Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.13/2002
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5C.13/2002/sch

              II.  Z I V I L A B T E I L U N G
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                       19. März 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Bianchi, Präsident der
II. Zivilabteilung, Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin
Bundesrichterin Escher und Gerichtsschreiber Möckli.

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                         In Sachen

B.________, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Beat Schumacher, Kapellplatz 1,
6004 Luzern,

                           gegen

Bank K.________, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Ruedi Portmann, Zürichstrasse 9,
Postfach, 6000 Luzern 6,

                         betreffend
                  Grundpfandverschreibung,

hat sich ergeben:

     A.- Mit öffentlicher Urkunde vom 30., im Grundbuch ein-
getragen am 31. März 1977, errichtete A.________ auf seinem
Grundstück GBB-2666 zu Gunsten der Bank X.________ für einen
Kapitalbetrag von Fr. 230'000.-- eine Grundpfandverschrei-
bung im 1. Rang. Im Rahmen eines Gläubigerwechsels zedierte
die Bank X.________ mit schriftlicher Erklärung vom 4. Juli
1985 die dieser Grundpfandverschreibung zu Grunde liegende
Forderung mit allen Nebenrechten an die Bank K.________ ab.
Diese wickelte das Verhältnis wie folgt ab: Sie liess
A.________ am 25. Juni 1985 einen Schuldschein unterzeich-
nen, mit welchem dieser bescheinigte, einen Vorschuss von
Fr. 225'000.--, Wert 30. Juni 1985, erhalten zu haben. Da-
neben liess sie ihn einen Vergütungsauftrag unterschreiben,
wonach der betreffende Betrag an die Bank X.________ "gegen
Abtretung der Rechte aus den Grundpfandverschreibungen" an-
zuweisen sei.

        Am 13. September 1990 wurde die Ehe zwischen
A.________ und B.________ geschieden. In der Scheidungs-
vereinbarung vom 27. April 1990 verpflichtete sich
A.________, die Liegenschaft GBB-2666 unbelastet an seine
Frau zu übertragen. Während er die Liegenschaft vereinba-
rungsgemäss übertrug, kam es nie zur Tilgung der hypotheka-
rischen Belastungen. In der Folge betrieb B.________ ihren
früheren Ehemann, worauf dieser am 20. Juni 1995 in Konkurs
fiel. Am 14. August 1998 verstarb er. Nachdem sämtliche
Erben die Erbschaft ausgeschlagen hatten, wurde die konkurs-
amtliche Liquidation des Nachlasses angeordnet. Am 24. No-
vember 1998 wurde das Verfahren mangels Aktiven eingestellt.

     B.- Mit Entscheid vom 18. März 1998 erteilte der Amts-
gerichtspräsident I von Hochdorf der Bank K.________ in der
Betreibung gegen B.________ für Fr. 310'223.10 provisorische
Rechtsöffnung und "bestätigte" das Pfandrecht. Am 18. Juni
1998 hiess die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des
Obergerichts des Kantons Luzern den dagegen gerichteten Re-
kurs gut und verwies die Bank K.________ auf die Anerken-
nungsklage.

        In der Folge leitete die Bank K.________ gegen
B.________ Anerkennungsklage ein. Das Obergericht des Kan-
tons Luzern, I. Kammer, fällte am 15. November 2001 in Be-
stätigung des Urteils des Amtsgerichts Hochdorf, I. Abtei-
lung, vom 7. Dezember 2000 folgenden Entscheid:

     "1. Es wird festgestellt, dass die Grundpfandverschrei-
         bung von nominal Fr. 230'000.--, ang. 30. März 1977,
         lastend im 1. Rang auf Grundstück Nr. 2666, für die
         Forderung der Klägerin, welche ihr A.________ sel.
         gegenüber zusteht bzw. zustand, in der Höhe von
         Fr. 223'985.55 nebst Zinsen und Kosten im Sinne von
         Art. 818 ZGB, welche anlässlich der Einreichung des
         Pfandverwertungsbegehrens zu bestimmen sein werden,
         als Drittpfand haftet (fester Vorschuss Nr. 60665).

      2. (Feststellung weiterer Grundpfandverschreibungen,
         die nicht Gegenstand der Berufung bilden).

      3. (Abweisung der weitergehenden Begehren).

      4. (Kosten)."

     C.- Mit Berufung vom 9. Januar 2002 verlangt die Be-
klagte, Ziff. 1 des obergerichtlichen Urteils sei aufzuheben
(1), es sei festzustellen, dass die Grundpfandverschreibung
von nominal Fr. 230'000.-- für die Forderungen der Klägerin
nicht als Drittpfand hafte (2), und bei Gutheissung der Be-
rufung sei die kantonale Kostenverlegung entsprechend abzu-
ändern (3). Es ist keine Antwort eingeholt worden.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Der von der kantonalen Instanz festgestellte
Tatbestand wird gestützt auf Art. 64 Abs. 2 OG insoweit
vervollständigt, als das Begleitschreiben der Klägerin an
A.________ vom 25. Juni 1985 (KAB 13) berücksichtigt wird
(E. 2b).

        b) Die Berufungsvoraussetzungen gemäss Art. 46 und
48 OG sind gegeben; auf die Berufung ist einzutreten.

     2.- Die Beklagte macht geltend, gemäss Schuldschein
habe die Klägerin A.________ einen Vorschuss von
Fr. 225'000.-- gewährt, womit am 25. Juni 1985 zwischen
diesen Parteien ein eigenes Schuldverhältnis entstanden
sei. Indem A.________ die Klägerin gleichentags angewiesen
habe, den Betrag von Fr. 225'000.-- an die Bank X.________
zu zahlen, sei die der Bank X.________ gegenüber A.________
zustehende Forderung getilgt worden. In der Folge habe die
Bank X.________ am 4. Juli 1985 eine entleerte bzw. nicht
mehr vorhandene Forderung an die Klägerin abgetreten, was
rechtlich nicht möglich sei. Im Übrigen erfordere das Aus-
wechseln der Pfandforderung eine öffentliche Beurkundung;
diese sei nicht erfolgt, weshalb die Grundpfandverschreibung
die Forderung aus dem neuen Schuldverhältnis nicht sichern
könne.

        a) Während der Pfanderrichtungsvertrag der öffent-
lichen Beurkundung und das Grundpfandrecht der Eintragung
in das Grundbuch bedarf (Art. 799 ZGB), vollzieht sich die
Übertragung der gesicherten Forderung und des akzessorischen
Pfandrechts ausserhalb des Grundbuches. Dieser Grundsatz
gilt nicht nur für Schuldbrief und Gült (Art. 869 ZGB), son-
dern auch für die Forderung, die mit einer Grundpfandver-

schreibung gesichert ist (Art 835 ZGB). Der Erwerber der
Forderung kann sich zwar ins Gläubigerregister einschreiben
lassen (Art. 66 Abs. 2 und Art. 108 Abs. 1 lit. b GBV), dies
hat aber rein deklaratorischen Charakter (vgl. BGE 87 III 64
E. 2 S. 69; 108 II 47 E. 4 S. 50).

        Diesen Mechanismus macht sich die Bankpraxis zur
Kostenersparnis bei der so genannten Ablösung zu Nutze: Be-
absichtigt ein Hypothekarschuldner, die Bank zu wechseln,
werden in aller Regel keine neuen Grundpfänder errichtet,
sondern die bestehenden Grundpfandsicherheiten von der ab-
lösenden Bank übernommen (dazu: Markus Rubin, Grundpfand-
gesicherte Kredite in der Bankpraxis, in: Theorie und Praxis
der Grundpfandrechte, Berner Bankrechtstag 1996, S. 29). Die
Forderung, für die eine Grundpfandverschreibung errichtet
ist, wird dabei nach den Regeln von Art. 164 ff. OR zediert,
wobei ihr die Grundpfandverschreibung gemäss Art. 170 Abs. 1
OR als akzessorisches Nebenrecht folgt. Als Verpflichtungs-
geschäft (pactum de cedendo) zwischen den beteiligten Banken
liegt dieser Abtretung regelmässig ein Forderungskauf zu
Grunde. Der Kaufvertrag bedarf keiner besonderen Form
(Art. 165 Abs. 2 OR), und aus dem Wesen der Ablösung folgt,
dass der Kaufpreis nominell immer dem Betrag der abzulösen-
den Forderung entspricht.

        b) Die Klägerin mag sich für eine Geschäftsbank
teilweise unbeholfen ausgedrückt haben. So enthält das vor-
gedruckte Schuldscheinformular die Wendung, A.________ be-
scheinige, Fr. 225'000.-- "erhalten zu haben", obschon ihm
die entsprechende Summe nie ausbezahlt wurde und sie auch
nie zur Auszahlung gedacht war (dazu unten). Im "Vergütungs-
auftrag" ist schliesslich vermerkt, die Zahlung an die Bank
X.________ erfolge "gegen Abtretung der Rechte aus den
Grundpfandverschreibungen", obwohl weder aus einem akzesso-
rischen Recht ein anderes fliessen noch ein Akzessorium
selbstständig abgetreten werden kann. Die unrichtige Aus-
drucksweise ist indes unschädlich (Art. 18 Abs. 1 OR).

        Gemäss dem mit "Darlehens-Ablösung Bank X.________"
betitelten Begleitschreiben der Klägerin an A.________ vom
25. Juni 1985, welches auf die vorangehenden Besprechungen
Bezug nimmt, haben die beteiligten Akteure eine Ablösung im
geschilderten Sinn vorgenommen und kein neues Schuldverhält-
nis begründet. Ebenso ist klar, dass die Klägerin A.________
keinen weiteren bzw. neuen Kredit gewähren und diesen schon
gar nicht an ihn auszahlen, sondern dass sie den seinerzeit
durch die Bank X.________ gewährten übernehmen wollte. Buch-
halterisch war sie indes gehalten, die abzutretende Forde-
rung auf ein neu eröffnetes Konto zu buchen, wobei grund-
pfandversicherte Forderungen regelmässig als feste Vor-
schüsse geführt werden, weil sie gemäss Rechnungslegungs-
vorschriften in der Bankbilanz gesondert auszuweisen sind
(Art. 25 Abs. 1 Bankverordnung vom 17. Mai 1972; SR 952.02).
So ist die Aussage der Klägerin im genannten Schreiben zu
verstehen, sie werde das Kapital von Fr. 225'000.-- durch
Eröffnung des neuen Vorschusses KV 60665 vergüten. Es ent-
spricht schliesslich banküblichem Vorgehen, dass sich die
Klägerin die Forderung in einem sie als Gläubigerin auswei-
senden Schuldschein anerkennen liess, um über einen einwand-
freien Rechtsöffnungstitel zu verfügen. Mit einer solchen
Beweisurkunde lässt sich ohne weiteres auch eine bestehende
Schuld anerkennen, und ohne entsprechende Vereinbarung be-
wirkt die Ausstellung eines neuen Schuldscheines keine No-
vation (Art. 116 Abs. 2 OR).

        c) Die Beklagte bestreitet nicht, dass die betei-
ligten Parteien eine Ablösung vornehmen wollten; sie stellt
sich jedoch auf den Standpunkt, die Klägerin sei unzweck-
mässig vorgegangen und habe die Forderung der Bank
X.________ gegenüber A.________ durch ihre Zahlung gemäss
Art. 68 OR zum Erlöschen gebracht. Dieser Interpretation
kann nicht gefolgt werden:

        Hintergrund der Transaktion war der beabsichtigte
Bankwechsel; die Zahlung wurde zur Ablösung der Forderung
vorgenommen, die der Bank X.________ gegenüber A.________
zustand. Sie erfolgte nicht solvendi causa (zur Rückzahlung
der Schuld), sondern credendi bzw. aquirendi causa (im Hin-
blick auf die Forderungsabtretung) in Erfüllung des pactum
de cedendo. Die Vorinstanz hat denn auch für das Bundesge-
richt verbindlich festgehalten (Art. 63 Abs. 2 OG), die
Zahlung sei ab einem internen und nicht ab dem Konto von
A.________ erfolgt. Schliesslich kann die Beklagte auch aus
der zeitlichen Abfolge nichts für ihren Standpunkt ableiten.
Beim Forderungskauf handelt es sich zwar um ein Zug-um-Zug-
Geschäft (Art. 184 Abs. 2 OR), aber es versteht sich von
selbst, dass die Zedentin ihre Forderung erst dann an die
Zessionarin abtritt, wenn sie auch tatsächlich abgelöst ist,
d.h. nach Überweisung des Kaufpreises.

        Die Abtretung selbst ist korrekt vorgenommen
worden: Sie erfüllt das Erfordernis der Schriftform
(Art. 165 Abs. 1 OR), und abgetreten wurde die gesicherte
Forderung einschliesslich des akzessorischen Grundpfand-
rechts.

        d) Obschon die Grundpfandverschreibung ihrem Wesen
nach ein akzessorisches Recht ist, hat sie ihrem dinglichen
Bestand nach die Natur einer selbstständigen Pfandbelastung.
Daher kann in die durch den Grundbucheintrag geschaffene
Pfandstelle ein anderes Forderungsrecht gelegt werden. Der
Forderungswechsel vollzieht sich in der Weise, dass der
Gläubiger auf das Pfandrecht für die bisherige Forderung
verzichtet und der Eigentümer das Pfandrecht mit der neuen
Forderung verbindet (Leemann, Berner Kommentar, N. 12 und 15
zu Art. 825 ZGB). Die entsprechende Änderung des Pfandver-
trages erfordert eine öffentliche Beurkundung (BGE 105 II
183 E. 2 S. 186; 108 II 47 E. 3 S. 50; Leemann, a.a.O.,
N. 17 zu Art. 825 ZGB).

        Eine solche Konstellation lag BGE 108 II 47 zu
Grunde, den die Beklagte zitiert: Dort beabsichtigte ein
Kreditinstitut, eine vorbestehende - im Übrigen ebenfalls
zedierte - Forderung aus Deliktsrecht unter eine ihr abge-
tretene Pfandsicherheit zu ziehen. Das Bundesgericht hat
erwogen, dass hierfür eine öffentliche Beurkundung notwendig
gewesen wäre (E. 3 S. 50). Demgegenüber kann im vorliegenden
Fall keine Rede davon sein, dass eine durch Schuldtilgung
frei gewordene Pfandsicherheit auf eine bestehende, bislang
ungesicherte Forderung übertragen worden sei. Im Übrigen hat
die Bank X.________ auch nie auf das Pfandrecht für ihre
Forderung verzichtet, wie dies bei einem Forderungswechsel
der Fall wäre; vielmehr hat sie ihre Forderung einschliess-
lich der Nebenrechte an die Klägerin abgetreten.

     3.- Zusammenfassend ergibt sich, dass die Berufung ab-
zuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die Ge-
richtsgebühr der Beklagten zu überbinden (Art. 156 Abs. 1
OG). Der Klägerin sind keine Kosten erwachsen; ihr ist folg-
lich keine Parteientschädigung zuzusprechen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Berufung wird abgewiesen, und das Urteil des
Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer, vom 15. November
2001 wird bestätigt.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird der Be-
klagten auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht
des Kantons Luzern, I. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 19. März 2002

              Im Namen der II. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: