Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.79/2002
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4C.79/2002 /rnd

Urteil vom 2. Juli 2003

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Walter,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch.
Gerichtsschreiberin Schoder.

A. ________,
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Alex Frei,
Bahnhofstrasse 32a,
8360 Eschlikon,

gegen

X.________ AG,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert
Pfortmüller, Seestrasse 39, Postfach, 8700 Küsnacht.

Darlehensvertrag; solidarische Haftung,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 18. Dezember 2001.

Sachverhalt:

A.
A.a Am 16. Dezember 1996 schloss B.________, Inhaber des Einzelunternehmens
Y.________, mit der X.________ AG (Beklagte) eine Vereinbarung über die
gemeinsame Durchführung von Open-Air-Festivals unter Regelung ihrer Gewinn-
und Verlustbeteiligung. Definitiv geplant war das "Z.________"-Festival 1997
und das "C.________"-Festival 1998. Das "Z.________"-Festival fand 1997 und
1998 in E.________ statt. Das "C.________"-Festival wurde nicht durchgeführt.

A.b Am 18. September 1997 schloss A.________ (Kläger) mit B.________ eine
Vereinbarung über eine teilweise Vorfinanzierung des "Z.________"-Festivals
1998, gemäss welcher sich der Kläger am Finanzierungsanteil "D.________" von
Fr. 1'220'000.-- mit Fr. 300'000.-- beteiligte. B.________ gewährte dem
Kläger eine prozentuale Beteiligung am Gewinn. Ein allfälliger Verlust sollte
von den Parteien im Verhältnis des investierten Kapitals getragen und für den
Kläger auf Fr. 300'000.-- beschränkt werden. Die Rückzahlung der "Einlage"
von Fr. 300'000.-- sollte am 31. Juli 1998, die Auszahlung der
Gewinnbeteiligung am 30. September 1998 erfolgen.

A.c Am 25. September 1997 überwies der Kläger Fr. 300'000.-- auf ein
Bankkonto der unter der Bezeichnung "EG Z.________" zwischen der Beklagten
und B.________ bestehenden einfachen Gesellschaft. Als Zahlungsgrund nannte
er "Teilfinanzierung Z.________ 1998". In der Buchhaltung der "EG Z.________"
wurden die Fr. 300'000.-- dem Kontokorrentkonto von B.________
gutgeschrieben, welches zuvor einen Saldo von Fr. 53'250.-- zu Lasten von
B.________ ausgewiesen hatte. Dem Kläger wurde in der Folge weder ein
Gewinnanteil ausbezahlt noch erhielt er seine Einlage zurück. B.________
geriet in finanzielle Bedrängnis und fiel am 17. Dezember 1998 in Konkurs.
Für den Kläger resultierte daraus ein Verlustschein über Fr. 299'711.75.

B.
Der Kläger belangte die Beklagte am 3. September 1999 vor Bezirksgericht
Bülach auf Zahlung von Fr. 218'695.93 als Ersatz des Schadens, der ihm aus
der unkorrekten Buchführung der EG Z.________ entstanden sei und den er unter
Anrechnung des von ihm zu tragenden Anteils am Verlust der EG Z.________ im
Jahre 1998 mit Fr. 218'695.93, eventuell mit Fr. 260'145.05 bezifferte. Das
Bezirksgericht wies die Klage am 7. März 2001 ab.
Gleich entschied das Obergericht des Kantons Zürich auf Berufung des Klägers
mit Urteil vom 18. Dezember 2001. Gleichzeitig beschloss es, die im
Berufungsverfahren verlangte Erweiterung der Klage auf  Fr. 299'711.75 nicht
zuzulassen.

C.
Der Kläger hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung beim Bundesgericht
angefochten. Er beantragt dessen Aufhebung und die Verpflichtung der
Beklagten, ihm Fr. 299'711.75 nebst Zins zu bezahlen. Da der Kläger gegen die
Nichtzulassung der Klageerweiterung kantonale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben
hatte, blieb das Verfahren beim Bundesgericht sistiert. Das Kassationsgericht
des Kantons Zürich schützte die Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss vom 20.
Januar 2003. Es hob den Beschluss des Obergerichts betreffend Nichtzulassung
der Klageerweiterung auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an das
Obergericht zurück. Mit Beschluss vom 17. Februar 2003 trat das Obergericht
auf die Klage insoweit nicht ein, als diese im Berufungsverfahren erweitert
worden ist. Dieser Beschluss blieb unangefochten, und der Kläger reduzierte
seine Forderung vor Bundesgericht auf Fr. 218'695.93 nebst 5% seit 25.
November 1997.

Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Urteils.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beklagte hat mit B.________ unstreitig eine einfache Gesell-schaft im
Sinne von Art. 530 ff. OR gebildet. Der Kläger macht in der Berufung geltend,
dieser Umstand reiche aus, damit die Beklagte nach Art. 544 Abs. 3 OR
solidarisch mit B.________ für dessen mit Vereinbarung vom 18. September 1997
eingegangene Verpflichtungen hafte. Gleichzeitig erkennt jedoch der Kläger
selbst, dass dies nur dann der Fall wäre, wenn B.________ beim Abschluss des
Vertrages vom 18. September 1997 im Namen der EG Z.________ gehandelt hätte
und nach den allgemeinen Regeln über die Stellvertretung (Art. 543 OR in
Verbindung mit Art. 32 ff. OR) dazu befugt wäre. Wie aus dem insoweit
unangefochtenen Urteil der Vorinstanz hervorgeht, scheint indes nach dem
Wortlaut des Vertrages vom 18. September 1997 ausschliesslich B.________ als
Vertragspartei auf. Ferner hat der Kläger gemäss den Ausführungen im
angefochtenen Urteil weder substanziiert behauptet, er sei der Auffassung
gewesen, abweichend vom klaren Wortlaut mit der EG Z.________ zu
kontrahieren, noch hat er Umstände dargetan, die ihn zur Annahme hätten
berechtigen sollen, die Beklagte und nicht B.________ werde durch die
Vereinbarung vom 18. Dezember 1997 verpflichtet. Weiter erwog die Vorinstanz,
die Beklagte habe dem Kläger durch ihr Verhalten auch keinen Anlass zur
Annahme geboten, B.________ habe sie bei der Kapitalaufnahme vertreten.

Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, inwiefern von einer
solidarischen Haftung der Beklagten für Ansprüche des Klägers aus der
Vereinbarung vom 18. September 1997 zwischen dem Kläger und B.________
auszugehen sein soll.

2.
2.1 In der Berufung leitet der Kläger die Solidarität der Beklagten aus dem
Umstand ab, dass er die Fr. 300'000.-- auf ein Konto überwiesen habe, über
welches die Beklagte gegenüber der Bank solidarisch mit B.________ als
Mitglied der einfachen Gesellschaft Z.________ verfügungsberechtigt gewesen
sei. Sie sei daher durch seine Einzahlung bereichert. Wenn sich die
Einzahlung als wegen Ungültigkeit des Vertrages vom 18. September 1997 als
rechtsgrundlos erweise, stelle der Betrag von Fr. 300'000.-- sowohl für
B.________ als auch für die Beklagte fremdes Geld dar, da B.________ dessen
Auszahlung an die einfache Gesellschaft Z.________ nicht beanspruchen könne.
Die Beklagte hafte deshalb solidarisch mit B.________ für den Anspruch des
Klägers auf Rückerstattung nach Art. 62 OR, zumal sie die Einzahlung des
Klägers im Umfang von Fr. 250'000.-- für die Deckung ihrer Forderung gegen
B.________ aus dem Verlust des "Z.________ 1997" verwendet habe. Die
Vorinstanz habe in Verkennung der Tragweite von Art. 62 OR die wesentliche
Vorfrage der Gültigkeit des Vertrages vom 18. September 1997 offen gelassen.
Eine Ablehnung des eingeklagten Bereicherungsanspruchs wäre nach Auffassung
des Klägers zudem unbillig.

2.2
2.2.1Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert
worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten (Art. 62 Abs. 1 OR).
Ungerechtfertigt ist der Vorteil, wenn kein Grund besteht, der den
Vermögensvorteil des Bereicherten zu Lasten des anderen rechtfertigt
(Schulin, Basler Kommentar, 2. Aufl. 1996, N 10 zu Art. 62 OR). Im Entscheid
117 II 404 E. 3 hat sich das Bundesgericht die in der Lehre vertretene
Auffassung zu eigen gemacht, dass der bereicherungsrechtliche Ausgleich
ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen auf klar begrenzte Tatbestände
beschränkt werden muss, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die
Entreicherung des Anspruchsberechtigten unmittelbar auf die Bereicherung
eines anderen zurückzuführen ist und die Vermögensverschiebung einer
Rechtfertigung entbehrt. Abzulehnen ist dagegen die Auffassung, das
Bereicherungsrecht diene im Sinne eines Notbehelfs dazu, allgemein unbillige
rechtliche Ergebnisse zu korrigieren (BGE 117 II 404 E. 3d S. 410; Bucher,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1988, S. 653).
Billigkeitserwägungen haben daher entgegen der Auf-fassung des Klägers ausser
Acht zu bleiben.

2.2.2 Im Rahmen von Art. 62 OR ist nur passiv legitimiert, wer ohne gültigen
Rechtsgrund direkt aus dem Vermögen des Ansprechers bereichert ist. Die
Rückforderungsklage kann sich nicht auf eine Leistung beziehen, welche der
Beklagte in guten Treuen von einem Dritten gestützt auf eine gültige causa
empfangen hat, auch dann nicht, wenn die Zahlungsmittel dem Dritten grundlos
aus dem Vermögen des Klägers zugegangen sind (BGE 106 II 29 E. 3 S. 31). Was
die Bereicherung im Drei-Personen-Verhältnis und insbesondere im
Anweisungsverhältnis anbelangt, ist hervorzuheben, dass der
Anweisungsempfänger durch die Leistung in Erfüllung eines ungültigen
Deckungsverhältnisses bei gültigem Valutaverhältnis nicht bereichert ist.
Bereichert ist vielmehr der Anweisende, weil ihn der Angewiesene durch die
Leistung an den Anweisungsempfänger von seiner Schuld gegenüber diesem
befreit hat (Schulin, a.a.O., N 30 zu Art. 62 OR, mit Hinweisen). Auch beim
Doppelmangel (ungültiges Deckungs- und Valutaverhältnis) ist der
Anweisungsempfänger auf Kosten des Anweisenden, dieser auf Kosten des
Angewiesenen bereichert. Die Rückabwicklung ist unter den jeweils an einem
der Leistungsverhältnisse Beteiligten vorzunehmen und der Anweisende muss
sich einen sogenannten Durchgangsverkehr anrechnen lassen, wie wenn die
Leistung zunächst seinem Vermögen zugeflossen wäre (von Tuhr/Peter,
Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band I, 3. Aufl.
1979, S. 478, Anmerkung 28, mit Hinweisen). Andernfalls würde der Angewiesene
Einwendungen des Leistungsempfängers aus dessen Rechtsbe-ziehungen zum
Anweisenden oder aus Art. 64 OR ausgesetzt, mithin Risiken aus
Rechtsverhältnissen, auf deren Gestaltung er keinen Einfluss hatte (BGE 116
II 689 E. 3b/aa S. 691; vgl. auch BGE 121 III 109 E. 4a S. 116). Schliesslich
muss sich auch nach den entspre-chenden Grundverhältnissen richten, wer für
wen das Insolvenzrisiko tragen soll (Schwenzer, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemei-ner Teil, 2. Aufl. 2000, Rz. 56.16 mit
Hinweisen).

2.3 Im vorliegenden Fall hat der Kläger mit seiner Einzahlung eine gegenüber
B.________ eingegangene Verbindlichkeit erfüllt. Die Zahlung wurde dem
Kontokorrentkonto von B.________ bei der EG Z.________ gutgeschrieben, was
zur Folge hatte, dass zunächst ein Passivum getilgt und im Übrigen die
Aktiven von B.________ erhöht wurden. Bereichert ist somit B.________.
Inwiefern das Vermögen der Beklagten durch die Überweisung vergrössert worden
sein soll, legt der Kläger nicht dar. Namentlich ergibt sich dies nicht aus
dem solidarischen Forderungsrecht über das Gemeinschaftskonto gegenüber der
kontoführenden Bank, denn das Innenverhältnis unter den Kontoberechtigten,
welches darüber bestimmt, welchem Solidargläubiger die schuldnerische
Leistung in welchem Ausmass zukommen soll, bleibt davon unberührt (Schnyder,
Basler Kommentar, 2. Aufl. 1996, N 3 zu Art. 150 OR; Engel, Traité des
obligations en droit suisse, 2. Aufl. 1997, S. 835). Zudem wäre im Hinblick
auf die Grundsätze, wie sie bei der Anweisung Anwendung finden, dem Kläger
verwehrt, seinen Bereicherungsanspruch auf einen Mangel im "Valutaverhältnis"
zwischen B.________ und der Beklagten zu stützen, ist doch die vorliegende
Konstellation augenscheinlich analog zu jener einer Anweisung. Ein
unmittelbarer Bezug zwischen der Entreicherung des Klägers und der
Vermögenslage der Beklagten ist nicht ersichtlich. Eine durch die klägerische
Überweisung zufolge Tilgung der Schuld von B.________ gegenüber der EG
Z.________ allenfalls bewirkte Besserstellung der Beklagten wäre nur
mittelbar auf die Entreicherung des Klägers zurückzuführen, was nach der
zitierten Rechtsprechung nicht ausreicht, um für dessen Kondiktionsanspruch
die Passivlegitimation der Beklagten zu begründen. Auch aus BGE 94 II 167
vermag der Kläger nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, da dort die
Rechtsbeziehung des Erben einer aus einem Gemeinschaftskonto solidarisch
berechtigten Person zur Bank im Streite lag, wogegen vorliegend das
Aussenverhältnis zur Bank unumstritten blieb.

3.
Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz bundesrechtskonform erkannt, dass die
Ungültigkeit des Vertrages vom 18. September 1997, aus welchen Gründen auch
immer darauf zu erkennen wäre, zu einer Rückerstattungspflicht B.________s,
keinesfalls aber zu einer solchen der EG Z.________ oder der Beklagten führen
könnte. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie unter
diesen Umständen von der Prüfung der Vorbringen des Klägers hinsichtlich der
Ungültigkeit des Vertrages vom 18. September 1997 absah. Das führt zur
Abweisung der Berufung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des
Klägers (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird dem Kläger auferlegt.

3.
Der Kläger hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
7'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juli 2003

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: