Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.230/2002
Zurück zum Index I. Zivilabteilung 2002
Retour à l'indice I. Zivilabteilung 2002


4C.230/2002 /rnd

Urteil vom 26. August 2002

I. Zivilabteilung

Bundesrichterin und Bundesrichter Walter, Präsident,
Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler,
Gerichtsschreiber Widmer.

A. ________,
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Schilliger,
Kantonsstrasse 40, 6048 Horw,

gegen

Sport-Club X.________,
Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch
Rechtsanwalt Martin Koller, Grossfeldstrasse 11, Postfach,
6011 Kriens.

Auftrag / Arbeitsvertrag,

Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als
Appellationsinstanz, vom 23. April 2002.

Sachverhalt:

A.
A. ________ (Kläger) war von August 1993 bis Mai 1999 für eine
Pauschalentschädigung von zunächst Fr. 4'000.-- und später Fr. 9'600.-- pro
Saison als Platzwart auf dem Sportplatz  X.________ tätig. Seine Tätigkeit
wurde in einer Vereinbarung mit dem Sportclub X.________ (Beklagten) vom 2.
August 1993 geregelt, die am 7. März 1995 erneuert und leicht modifiziert
wurde. In beiden Verträgen wurden die zu erbringenden Leistungen einzeln
aufgelistet. Sie umfassten unter anderem Reinigungs- und Unterhaltsarbeiten
auf dem Sportplatzareal, die Wartung von Trainingsmaterial sowie die
Vorbereitung des Platzes für Wettkampfspiele und die Bereitstellung von
Pausenerfrischungen für die Mannschaft. Die Vereinbarung sah vor, dass sich
der Kläger bei schlechter Witterung jeweils am Samstag um 9.30 Uhr mit der
Spielkommission "betreffend allfälligen Spielverschiebungen" trifft und den
Präsidenten oder den Präsidenten "der Spiko" frühzeitig über Abwesenheiten
orientiert. Im Vertrag von 1993 wurden die Sozialleistungen und die Frage der
Versicherung gegen Krankheit und Unfall nicht geregelt. Demgegenüber erwähnte
der Vertrag von 1995, dass für den Kläger aufgrund seines Status als
Selbständigerwerbender keine Sozialleistungen abgerechnet würden und er sich
selber gegen Krankheit und Unfall versichern müsse. Hinsichtlich der
Vertragsdauer sahen beide Vereinbarungen vor, dass sich diese jeweils
automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, sofern sie nicht drei Monate vor
Ablauf gekündigt werde.

B.
Der Kläger belangte den Beklagten am 16. Juni 2000 vor Amtsgericht
Luzern-Land aus Arbeitsvertrag auf Zahlung von ausstehendem Bruttolohn,
Ferienlohn und Kinderzulagen für die Zeit von August 1993 bis Juni 2000 von
insgesamt Fr. 20'001.--. Das Amtsgericht wies die Klage am 27. September 2001
ab, weil zwischen den Parteien ein Auftrags- und nicht ein Arbeitsverhältnis
bestanden habe. Gleich entschied das Obergericht des Kantons Luzern (I.
Kammer) mit Urteil vom 23. April 2002.

C.
Der Kläger beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben und der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger
einen Bruttolohn von Fr. 20'001.-- nebst Verzugszins zu bezahlen. Eventuell
sei die Streitsache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Gleichzeitig ersucht der Kläger um Gewährung der "vollumfänglichen
unentgeltlichen Rechtspflege" für das bundesgerichtliche Verfahren.

Auf die Einholung einer Vernehmlassung des Beklagten wurde verzichtet (Art.
59 Abs. 1 OG).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig ist vorliegend einzig, ob das Vertragsverhältnis der Parteien als
Arbeitsvertrag nach Art. 319 ff. OR oder als Auftrag im Sinne von Art. 394
ff. OR zu qualifizieren ist. Die Vorinstanz erwog, die vom Kläger zu
erbringenden Arbeiten seien zwar in den Vereinbarungen von 1993 und 1995
genau aufgelistet worden. Dem Kläger seien indessen keinerlei Weisungen über
die Arbeitsausführung erteilt worden. Innerhalb eines wenn auch teilweise
engen Zeitrahmens, wie er sich für einzelne Arbeiten aus dem Spielplan des
Fussballverbandes und dem Trainingsplan ergeben habe, sei der Kläger frei
gewesen, wann und wie er seine Tätigkeiten erbringen wollte. Er habe darüber
nicht rapportieren müssen und er sei auch nicht verpflichtet gewesen, die
Arbeiten selber auszuführen. Das für die Abgrenzung des Arbeitsvertrags vom
Auftrag in erster Linie massgebliche Kriterium der rechtlichen Subordination
der die Arbeitsleistung erbringenden Person unter Eingliederung in eine
fremde Arbeitsorganisation erlaube damit im vorliegenden Fall keine
eindeutige Vertragsqualifikation. Es sei daher auf ergänzende Indizien
abzustellen. Von diesen weise einzig die von den Parteien beabsichtigte
Vertragsdauer auf einen Arbeitsvertrag hin, während die Anhaltspunkte für
einen einfachen Auftrag überwögen. So sei der Kläger wirtschaftlich nicht vom
Beklagten abhängig gewesen. Der zu erbringende Zeitaufwand habe sich nach der
geschuldeten Leistung gerichtet, und nicht die zu erbringende Leistung nach
der aufzuwendenden Zeit. Der Kläger habe sodann auf eigene Rechnung für
Material und Maschinen gesorgt, die Sozialversicherungsbeiträge selber
bezahlt und eine Kranken- und Unfallversicherung abgeschlossen. Schliesslich
hätten die Parteien im Vertrag von 1995 auch ausdrücklich auf die
selbständige Stellung des Klägers hingewiesen.

2.
Diese Vertragsqualifikation ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Dem
Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, die Vorinstanz
hätte das Vertragsverhältnis bereits aufgrund des in erster Linie
entscheidenden Merkmals seiner rechtlichen Subordination durch Einordnung in
eine fremde Arbeitsorganisation eindeutig dem Arbeitsrecht zuordnen müssen.
Ein Unterordnungsverhältnis ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass
die vom Kläger zu verrichtenden Arbeiten in den Verträgen einzeln aufgelistet
wurden; darin allein können keine Weisungen gesehen werden, wie die Arbeiten
zu verrichten sind. Der Umstand, dass der Kläger seine Arbeitszeit innerhalb
eines Rahmens, der sich aus der Natur der Arbeiten und der Notwendigkeit der
Koordination der Leistungen mit den Sportveranstaltungen ergab, frei
einteilen konnte, spricht zwar, wie der Kläger zutreffend vorbringt, nicht
klar für ein Auftragsverhältnis. Er spricht indessen noch weniger für ein
Arbeitsverhältnis. Soweit der Kläger ein Unterordnungsverhältnis damit
begründen will, dass er vom Beklagten instruiert worden sei, wie er bei
seinen Arbeiten vorzugehen habe, kann auf seine Vorbringen nicht eingetreten
werden, da sie in den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz keine
Stütze finden und der Kläger keine Ausnahme nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 55
Abs. 1 lit. c und d OG anruft (BGE 127 III 248 E. 2c; 115 II 484 E. 2a S. 485
f., je mit Hinweis). Es sind damit keine Umstände dargetan oder ersichtlich,
die eindeutig auf ein für das Arbeitsverhältnis typisches
Unterordnungsverhältnis schliessen liessen.

Es ist offensichtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz bei dieser
Sachlage auf weitere Indizien abstellte, die für einen Auftrag oder ein
Arbeitsverhältnis sprechen können. Sie stellte fest, der Kläger habe
unbestrittenermassen lediglich 15 bis 18 % seiner Arbeitskraft für die
Betreuung des Sportplatzes  X.________ aufwenden müssen. Im Übrigen habe er
sie für anderweitige Erwerbstätigkeit einsetzen können, wenn es ihm nach
eigenen Aussagen auch nicht gelungen sei, mit einem Reinigungsinstitut Fuss
zu fassen und weitere Aufträge zu aquirieren. Er sei damit wirtschaftlich
nicht vom Beklagten abhängig gewesen. Soweit der Kläger diesen Schluss mit
Tatsachen zu entkräften versucht, die den verbindlichen tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen sind, ist auf seine
Ausführungen nicht einzutreten (Art. 63 Abs. 2 OG). Dies gilt namentlich,
soweit er geltend macht, er sei früher bevormundet gewesen und er werde von
der Fürsorge unterstützt, weshalb es ihm verwehrt gewesen wäre, den Vertrag
mit dem Beklagten zu kündigen. In rechtlicher Hinsicht mag es zwar zutreffen,
dass auch bei fehlender wirtschaftlicher Abhängigkeit des teilzeitlich
Beschäftigten ein Arbeitsvertrag vorliegen kann (vgl. Rehbinder, Berner
Kommentar, N. 42 S. 46 zu Art. 319 OR; siehe aber auch Staehelin, Zürcher
Kommentar, N. 30 zu Art. 319 OR). Daraus allein ergibt sich aber nicht, dass
die Vorinstanz hier auf einen Arbeitsvertrag hätte erkennen müssen. Gegen
einen solchen hat die Vorinstanz zu Recht als Indizien berücksichtigt, dass
der Kläger selber Maschinen und Material für seine Reinigungsarbeiten
gestellt hat, sich selber gegen Unfall und Krankheit versicherte und die
Sozialversicherungsbeiträge selber bezahlte (vgl. Rehbinder, a.a.O.,     N.
51 zu Art. 319; Streiff/von Känel, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5.
Aufl., Zürich 1992, N. 2 S. 34 zu Art. 319 OR). Der Umstand, dass der Vertrag
jeweils für die Dauer eines Jahres abgeschlossen wurde, spricht zwar eher für
einen Arbeitsvertrag. Die Vorinstanz hat dem aber hier zu Recht kein grosses
Gewicht beigemessen, da die Zusammenarbeit vorliegend ohne Kündigung beendet
wurde und dies von beiden Parteien ohne weiteres hingenommen wurde (vgl. dazu
BGE 90 II 483 E. 1 S. 485 f.;  Rehbinder, a.a.O., N. 11 zu Art. 319 OR;
Vischer, Der Arbeitsvertrag, in: Schweizerisches Privatrecht Bd. VII/1 III,
S. 32 und Staehelin, a.a.O., N. 45 zu Art. 319 OR). Angesichts der
weitgehenden Freiheit, wie der Kläger seine Leistungen erbringen wollte, und
des nur durch die Natur der Leistungen bestimmten Zeitrahmens für seine
Tätigkeit, hat das Obergericht das Vorliegen eines Arbeitsvertrags aufgrund
der weiteren Umstände zu Recht ausgeschlossen.

3.
Die Berufung ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen,
soweit darauf einzutreten ist. Da der Kläger unterliegt, hat er grundsätzlich
die Gerichtsgebühr zu tragen und den Beklagten für das bundesgerichtliche
Verfahren zu entschädigen (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Die
besondern Umstände des zu beurteilenden Falles rechtfertigen indes eine
Abweichung von diesem Grundsatz. Weil ausschliesslich die
Vertragsqualifikation streitig war und damit offen ist, ob Art. 343 Abs. 3 OR
anwendbar ist, kann auf die Erhebung einer Gerichtsgebühr verzichtet werden.
Da sich der Beklagte nicht am bundesgerichtlichen Verfahren beteiligt hat,
ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.

Das vom Kläger gestellte Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege
ist damit bezüglich der Gerichtskosten gegenstandslos. Soweit mit dem Gesuch
die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes verlangt wird, ist das
Gesuch, das gleichzeitig mit dem Rechtsmittel eingereicht wurde und daher den
Aufwand für dasselbe mitumfasst (BGE 120 Ia 14 E. 3f), infolge
Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 152 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren

nach Art. 36a OG:

1.
Das Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen,
soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

2.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil
des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer, vom 23. April 2002 wird
bestätigt.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern,
I. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. August 2002

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: