Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.332/2002
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4C.332/2002 /rnd

Sitzung vom 8. Juli 2003

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Walter, Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Favre,
Gerichtsschreiber Huguenin.

Versicherung A.________,
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Karl Gehler,
Hanfländerstrasse 67, Postfach 1539, 8640 Rapperswil SG,

gegen

Versicherung B.________,
Klägerin und Berfungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Beat Ulmi,
Weggisgasse 29, Postfach, 6000 Luzern 5,
Fonds C.________,
Nebenintervenient, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Rothenbühler,
Huobmattstrasse 7, Postfach,
6045 Meggen.

Haftung des Motorfahrzeughalters,

Berufung gegen das Vorurteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz,
Zivilkammer, vom 18. Juni 2002.

Sachverhalt:

A.
Am 30. Oktober 1993 fuhr E.________ um 19.20 Uhr, als es bereits dunkel war,
als Lenker eines Personenwagens VW Golf in Begleitung von F.________ und
G.________ auf dem Autobahnzubringer von Reichenburg in Richtung Tuggen. Die
Fahrbahn war trocken. Die Geschwindigkeit ist auf diesem Strassenstück, das
eine Breite von sieben Metern aufweist, auf 80 km/h beschränkt. In den
Autobahnzubringer mündet von rechts die vortrittsbelastete Speerstrasse ein.
Als E.________ auf die Einmündung zufuhr, bog ein bis heute unbekannt
gebliebener Fahrzeuglenker mit langsamer Geschwindigkeit vor ihm in den
Autobahnzubringer ein. E.________ wich nach links auf die Gegenfahrbahn aus,
musste aber wegen eines entgegenkommenden, von H.________ gelenkten
Fahrzeuges wieder auf die andere Strassenhälfte schwenken, wobei sein Wagen
ins Schleudern geriet, nach rechts von der Fahrbahn abkam, dort mit einem
Wildzaun kollidierte und sich überschlug. F.________, der auf dem
Beifahrersitz sass, wurde aus dem Fahrzeug geschleudert und zog sich schwere
Rückenverletzungen zu.

Eine gegen E.________ eröffnete Strafuntersuchung wurde am 12. Januar 1994
eingestellt.

B.
F.________ ist bei der Versicherung B.________ obligatorisch gegen Unfall
versichert. Diese Gesellschaft kam für die Heilungskosten, Entschädigungen
und Renten auf. Gemäss Art. 41 UVG (Bundesgesetz über die Unfallversicherung
vom 20. März 1981; SR 832.20) trat sie insoweit in die Ansprüche des
Versicherten gegenüber einem für den Unfall haftenden Dritten ein. Gestützt
auf diese Bestimmung machte sie mit Schreiben vom 19. Mai 1995 gegenüber der
Versicherung der Halterin des VW Golf eine Forderung von rund zwei Millionen
Franken geltend. Die Halter-Haftpflichtversicherin, die später von der
Versicherung A.________ übernommene Versicherung D.________, bestritt eine
Zahlungspflicht.

C.
Die Versicherung B.________ reichte am 15. September 1997 Klage gegen die
Versicherung A.________ auf Zahlung von Fr. 1'979'300.80 nebst 5 % Zins seit
19. Mai 1995 ein. Das Bezirksgericht March schränkte das Verfahren auf
gemeinsames Begehren der Parteien vorläufig auf die Frage der Haftung der
Beklagten ein.

Mit Urteil vom 19. Dezember 2000 wies das Bezirksgericht die Klage ab. Es kam
zum Ergebnis, dass gemäss Art. 59 Abs. 1 SVG (Bundesgesetz über den
Strassenverkehr vom 19. Dezember 1958; SR 741.01) keine Haftpflicht der
Fahrzeughalterin bestehe.

Die Klägerin reichte Berufung und Rekurs beim Kantonsgericht des Kantons
Schwyz ein. Im Rahmen des kantonsgerichtlichen Verfahrens verkündete die
Klägerin dem Fonds C._______ den Streit. Dieser erklärte mit Eingabe vom 29.
März 2001 sich als Nebenintervenient am Verfahren zu beteiligen. Mit
Vorurteil vom 18. Juni 2002 hob das Kantonsgericht den Entscheid des
Bezirksgerichts auf und stellte fest, dass die Beklagte im Zusammenhang mit
dem Unfallereignis vom 30. Oktober 1993 grundsätzlich hafte; es wies die
Streitsache zur Neubeurteilung der Anträge gemäss Klage vom 15. September
1997 an das Bezirksgericht zurück.

D.
Die Beklagte hat das Vorurteil des Kantonsgerichts mit Berufung und
staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht angefochten. Die Beschwerde
ist mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen worden, soweit auf sie eingetreten
werden konnte.

Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Beklagte, das Vorurteil des
Kantonsgerichts vom 18. Juni 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen; zudem
sei das Kantonsgericht anzuweisen, über den Rekurs der Beklagten vom 9.
Januar 2002 separat zu entscheiden. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der
Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Der Nebenintervenient erklärt mit
Eingabe vom 17. Dezember 2002, dass er mit den Ausführungen der Klägerin in
der Berufungsantwort vollumfänglich einverstanden sei und diese auch im
eigenen Namen als rechtserheblich erkläre.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen selbständigen Vor- oder
Zwischenentscheid, gegen den die Berufung gemäss Art. 50 Abs. 1 OG nur
zulässig ist, wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so
bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren
erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts
gerechtfertigt erscheint.

Die erste Voraussetzung der Berufungsfähigkeit ist ohne weiteres erfüllt,
denn bei Gutheissung der Berufung wäre der angefochtene Entscheid aufzuheben
und die Klage abzuweisen. Die zweite Voraussetzung ist nach den Vorbringen
der Beklagten in der Berufungsschrift ebenfalls gegeben. Sie weist darauf
hin, dass sie bereits erstinstanzlich die eingeklagte Forderung nicht nur
bezüglich des Bestandes, sondern auch der Höhe nach bestritten habe. Gemäss
ihrer Darstellung wäre ein weitläufiges Beweisverfahren durchzuführen, wenn
der angefochtene Entscheid vom Bundesgericht bestätigt würde. Wie aus ihrer
Klageantwort im erstinstanzlichen Verfahren hervorgeht, hat sie nicht nur
beanstandet, dass die Klägerin keine Belege für ihre Gesamtforderung von Fr.
1'979'300.80 eingereicht hat, sondern auch Einwände gegen die
Sachverhaltsdarstellung der Klägerin in Bezug auf die Höhe der Forderungen
auf Ersatz der Pflege- und Heilungskosten erhoben. Sollte es zu einem
Beweisverfahren betreffend diese Fragen kommen, wäre dieses erfahrungsgemäss
mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Die zweite Voraussetzung von Art. 50
Abs. 1 OG ist somit ebenfalls gegeben. Die Berufung ist zulässig.

2.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob Art. 59 Abs. 1 SVG zur Anwendung
kommt. Nach dieser Bestimmung wird der Halter von der Haftpflicht befreit,
wenn er beweist, dass der Unfall durch grobes Verschulden eines Dritten
verursacht wurde, ohne dass ihn selbst oder Personen, für die er
verantwortlich ist, ein Verschulden trifft und ohne dass fehlerhafte
Beschaffenheit des Fahrzeugs zum Unfall beigetragen hat.

Das Kantonsgericht ist im Gegensatz zum Bezirksgericht zum Ergebnis gelangt,
dass der Beklagten der Entlastungsbeweis weder in Bezug auf ein grobes
Drittverschulden noch das Fehlen eines Verschuldens des Fahrzeuglenkers
gelungen ist. Es hat in diesem Zusammenhang festgehalten, für Art. 59 Abs. 1
SVG gelte das Beweismass der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit oder
zumindest das Regelbeweismass, nicht dagegen das Beweismass der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit, wie das Bezirksgericht irrtümlich angenommen habe. Mit
der Berufung wird gerügt, die Vorinstanz habe das Beweismass falsch
festgelegt und dadurch gegen Art. 59 Abs. 1 SVG verstossen. Auf diese Rüge
der Verletzung von Bundesrecht kann eingetreten werden. Soweit die Beklagte
in der Berufungsschrift aber auch die tatsächlichen Feststellungen und die
Beweiswürdigung des Kantonsgerichts angreift, sind ihre Vorbringen
unbeachtlich (Art. 55 Abs. 1 lit. c und Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 127 III 543 E.
2c S. 547 mit Hinweis).

3.
Nach Lehre und Rechtsprechung schreibt das Bundesprivatrecht für seinen
Anwendungsbereich ein bestimmtes Regelbeweismass vor. Danach gilt ein Beweis
als erbracht, wenn der Richter von der Richtigkeit einer Sachbehauptung
überzeugt ist. Er muss nach objektiven Gesichtspunkten vom Vorliegen der
Tatsache überzeugt sein. Die Verwirklichung der Tatsache braucht indessen
nicht mit Sicherheit festzustehen, sondern es genügt, wenn allfällige Zweifel
als unerheblich erscheinen. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn bloss eine
überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die behauptete Tatsache
verwirklicht hat. Die Funktion des Regelbeweismasses liegt darin, dem
materiellen Recht im Prozess zum Durchbruch zu verhelfen. Die
Rechtsdurchsetzung darf nicht daran scheitern, dass zu hohe oder
uneinheitliche Anforderungen an das Beweismass gestellt werden.

Ausnahmen vom Regelbeweismass, in denen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit
oder ein blosses Glaubhaftmachen als ausreichend betrachtet wird, ergeben
sich einerseits aus dem Gesetz selbst und sind andererseits durch
Rechtsprechung und Lehre herausgearbeitet worden. Diesen Ausnahmen liegt die
Überlegung zu Grunde, dass die Rechtsdurchsetzung nicht an
Beweisschwierigkeiten scheitern darf, die typischerweise bei bestimmten
Sachverhalten auftreten (BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 275 mit Hinweisen). In
der Lehre wird im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass das Beweismass
nicht von Fall zu Fall, also nach den Besonderheiten des jeweiligen
Sachverhalts, sondern nach Massgabe der anwendbaren Normen zu bestimmen ist
(Kummer, Berner Kommentar, N. 211 zu Art. 8 ZGB; Schmid, Basler Kommentar, N.
16 zu Art. 8 ZGB).

3.1 Gemäss dem Wortlaut von Art. 59 Abs. 1 SVG hat der Halter zu seiner
Entlastung einen dreifachen Beweis zu erbringen. Einerseits hat er zu
beweisen, dass der Unfall durch höhere Gewalt oder grobes Verschulden des
Geschädigten oder eines Dritten verursacht wurde (positiver Beweis: Brehm, La
responsabilité civile automobile (art. 58 à 62 LCR), Bern 1999, Rz. 274 ff.);
andererseits hat er zu beweisen, dass ihn selbst oder Personen, für die er
verantwortlich ist - wie namentlich den Fahrzeuglenker (Art. 58 Abs. 4 SVG)
-, kein Verschulden am Unfall trifft und dass auch keine fehlerhafte
Beschaffenheit des Fahrzeugs zum Unfall beigetragen hat (negative Beweise:
Brehm, a.a.O., Rz. 330 ff.). Der Wortlaut der Gesetzesbestimmung enthält
keine Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich der verschiedenen vom Halter zu
erbringenden Entlastungsbeweise eine Ausnahme vom Regelbeweismass gelten
soll.

3.2 Brehm (a.a.O., Rz. 330) vertritt die Meinung, dass für den Beweis
mangelnden Verschuldens des Fahrzeughalters und fehlerfreier Beschaffenheit
des Fahrzeugs das Beweismass der Wahrscheinlichkeit genügen soll. Dieser
Autor zitiert indessen Bundesgerichtsentscheide, die für die Anwendung von
Art. 59 Abs. 1 SVG nicht einschlägig sind oder mit denen die vertretene
Meinung nicht gestützt werden kann. So betrifft BGE 105 II 209 E. 3 den
Beweis groben Verschuldens des Geschädigten und äussert sich nicht zur Frage
des Beweismasses. Dort wird vielmehr festgehalten, dass der Beweis groben
Verschuldens auch den Beweis der Urteilsfähigkeit des Geschädigten im
Zeitpunkt des Unfalles umfasst. BGE 90 II 227 E. 3 sodann, der die Haftung
des Werkeigentümers (Art. 58 OR) zum Gegenstand hat, befasst sich mit der
Frage, welche Partei die Unfreiwilligkeit der Schädigung im Fall der
Verletzung eines Menschen beweisen muss und auf welche Weise dieser Beweis
erbracht werden kann. Schliesslich betreffen auch die von Brehm zitierten BGE
98 II 231 E. 5, BGE 83 II 209 E. 3 und BGE 80 II 294 E. 1 S. 296 f. nicht die
hier interessierende Frage, welches Beweismass für den Entlastungsbeweis
gemäss Art. 59 Abs. 1 SVG gelten soll. Eine die Meinung dieses Autors
stützende Rechtsprechung des Bundesgerichts gibt es somit nicht.
Oftinger/Stark (Schweizerisches Haftpflichtrecht, Besonderer Teil, Band II/2,
4. Aufl., Zürich 1989, § 25 Rz. 431) vertreten in Bezug auf den Beweis des
Nichtbestehens eines Fahrzeugmangels die Meinung, dass der Halter in der
Regel seiner Beweispflicht genügt, wenn er die Unfallursachen nach
Möglichkeit abklärt, so dass sich daraus mit genügender Wahrscheinlichkeit
der Schluss ziehen lässt, es sei keinerlei fehlerhafte Beschaffenheit für den
Unfall kausal. Nach diesen Autoren wäre demnach das Beweismass für den Beweis
des Nichtbestehens eines Fahrzeugmangels auf blosse Wahrscheinlichkeit
herabzusetzen. Darüber braucht indessen im vorliegenden Fall nicht
entschieden zu werden. Die Frage ist für den Verfahrensausgang unerheblich,
da die kantonalen Gerichte übereinstimmend zum Ergebnis gekommen sind, ein
Fahrzeugmangel scheide als Unfallursache aus, und dies im Verfahren vor
Bundesgericht von keiner Seite in Frage gestellt wird.
Nicht zu äussern braucht sich das Bundesgericht sodann zur Frage des
Beweismasses betreffend den positiven Beweis des groben Drittverschuldens
(vgl. hinten E. 4). Im vorliegenden Fall von Bedeutung ist dagegen die Frage,
welches Beweismass für den Beweis des Fehlens eines Verschuldens des Halters
gilt.

3.3 Die Haftungsordnung des SVG beruht auf dem Gedanken, dass die
Betriebsgefahr des Motorfahrzeugs für sich allein eine hinreichende
Haftungsgrundlage setzt, wenn ihretwegen ein Schaden entsteht. Die Entlastung
von der Halterhaftung wegen Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs
zufolge höherer Gewalt, grobem Verschulden eines Dritten oder des
Geschädigten erscheint als Ausnahme von der Regel und ist daher grundsätzlich
strengen Anforderungen zu unterstellen, sollen der Schutz und die
obligatorische versicherungsrechtliche Absicherung des Geschädigten nicht
illusorisch werden. Voraussetzung für eine Entlastung im Sinne von Art. 59
Abs. 1 SVG ist - soweit hier von Interesse - ein Drittverschulden, das so
sehr überwiegt, dass die Beteiligung des Halterfahrzeugs, also dessen
Betriebsgefahr, nicht ins Gewicht fällt und deshalb als adäquate Ursache
ausgeschaltet wird. Handelt es sich beim Dritten um einen anderen
Fahrzeughalter bzw. Fahrzeuglenker, soll nach Lehre und Rechtsprechung eine
Entlastung im Sinne von Art. 59 Abs. 1 SVG nur mit Zurückhaltung angenommen
werden, da sich in der Regel die Betriebsgefahren beider Fahrzeuge auswirken
(Oftinger/Stark, a.a.O., § 25 Rz. 734 f.; Schaffhauser/Zellweger, Grundriss
des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band II: Haftpflicht und
Versicherung, Bern 1988, Rz. 1067; Denger, Betriebsgefahr in Gefahr, HAVE
2002 S. 212 f.; Hausheer/Jaun, ZBJV 2003 S. 61 ff.; BGE 95 II 344 E. I/6 f.
und 630 E. 5).

Die Regelung von Art. 59 Abs. 1 SVG hat in beweisrechtlicher Hinsicht zur
Folge, dass das Verschulden bzw. die Haftung des Fahrzeughalters vermutet
wird (Oftinger/Stark, a.a.O., § 25 Rz. 427 und 429; Schaffhauser/Zellweger,
a.a.O., Rz. 1015; Brehm, a.a.O. Rz. 332). Der damit dem Fahrzeughalter
auferlegte Beweis des Gegenteils muss aufgrund seiner beweisrechtlichen
Funktion in der Regel strikt erbracht werden (Kummer, Berner Kommentar, N.
338 zu Art. 8 ZGB).

3.4 Sowohl die materiellrechtliche Zielsetzung von Art. 59 Abs. 1 SVG wie
auch dessen beweisrechtliche Ausgestaltung führen demnach zum Ergebnis, dass
der Entlastungsbeweis fehlenden Verschuldens nach dem Regelbeweismass zu
erbringen ist. Die Auffassung des Kantonsgerichts, dass das Beweismass der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht genügt, verletzt somit kein
Bundesrecht.

4.
Gemäss BGE 105 II 209 E. 3 gehört zum Beweis des groben Verschuldens im Sinne
von Art. 59 Abs. 1 SVG auch jener der Urteilsfähigkeit der Person, welcher
das schuldhafte Fehlverhalten vorgeworfen wird. Beide kantonalen Gerichte
haben sich nicht an diese Rechtsprechung gehalten, sondern in Übereinstimmung
mit Art. 16 ZGB auf die Vermutung der Urteilsfähigkeit erwachsener Personen
abgestellt. Gegensätzlich haben sie dagegen über die Frage des Vorliegens
eines groben Verschuldens entschieden. Während das Bezirksgericht der Meinung
ist, der unbekannte Fahrzeuglenker habe mit seinem unverständlichen
Fahrmanöver das Vortrittsrecht massiv missachtet und somit gegen elementare
Vorsichtsregeln verstossen, stellt das Kantonsgericht diese Auffassung in
Frage mit der Begründung, es stehe nicht fest, aus welchen Gründen der
unbekannte Fahrzeuglenker das Vortrittsrecht von E.________ missachtet habe.

4.1 Mit der Berufung wird vorgebracht, das Kantonsgericht wende das falsche
Beweismass an, wenn es von der Beklagten nicht nur verlange, die schuldhafte
Missachtung des Vortritts zu beweisen, sondern auch noch die Gründe für die
Missachtung bewiesen haben wolle. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine
Frage des Beweismasses, sondern der Umschreibung des Beweisthemas. Dieses
wird hier ebenfalls vom Bundesrecht bestimmt, dessen Anwendung im
Berufungsverfahren überprüft werden kann. Es geht dabei um die Frage, ob an
das Verschulden des Dritten oder des Geschädigten im Sinne von Art. 59 Abs. 1
SVG ein objektiver oder ein individueller Massstab anzulegen ist (vgl. dazu
Schaffhauser/Zellweger, a.a.O., Rz. 1032; BGE 111 II 89 E. 1). Dem
angefochtenen Urteil liegt die zweite Auffassung zu Grunde, wobei nach dessen
Begründung für die Beurteilung des Verschuldens erheblich ist, ob der
unbekannte Fahrzeuglenker entweder den von E.________ gelenkten Wagen einfach
übersehen oder ihn zwar gesehen, aber dessen Geschwindigkeit falsch
eingeschätzt hat. Das Bezirksgericht ist demgegenüber zum Ergebnis gekommen,
dass dem unbekannten Fahrzeuglenker in beiden Fällen ein grobes Verschulden
vorzuwerfen sei.

4.2 Die aufgeworfenen Rechtsfragen - Beweis oder Vermutung der
Urteilsfähigkeit, Objektivierung oder Individualisierung des Verschuldens -
brauchen im vorliegenden Fall nicht geprüft zu werden. Wie bereits
festgehalten worden ist (vorne E. 3.1), muss der Halter gemäss Art. 59 Abs. 1
SVG zu seiner Entlastung einen dreifachen Beweis erbringen. Misslingt nur
einer dieser Beweise, bleibt es bei der Halterhaftung nach Art. 58 Abs. 1
SVG. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beklagte den Entlastungsbeweis
betreffend Fehlens eines Verschuldens des Lenkers des Unfallfahrzeugs nicht
erbracht hat (vgl. folgende E. 5). Ob auch der positive Beweis eines groben
Verschuldens des Dritten gescheitert ist, kann deshalb offen bleiben.

5.
Gemäss Art. 32 Abs. 1 SVG hat der Fahrzeuglenker die Geschwindigkeit stets
den Umständen anzupassen, namentlich den Strassen-, Verkehrs- und
Sichtverhältnissen. Er hat zudem nach Art. 31 Abs. 1 SVG das Fahrzeug ständig
so zu beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Er muss
jederzeit in der Lage sein, auf die jeweils erforderliche Weise auf das
Fahrzeug einzuwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust zweckmässig zu
reagieren (BGE 127 II 302 E. 3c).

E. ________ hat die Herrschaft über das von ihm gelenkte Fahrzeug verloren,
als er dem entgegenkommenden Wagen von H.________ nach rechts ausweichen
musste, dabei ins Schleudern geriet und gemäss der Skizze der Polizei auf
einer Strecke von 17.7 Metern weiter fuhr und dann von der Strasse abkam. Das
Bezirksgericht hat sich zum Verhalten von E.________ geäussert und in diesem
Zusammenhang festgehalten, dass dieser zur Vermeidung einer Frontalkollision
einen abrupten Schwenker auf die rechte Spur habe vornehmen müssen. Mit einem
solchen Fahrmanöver bei Tempo 80 werde aber ein Ausbrechen des Fahrzeugs
geradezu provoziert und nur geübte Lenker könnten, wie der von den
Autoherstellern zur Kontrolle der Fahrstabilität eines Wagens durchgeführte
"Elch-Test" zeige, das Fahrzeug in der Spur halten. Nach dem Entscheid über
die staatsrechtliche Beschwerde steht indessen fest, dass die zweite
Schwenkbewegung abrupter erfolgt ist als die erste, und zwar so abrupt, dass
das Fahrzeug sofort ins Schleudern geriet. Zudem hat E.________ in keinem
Zeitpunkt gebremst, obschon dies zumindest nach der ersten Schwenkbewegung
auf die linke Strassenhälfte möglich gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts hat sich der Fahrzeuglenker aber auch in schwierigen
Situationen so zu verhalten, dass er die Herrschaft über das Fahrzeug nicht
verliert (BGE 127 II 302 E. 3d; 90 IV 265 E. 2b). Diesem Gebot ist E.________
nicht nachgekommen, wenn er nach dem ersten Ausweichmanöver nach links nicht
gebremst hat und danach gezwungen war, eine derart abrupte Schwenkbewegung
nach rechts auszuführen, dass das Fahrzeug sofort zu schleudern begann.
Dieser Beurteilung steht BGE 83 IV 84, auf den sich die Beklagte im
kantonalen Verfahren berufen hat, nicht entgegen. Jener Entscheid befasst
sich mit der Frage, ob einem Fahrzeuglenker als Verschulden angerechnet
werden darf, wenn er in einer plötzlich auftretenden Gefahrensituation nicht
so reagiert, wie dies aufgrund nachträglicher Beurteilung am zweckmässigsten
gewesen wäre. Darum geht es hier aber nicht. E.________ ist vielmehr
anzulasten, dass er die Geschwindigkeit nach dem ersten Ausschwenken nicht
verminderte, was dazu führte, dass er bei der zweiten, zu abrupt ausgeführten
Schwenkbewegung nach rechts die Herrschaft über das Fahrzeug verlor. Dass
diese Reaktion unverschuldet erfolgte, ist nach den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht unbewiesen geblieben.
Die Vorinstanz ist somit zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass Art. 59 Abs. 1
SVG nicht anwendbar ist.

6.
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der Beklagten
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese hat die Klägerin und den
Nebenintervenienten für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen
(Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Dem Nebenintervenienten ist angesichts des
geringen Aufwandes für das Verfassen seiner Berufungsantwort eine stark
herabgesetzte Parteientschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 15'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Die Beklagte hat die Klägerin mit Fr. 16'000.-- und den Nebenintervenienten
mit Fr. 1'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Nebenintervenienten und dem
Kantonsgericht des Kantons Schwyz, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Juli 2003

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: