Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.203/2002
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4C.203/2002 /rnd

Urteil vom 30. Oktober 2002

I. Zivilabteilung

Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Präsident,
Corboz, Klett, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler,
Gerichtsschreiber Huguenin.

X. ________ GmbH,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Fürsprecher Mark Ineichen,
Bollwerk 15, Postfach 5576, 3011 Bern,

gegen

Y.________ AG
Beklagte und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Dr. Felix H. Thomann,
Elisabethenstrasse 30, Postfach 632,
4010 Basel.

Markenrecht,

Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivil- und Strafrecht, vom 23. April 2002.
Sachverhalt:

A.
Die X.________ GmbH mit Sitz in Z.________ betreibt internationalen Handel
mit Armbanduhren. Sie ist Inhaberin der seit dem 17. Mai 1994 eingetragenen
Marke "Swiss Military" (Nr. 410'543). Sie ist ebenfalls Inhaberin der Marken
"X.________" und "Swiss Eagle". Zudem benützt sie die nicht als Marke
eingetragene Produktbezeichnung "Swiss Alpine Military".

Die X.________ GmbH unterhielt seit längerer Zeit Geschäftsbeziehungen mit
der im Kanton Basel-Landschaft ansässigen Y.________ AG, von der sie
Armbanduhren herstellen liess. Die Y.________ AG hinterlegte am 17. Januar
2001 die Marke "Swiss Alpine Military by Y.________" (Nr. 483'884).

Seit 1997 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Geschäftspartnerinnen,
weil die Y.________ AG auf ausländischen Märkten Armbanduhren vertrieb, die
mit den Zeichen "Swiss Military" und "Swiss Alpine Military" versehen waren.
In diesem Zusammenhang stellte die Y.________ AG der X.________ GmbH ein
Schreiben vom 18. November 1997 mit folgendem Wortlaut zu:
"Sehr geehrter Herr A.________

Wir beziehen uns auf unser Treffen vom Freitag, 14. November 1997 und möchten
uns für das konstruktive Gespräch bestens bedanken.

Wir bedauern, dass wird die Marke SWISS MILITARY bzw. SWISS ALPINE MILITARY
in einigen Exportmärkten verwendet haben.

Wir möchten aufgrund des Gespräches vom 14. November festhalten, dass wir die
Markenrechte der Firma X.________, im besonderen die Marken SWISS EAGLE und
SWISS MILITARY, voll anerkennen und bestätigen, dass wir diese Marken ab
sofort nicht mehr gebrauchen.

Gleichzeitig gewährt uns die Firma X.________ ein Übergangsrecht bis zum 31.
Mai 1998, um die Marke SWISS ALPINE MILITARY noch in Argentinien zu
verwenden. Ab dem 01.06.1998 wird nur noch der Name SWISS ALPINE verwendet.

Die Firma X.________ verzichtet angesichts dieser Abmachung auf irgendwelche
finanziellen Ansprüche gegenüber der Firma Y.________ aus der Verwendung der
obigen Marken in der Vergangenheit.

Wir möchten noch einmal hervorheben, dass wir es bedauern, dass es in der
Vergangenheit zu dieser Situation gekommen ist und wir werden alles
daransetzen, dass ab sofort im Sinne unserer gemeinsamen Abmachung die
entsprechenden Korrekturen vorgenommen werden."
In der Folge kam es zu weiteren Auseinandersetzungen betreffend den
internationalen Vertrieb von mit den Zeichen "Swiss Military" oder "Swiss
Alpine    Military" versehenen Uhren durch die Y.________ AG. In diesem
Zusammenhang richtete diese folgendes Schreiben vom 21. Dezember 2000 an die
X.________ GmbH:

"Betrifft Griechenland
Lieber Hans
......
Betreffend diesem Schreiben an meinen Sohn vom 20.12.2000 möchte ich noch auf
mein Schreiben vom 15.12.2000 hinweisen, mit welchem ich Dir genau die
verlangten Unterlagen zugestellt habe und ich möchte gleichzeitig noch wie
folgt Stellung nehmen:

1. Wir stellen keine SWISS MILITARY Uhren her. Die letzte Lieferung, von
welcher wir Dir die 10 % Kommission überweisen, wurden unter der Marke SWISS
ALPINE MILITARY geliefert. Wir haben aber auch keine dieser Uhren mehr in
Fabrikation.

2.  Unser Kunde ist genau angewiesen, dass er keine Uhren SWISS MILITARY oder
SWISS ALPINE MILITARY nach dem 31.03.2001 verkaufen darf. Er ist auch
angewiesen, dass er keine solchen Uhren exportieren darf und wir wissen, dass
er nie irgendwelche Uhren unter den oben erwähnten Marken exportiert hat. Er
hat auch keine SWISS MILITARY mehr an Lager, sondern die Restposten sind
SWISS ALPINE MILITARY. Für diese gilt genau dasselbe.

3.  Zusätzlich sei noch erwähnt, dass wir mit unserem Kunden monatlich
Kontakt aufnehmen, um zu überprüfen, dass diese Lager nun wirklich verkauft
werden, weil die Frist bis 31.03.2001 eingehalten werden muss.

......"

B.
Am 15. November 2001 reichte die X.________ GmbH Klage gegen die Y.________
AG ein. Die Klägerin stellte folgende Rechtsbegehren:
"1.Es sei der Beklagten zu verbieten, die am 17.1.2001 angemeldete und unter
Nummer 483'884 eingetragene schweizerische (Wort-) Marke "Swiss Alpine
Military by Y.________" (Uhren schweizerischer Herkunft) zu verwenden, ferner
sei der Beklagten unter Androhung von Busse oder Haft richterlich zu
verbieten, die Marke Nummer 483'884 "Swiss Alpine Military by Y.________"
abzutreten oder zum Gebrauch freizugeben,
2.Im Falle der Gutheissung der obigen Rechtsbegehren sei die Nichtigkeit der
Marke "Swiss Alpine Military by Y.________" richterlich festzustellen und die
Löschung der Marke Nummer 483'884 zu veranlassen,
3.Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen."
Mit Urteil vom 23. April 2002 wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft die
Klage ab.

C.
Die Klägerin hat Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts eingereicht
mit dem Antrag, die Klage gutzuheissen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung
der Klage.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz ist durch Auslegung der Vereinbarungen zwischen den Parteien,
wie sie aus den Briefen vom 18. November 1997 und 21. Dezember 2000
hervorgehen, zum Ergebnis gelangt, die Beklagte habe keine örtlich und
zeitlich unbeschränkte Zusicherung abgegeben, dass sie die Bezeichnung "SWISS
ALPINE MILITARY" nicht gebrauchen werde; allenfalls könne aus den brieflichen
Äusserungen eine solche Zusicherung für die Dauer der damals bestehenden,
seit 31. Dezember 2001 indessen beendeten Zusammenarbeit abgeleitet werden.

Die Klägerin wirft dem Kantonsgericht eine falsche, das Vertrauensprinzip
verletzende Auslegung vor. Sie macht geltend, dass eine mit diesem Prinzip
konforme Auslegung zum Ergebnis hätte führen müssen, dass sich die Beklagte
örtlich und zeitlich unbeschränkt verpflichtet habe, die Bezeichnung "SWISS
ALPINE MILITARY" nicht zu gebrauchen. Als Folge dieser Verpflichtung seien
die von ihr gestellten Verbotsbegehren gutzuheissen und es sei die
Nichtigkeit der Marke "Swiss Alpine Military by Y.________" gerichtlich
festzustellen und deren Löschung zu veranlassen.

2.
Kann wie im vorliegenden Fall kein übereinstimmender wirklicher Wille der
Vertragsparteien festgestellt werden, sind deren Willensäusserungen gemäss
dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie nach dem Zusammenhang sowie den
gesamten Umständen in guten Treuen verstanden werden mussten (BGE 128 III 419
E. 2.2 S. 422 mit Hinweisen). Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, was
sachgerecht ist, weil nicht anzunehmen ist, dass die Parteien eine
unangemessene Lösung gewollt haben (BGE 122 III 420 E. 3a). Die Auslegung
nach dem Vertrauensprinzip ist eine Frage des Bundesrechts, die im Rahmen der
Berufung vom Bundesgericht frei geprüft wird (BGE 128 III 419 E. 2.2 S. 422
mit Hinweisen). Führt die Auslegung zum Ergebnis, dass eine Vertragslücke
vorliegt, ist der Vertrag vom Gericht zu ergänzen (BGE 115 II 484 E. 4 mit
Hinweisen; Wiegand, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 2. Aufl., N. 61
ff. zu Art. 18 OR).

2.1 Aus dem Schreiben vom 18. November 1997 geht hervor, dass die
Geschäftspartnerinnen ihre Auseinandersetzungen betreffend die Verwendung der
Zeichen "Swiss Military" und "Swiss Alpine Military" einvernehmlich beenden
wollten. Die Beklagte versprach, die Markenrechte der Klägerin anzuerkennen
und deren Marken nicht mehr zu gebrauchen. Eine Ausnahme sollte für
Argentinien gelten, wo die Beklagte die Bezeichnung "Swiss Alpine Military"
in Absprache mit der Klägerin bis zum 31. Mai 1998 verwenden durfte und sich
nachher mit der Bezeichnung "Swiss Alpine" begnügen wollte. Daraus lässt sich
gemäss dem Vertrauensprinzip zunächst ableiten, dass die Vertragsparteien die
Bezeichnung "Swiss Alpine" nicht als markengeschützt betrachteten, weshalb
sie nicht unter die allgemeine Anerkennung der Markenrechte der Klägerin
durch die Beklagte fiel. Dagegen gingen die Parteien damals - offenbar
irrtümlich - davon aus, dass die Bezeichnung "Swiss Alpine Military"
markengeschützt sei und damit ebenfalls von der Anerkennung der Beklagten
erfasst werde. Sodann ergibt sich bereits aufgrund des Wortlautes des
Briefes, dass die Anerkennung der Beklagten alle ausländischen Märkte betraf,
wobei aber eine Übergangsregelung in Bezug auf "Swiss Alpine Military" für
den argentinischen Markt getroffen wurde. Dagegen gibt der Wortlaut des
Schreibens keinen Aufschluss über die prozessentscheidende Frage, ob die
Verpflichtung der Beklagten mit dem Abbruch der Geschäftsbeziehungen enden
oder darüber hinaus weiter gelten sollte.

Der Brief vom 21. Dezember 2000 ist hinsichtlich der Vertragsauslegung nach
dem Vertrauensprinzip unergiebig. Einerseits zeigt er ausschliesslich auf,
wie die Beklagte die mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen tatsächlich
verstanden hat. Dabei handelt es sich aber um ein Element der subjektiven
Auslegung, das bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip grundsätzlich
keine Rolle spielt (vgl. BGE 107 II 417 E. 6 S. 418). Andererseits bringt das
Schreiben jedoch auch bezüglich des Inhalts der getroffenen Vereinbarungen
nichts Neues, belegt es doch lediglich die gemeinsame Auffassung der
Vertragsparteien, dass die Bezeichnungen "Swiss Military" und "Swiss Alpine
Military" von der Beklagten nur mit vorgängiger Bewilligung der Klägerin
verwendet werden durften. Schliesslich gibt das Schreiben keinerlei
Aufschluss zur Frage der zeitlichen Geltung der Vereinbarungen. Die Beklagte
anerkennt damit lediglich deren damalige Geltung, ohne dass ihren Äusserungen
etwas hinsichtlich der zukünftigen Geltung zu entnehmen wäre. Richtig ist
dagegen, dass aus diesem Brief nicht abgeleitet werden kann, die
Vereinbarungen hätten nach gemeinsamer Auffassung der Vertragsparteien nicht
für alle ausländischen Märkte, sondern nur für Griechenland wirksam sein
sollen. Diese Frage ist indessen nicht prozessentscheidend, wie sich im
Folgenden zeigen wird.

2.2 Aus der Entstehungsgeschichte der Vereinbarungen, den Umständen des
Vertragsschlusses, ergibt sich klar, dass die einvernehmliche Regelung auf
die Verhältnisse während der Dauer der Geschäftsbeziehungen zwischen den
Vertragsparteien zugeschnitten war. Die Beklagte erklärte sich wegen ihres
Interesses an der Fortführung der Zusammenarbeit mit der Klägerin bereit,
diese auf den internationalen Märkten nicht durch den Vertrieb von mit den
Zeichen "Swiss Military" und "Swiss Alpine Military" versehenen Armbanduhren
zu konkurrenzieren. Das Interesse fiel indessen mit der Beendigung der
Geschäftsbeziehungen dahin. Diese Zusammenhänge waren auch für die Klägerin
im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne weiteres erkennbar. Auch sie ging
davon aus, dass die Regelung, wie sie im Schreiben vom 18. November 1997
festgehalten wurde, an die Voraussetzung des Bestehens von entsprechenden
Geschäftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien geknüpft war. Diese
Überlegungen führen zum Ergebnis, dass insoweit eine Vertragslücke vorliegt,
die nach den gängigen Regeln (vgl. dazu Wiegand, a.a.O., N. 70 ff. zu Art. 18
OR) zu füllen ist. Die Vereinbarungen der Parteien sind aufgrund des
hypothetischen Parteiwillens und insbesondere der Interessenlage, wie sie
soeben im Zusammenhang mit der Auslegungsfrage aufgezeigt wurde, dahingehend
zu ergänzen, dass die vertraglichen Bindungen mit dem Abbruch der
Geschäftsbeziehungen enden sollten. Nach dem angefochtenen Urteil haben die
Parteien ihre Zusammenarbeit Ende 2001 beendet. Seither besteht für die
Klägerin keine vertragliche Grundlage mehr, der Beklagten die Verwendung der
Bezeichnung "Swiss Alpine Military" bzw. "Swiss Alpine Military by
Y.________" zu verbieten, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden hat.
Vorbehalten bleibt selbstverständlich ein allfälliger Anspruch aus
Markenrecht. Darauf hat sich die Klägerin aber im bundesgerichtlichen
Verfahren nicht berufen, weshalb die Frage nicht zu prüfen ist.

3.
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu
bestätigen.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der Klägerin
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese hat die Beklagte für das
bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht :

1.
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft vom 23. August 2002 bestätigt.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Klägerin auferlegt.

3.
Die Klägerin hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit

Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Oktober 2002

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: