Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.68/2002
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2A.68/2002/mks

Urteil vom 14. Februar 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.

A.________-X.________, geb. 01.01.1961, 5503 Schafisheim, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr.iur. René Bussien, Neustadtgasse 1a, Postfach
579, 8402 Winterthur,

gegen

Fremdenpolizei des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 86/88, 5001 Aarau,
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 70,
Postfach, 5001 Aarau.

Aufenthaltsbewilligung

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im
Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 19. Dezember 2001)
Sachverhalt:

wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

1.
1.1  Die türkische Staatsangehörige X.________ reiste im Juli 1988 in die
Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches bereits im November 1988
abgelehnt wurde. Die Schweizerische Asylrekurskommission wies eine gegen
diese Asylverfügung erhobene Beschwerde ab. Ebenso wies das Bundesamt für
Flüchtlinge ein Wiedererwägungsgesuch am 18. März 1994 ab, und auf Beschwerde
hin bestätigte die Schweizerische Asylrekurskommission am 17. Mai 1994 auch
diese Verfügung. X.________ verliess die Schweiz im Juni 1994.

1.2  Am 15. März 1995 reiste X.________ zwecks Vorbereitung der Heirat mit
einem Schweizer Bürger wieder ein. Die Heirat fand am ............ 1995 in
Winterthur statt. Nachdem der Ehemann sich am 16. Juni 1995 in ..........
(Kanton Aargau) angemeldet hatte, erhielt A.________-X.________ gestützt auf
die Ehe mit einem Schweizer (Art. 7 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer, ANAG; SR 142.20) eine Aufenthaltsbewilligung im
Kanton Aargau, welche in der Folge mehrmals verlängert wurde.

Im April 1996 verreiste der Ehemann von A.________-X.________ nach Lima
(Peru), wo er, obwohl er seit Ende 1997 mehrfach seine Rückreise angekündigt
hatte, auch heute noch weilt. Am 21. November 2000 lehnte es die
Fremdenpolizei des Kantons Aargau ab, die am 30. Juni 2000 abgelaufene
Aufenthaltsbewilligung von A.________-X.________ nochmals zu erneuern, und
setzte ihr eine Ausreisefrist auf den 31. Dezember 2000 an. Am 23. Januar
2001 wies der Rechtsdienst der Fremdenpolizei die gegen die Verfügung vom 21.
November 2000 erhobene Einsprache ab, wobei sie aber in Bezug auf die
Wegweisung klarstellte, dass diese erst nach Rechtskraft dieses
Einspracheentscheides vollziehbar sei. A.________-X.________ focht diesen
Entscheid beim Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau an, welches
die Beschwerde mit Urteil vom 19. Dezember 2001 abwies.

1.3  Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 5. Februar 2002 beantragt
A.________-X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die
Fremdenpolizei des Kantons Aargau einzuladen, ihr die Aufenthaltsbewilligung
zu verlängern.

Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind die kantonalen Akten
eingeholt worden.

2.
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.
Art. 7 Abs. 2 ANAG hält fest, dass kein Anspruch besteht, wenn die Ehe
eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung
von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer
zu umgehen.

Art. 7 Abs. 2 ANAG bezieht sich auf die so genannte Scheinehe. Ein
Bewilligungsanspruch soll nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift dann
nicht bestehen, wenn schon zum Vornherein nie der Wille bestand, eine Ehe
einzugehen, und der einzige Zweck der Heirat darin besteht, einem Ausländer
zu einer fremdenpolizeirechtlichen Bewilligung zu verhelfen. Ob dies im Falle
der Beschwerdeführerin zutrifft, hat das Rekursgericht ausdrücklich offen
gelassen, und die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur unmittelbaren
Anwendung von Art. 7 Abs. 2 ANAG stossen ins Leere. Das Rekursgericht hat die
Verweigerung einer weiteren Bewilligung darum verweigert, weil die Berufung
auf die Ehe, selbst wenn diese ursprünglich nicht bloss aus
ausländerrechtlichen Gründen eingegangen worden sein sollte, unter den
gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich sei.

Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch
vor, wenn der Ausländer sich im fremdenpolizeirechtlichen Verfahren auf eine
Ehe beruft, welche nur noch formell besteht oder aufrecht erhalten wird mit
dem alleinigen Ziel, dem Ausländer eine Anwesenheitsbewilligung zu
ermöglichen; dieses Ziel wird von Art. 7 ANAG nicht geschützt (BGE 127 II 49
E. 5a S. 56, mit Hinweisen). So verhält es sich insbesondere dann, wenn der
schweizerische Ehegatten des um Bewilligung ersuchenden Ausländers seit
Jahren im Ausland lebt und mit einer Wiederaufnahme der ehelichen
Gemeinschaft offensichtlich nicht mehr zu rechnen ist, wobei es auf die
Ursache der Trennung der Ehegatten nicht ankommt. Die Berufung auf die Ehe
läuft in einem solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig losgelöst von
der Aussicht auf ein  irgendwie geartetes Zusammenleben mit dem
schweizerischen Ehegatten den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen; auf
eine derartige Beanspruchung des Aufenthaltsrechts des ausländischen
Ehegatten in der Schweiz ist Art. 7  ANAG nicht ausgerichtet  (BGE 127 II 49
E. 5b-d S. 57 ff., mit Hinweisen auf nicht veröffentlichte Urteile des
Bundesgerichts).

2.2  Das Rekursgerichts geht in seinem Urteil von der erwähnten
Rechtsprechung aus. Zutreffend sind seine Ausführungen zur Bedeutung von
Indizien für die Annahme eines Rechtsmissbrauch (angefochtenes Urteil E. 4c
in Verbindung mit E. 3a). Die tatsächlichen Feststellungen, die es der
rechtlichen Würdigung der Angelegenheit im Wesentlichen zu Grunde legt, sind
unter dem Gesichtspunkt von Art. 105 Abs. 2 OG nicht zu beanstanden und damit
für das Bundesgericht verbindlich. Es trifft zu, was das Rekursgericht in E.
4d zusammenfassend festhält: Die Eheleute leben seit über vier Jahren
getrennt, hatten in dieser Zeit lediglich rudimentär Kontakt und sahen sich
nie. Der Ehemann ist trotz mehrmaliger Ankündigung nicht in die Schweiz
zurückgekommen. Es darf bei dieser Sachlage der Schluss gezogen werden, dass
mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr zu rechnen
ist. Die Einschätzung des Rekursgerichts (E. 4c/cc S. 11 des angefochtenen
Urteils), die Beschwerdeführerin habe sich darauf eingerichtet, dass ihr
Ehemann in Peru und sie in der Schweiz lebe, liegt auf der Hand. Das
Festhalten an der Ehe bzw. die Berufung darauf dient diesfalls tatsächlich
ausschliesslich dazu, der Beschwerdeführerin den weiteren Verbleib in der
Schweiz zu sichern. Unter diesen Umständen ist das Begehren um Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Ins
Leere stösst die Feststellung der Beschwerdeführerin, gegen einen
Rechtsmissbrauch spreche, dass dieser nicht schon längst in den vergangenen
Jahren, in denen die Aufenthaltsbewilligung jeweils verlängert worden sei,
geahndet worden sei. Gerade das lange Andauern der Trennung und das Fehlen
jeglicher Änderung in diesem Zeitraum hat den Eindruck erhärtet, dass die
Berufung auf die Ehe aus zweckwidrigen Gründen erfolgt.

Die Abweisung des Gesuchs um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gemäss
Art. 7 ANAG verletzt Bundesrecht nicht; diesbezüglich erweist sich die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet.

2.3  Eine andere Norm als Art. 7 ANAG, welche der Beschwerdeführerin einen
Bewilligungsanspruch verschaffen könnte, besteht nicht. Insbesondere lässt
sich ein derartiger Anspruch nicht aus der Verordnung vom 6. Oktober 1986
über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO, SR 823.21) ableiten (BGE 122
II 186 E. 1a S. 188, mit Hinweisen). Soweit sich die Beschwerdeführerin
darüber beschwert, dass mit dem angefochtenen Urteil auch die Erteilung einer
humanitären Bewilligung (Härtefallbewillligung gemäss Art. 13 lit. f BVO)
abgelehnt wurde, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 100 Abs. 1
lit. b Ziff. 3 OG nicht zulässig, und es ist in dieser Hinsicht darauf nicht
einzutreten.

2.4  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten im vereinfachten
Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin stellt das Gesuch, es sei ihr für das das
bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege (Befreiung von
der Bezahlung von Gerichtskosten, Art. 152 Abs. 1 OG) und Verbeiständung
(Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts, Art. 152 Abs. 2 OG) zu
gewähren. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass ihr Rechtsbegehren nicht
aussichtslos erscheint (Art. 152 Abs. 1 OG). Wie die vorstehenden Erwägungen
zeigen, hatte die Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine ernsthaften
Erfolgsaussichten. Das Gesuch ist daher abzuweisen.

3.2  Damit sind die bundesgerichtlichen Kosten entsprechend dem
Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung
mit Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Fremdenpolizei und dem
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Februar 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: