Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.242/2002
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4C.242/2002/sch

Urteil vom 18. März 2003

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Nyffeler,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Bank B.________ of Syria,
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Alexander Biderbost, Bellariastrasse 7, Postfach, 8027 Zürich,

gegen

K.________,
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter
Christoph Gutzwiller, Englischviertelstrasse 57, 8032 Zürich.

Kaufvertrag; Bankgarantie; internationales Privatrecht; Verzugszins,

Berufung gegen den Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 5.
Juni 2002.

Sachverhalt:

A.
Die K.________ (nachstehend: Klägerin), Zagreb (Kroatien), verkaufte Waren an
das staatliche syrische "Public Establishment of Electricity". Die Bank
B.________ of Syria, (nachstehend: Beklagte) garantierte in den Schreiben vom
6. und 7. November 1984 und vom 20. März 1985 die Bezahlung des Kaufpreises.
Umstritten war, ob diese Garantien als abstrakte Bankgarantien oder als
akzessorische Bürgschaften zu qualifizieren seien.

Am 10. Juni 1993 erliess die Audienzrichterin des Bezirks Zürich auf Begehren
der Klägerin einen Arrestbefehl gegen die Beklagte für eine Forderung von SFR
5'610'283.50 (entsprechend US $ 3'792'031.29) über sämtliche Vermögenswerte
bei der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute: UBS AG) in Zürich. Das
Betreibungsamt Zürich 1 belegte in Vollziehung dieses Arrestbefehls am 21.
Juni 1993 vier Guthaben im Gesamtbetrag von SFR 13'277'265.11 mit Arrest,
wobei bezüglich eines Guthabens von SFR 8'800'000.-- der Staat Syrien
Eigentumsansprache erhob. Gegen den nachfolgenden Zahlungsbefehl des
Betreibungsamtes Zürich über SFR 5'610'283.50 nebst Zins zu 8 % seit 12. Juni
1993, sowie SFR 928'836.93 Verzugszins und SFR 1'138.-- Arrestkosten erhob
der Vertreter der Beklagten Rechtsvorschlag.

B.
Die Klägerin erhob mit Eingabe vom 14. August 1995 beim Handelsgericht des
Kantons Zürich Arrestprosequierungsklage gegen die Beklagte auf Zahlung von
US $ 4'028'505.38 nebst Zins.
In der Replik erfolgte bezüglich einer Verzugszinsforderung eine
Klageänderung, welche das Handelsgericht mit Beschluss vom 4. Februar 1999
zuliess. Mit Urteil vom gleichen Tag verpflichtete das Handelsgericht die
Beklagte, der Klägerin US $ 4'028'505.38 nebst Zins zu 9 % seit 14. August
1995 zu bezahlen. Bezüglich der weitergehenden Zinsforderungen wies es die
Klage ab. Zudem hob das Handelsgericht den Rechtsvorschlag im Umfang von Fr.
5'610'283.50 nebst Zins zu 8 % seit 14. August 1995 auf.

C.
Die Klägerin erhob gegen dieses Urteil staatsrechtliche Beschwerde und
kantonale Nichtigkeitsbeschwerde. Die Beklagte focht es ebenfalls mit
kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde an. Das Kassationsgericht des Kantons
Zürich hiess mit Beschluss vom 3. Juli 2000 die Nichtigkeitsbeschwerde der
Klägerin gut, hob das angefochtene Urteil auf, soweit die Klage abgewiesen
worden war, und wies die Sache zur neuen Beurteilung hinsichtlich der
zeitlichen Festsetzung des geschuldeten Verzugszinses an die Vorinstanz
zurück. Gleichzeitig wies es die Nichtigkeitsbeschwerde der Beklagten ab,
soweit es darauf eintrat.
Mit Urteil vom 28. Juli 2000 schrieb das Bundesgericht die staatsrechtliche
Beschwerde der Klägerin als gegenstandslos ab und trat auf die Berufung der
Beklagten nicht ein.

Die Beklagte hat gegen den Beschluss des Kassationsgerichts vom 3. Juli 2000
staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Auf diese ist das Bundesgericht mit
Urteil vom 29. November 2000 nicht eingetreten.

D.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2000 verpflichtete das Handelsgericht die Beklagte
in Abänderung des Urteils vom 4. Februar 1999 zur Bezahlung weiterer
Zinsbetreffnisse (früherer Zinsenlauf für die einzelnen Raten) und wies
weitere, darüber hinausgehende Zinsansprüche ab. Es hob den Rechtsvorschlag
auch für die entsprechenden weiteren Zinsbetreffnisse auf.
Die Beklagte focht das Urteil des Handelsgerichts vom 26. Oktober 2000 mit
kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde an. Diese wurde vom Kassationsgericht am
10. Juni 2001 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.

Im Anschluss an das Urteil des Handelsgerichts vom 26. Oktober 2000 erhob die
Beklagte gegen den Beschluss des Kassationsgerichts vom 3. Juli 2000 erneut
staatsrechtliche Beschwerde. Auf diese ist das Bundesgericht mit Urteil vom
1. März 2002 nicht eingetreten. Zudem erhob die Beklagte eidgenössische
Berufung, welche das Bundesgericht mit Urteil vom 1. März 2002 abgewiesen
hat, soweit es darauf eintrat.

E.
Mit Eingabe vom 21. Mai 2002 stellte die Klägerin beim Handelsgericht den
Antrag, sein Urteil vom 26. Oktober 2000 zu berichtigen, da darin die
Aufhebung des Rechtsvorschlages für einen Verzugszinsbetrag vergessen worden
sei. Mit Beschluss vom 5. Juni 2002 anerkannte das Handelsgericht ein
offensichtliches Versehen und ergänzte das Dispositiv des Urteils vom 26.
Oktober 2000 indem es darin den Rechtsvorschlag auch für den Zins von 8 % auf
CHF 107'223.96 seit 14. August 1995 aufhob.

F.
Die Beklagte hat gegen den Beschluss des Handelsgerichts vom 5. Juni  2002
eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, welche das Kassationsgericht
des Kantons Zürich am 19. Dezember 2002 abwies, soweit es darauf eintrat. Die
Beklagte ficht den Beschluss vom 5. Juni 2002 beim Bundesgericht mit Berufung
und staatsrechtlicher Beschwerde an. Auf letztere ist das Bundesgericht mit
Urteil vom heutigen Tag nicht eingetreten. Mit der Berufung stellt die
Beklagte den Antrag, es sei der vorinstanzliche Beschluss aufzuheben und die
Sache zur neuen Entscheidung betreffend Verzugszinsbeginn und Verzugszinshöhe
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig ist die berichtigte Rechtsöffnung über den Zins von 8 % auf Fr.
107'223.96. Diese Zinsforderung hat im Zeitpunkt des Erlasses des
angefochtenen Urteils Fr. 8'000.-- überstiegen, weshalb der gemäss Art. 46 OG
erforderliche Streitwert erreicht wird.

2.
Mit der nachträglichen Zustellung eines berichtigten Urteils beginnt für die
Partei, die dadurch beschwert ist, eine neue Berufungsfrist hinsichtlich
jener Punkte zu laufen, die Gegenstand der Berichtigung  bilden (BGE 119 II
482 E. 3). Die Berufung kann sich nicht gegen die Erwägungen des
ursprünglichen Urteils richten, welche durch die Berichtigung bzw. die
Erläuterung unberührt bleiben (vgl. BGE 116 II 86 E. 3). Auf die Berufung ist
demnach nicht einzutreten, soweit die Beklagte geltend macht, das im
ursprünglichen Urteil angewendete System zur Berechnung der Verzugszinse,
welches durch die Berichtigung nicht geändert wurde, sei widersprüchlich und
verstosse gegen Bundesrecht, insbesondere gegen Art. 16 IPRG, Art. 8 ZGB und
Art. 63 Abs. 2 OG. Diese Rügen sind auch deshalb unzulässig, weil sich die
geschuldeten Verzugszinsen anerkanntermassen nicht nach schweizerischem
sondern nach syrischem Recht bestimmen, dessen Anwendung im vorliegenden
Berufungsverfahren vom Bundesgericht nicht überprüft werden kann (Art. 43a
Abs. 2 OG e contrario). Auf die Berufung kann demnach nicht eingetreten
werden, soweit die Beklagte dem Sinne nach nicht nur die Berichtigung,
sondern das Urteil des Handelsgerichts vom 26. Oktober 2000 anficht und
diesbezüglich die Neubeurteilung sämtlicher Fragen rund um den Verzugszins
inklusive Beginn und Höhe verlangt.

3.
Die Beklagte rügt, die Berichtigung sei nicht vollständig erfolgt, da im
ursprünglichen Dispositiv nicht bloss eine, sondern zwei
Verzugszinspositionen vergessen worden seien. Da die Beklagte durch diese
unvollständige Berichtigung nicht beschwert wird, ist auf diese Rüge mangels
eines hinreichenden Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten (vgl. BGE 116 II
86 E. 3; 119 II 482 E. 3).

4.
Alsdann bringt die Beklagte vor, nach der Berichtigung hätten die
Verzugszinspositionen den Totalbetrag der in Betreibung gesetzten
Kapitalforderung von Fr. 5'610'283.50 um Fr. 107'223.96 überstiegen. In
diesem Differenzbetrag könne das Handelsgericht den Rechtsvorschlag nicht
aufheben, da der von der Klägerin in Betreibung gesetzte Betrag überstiegen
werde. Mit diesen Ausführungen legt der Beklagte nicht dar, welche
Bundesrechtssätze durch den angefochtenen Entscheid verletzt werden, weshalb
die Berufung insoweit ungenügend begründet ist (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).
Zudem ist eine Bundesrechtsverletzung nicht ersichtlich, da die Beklagte bei
ihrer Berechnung ausser Acht lässt, dass in der Betreibung Nr. 93/2,44 vom 7.
Juli 1993 zuzüglich zur Forderung von  Fr. 5'610283.50 eine
Verzugszinsforderung von Fr. 928'836.93 angeführt wurde und dieser
Gesamtbetrag durch die angefochtene zusätzliche Aufhebung des
Rechtsvorschlags nicht überschritten wird.

5.
Schliesslich rügt die Beklagte, das Handelsgericht habe § 164 GVG verletzt,
indem es das Berichtigungsgesuch der Beklagten nicht zur Stellungnahme
zugestellt habe. Auf diese Rüge ist nicht einzutreten, weil die Verletzung
kantonalen Rechts im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht werden kann
(Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).

6.
Nach dem Gesagten ist auf die Berufung insgesamt nicht einzutreten. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beklagte kosten- und
entschädigungspflichtig. Da mit der Berufung keine neue Begehren gestellt
werden können (Art. 55 Abs. 1 lit. b OG), kann der Streitgegenstand im
Berufungsverfahren gegenüber demjenigen im angefochtenen Urteil nicht
ausgeweitet werden. Bezüglich des Streitwerts ist demnach der im
angefochtenen Urteil zusätzlich angeführte Verzugszins massgebend, welcher
berechnet bis zum Urteilsdatum ca. Fr. 65'000.-- beträgt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beklagten auferlegt.

3.
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. März 2003

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: