Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.62/2002
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2A.62/2002/sch

Urteil vom 19. Juni 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Dr. Stephan Frey, Aeschenvorstadt
37, Postfach 558, 4010 Basel,

gegen

Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstr. 2,
4410 Liestal,
Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Poststrasse 3, Postfach 64,
4410 Liestal.

Unerlaubte Heilanpreisung für Kosmetika

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Basel-Landschaft vom 26. September 2001)
Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG, vertreibt die Badekonzentrate "Schlechtwetter Bad" und
"Muskel Vital Bad", welche von der tetesept Pharma GmbH, Frankfurt,
hergestellt werden. Auf den Verpackungen werden die beiden Produkte u.a. wie
folgt angepriesen:

Schlechtwetter Bad
"Zur Stärkung der körpereigenen Widerstandskräfte. Wohltuend bei
Erkältungsgefahr".
"tetesept Schlechtwetterbad ist ein hautpflegender Badezusatz zur Stärkung
der körpereigenen Widerstandskräfte. Es ist wohltuend bei Erkältungsgefahr.
Die bewährten ätherischen Öle des Badezusatzes fördern die Durchblutung und
tragen zur Stärkung der Abwehrkräfte bei. Die Nase wird freier, Sie atmen
leichter und fühlen sich wohler (...)."

Muskel Vital Bad
"Zur Entspannung und Lockerung von Muskeln und Gliedern. Wohltuend auch bei
Muskelkater".
"tetesept Muskel Vital Bad ist ein Badezusatz für abgespannte und müde
Muskeln. Die Spannkraft wird erhöht, der Körper belebt und die Muskulatur
gelockert. Es ist wohltuend bei Muskelkater.
Die kreislaufanregende und durchblutungsfördernde Wirkung der ätherischen Öle
trägt zu einer Verbesserung des 'verspannten Rückens' oder 'verspannten
Nackens' bei. Die Abgespanntheit lässt nach: Ihr Wohlbefinden erhöht sich".

B.
Am 4. April 2000 verfügte das Kantonale Laboratorium Basel-Landschaft, dass
in den Inseraten für tetesept-Produkte ab sofort "keine Heil- resp.
Gesundheitsanpreisungen" enthalten sein dürften. Die Verpackung und die
Beipackzettel der betreffenden Produkte müssten ausserdem so gestaltet
werden, dass sie den Bestimmungen der eidgenössischen Verordnung vom 1. März
1995 über Gebrauchsgegenstände (GebrV, SR 817.04) entsprächen. Zur Begründung
führte das Laboratorium im Wesentlichen aus, die fraglichen Badekonzentrate
seien nicht als Heilmittel registriert und gälten daher als Kosmetika. Für
Kosmetika seien Anpreisungen irgendwelcher Art, die auf krankheitsheilende,
-lindernde oder -verhütende Wirkungen hinweisen würden, verboten. Die
Anpreisungen "Wohltuend bei Erkältungsgefahr" und "Wohltuend auch bei
Muskelkater" widersprächen den Bestimmungen der Lebensmittelgesetzgebung.

Diese Verfügung bestätigte das Kantonale Laboratorium Basel-Landschaft am 8.
Mai 2000 auf Einsprache hin.

C.
Hiergegen wandte sich die X.________ AG erfolglos an den Regierungsrat des
Kantons Basel-Landschaft. In seinem ablehnenden Entscheid vom 5. September
2000 erwog der Regierungsrat im Wesentlichen, die Anpreisungen "wohltuend bei
Erkältungsgefahr" bzw. "wohltuend auch bei Muskelkater" könnten bei den
Konsumenten die Erwartung wecken, von den Bädern gehe eine heilende Wirkung
aus. Solche Hinweise seien im Falle von kosmetischen Produkten nicht
gestattet, weshalb die beiden Badekonzentrate unzulässigerweise mit den
fraglichen Anpreisungen vertrieben würden.

Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Basel-Landschaft am 26. September 2001 ab und setzte der
X.________ AG Frist bis zum 8. Februar 2002, um dem kantonalen Laboratorium
mitzuteilen, wie und innert welcher Frist sie die beanstandeten Verpackungen
und Beipackzettel an die einschlägige Gesetzgebung anpassen wolle.

D.
Mit Eingabe vom 30. Januar 2002 führt die X.________ AG
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, den
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 26. September 2001 und die Verfügung
des Kantonalen Laboratoriums Basel-Landschaft vom 4. April 2000 aufzuheben.

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerde
abzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Das Eidgenössische Departement des Innern
schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Mit Verfügung vom 27. Februar 2002 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde
- antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen die auf der eidgenössischen Lebensmittelgesetzgebung beruhende
Verfügung des Kantonalen Laboratoriums Basel-Landschaft steht
letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen
( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG [SR 172.021] sowie Art. 98 lit. g
und Art. 98a OG, vgl. BGE 127 II 91 E. 1 S. 93, mit Hinweisen). Es gilt dabei
die Beschwerdefrist von 30 Tagen nach Art. 106 OG und nicht jene von 10 Tagen
gemäss Art. 55 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über
Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG; SR 817.0),
vgl. BGE 127 II 91 E. 1 S. 93. Auf die frist- und formgerecht eingereichte
Eingabe der nach Art. 103 lit. a OG legitimierten Beschwerdeführerin ist
demnach einzutreten.

2.
Die kantonalen Instanzen untersagten die Weiterverwendung der Anpreisungen
"wohltuend bei Erkältungsgefahr" bzw. "wohltuend auch bei Muskelkater"
gestützt auf Art. 3 Abs. 2 GebrV. Danach sind Hinweise irgendwelcher Art auf
eine krankheitsheilende, -lindernde oder -verhütende Wirkung (z.B.
medizinische oder therapeutische Eigenschaften, desinfizierende oder
entzündungshemmende Wirkungen, ärztliche Empfehlungen) von
Gebrauchsgegenständen - zu denen auch Bade- und Duschzusätze (als kosmetische
Mittel) zu zählen sind (Art. 21 GebrV / Anhang II zur GebrV) - verboten. Die
in den kosmetischen Mitteln enthaltenen Stoffe dürfen darüber hinaus bei der
Resorption keine inneren Wirkungen entfalten (Art. 21 Abs. 2 GebrV).

3.
3.1Die Beschwerdeführerin bestreitet zunächst die Gesetzmässigkeit der
erwähnten Regelung. Sie lässt im Wesentlichen vortragen, der Gesetzgeber
wolle allein den Schutz vor gesundheitsgefährdenden Gebrauchsgegenständen
gewährleisten. Eine gesetzliche Grundlage für ein Verbot von Hinweisen auf
der Verpackung von Gebrauchsgegenständen bestehe daher nur dann, wenn durch
die fraglichen Hinweise die öffentliche Gesundheit gefährdet werden könnte.
Dass von den fraglichen Badezusätzen eine solche Gefährdung ausgehe, hätten
die kantonalen Vorinstanzen indessen weder behauptet noch geprüft oder
bewiesen.

3.2 Die vom Bundesrat erlassenen Art. 3 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2 GebrV
dienen der Abgrenzung gegenüber den Heilmitteln, gilt doch das
Lebensmittelgesetz gemäss Art. 2 Abs. 4 lit. b LMG nicht für Stoffe und
Erzeugnisse, die von der Heilmittelgesetzgebung erfasst werden. Eine strikte
Trennung der Anwendungsbereiche von Lebensmittel- und Heilmittelrecht ist
nicht möglich, was am Beispiel des Gebrauchsgegenstands (oder Lebensmittels)
mit unzulässiger Heilanpreisung deutlich wird, welcher aus Sicht der
Heilmittelgesetzgebung als nicht registriertes Arzneimittel erscheint (vgl.
in diesem Zusammenhang die Bestimmungen für die Zulassung von Arzneimitteln,
Art. 9 ff. des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und
Medizinprodukte, [Heilmittelgesetz, HMG, SR 812.21]). Sowohl die
Betrachtungsweise eines "Lebensmittels oder Gebrauchsgegenstandes mit
unzulässiger Heilanpreisung" wie auch jene eines "nicht registrierten
Heilmittels" sind denkbar. Dem Bundesrat kann unter diesen Umständen nicht
die Kompetenz abgesprochen werden, im Rahmen der Vollzugsregelungen zum
Lebensmittelrecht Vorschriften zu erlassen, die verhindern, dass Lebensmittel
oder Gebrauchsgegenstände, die nicht als Arzneimittel auf den Markt kommen,
mit Heilanpreisungen versehen werden (BGE 127 II 91 E. 3a/bb S. 97). Wird
einem Gebrauchsgegenstand in der Werbung Heilwirkung zugemessen, so steht
einem Einschreiten der Lebensmittelbehörden nichts entgegen; diese können in
Anwendung der massgeblichen Verordnung des Bundesrates entsprechende Werbung
verbieten. Das Bundesgericht hat die Zulässigkeit der in Art. 3 Abs. 2 GebrV
getroffenen Regelung wiederholt bejaht (BGE 127 II 91 E. 3a/bb S. 97; Urteil
2A.47/2000 vom 23. Juni 2000, E. 2b/dd); es besteht kein Anlass, darauf
zurückzukommen. Zwar ist nicht jegliche gesundheitsbezogene Werbung verboten
(BGE 127 II 91 E. 4b S. 101). Ihr dürfen und müssen aber - soweit es um
Werbung für nicht als Heilmittel zugelassene Produkte geht - auf Grund der
gesetzlichen Ordnung gewisse Schranken gesetzt werden, ohne dass es darauf
ankäme, ob die fraglichen Produkte zu einer Täuschung oder gesundheitlichen
Gefährdung des Konsumenten führen können.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, das Vorgehen der kantonalen Vorinstanzen
lasse sich nicht auf eine hinreichende gesetzliche Grundlage stützen, geht
nach dem Gesagten fehl.

4.
Die Beschwerdeführerin bestreitet sodann, dass ihre Anpreisungen im Sinne von
Art. 3 Abs. 2 GebrV auf eine "krankheitslindernde" Wirkung hinweisen.

4.1 Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Entscheid - unter Beizug
des klinischen Wörterbuchs "Pschyrembel" (258. Auflage, Berlin/New York 1998)
- ausführlich mit den Begriffen "Gesundheit" und "Krankheit" bzw.
"Erkältungskrankheit" und "Muskelkater" auseinander gesetzt. Es erwog, auf
Grund der Umschreibung der Symptome der Erkältungskrankheiten (und deren
Ursache) sowie der Umschreibung der Symptome des Muskelkaters (und dessen
Ursache) müsse der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der Erkältung und
dem Muskelkater um Krankheiten im Sinne des klinischen Wörterbuchs handle (S.
8 des angefochtenen Entscheides). Die Anpreisung "wohltuend bei
Erkältungsgefahr" vermittle den Eindruck, dass der fragliche Badezusatz einer
Erkältung oder einer Erkältungsgefahr vorbeuge bzw. bei einer bestehenden
Erkältung Linderung bringe. Der Hinweis "wohltuend bei Muskelkater"
schliesslich vermittle den Eindruck, dass der Badezusatz den Muskelkater
lindere. Auch deute diese Anpreisung darauf hin, dass der Badezusatz eine
innere Wirkung entfalte.

4.2 Diese Erwägungen halten vor Bundesrecht stand: Die streitigen Texte
verstossen, wie das Verwaltungsgericht zulässigerweise annehmen durfte, gegen
die Regelung von Art. 3 Abs. 2 GebrV, indem sie suggerieren, den betreffenden
Produkten komme bei den erwähnten Krankheitszuständen eine lindernde Wirkung
zu. Zwar ist einzuräumen, dass die von der besagten Werbung anvisierten
Krankheiten sehr vage umschrieben sind und insbesondere der Begriff des
"Muskelkaters" gemeinhin eher als Unwohlzustand denn als Krankheit verstanden
wird (vgl. immerhin zu den Ursachen dieser Muskelschmerzen: Pschyrembel, 258.
Auflage, S. 1059: "multiple Mikrofaserrisse mit nachfolgender lokaler
Ödembildung"). Sodann wird den betroffenen Badezusätzen mit der beanstandeten
Anpreisung auch nicht explizit ein heilender oder lindernder Einfluss auf die
genannten Krankheitszustände, sondern lediglich eine "wohltuende" Wirkung
beim Betroffenen zugeschrieben. Die gewählten Formulierungen sprengen aber -
wenn auch knapp - den Rahmen einer erlaubten gesundheitsbezogenen Werbung
(vgl. E. 3.2), indem die Produkte als (zum Teil vorbeugende) Mittel gegen die
besagten Krankheitszustände angepriesen werden, was gegen die erwähnte
Verordnungsvorschrift verstösst. Dass von den beanstandeten Badezusätzen
selber keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit ausgeht, ändert nichts (E.
3.2).

5.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet
abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis wird es Sache der zuständigen kantonalen Behörde sein,
die Beschwerdeführerin innert angemessener Frist zu einer Anpassung der
beanstandeten Verpackungen und Beipackzettel zu verpflichten (vgl. Dispositiv
Ziff. 2 des angefochtenen Entscheides).

Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a
OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft sowie dem Eidgenössischen
Departement des Innern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Juni 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: