Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.385/2002
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4C.385/2002 /dxc

Urteil vom 4. Dezember 2003

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch.
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________ Versicherung Aktiengesellschaft,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Titus
Pachmann,

gegen

A.________ AG,
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Robert Vogel.

Haftung aus Frachtvertrag,

Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 22.
Oktober 2002.

Sachverhalt:

A.
Die B.________ AG war bei der in Deutschland domizilierten X.________
Versicherung Aktiengesellschaft (Klägerin) für Transportschäden versichert.
Sie hatte bei der C.________ GmbH eine von dieser hergestellte, 3,5 Tonnen
wiegende CNC-Laserbohrmaschine bestellt, welche sie durch die D.________ GmbH
& Co. KG auf ihr Werkgelände anliefern liess. Für das Umladen der Maschine
vom Camion der Spediteurin auf ihre Laderampe zog sie die A.________ AG
(Beklagte) bei, welche diese Aufgabe mit Hilfe eines Kran-LKW und eines
Lufttransportsystems (LFPA) erledigen sollte. Die Laserbohrmaschine traf am
15. April 1999 unbeschadet auf dem Werkgelände der B.________ AG ein. Hierauf
machte sich die Beklagte ans Abladen der Maschine, wofür sie sich ihres
Kran-LKWs sowie einer von der C.________ GmbH mitgelieferten Lasttraverse
bediente, welche lediglich über einen einzigen zentralen Aufhängepunkt
verfügte. Die Beklagte versuchte zunächst dreimal vergeblich, durch Hochheben
den Schwerpunkt der Maschine zu ermitteln. Beim vierten Versuch gelang es
ihr, die Maschine waagrecht in die Höhe zu heben. Beim Abschwenken geriet die
Maschine jedoch aus dem Gleichgewicht, kippte ab und wurde beschädigt.

Die Klägerin als Sachversicherin ersetzte der B.________ AG den entstandenen
Schaden und liess sich die vertraglichen und ausservertraglichen Ansprüche
gegenüber der Beklagten abtreten.

B.
Die Klägerin belangte die Beklagte am 2. November 2000 vor dem Handelsgericht
des Kantons Zürich. Sie beantragte, die Beklagte zu verpflichten, ihr Fr.
101'926.25 nebst 5 % Zins seit dem 21. Dezember 1999 zu bezahlen, und ihr für
den genannten Forderungsbetrag definitive Rechtsöffnung in der Betreibung Nr.
88148 des Betreibungsamtes Zürich 5 zu erteilen. Das Handelsgericht wies die
Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2002 ab. Eine gegen dieses Urteil erhobene
kantonale Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin hat das Kassationsgericht des
Kantons Zürich mit Beschluss vom 24. Juli 2003 abgewiesen, soweit es darauf
eintrat.

C.
Die Klägerin hat das Urteil des Handelsgerichts auch mit eidgenössischer
Berufung angefochten. Sie verlangt dessen Aufhebung und die Gutheissung der
Klage, eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur
Neubeurteilung.

Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten
sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG muss in der Berufungsschrift dargelegt
werden, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen
Entscheid verletzt worden sind. Zwar ist eine ausdrückliche Nennung
bestimmter Gesetzesartikel nicht erforderlich, falls aus den Vorbringen
hervorgeht, gegen welche Regeln des Bundesrechts die Vorinstanz verstossen
haben soll. Unerlässlich ist aber, dass auf die Begründung des angefochtenen
Urteils eingegangen und im Einzelnen dargetan wird, worin eine Verletzung von
Bundesrecht liegen soll (BGE 121 III 397 E. 2a S. 400; 116 II 745 E. 3 S. 748
f.). Unbeachtlich sind ebenfalls blosse Verweise auf die Akten; inwiefern das
angefochtene Urteil Bundesrecht verletzt, ist in der Berufungsschrift selber
darzulegen (BGE 126 III 198 E. 1d S. 201; 116 II 92 E. 2 S. 93 f., je mit
Hinweisen). Insbesondere hat eine Partei, die den Sachverhalt gestützt auf
Art. 64 OG ergänzt wissen will, nach ständiger Rechtsprechung nachzuweisen,
dass die fragliche Tatsache für die Beurteilung der Streitsache erheblich ist
und bereits im kantonalen Verfahren form- und fristgerecht behauptet und
Beweis dafür angeboten wurde (BGE 119 II 353 E. 5c/aa S. 357, mit Hinweisen).
Für Rügen der Verletzung kantonalen oder Verfassungsrechts steht die Berufung
nicht offen (Art. 43 Abs. 1 und 2 OG).

Soweit die Klägerin diese Schranken missachtet und sich in allgemeiner Kritik
am angefochtenen Urteil ergeht und unsubstantiierte Sachverhaltsrügen erhebt,
ist auf die Berufung nicht einzutreten. Dies gilt insbesondere für die Rüge
der Verletzung des Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV) und der Rüge
ungenügender Sachverhaltsermittlung (Art. 64 Abs. 1 OG).

2.
2.1
Was die Höhe des eingeklagten Schadens anbelangt, führt die Vorinstanz aus,
die Klägerin verweise auf eine Rechnung der Firma C.________ GmbH, welche
Materialkosten von DEM 48'284.80 und Personalkosten von DEM 53'342.--
umfasse. Für Eigenleistungen (213 Mannstunden) habe die Eigentümerin der
Maschine zusätzlich DEM 16'860.40 ersetzt erhalten. Ferner mache die Klägerin
die Reisekosten von DEM 1'372.96 und Kosten des im Prozess vorgelegten
Privatgutachtens von DEM 3'850.-- geltend. Keine dieser Schadenspositionen
sei anerkannt worden. Die Beklagte habe vielmehr den Beweiswert der
Reparaturrechnung unter Hinweis auf die offensichtliche Nähe der
B.________-Gesellschaften in Abrede gestellt und vorgebracht, die den
behaupteten Eigenleistungen zugrund liegenden Ansätze enthielten
Gewinnanteile, auf welche die geschädigte Eigentümerin der Maschine keinen
Anspruch habe. Schliesslich sei für die Kosten des Privatgutachtens, welches
im Ergebnis lediglich Parteibehauptungen darstelle, nach der kantonalen
Rechtsprechung (ZR 87/1988 Nr. 134) kein Ersatz geschuldet.

Nach Auffassung des Handelsgerichts hat die Klägerin den behaupteten Schaden
nicht hinreichend detailliert geschildert. Sie hätte die Funktionsweise der
beschädigten Lasermaschine zumindest in groben Zügen beschreiben und anhand
einer bildlichen Darstellung erläutern  müssen, welche Teile und wie sie
beschädigt worden seien, denn bei der fraglichen Maschine handle es sich um
ein spezielles Gut, über dessen Funktionsweise keine allgemeine Kenntnis
erwartet werden dürfe. Die blosse Auflistung von Bestandteilen wie X-Achse,
Motor-Adapter, Glasmassstab, Winkel-Element, Faltenbalg, Leistungsleitung,
Servomotor genüge bei dieser Sachlage nicht. Auch bleibe offen, wofür ein
Professor zwanzig, ein diplomierter Ingenieur achtundzwanzig Stunden
aufgewendet habe. Vor diesem Hintergrund sei der Beklagten eine
differenzierte Bestreitung der Reparaturkosten weder möglich noch zumutbar.
Darüber hinaus liefe auf eine nach kantonalem Prozessrecht unzulässige
Sammlung von Prozessstoff im Beweisverfahren hinaus, dem im vorliegenden Fall
für die Überprüfung der Angemessenheit der Reparaturrechnung gerichtlich zu
bestellenden Gutachter aufzugeben, die gesamte Materie selbst zu erarbeiten.
Nicht rechtsgenügend substanziiert seien auch die zum Ersatz verstellten
Reisekosten und Eigenleistungen, da weder Reiseteilnehmer, Reisemittel noch
Tarife bezeichnet und die Bemühung der Mechaniker K.________ und L.________
und des Abteilungsleiters M.________ nicht konkretisiert worden seien. Den
Ersatz der Gutachterkosten lehnte die Vorinstanz schliesslich ab, weil dessen
Einsatz nicht notwendig gewesen sei, nachdem bereits die Herstellerfirma eine
Bestandesaufnahme gemacht hatte.

2.2
Die Klägerin rügt als Verletzung von Art. 8 ZGB, die Vorinstanz habe
übersehen, dass sie "für ihre Tatsachenbehauptungen hinsichtlich des Schadens
Stellung genommen und jeweils den rechtsgenügenden Beweis dazu offeriert"
habe und dass der Privatgutachter eine Kurzbeschreibung der Anlage
vorgenommen habe. Welche Teile der Maschine beschädigt worden seien, gehe
zudem aus der Fotodokumentation und der Bildbeschreibung hervor. Schliesslich
ergebe sich aus den einzelnen Rechnungspositionen, welche Reparatur
durchzuführen war. Die Vorinstanz wäre daher gehalten gewesen, ein
Beweisverfahren durchzuführen. Dem Beweisführer könne nicht zugemutet werden,
alle Einzelheiten des durch Gutachten zu beweisenden Sachverhalts
vorzutragen.

2.3
Mit diesen pauschalen Vorbringen kommt die Klägerin ihrer
Begründungsobliegenheit offensichtlich nicht nach. Sie unterlässt es, in der
Berufungsschrift selbst aufzuzeigen, welche Beweise sie zu welchen
prozesskonform vorgetragenen Sachvorbringen anerboten hat. Es genügt nicht,
in der Berufung einfach zu behaupten, es seien Zeugen angerufen und ein
Gutachten beantragt worden. Wer vor Bundesgericht eine Verletzung des Rechts
zum Beweis rügt, hat konkret darzulegen, welche von ihm angebotenen Beweise
der Sachrichter hätte abnehmen sollen, mit den erforderlichen Hinweisen, dass
er diese Beweisanträge form- und fristgerecht gestellt hat; ausserdem hat er
aufzuzeigen, welche rechtserheblichen Tatsachen damit hätten bewiesen werden
sollen (Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire,
Vol. II, Bern 1990, N 1.5.2.3 zu Art. 55 OG). Ebenso wenig sind allgemein
gehaltene Vorbringen rechtlicher Art ohne Bezug zu bestimmten Stellen im
angefochtenen Urteil beachtlich. Inwiefern die Vorinstanz durch überdehnte
Substanziierungsanforderungen den Beweisführungsanspruch der Klägerin nach
Art. 8 ZGB mit Bezug auf den behaupteten Schaden verletzt haben soll, ist der
Berufung nicht ansatzweise zu entnehmen (zu den Substanziierungsanforderungen
vgl. BGE 127 III 365 E. 2b S. 368, mit Hinweisen). Insoweit ist auf die
Berufung nicht einzutreten.

3.
Nach dem Gesagten vermochte die Klägerin das Urteil der Vorinstanz nicht
umzustossen, soweit darin der Schadensnachweis als gescheitert erachtet
wurde. Unter diesen Umständen fehlt der Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an
der Prüfung der weiteren in der Berufung erhobenen Rügen, da sich am Ausgang
des Verfahrens auch nichts ändern würde, wenn sie damit durchdränge. Auf die
Berufung ist daher insgesamt nicht einzutreten. Diesem Verfahrensausgang
entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Klägerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs.
1 OG), die zudem die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren zu
entschädigen hat (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4000.-- wird der Klägerin auferlegt.

3.
Die Klägerin hat die Beklagte für das Verfahren vor Bundesgericht mit Fr.
5000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Dezember 2003

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: