Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.392/2002
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4C.392/2002 /bmt

Urteil vom 5. März 2003

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiberin Boutellier.

X. ________ AG, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Robert G. Briner, Löwenstrasse 1, 8001 Zürich,

gegen

Y.________ Pensionskasse, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch
Advokat Dr. Dieter Riggenbach, Postfach 430, 4010 Basel.

Werkvertrag; örtliche Zuständigkeit,

Berufung gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
vom 1. November 2002.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Zwischen-Urteil vom 29. März 2001 trat das Zivilgericht Basel-Stadt auf
die Klage der Y.________ Pensionskasse (Klägerin) gegen die X.________ AG
(Beklagte) ein. Das Gericht hielt die Gerichtsstandsklauseln in den
Vereinbarungen vom 2./9. Mai 1996 und vom 29. August / 4. September 1995 für
gültig und kam zum Schluss, dass sich die Gerichtsstandsvereinbarung auch auf
Streitigkeiten aus dem Rahmenvertrag vom 14./19. April 1994 und dessen
integrierende Bestandteile beziehe. Das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt bestätigte dieses Zwischenurteil am 1. November 2002.

Gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt hat die
Beklagte sowohl staatsrechtliche Beschwerde wie Berufung eingereicht. Mit
Berufung stellt sie den Antrag, es sei auf die Klage wegen örtlicher
Unzuständigkeit des Zivilgerichts Basel nicht einzutreten, eventualiter sei
die Sache zu neuer Entscheidung und Sachverhaltsergänzung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt in der Antwort, die Berufung sei abzuweisen.

2.
Mit Berufung kann geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe
auf einer Verletzung des Bundesrechts mit Einschluss der durch den Bund
abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte der Bürger ist die staatsrechtliche Beschwerde
vorbehalten (Art. 43 Abs. 1 OG). Die Rüge der Verletzung des
verfassungsmässigen Wohnsitzgerichtsstandes nach Art. 30 Abs. 2 BV (Art. 59
aBV) ist unzulässig und kann nur mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend
gemacht werden (BGE 118 Ia 294 E. 1; 103 Ia 199 E. 1, je mit Hinweisen).

2.1 Die Beklagte rügt eine Verletzung ihres verfassungsmässigen
Wohnsitzgerichtsstandes. Diese Rüge ist im Verfahren der Berufung unzulässig.
Soweit sie eine Verletzung des Gerichtsstandsgesetzes (GestG; SR 272) rügt,
legt die Beklagte selbst dar, dass sich die Gültigkeit einer
Gerichtsstandsvereinbarung gemäss Art. 39 GestG nach altem Recht bestimmt,
wenn sie vor dem 1. Januar 2001 abgeschlossen worden ist. Sie hält zu Unrecht
dafür, dass sich seit Inkrafttreten des GestG am 1. Januar 2001 die
Derogation des bundesrechtlichen Wohnsitz-Gerichtsstandes des Beklagten (Art.
3 Abs. 1 GestG) nach diesem Bundesgesetz bestimme. Soweit sich die Gültigkeit
der Gerichtsstandsklausel altrechtlich bestimmt, gilt auch der dadurch
begründete altrechtliche Gerichtsstand (Art. 39 GestG). Die Vorinstanzen
haben ihre Zuständigkeit daher zu Recht nicht auf einen bundesrechtlichen
Gerichtsstand gestützt.

2.2 Die streitige Gerichtsstandsklausel ist ein prozessrechtlicher Vertrag,
mit welchem der ordentliche Gerichtsstand derogiert und ein anderer
Gerichtsstand prorogiert wird. Es handelt sich entgegen der Ansicht der
Beklagten nicht um eine bundesrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit, die mit dem
Rechtsmittel der Berufung angefochten werden kann. Mangels eines
bundesrechtlichen Gerichtsstandes gründet vielmehr die örtliche Zuständigkeit
auf kantonalem Verfahrensrecht, dessen Verletzung mit Berufung nicht gerügt
werden kann (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Die Bundesrechtsnormen des
Vertrauensprinzips und von Art. 18 OR, der Beweislastverteilung nach Art. 8
ZGB, der Verletzung von elementarem Vefahrensrecht und von Art. 27 ZGB finden
auf einen prozessrechtlichen Vertrag, der sich auf kantonales Verfahrensrecht
stützt, keine (direkte) Anwendung. Wird Bundesrecht als kantonales
Ersatzrecht angewendet, kann dessen Verletzung mit der Berufung nicht gerügt
werden (BGE 126 III 370 E. 5; 119 II 297 E. 3c, je mit Hinweisen). Die
Berufung steht gegen den Entscheid, mit dem gestützt auf kantonales
Prozessrecht (§ 11 ZPO/BS) die örtliche Zuständigkeit bejaht worden ist,
nicht offen.

3.
Auf die Berufung ist nicht einzutreten. Diesem Verfahrensausgang entsprechend
ist die Gerichtsgebühr der Beklagten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie
hat der anwaltlich vertretenen Klägerin eine Parteientschädigung zu bezahlen
(Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Gebühr und Entschädigung richten sich nach dem
Streitwert. Angesichts des bescheidenen Aufwandes rechtfertigt sich eine
Reduktion der Gerichtsgebühr und der Parteientschädigung. Bei der
Entschädigung ist zu berücksichtigen, dass unnötiger Aufwand von demjenigen
zu tragen ist, der ihn verursacht.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
7'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. März 2003

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: