Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.309/2002
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4C.309/2002 /rnd

Urteil vom 24. Januar 2003

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Walter, Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Nyffeler,
Gerichtsschreiberin Boutellier.

A. ________ AG,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwältin Elena Neuroni,
via Nassa 21, 6901 Lugano,

gegen

B.________ AG
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Dr. Thomas Christen,
Büchelistrasse / Lindenstrasse 2, Haus Thurgauerhof, 4410 Liestal.

Garantievertrag; Gerichtsstand,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission,
vom 30. August 2002.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG (Klägerin) mit Sitz in X.________ machte am 20. Oktober
2000 beim Kantonsgericht Zug eine Klage gegen die B.________ AG (Beklagte)
mit Sitz in Zug hängig. Sie verlangte die Bezahlung von US$ 825'212.25 nebst
5% Zins seit 11. September 1998. Ihre Forderung leitete sie aus einer
Garantieerklärung vom 22. Juli 1998 ab, mit der die Beklagte die Erfüllung
der finanziellen Verpflichtungen der C.________ Ldt. aus einem Kaufvertrag
über Eisenmaterial vom 25. Juni 1998 garantiert habe. Die Beklagte erhob am
15. Dezember 2000 Widerklage mit den Anträgen, die Klägerin sei zu
verpflichten (a) ihr das gerichtlich festzustellende, zu viel bezahlte
Honorar für die Jahre 1998 und 1999 zurückzubezahlen, (b) ihr US$ 258'974.44
nebst 9% Zins seit 12. Dezember 2000 zu bezahlen sowie (c) ihr US$
2'553'787.43 sowie US$ 264'585.46 zu bezahlen, unter gleichzeitiger Abtretung
der Forderung der B.________ AG im Konkurs der D.________ AG, an die
Klägerin. Die Klägerin erhob in der Widerklageantwort die Einrede der
örtlichen Unzuständigkeit mit der Begründung, es bestehe kein hinreichender
sachlicher Zusammenhang zwischen Klage und Widerklage.

B.
Mit Beschluss vom 28. November 2001 trat das Kantonsgericht Zug auf die
Widerklage ein (Dispositivziffer 1) und auferlegte die Verfahrens- und
Parteikosten der Klägerin (Dispositivziffer 2 und 3). Das Gericht führte zur
Begründung aus, Klage und Widerklage beruhten zwar auf unterschiedlichen
Rechtsgründen, es stehe jedoch der gleiche Sachverhalt zur Beurteilung. Das
Gericht stützte sich dabei auf den Vortrag der Beklagten, wonach die Klägerin
als Tochtergesellschaft der russischen Eisenmine Y.________ gegründet worden
sei, welche später im Zuge einer Kapitalerhöhung die Kontrolle über die
Klägerin verloren habe. Der Verantwortliche der Eisenmine Y.________ habe
darauf mit Angestellten der Beklagten vereinbart, dass diese die E.________
AG gründen und deren Aktien auf die Beklagte übertragen würden. Dies sei in
der Absicht geschehen, dass die Beklagte über die E.________ AG die Geschäfte
der    Y.________ abwickeln sollte. Dieses Vorgehen sei in die Tat umgesetzt
worden. Dabei habe die Klägerin am 31. März 1998 nach der Gründung der
E.________ AG, jedoch vor Übertragung deren Aktien auf die Beklagte, mit der
E.________ AG den Kooperationsvertrag abgeschlossen. Diesen Vertrag habe die
Klägerin nicht gehörig erfüllt, woraus die Ansprüche gemäss Widerklage
resultierten, welche die E.________ AG der Beklagten am 7. November 2000
abgetreten habe. Da nach Darstellung der Klägerin die Garantieerklärung vom
22. Juli 1998 auf den Kontakten beruhte, welche die Parteien im Zusammenhang
mit dem Verkauf der Aktien der E.________ AG und der vereinbarten Kooperation
der E.________ AG mit der Klägerin gehabt hätten, bestehe ein direkter
Zusammenhang zwischen der Garantieerklärung, auf welche sich die Klage
stütze, und dem Kooperationsvertrag, aus welchem die Beklagte die Ansprüche
gemäss Widerklage ableite.

C.
Mit Urteil vom 30. August 2002 hiess das Obergericht des Kantons Zug,
Justizkommission, die Beschwerde der Klägerin teilweise gut, hob Ziffern 2
und 3 des Beschlusses des Kantonsgerichts auf und reduzierte die ihr
auferlegten Kosten und die Entschädigung. Aus den Erwägungen des Urteils geht
hervor, dass die Beschwerde gegen Dispositivziffer 1 des erstinstanzlichen
Entscheides betreffend die Zulässigkeit der Widerklage vom Obergericht
sinngemäss abgewiesen wurde, ohne dass dem Dispositiv darüber etwas zu
entnehmen ist.

D.
Mit eidgenössischer Berufung vom 3. Oktober 2002 stellt die Klägerin die
Anträge, das Urteil der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug vom
30. August 2002 sei aufzuheben und in dem Sinne abzuändern, dass die
Beschwerde gutzuheissen, die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit der
Gerichte des Kantons Zug zu schützen und dementsprechend auf die Widerklage
nicht einzutreten sei. Die Klägerin rügt die Verletzung der Art. 3 Abs. 1
lit. b GestG sowie von Art. 6 Abs. 1 GestG.

Die Beklagte schliesst in der Antwort vom 16. Dezember 2002, welche der
Klägerin am 23. Dezember 2002 zur Kenntnis zugestellt wurde, auf Abweisung
der Berufung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil, mit dem das Eintreten auf die Widerklage bestätigt
wird, ist kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG (BGE 128 III 250 E. 1b;
127 III 474 E. 1a, je mit Hinweisen). Es handelt sich vielmehr um einen
selbständigen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 49
Abs. 1 OG, gegen den die Berufung wegen Verletzung bundesrechtlicher
Vorschriften über die sachliche, die örtliche oder die internationale
Zuständigkeit offen steht. Die Klägerin bringt zulässigerweise vor, das
angefochtene Urteil verletze die bundesrechtlichen Vorschriften über die
örtliche Zuständigkeit gemäss dem Bundesgesetz vom 24. März 2000 über den
Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz; GestG; SR 272).

2.
Nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozessrechts müssen die
Prozessvoraussetzungen im Zeitpunkt der Fällung des Sachurteils gegeben sein,
wobei es genügt, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt eintreten (BGE 116 II 209
E. 2b/bb mit Hinweisen). Insbesondere für die Zuständigkeit genügt in der
Regel, dass sie im Zeitpunkt des Sachurteils gegeben ist. Daraus hat die
Praxis geschlossen, die Zuständigkeit sei anzuerkennen, wenn sie sich aus
einer erst nach Rechtshängigkeit des Prozesses in Kraft getretenen Norm
ergebe (BGE 116 II 209 E. 2b/bb). Dieses Ergebnis entspricht dem
intertemporalrechtlichen Grundsatz, dass prozessuale Bestimmungen sofort
Anwendung finden, insbesondere auch für Verfahren, welche im Zeitpunkt des
Inkrafttretens bereits hängig sind (BGE 115 II 97 E. 2c S. 101; vgl. auch BGE
120 Ia 101 E. 1b S. 104; 122 III 324 E. 7; Urteil des Bundesgerichts
4C.3/1994 vom 13. Juni 1994, E. 4 publ. in: SJ 1994 S. 687, je mit
Hinweisen). Art. 38 GestG schreibt nichts Abweichendes vor. Zwar hatte der
Bundesrat eine Bestimmung vorgeschlagen, die in einem ersten Absatz den
Grundsatz festhielt, der Gerichtsstand bestimme sich auch für Klagen, die bei
Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits angehoben seien, nach neuem Recht. In
einem zweiten Absatz sollte der Fortbestand der altrechtlich begründeten
Zuständigkeit geregelt werden (Art. 40 VE in der Botschaft des Bundesrates
zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen vom  18. November
1998, Botschaft GestG, BBl 1999, S. 2886/2875). Der Nationalrat als Erstrat
folgte zunächst dem Vorschlag seiner Kommission, wonach eine bei
Inkrafttreten des Gesetzes hängige Klage mangels örtlicher Zuständigkeit nur
zurückgewiesen werden dürfe, wenn sowohl nach altem wie auch nach neuem Recht
kein Gerichtsstand gegeben sei (Amtl. Bull. NR 1999 S. 1035). Die
ständerätliche Kommission schlug sodann die Formulierung des geltenden Art.
38 GestG vor, wonach der Gerichtsstand bestehen bleibt für Klagen, die bei
Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind. Die Kommissionssprecherin stellte
dabei klar, es werde damit nur die Evidenz ausgedrückt, dass der bisherige
Gerichtsstand bestehen bleibe. Sie bezeichnete zwar den Vorschlag des
Bundesrates als offensichtlich verfehlt, brachte aber nicht zum Ausdruck,
dass materiell Vorbehalte gegen die entsprechende Regelung bestehen würden
(Amtl. Bull. SR 1999 S. 895 f., Votum Brunner). Mit der herrschenden Lehre
ist daher auch für die Zuständigkeitsbestimmungen des Gerichtsstandsgesetzes
festzuhalten, dass sie sofort mit Inkrafttreten Anwendung finden und die
örtliche Zuständigkeit deshalb für hängige Verfahren zu bejahen ist, wenn sie
nach dem Gerichtsstandsgesetz gegeben ist (Wittmann, in
Spühler/Tenchio/Infanger, Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen,
Basel 2001, N. 5 zu Art. 38 GestG; Dasser, in Müller/Wirth, Kommentar zum
Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, Zürich 2001, N. 11 zu
Art. 38 GestG; von Werdt, in Kellerhals/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum
Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, Bern 2001, N. 3 zu Art.
38 GestG). Die abweichende Ansicht, die sich für ein strenges Gebot der
Nichtrückwirkung ausspricht, leitet aus der unterschiedlichen Formulierung
des geltenden Art. 38 GestG im Vergleich zum bundesrätlichen Vorschlag zu
weit gehende materielle Folgerungen ab und bezieht sich wesentlich auf die
Regelung des Lugano-Übereinkommens (Übereinkommen über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen; LugÜ; SR 0.275.11), die in diesem Zusammenhang nicht
wegweisend ist (vgl. Donzallaz, Commentaire de la loi fédérale sur les fors
en matière civile, Bern 2001, N. 1 ff. zu Art. 38 GestG). Da die Widerklage
am 15. Dezember 2000, und damit vor Inkrafttreten des GestG am 1. Januar
2001, erhoben worden ist, sind die Gerichte des Kantons Zug zur Beurteilung
der Widerklage zuständig, sofern eine Zuständigkeit entweder im Sinne von
Art. 6 GestG oder gemäss den Bestimmungen des bisherigen kantonalen Rechts
besteht (vgl. auch BGE 4C.327/2001 vom 24. September 2002, E. 1).

3.
Nach Art. 6 Abs. 1 GestG kann beim Gericht der Hauptklage Widerklage erhoben
werden, wenn die Widerklage mit der Hauptklage in einem sachlichen
Zusammenhang steht. Der Gerichtsstand der Widerklage dient dem Zweck,
widersprüchliche Urteile zu verhindern, sowie eine rasche und effiziente
gesamthafte Erledigung zusammenhängender Streitsachen zwischen denselben
Parteien zu ermöglichen (Müller, in Müller/Wirth, a.a.O., N. 1 und 6 zu Art.
6 GestG; Donzallaz, a.a.O., N. 2 zu Art. 6 GestG; Kellerhals/Güngerich, in
Kellerhals/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N. 1 zu Art. 6 GestG).

3.1 Ein sachlicher Zusammenhang ist nach der Botschaft des Bundesrates zum
Gerichtsstandsgesetz gegeben, wenn beide Klagen auf dem gleichen sachlichen
oder rechtlichen Grund beruhen, sich insbesondere auf denselben Vertrag
stützen oder ihnen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt (Botschaft
GestG, a.a.O., S. 2847). In der Botschaft wird klargestellt, dass entgegen
einzelnen kantonalen Prozessrechten die blosse Verrechenbarkeit der Ansprüche
nicht genügt, sondern dass es zur Begründung des Gerichtsstands der
Widerklage einer Konnexität mit der Hauptklage bedarf, wie dies die
Rechtsprechung zu Art. 59 aBV verlangt hatte (BGE 93 I 549 E. 2 S. 552; 87 I
126 E. 3 S. 130; 71 I 344 E. 2; 58 I 165 E. 3 S. 169, je mit Hinweisen). Die
Konnexität ist nach der Botschaft gleich zu verstehen wie im internationalen
Recht, insbesondere gemäss Art. 8 IPRG, aber auch Art. 6 Ziff. 3 LugÜ
(Botschaft GestG, a.a.O., S. 2846). In der Rechtsprechung zu Art. 59 aBV
wurde als ungenügend erachtet, dass es sich bloss um gleichartige Klagen
handelt (BGE 71 I 344 E. 3 betreffend zwei Klagen je auf Löschung
gleichartiger Marken), oder dass lediglich Gründe der Prozessökonomie für
ihre gemeinsame Beurteilung sprechen (BGE 71 I 344    E. 2; vgl.
Kellerhals/Güngerich, in Kellerhals/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N. 25 zu
Art. 6 GestG). Konnexität wurde dagegen bejaht, wenn die beidseitigen
Ansprüche das gleiche Rechtsgeschäft betreffen (BGE 80 I 200, S. 204:
Forderung auf Verzugszins für die verspätete Bezahlung der Kaufpreisforderung
und Widerklage auf Rückforderung eines Teils des Kaufpreises wegen Minderung;
BGE 93 I 549: Klage auf Herausgabe der bei einer Bank hinterlegten Summe und
Widerklage auf Zahlung des Werklohnes, wobei sich beide Forderungen auf
denselben Werkvertrag stützten), oder aus dem gleichen Tatbestand abgeleitet
werden (vgl. Kellerhals/Güngerich, in Kellerhals/von Werdt/Güngerich, a.a.O.,
N. 17 ff. zu Art. 6 GestG). Als hinreichend wurde ausserdem angesehen, dass
sie Ausfluss eines gemeinsamen Rechtsverhältnisses sind oder doch eine enge
rechtliche Beziehung zueinander haben (Müller, in Müller/Wirth, a.a.O., N. 17
zu Art. 6 GestG; Spühler, in Spühler/Tenchio/Infanger, a.a.O., N. 11 zu Art.
6 GestG; ebenso Spühler/Vock, Gerichtsstandsgesetz, Zürich 2000, N. 2 zu Art.
6 GestG; Donzallaz, a.a.O., N. 23 zu Art. 6 GestG; Hohl, Procédure civile,
Bd. II, Bern 2002, Rz. 1575). Dies wurde z.B. bejaht bei einer
Forderungsklage nach dahingefallenem Arrest und der Widerklage auf
Schadenersatz aus demselben, als ungerechtfertigt behaupteten Arrest (BGE 47
I 176 E. 4), oder bei Ansprüchen aus verschiedenen Verträgen, die nach dem
Willen der Parteien eine Einheit bilden sollten (BGE 34 I 755 E. 5 S. 774
f.). Nach der Lehre soll Art. 8 IPRG, der ebenfalls einen sachlichen
Zusammenhang (connexité entre les deux demandes, domande materialmente
connesse) verlangt, im Sinne dieser Rechtsprechung interpretiert werden (vgl.
Berti, Basler Kommentar, N. 8 ff. zu Art. 8 IPRG; Volken, in Heini et al.,
IPRG Kommentar, Zürich 1993, N. 15 zu Art. 8 IPRG; Dutoit, Droit
international privé Suisse, 3. Aufl., Basel 2001, N. 3 zu Art. 8 IPRG). Art.
6 Ziff. 3 LugÜ verlangt dagegen, dass sich die Widerklage auf denselben
Vertrag oder Sachverhalt stützt wie die Klage selbst. Die Voraussetzungen
dieser Bestimmung sind nach dem Wortlaut nicht erfüllt, wenn sich die
Widerklage auf einen andern Vertrag stützt als die Klage, es sei denn, es
läge ihnen derselbe Sachverhalt zugrunde, was z.B. in der französischen
Rechtsprechung für die auf den Rahmenvertrag gestützte Widerklage eines
Vertragshändlers gegen die auf einzelne Kaufverträge gestützte Hauptklage des
Unternehmers bejaht worden ist (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht,
7. Aufl., Heidelberg 2002, N. 38 zu Art. 6 EuGVO insbes. Fn. 72). Mit dem
Erfordernis desselben Sachverhalts bei Klagen, die sich auf unterschiedliche
Verträge stützen, dürfte Art. 6 Ziff. 3 LugÜ enger zu verstehen sein als die
Konnexität nach der bisherigen Rechtsprechung zu Art. 59 aBV und die
entsprechende Voraussetzung nach Art. 8 IPRG (Müller, in Müller/Wirth,
a.a.O., N. 33 zu Art. 6 GestG; Donzallaz, a.a.O., N. 24 zu Art. 6 GestG).
Inwieweit ein enger rechtlicher Zusammenhang auch abgesehen von einem
gemeinsamen rechtserheblichen Sachverhalt für die Konnexität nach Art. 6 Abs.
1 GestG genügt, braucht im vorliegenden Fall jedoch nicht abschliessend
erörtert zu werden.

3.2 Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, Klage und Widerklage beruhten
auf dem gleichen Sachverhalt; sie verwarfen die Ansicht der Klägerin, dass
die in Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche weder tatsächlich auf
derselben Grundlage beruhten noch ein enger rechtlicher Zusammenhang zwischen
ihnen bestehe.

3.2.1 Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift (welche gemäss Art. 64 Abs. 2 OG
beizuziehen ist) dargelegt, dass sie am 9. März 1994 als Tochtergesellschaft
der russischen Y.________ gegründet wurde, die ihrerseits eine Eisengrube
betreibt. Die Klägerin beschäftigt sich mit dem Handel des aus der Grube
ihrer Muttergesellschaft geförderten Eisens. Die Beklagte ist gemäss
Klageschrift am 22. September 1993 gegründet worden und im internationalen
Handel tätig, vor allem im Handel mit Mangan und Nahrungsmittelprodukten aus
Kasachstan. Die ersten Kontakte zwischen den Parteien gingen nach Darstellung
der Klägerin auf April 1998 zurück und hatten den Verkauf des Aktienpakets
der kurz zuvor gegründeten Firma E.________ AG zum Gegenstand. Die Organe der
Klägerin seien gleichzeitig Organe der E.________ AG gewesen. Die Y.________
habe der Beklagten die Aktien der E.________ AG im Mai 1998 verkauft.
Hauptaktionär der Beklagten sei F.________ gewesen und sei dies
wahrscheinlich immer noch. Jedenfalls habe F.________ die Stellung eines
faktischen Organs der Beklagten versehen, als er für die Beklagte das der
Klage zugrunde liegende Schreiben vom 22. Juli 1998 unterzeichnet habe, in
dem sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, die
Kaufpreisforderung gegenüber der C.________ Ldt., Zypern, auf schriftliches
Ersuchen der Klägerin und unter Verzicht auf jegliche Einreden oder
Einwendungen zu bezahlen.

3.2.2 Die Widerklageforderung, welche sich die Beklagte von ihrer
Tochtergesellschaft E.________ AG (in Liquidation) hatte abtreten lassen,
stützt sich auf einen Zusammenarbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der
E.________ AG, den diese vor dem Verkauf der Aktien am 31. März 1998
abgeschlossen hatten und in dem sich die Klägerin verpflichtet, der
E.________ AG von deren Gründung an bis auf weiteres die eigene Infrastruktur
zur Verfügung zu stellen. Die entsprechenden Dienstleistungen sollten von der
Klägerin der E.________ AG vierteljährlich in Rechnung gestellt und
entsprechend dem Umsatz der verwalteten Gesellschaften nach dem
Jahresabschluss definitiv bemessen werden. Die Beklagte behauptet, ihre
Tochtergesellschaft E.________ AG habe der Klägerin aus diesem Vertrag zu
viel Honorar bezahlt und ausserdem habe die Klägerin ihre vertraglichen
Verpflichtungen schlecht erfüllt, indem sie ihre Stellung als Beauftragte
insbesondere missbraucht habe, um eine Kaufpreisforderung selbst
einzukassieren bzw. ein schlechtes Risiko auf die E.________ AG abzuwälzen.

3.2.3 Die Vorinstanz hat festgestellt, dass zwischen der Y.________ und der
Klägerin, der Beklagten sowie der E.________ AG enge Verflechtungen bestanden
hätten. Die Klägerin führt nach den Erwägungen der Vorinstanz in der
Klageschrift aus, dass der Kaufvertrag der C.________ Ldt. bzw. der
behauptete, von F.________ unterzeichnete Garantievertrag, aus dem sie ihre
Forderung herleite, auf den Kontakt der Parteien im Zusammenhang mit dem Kauf
der Aktien zurückzuführen sei, der wiederum mit der Vereinbarung zwischen der
Klägerin und der E.________ AG verbunden gewesen sei. Da die Organe der
Klägerin ebenfalls Verwaltungsratsmitglieder und Bevollmächtigte der
E.________ AG gewesen und beide Gesellschaften der Y.________ nahe gestanden
seien, kam die Vorinstanz zum Schluss, aufgrund der engen Beziehungen der
Parteien zur E.________ AG und zur Y.________ im fraglichen Zeitpunkt und der
sich daraus ergebenden vertraglichen Verflechtungen, könne - entgegen der
Ansicht der Klägerin - nicht gesagt werden, Haupt- und Widerklage basierten
nicht auf dem gleichen Sachverhalt und zwischen diesen Forderungen bestände
kein enger rechtlicher Zusammenhang.

3.3 Ein Zusammenhang tatsächlicher oder rechtlicher Art besteht nicht
bereits, wenn die streitigen Vertragsbeziehungen der Parteien in einen
gewissen Zusammenhang gebracht werden können. Es genügt für die Konnexität
gemäss Art. 6 Abs. 1 GestG ebenso wenig wie nach Art. 59 aBV, dass die in
Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche auf Rechtsverhältnissen
beruhen, die ihrerseits in weiterem Sinne auf personellen Verflechtungen
gründen, oder dass die Beteiligten anderweitig in Geschäftsbeziehung stehen.

3.3.1 Nach der Behauptung der Klägerin hat F.________ ihr gegenüber als
faktisches Organ der Beklagten eine Garantie für einen Kaufpreis Dritter
abgegeben, für den sie üblicherweise ein Akkreditiv verlangt hätte, und die
sie statt des Akkreditivs nur akzeptierte, weil die Käuferin von F.________
eingeführt wurde, mit dem sie auch sonst zusammenarbeitete. Das Motiv der
Klägerin, die behauptete Garantieerklärung des angeblichen faktischen Organs
der Beklagten als Sicherheit anzunehmen, mag in der vertraglichen Beziehung
des Kooperationsvertrages oder in der engen personellen Verflechtung der
Beteiligten liegen. Daraus ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht der
Vorinstanz nicht, dass derselbe Sachverhalt für die umstrittenen Ansprüche
gemäss Klage und Widerklage massgebend sei. Vielmehr ist ohne weiteres
möglich, den für die Beurteilung der Klage massgebenden Sachverhalt ohne
Rücksicht auf die tatsächlichen Grundlagen zum Kooperationsvertrag
abzuklären, welche für die in der Widerklage geltend gemachten Ansprüche
erheblich sind; es bedarf für die Beurteilung der Widerklage zusätzlicher und
anderer Sachverhaltselemente als für die Entscheidung der Klage. Damit fehlt
es an der Voraussetzung eines gemeinsamen rechtserheblichen Sachverhaltes.

3.3.2 Auch eine enge rechtliche Beziehung zwischen den beiden Forderungen aus
Klage und Widerklage ist aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz nicht
ersichtlich. Zunächst ist nicht erkennbar, dass die Ansprüche aus dem
Zusammenarbeitsvertrag der Klägerin mit der Tochtergesellschaft der Beklagten
einerseits, und des angeblichen Garantieversprechens der Beklagten
anderseits, rechtlich widersprüchlich beurteilt werden könnten, wenn sie
unabhängig voneinander entschieden werden. Zudem besteht auch sonst kein
enger rechtlicher Zusammenhang. Die Ansprüche aus Klage und Widerklage haben
verschiedene Entstehungsgründe; sie beruhen weder auf demselben Vertrag noch
hängen sie indirekt etwa in der Weise zusammen, dass sie auf einem
umfassenderen Rechtsverhältnis wie einem Rahmenvertrag beruhen würden. Sie
bestehen vielmehr aufgrund zweier unabhängiger Vertragsverhältnisse, die auch
keinen hinreichend engen rechtlichen Bezug aufweisen würden, wenn sie unter
denselben Parteien geschlossen worden wären. Der eingeklagte Anspruch aus der
angeblichen Garantie betrifft einen Kauf, den die Klägerin mit Dritten
abgeschlossen hat. Dieser Vertrag wurde von der Klägerin unabhängig vom
Zuammenarbeitsvertrag mit der Tochtergesellschaft der Beklagten
abgeschlossen. Ein rechtlicher Zusammenhang wird dadurch, dass der
entsprechende Umsatz allenfalls für die Berechnung der Infrastrukturkosten
gemäss diesem Zusammenarbeitsvertrag in Betracht fällt, nicht begründet,
zumal mit der eingeklagten Forderung nicht der Kaufpreis selbst, sondern die
angebliche Garantie dafür geltend gemacht wird. Die Beklagte bringt auch
nicht vor, die von ihr widerklageweise geltend gemachten Forderungen hingen
vom Ausgang des Hauptklageverfahrens ab.

3.3.3 Zwischen dem eingeklagten Anspruch aus der angeblichen Garantie der
Beklagten und der vereinbarten Zusammenarbeit der Klägerin mit der
Tochtergesellschaft der Beklagten besteht weder tatsächlich noch rechtlich
ein derartiger Zusammenhang, dass zur Vermeidung tatsächlich oder rechtlich
widersprechender Urteile die Zusammenlegung der Verfahren erforderlich wäre.
Abgesehen von der Verrechenbarkeit der Ansprüche ist kein rechtlicher
Zusammenhang zwischen dem eingeklagten Anspruch aus der behaupteten Garantie
der Beklagten für eine Kaufpreisforderung der Klägerin gegenüber einer Kundin
und dem Zusammenarbeitsvertrag der Tochtergesellschaft der Beklagten mit der
Klägerin ersichtlich. Die Verrechenbarkeit genügt für die Konnexität nach
Art. 6 Abs. 1 GestG ebenso wenig wie die prozessökonomische Absicht,
sämtliche streitigen Rechtsbeziehungen unter den Parteien möglichst umfassend
zu bereinigen. Die Klägerin bringt zutreffend vor, dass der erforderliche
sachliche Zusammenhang der Widerklage mit der Hauptklage im Sinne von Art. 6
Abs. 1 GestG fehlt.

4.
Da die Gerichte des Kantons Zug für die Widerklage gemäss
Gerichtsstandsgesetz nicht zuständig sind, wäre zu prüfen, ob sich allenfalls
eine Zuständigkeit aus dem bisherigen kantonalen Recht ergäbe (Art. 38 GestG;
BGE 4C.327/2001 vom 24. September 2002, E. 1). Die beiden Vorinstanzen haben
den Gerichtsstand gemäss Art. 6 Abs. 1 GestG bejaht, und daher die
Zuständigkeit für die Widerklage gemäss bisherigem kantonalem Recht nicht
geprüft. Die Streitsache müsste somit an die Vorinstanz zurückgewiesen
werden. Auf die Rückweisung kann jedoch ausnahmsweise verzichtet werden, da
eine allfällige Zuständigkeit gemäss kantonalem Recht nicht mit Art. 30 Abs.
2 BV (Art. 59 aBV) vereinbar wäre. Haupt- und Widerklage sind nicht konnex im
Sinne von Art. 30 Abs. 2 BV; die blosse Verrechenbarkeit der Forderungen
genügt gemäss der Rechtsprechung nicht, damit ein nach kantonalem Recht
begründeter Gerichtsstand der Widerklage vor Art. 30 Abs. 2 BV (Art. 59 aBV)
standhalten würde (BGE 28 I 21 E. 3; 12 520 E. 2 S. 522 ff., je mit
Hinweisen). Ein Grossteil der Lehre folgt dieser ablehnenden Haltung
(Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 7. Aufl., Bern 2001, 7.
Kapitel, Rz. 58; Walder, Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 1996, § 7 Rz.
34; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, a.a.O., N. 3 zu Art. 33 ZPO BE;
Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St.
Gallen, Bern 1999; N. 3 zu Art. 35 ZPO SG; Bühler in Bühler/Edelmann/Killer,
Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Aarau 1998, N. 5 zu
§ 36 ZPO AG; Müller, in Müller/Wirth, a.a.O., N. 20 zu Art. 6 GestG;
Kellerhals/Güngerich, in Kellerhals/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N. 27 zu
Art. 6 GestG). Andere Autoren lassen hingegen die Verrechenbarkeit von Haupt-
und Gegenanspruch genügen, um einen Gerichtsstand für die Widerklage bei
interkantonalen Verhältnissen zu begründen (Guldener, Schweizerisches
Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 101 Fn. 89; Staehelin/Sutter,
Zivilprozessrecht, Zürich 1992, § 13 Rz. 30). Für die verbleibende
intertemporalrechtlich bedeutsame Zeit besteht angesichts der überwiegenden
Lehrmeinung kein Anlass von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
abzuweichen, auch wenn dies aus prozessökonomischen Überlegungen sinnvoll
sein könnte. Prozessökonomische Gründe genügen ohnehin nicht für die
Rechtfertigung des Ausnahmegerichtsstandes der Widerklage (BGE 71 I 344 E.
3).

5.
Die Berufung ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid antragsgemäss
aufzuheben und in dem Sinne abzuändern, dass auf die Widerklage mangels
örtlicher Zuständigkeit der Gerichte des Kantons Zugs nicht einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156
Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten-
und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz
zurückgewiesen (Art. 159 Abs. 6 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil des Obergerichts des
Kantons Zug, Justizkommission, vom 30. August 2002 wird aufgehoben und in
Abänderung von Ziffer 1 des Beschlusses des Kantonsgerichts Zug vom 28.
November 2001 wird auf die Widerklage nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 16'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
18'000.-- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten des kantonalen Verfahrens an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Justizkommission, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Januar 2003

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: