Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.84/2002
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2A.84/2002/mla/mks

Urteil vom 21. Februar 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Merkli,
Gerichtsschreiber Merz.

X.________, geb. ........... 1966, Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Gert Wiedersheim, Limmatquai 3, 8001 Zürich,

gegen

Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, 8500 Frauenfeld,
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Frauenfelderstrasse 16, 8570
Weinfelden.

Widerruf einer Niederlassungsbewilligung

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Thurgau vom 12. Dezember 2001)

wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

1.
Die ukrainische Staatsangehörige X.________, geb. 1966, heiratete am
.......... 1995 in Frauenfeld/Kanton Thurgau den Schweizer Bürger A.________
und erhielt anschliessend eine Aufenthaltsbewilligung, welche in der Folge
mehrmals verlängert wurde. Am 30. August 2000 erteilte ihr das Ausländeramt
des Kantons Thurgau die Niederlassungsbewilligung. Nachdem das Ausländeramt
von der Scheidung ihrer Ehe am 15. September 2000 (Rechtskraft am 10. Oktober
2000) erfahren hatte, widerrief es am 30. März 2001 die
Niederlassungsbewilligung und wies X.________ an, aus dem Kanton Thurgau
auszureisen. Die dagegen an das Departement für Justiz und Sicherheit sowie
anschliessend an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau erhobenen
Rechtsmittel blieben erfolglos.

X. _________ hat mit Postaufgabe vom 14. Februar 2002 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit folgenden Begehren:
"1. Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 12. Dezember 2001 sei vollumfänglich aufzuheben. Die
Niederlassungsbewilligung sei nicht zu widerrufen und die Wegweisung aus dem
Kanton Thurgau sei nicht zu vollziehen.

2.  Eventualiter sei die Angelegenheit an das Ausländeramt des Kantons
Thurgau zur Prüfung zurückzuweisen, ob allenfalls eine Aufenthaltsbewilligung
anstelle der Wegweisung erteilt werden könne."

2.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, soweit darauf
einzutreten ist, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG mit
summarischer Begründung zu behandeln ist und von der Einholung der kantonalen
Akten und Vernehmlassungen bei den Vorinstanzen sowie beim Bundesamt für
Ausländerfragen abgesehen wird.

2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR 142.20) hat der
ausländische Ehegatte nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen
Aufenthalt von fünf Jahren Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung. Die
Beschwerdeführerin bemerkt zwar richtigerweise, dass bei Art. 7 ANAG
grundsätzlich darauf verzichtet wird, die Erteilung der
Anwesenheitsbewilligung vom ehelichen Zusammenleben abhängig zu machen (vgl.
BGE 127 II 49 E. 5a S. 56). Dies haben die Vorinstanzen indes nicht verkannt.
Wie sie allerdings zu Recht bemerken, ist nach feststehender Rechtsprechung
die Berufung auf eine Ehe rechtsmissbräuchlich, wenn die Ehe nur noch formell
besteht oder aufrechterhalten wird mit dem alleinigen Ziel, dem Ausländer
eine Anwesenheitsbewilligung zu ermöglichen; dieses Ziel wird von Art. 7 ANAG
nicht geschützt (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56, mit Hinweisen). Insoweit kann
auch eine einmal erteilte Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 9 Abs.
4 lit. a ANAG widerrufen werden, wenn sich nachträglich Indizien ergeben,
dass eine mittlerweile aufgelöste Ehe, auf die sich der Ausländer berufen
hat, einstweilen bloss im Hinblick auf das Erlangen der
Niederlassungsbewilligung, aufrechterhalten wurde (vgl. BGE 112 Ib 161 E. 3b
S. 163; 473 E. 3b S. 475 f.; nicht publizierte Entscheide vom 10. Januar
2002, 2A.374/2001, E. 2b, und vom 16. März 2000, 2A.366/1999, E. 2c). Die
Voraussetzungen für einen solchen Widerruf sind vorliegend erfüllt: Noch vor
Ablauf der im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG massgeblichen fünf Ehejahre
reichte die Beschwerdeführerin zusammen mit ihrem damaligen Ehemann ein
gemeinsames Scheidungsbegehren beim Bezirksgericht ein, nachdem sie tags
zuvor - am 29. Juni 2000 - eine Scheidungsvereinbarung mit ihm getroffen
hatte; auf Grund dessen wurde im September 2000 die Scheidung ausgesprochen.
Als die Beschwerdeführerin im August 2000 das fremdenpolizeiliche Gesuch
stellte, war mithin nach den gesamten Umständen mit einer Wiederaufnahme der
ehelichen Gemeinschaft nicht mehr zu rechnen.

Laut Art. 3 Abs. 2 ANAG ist der Ausländer verpflichtet, der Behörde über
alles, was für den Bewilligungsentscheid massgebend sein kann,
wahrheitsgetreu Auskunft zu geben. Mit ihrem Einwand, sie habe auf der
Verfallsanzeige vom 4. Juli 2000 "lediglich die ihr gestellten Fragen
wahrheitsgetreu angekreuzt", verkennt die Beschwerdeführerin, dass die
Niederlassungsbewilligung nach Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG auch dann widerrufen
werden kann, wenn sie durch wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen
erschlichen wurde. Wesentlich sind nicht nur solche Tatsachen, nach denen die
Fremdenpolizei im Zusammenhang mit der Erteilung der Bewilligung ausdrücklich
gefragt hat, sondern auch solche, von denen der Gesuchsteller hätte wissen
müssen, dass sie für den Bewilligungsentscheid massgebend sind (erwähnte
Urteile vom 10. Januar 2002, E. 3, und vom 16. März 2000, E. 3a/c, mit
Hinweisen). Die Beschwerdeführerin hat sich wohlweislich über den wahren
Zustand der Ehe und damit letztlich über das Bestehen eines
Rechtsmissbrauchstatbestands ausgeschwiegen. Hätte die Beschwerdeführerin die
Behörden darauf ordnungsgemäss aufmerksam gemacht, wäre ihr die
Niederlassungsbewilligung nicht erteilt worden, wie die Vorinstanzen
festgehalten haben. Bei der gegebenen Sachlage ist der Widerruf der
Niederlassungsbewilligung auch nicht unverhältnismässig. Abgesehen von der
Zeit ab Eheschliessung lebte die Beschwerdeführerin zuvor nur einige Monate
in der Schweiz, wo sie als Cabaret-Tänzerin tätig war. Insoweit erweist sich
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet.

2.2 Der Streitgegenstand wird durch den angefochtenen Entscheid des
Verwaltungsgerichts vorgegeben. Dieser umfasst lediglich den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung. Soweit die Beschwerdeführerin im
bundesgerichtlichen Verfahren weitergehende Anträge stellt, ist darauf nicht
einzutreten. Zudem ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen
Wegweisungsentscheide ausgeschlossen (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 OG; BGE
119 Ib 193 E. 1a S. 195). Auch ob die kantonalen Behörden der
Beschwerdeführerin gestützt auf ihr Ermessen nach Art. 4 ANAG eine
Anwesenheitsbewilligung erteilen mögen, ist der Überprüfung durch das
Bundesgericht entzogen (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG).

3.
3.1Die Beschwerdeführerin stellt das Gesuch, es sei ihr für das
bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung zu gewähren. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 152 Abs. 1 OG). Wie die
vorstehenden Erwägungen zeigen, hatte die Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine
ernsthaften Erfolgsaussichten. Das Gesuch ist daher abzuweisen.

3.2 Damit sind die bundesgerichtlichen Kosten entsprechend dem
Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung
mit Art. 153 und 153a OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art.
159 Abs. 2 OG)

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Das Bundesgericht erkennt im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement für Justiz und
Sicherheit sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt
für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Februar 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: