Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilabteilung 5C.123/2002
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5C.123/2002 /mks

Urteil vom 7. August 2002
II. Zivilabteilung

Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Möckli.

Blue Angel Fur Company Ltd., Units 902-6, Nan Fung Commercial Centre 19, Lam
Lok Street Kowloon Bay,
HK-Hongkong, Klägerin und Berufungsklägerin,
vertreten durch Trans Jet SA, Via General Dufour 4, 6830 Chiasso, und Cesare
Ciolini, Cesar Srl, Via G. Verga, int. 3, IT-51100 Pistoia, vertreten durch
Advokat Dr. Claudius Alder,
St. Alban-Vorstadt 21, 4052 Basel,

gegen

Schenker Schweiz AG, Grüssenhölzli 3, 4133 Pratteln,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Dr. Alexander von
Ziegler, Löwenstrasse 19, 8023 Zürich.

Herausgabe (Eigentum, Besitz),

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft,
Fünferkammer, vom 26. März 2002.

Sachverhalt:

A.
Die Blue Angel Fur Company Ltd. erwirbt nach eigenen Angaben über so genannte
Broker an den regelmässig in Kopenhagen und Helsinki erfolgenden
Versteigerungen Nerzfelle, die sie in China konfektionieren lässt und
anschliessend an Zwischenhändler in Europa und Amerika verkauft. Gemäss
Airwaybill (BB 5) habe sie am 28. Oktober 1999 eine Sendung Pelz- und
Lederwaren an die Trans Jet SA in Chiasso aufgegeben. Es handle sich dabei um
diejenigen Waren, die sie gemäss Rechnung vom 30. Oktober 1999 (BB 7) für US
$ 599'773.-- an die Fur Supply & Trading Ltd. in Dover Kent, USA, verkauft
habe. Wie aus dem Geleitschein (BB 6) ersichtlich, sei die Ware am 4.
November 1999 bei der Beklagten eingetroffen.

Am 24. November 1999 liess die Zollkreisdirektion Basel bei der Schenker
Schweiz AG verschiedene Sendungen Felle, Fellabfälle und Pelzbekleidung
beschlagnahmen. Auf Beschwerde der Trans Jet SA, der Furtrans SA und der Blue
Angel Fur Company Ltd. hin hob die Eidgenössische Oberzolldirektion die
Beschlagnahmung auf. Im Anschluss daran verlangte die Blue Angel Fur Company
Ltd. bzw. die Trans Jet SA von der Schenker Schweiz AG die Herausgabe der
freigegebenen Pelzwaren. Als die Schenker Schweiz AG dieser Aufforderung mit
der Begründung, sie stehe einzig mit der Georg Fischer Speditionslogistik AG
in einem Vertragsverhältnis und sei dieser gegenüber verpflichtet, nicht
nachkam, ersuchte die Trans Jet SA in eigenem Namen sowie in demjenigen der
Furtrans SA und der Blue Angel Fur Company Ltd. um Erlass einer
entsprechenden einstweiligen Verfügung. Mit Entscheid vom 10. Mai 2000 trat
das Bezirksgericht Liestal auf das Gesuch der Blue Angel Fur Company Ltd.
mangels genügender Vollmacht nicht ein und wies die Gesuche der Trans Jet SA
sowie der Furtrans SA ab.

B.
In der Folge stellte die Blue Angel Fur Company Ltd. mit Klage vom 2. August
2000 beim Bezirksgericht Liestal die Begehren, die Schenker Schweiz AG habe
ihr die gemäss Waybill Nr. 160-56834816 vom 28. Oktober 1999 der Trans Jet SA
übergebenen und von dieser bei der Beklagten am 4. November 1999 deponierten
Pelze (Behälter Nr. A 1-35) herauszugeben, eventualiter sei sie zu US $
599'773.-- zu verurteilen. Mit Urteil vom 21. Juni 2001 wies das
Bezirksgericht Liestal, Fünferkammer, die Klage ab. Mit Urteil vom 26. März
2002 wies das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, Fünferkammer, die
Klage ebenfalls ab.

C.
Gegen dieses Urteil hat die Blue Angel Fur Company Ltd. sowohl Berufung als
auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Letztere ist mit Entscheid heutigen
Datums abgewiesen worden, soweit darauf einzutreten war. In ihrer Berufung
stellt die Klägerin die Begehren, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, die
Beklagte habe ihr die gemäss Waybill Nr. 160-56834816 vom 28. Oktober 1999
der Trans Jet SA übergebenen und von dieser bei der Beklagten am 4. November
1999 deponierten Pelze (Behälter Nr. A 1-35) in mängelfreiem Zustand sofort
zu unbeschwertem Eigentum herauszugeben, eventualiter sei sie zu US $
599'773.-- nebst Zins zu 5% seit 13. April 2000 zu verurteilen. Es ist keine
Berufungsantwort eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht ist im Berufungsverfahren an die tatsächlichen
Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden, sofern sie nicht
offensichtlich auf Versehen beruhen, unter Verletzung bundesrechtlicher
Beweisvorschriften zustande gekommen oder auf Grund prozesskonform
vorgebrachter, aber zu Unrecht unberücksichtigt gebliebener Parteivorbringen
zu ergänzen sind (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG; BGE 115 II 484 E. 2a S. 485;
118 II 50 E. 2a S. 52). Entsprechend sind Ausführungen, die sich gegen die
tatsächlichen Feststellungen richten, sowie das Vorbringen neuer Tatsachen
oder Beweismittel unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Die weitläufigen
Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Sachverhalt sind demnach von
vornherein nicht zu hören.

2.
2.1 Die Klägerin macht geltend, das Obergericht habe Art. 641 Abs. 2 i.V.m.
Art. 930 und 936 ZGB sowie Art. 20 OR falsch angewandt und damit Bundesrecht
verletzt. Wer Ware versende, sei zwingend ihr Besitzer. Da sie die fraglichen
Pelzwaren in Hong Kong nachweislich verschickt habe, sei ihr Besitz in
objektiver Hinsicht bewiesen. Indem sie die Ware der Fur Supply & Trading
Ltd. in Rechnung gestellt habe, sei auch ihr subjektiver Besitzwille
dokumentiert. Als Besitzerin im Zeitpunkt der Versendung der Pelzwaren dürfe
sie die Rechtsvermutung von Art. 930 Abs. 2 ZGB beanspruchen und gestützt
hierauf das vorliegende Vindikationsbegehren stellen.

2.2 Das Obergericht hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt (Art.
63 Abs. 2 OG), der Klägerin sei der Nachweis nicht gelungen, dass die von ihr
in Hong Kong versandte Pelzware mit der nunmehr bei der Beklagten
herausverlangten identisch sei. Das Bundesgericht hat die dagegen gerichtete
staatsrechtliche Beschwerde mit Entscheid heutigen Datums abgewiesen, soweit
darauf einzutreten war, und befunden, entgegen der Behauptung der Klägerin
habe das Obergericht nicht davon ausgehen dürfen, die Identität der Pelzware
sei von der Beklagten unbestritten und damit zugestanden. Fehlt es am Beweis
der Warenidentität, spielt es keine Rolle, ob die Klägerin Besitzerin der in
Hong Kong aufgegebenen Ware (gewesen) ist oder nicht. Die Rüge, die
Vorinstanz habe Art. 930 Abs. 2 und Art. 936 ZGB verletzt, stösst ins Leere
und die Berufung ist abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis kann offen gelassen werden, ob die Berufung nicht ohnehin
auch bei nachgewiesener Warenidentität an der fehlenden Darlegung der
heutigen Besitzesverhältnisse scheitern würde: Die Eigentumsvermutung des
früheren Besitzers nach Art. 930 Abs. 2 ZGB gilt nur für die Zeit seines
Besitzes, während für die spätere Zeit keine Vermutung besteht (Stark, Berner
Kommentar, N. 45 zu Art. 930 ZGB). Wenn die Klägerin heute in der Schweiz
eine Vindikationsklage anstrengt, dürfte es deshalb nicht genügen, auf den
(behaupteten) Besitz im Zeitpunkt des Versandes in Hong Kong hinzuweisen,
vielmehr wäre der Nachweis zu erbringen, dass sie im heutigen Zeitpunkt immer
noch selbständigen Besitz an der versandten Ware hat. Hierfür müsste die
Klägerin aufzeigen, wer gegenwärtig aus welchem Rechtsgrund für sie den
Fremdbesitz innehat.

3.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Berufung abzuweisen ist, soweit auf sie
einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang ist die Gerichtsgebühr der
Klägerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine Berufungsantwort
eingeholt worden ist und der Beklagten folglich keine Kosten entstanden sind,
erübrigt sich eine Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil
des Obergericht des Kantons Basel-Landschaft vom 26. März 2002 wird
bestätigt.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 10'000.-- wird der Klägerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht des Kantons
Basel-Landschaft, Fünferkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. August 2002

Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: