagte an, ihr Freizügigkeitsguthaben
erreiche nicht einmal den geschuldeten Betrag und könne daher nicht zur
Sicherung eines Darlehens herangezogen werden. Damit übersieht sie, dass
gemäss den Feststellungen der Vorinstanz das nötige Substrat insgesamt
vorhanden ist, um einen weiteren Kredit zu sichern. Die Finanzierung der
Ausgleichszahlung kann auf verschiedene Weise erfolgen und ist von ihr im
Einzelnen zu regeln. So steht es ihr frei, die nötigen Mittel zum Teil über
ihre Bank zu beschaffen und zu diesem Zweck die Liegenschaft zu belehnen
und/oder sich gleichzeitig an die Beamtenkasse zu wenden, um einen Vorbezug
zu erhalten oder ihre Freizügigkeitsleistung zu verpfänden (Art. 5 und Art. 8
der Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen
Vorsorge, SR 831.411).

Auch die weiteren Einwendungen der Beklagten sind im Wesentlichen
tatsächlicher Natur und damit unzulässig (Art. 63 Abs. 2 OG). Sie betreffen
die Höhe der Hypothekarzinsen, ihr Einkommen aus Erwerb und aus Vermögen, die
Betreuung der (unmündigen) Kinder sowie das Verhalten des Klägers gegenüber
seiner Familie.

2.4 Schliesslich bringt die Beklagte vor, sie habe bis heute keinen Anlass
gehabt, sich um die Finanzierung der güterrechtlichen Ausgleichssumme zu
kümmern, da der definitive Betrag noch nicht feststehe, sondern Gegenstand
einer kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgerichts bilde. Der
Hinweis der Vorinstanz, dass sie offenbar keine Anstrengungen zur Aufnahme
eines weiteren Hypothekardarlehens unternommen habe, gehe daher fehl. Dem
steht immerhin gegenüber, dass die Beklagte die Übertragung des hälftigen
Miteigentumsanteils an der Liegenschaft in Y.________  -  von dessen
Ausgleich der geschuldete Betrag im Wesentlichen herrührt  -  an  sich
beantragt hatte und bereits mit erstinstanzlichem Entscheid vom 20. April
2001 auch zugesprochen erhielt. Gleichzeitig hat sie sich nicht einmal um die
Finanzierung des von ihr nicht bestrittenen Teilbetrags von Fr. 172'425.--
bemüht, obwohl sie die genannte Liegenschaft bereits nutzt.

2.5 Es ist überdies nicht ersichtlich, weshalb es der Beklagten zur Zeit
nicht, jedoch nach dem 31. Dezember 2004 sehr wohl möglich sein sollte, die
Ausgleichssumme zu finanzieren. Könnte man ihrer Argumentation folgen, wäre
dies heute sowenig möglich wie Ende des nächsten Jahres. Damit läge eine
dauernde Unmöglichkeit vor, welche dem Zahlungsaufschub ohnehin entgegen
steht.

Ob die Beklagte angesichts der gesetzlichen Verzinsungspflicht (5 %) bei
Durchdringen mit ihrem Antrag auf Zahlungsaufschub und den aktuellen
Bankzinsen durch den angefochtenen Entscheid überhaupt beschwert und zur
Berufung berechtigt ist, kann vorliegend offen bleiben.

3.
Nach dem Gesagten ist der Berufung kein Erfolg beschieden. Sie war aufgrund
der weitgehend unzulässigen Sachverhaltsvorbringen zum Vornherein
aussichtslos. Damit braucht die Bedürftigkeit nicht im Einzelnen geprüft zu
werden. Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen
werden (Art. 152 Abs. 1 OG). Demnach wird die Beklagte kostenpflichtig (Art.
156 Abs. 1 OG). Da keine Berufungsantwort eingeholt wurde, entfällt eine
Parteientschädigung an den Kläger.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. April 2003

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: