Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.60/2002
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2A.60/2002
2A.61/2002 /dxc

Sitzung vom 25. April 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter
Merkli,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Kantonales Steueramt Nidwalden, 6371 Stans,
Beschwerdeführer,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Karl Vogler, Flüelistrasse 2,
6064 Kerns,
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Rathausplatz 1, 6370 Stans.

2A.60/2002
Bussenverfügung wegen Steuerhinterziehung betreffend direkte Bundessteuer
1997/1998,

2A.61/2002
Nachsteuer betreffend direkte Bundessteuer 1997/1998,

Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des
Kantons Nidwalden vom 23. Juli 2001.

Sachverhalt:

A.
X. ________ war Alleinaktionär der A.________ AG. Diese wurde mit
Gesellschaftsbeschluss vom 27. Juli 1995 aufgelöst und X.________ als
Liquidator eingesetzt. Die Löschung erfolgte auf den 7. März 1997. Der
Liquidationsüberschuss von Fr. 188'747.-- wurde durch Abtretung nichtliquider
Vermögenswerte ausgerichtet und am 31. August 1996 fällig. Diese
Vermögenswerte wurden in der Folge umgewandelt und in das bestehende
Wertschriftenvermögen integriert. Für die Ausrichtung des
Liquidationsüberschusses bewilligte die Eidgenössische Steuerverwaltung am 4.
März 1997 das Meldeverfahren bei der Verrechnungssteuer. Nach Art. 20 des
Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG; SR
642.21) kann dem Steuerpflichtigen gestattet werden, seine Steuerpflicht
durch Meldung der steuerbaren Leistung zu erfüllen, wo bei Kapitalerträgen
die Steuerentrichtung zu unnötigen Umtrieben oder zu einer offenbaren Härte
führen würde. Mit der Genehmigung des Meldeverfahrens verzichtete die
Eidgenössische Steuerverwaltung somit auf die Erhebung der
Verrechnungssteuer. Eine entsprechende Mitteilung ging am 4. April 1997 beim
Gemeindesteueramt Emmetten ein.

B.
In der von ihm persönlich unterzeichneten Steuererklärung 1997/98 vom 27.
April 1997 unterliess es X.________, die Beteiligung an der A.________ AG im
Wertschriftenverzeichnis aufzuführen und den Liquidationsüberschuss als
Einkommen zu deklarieren. Mit Veranlagungsverfügung vom 22. Januar 1998 wurde
X.________ für die Steuerperiode 1997/98 definitiv veranlagt. Diese Verfügung
erwuchs in Rechtskraft.

C.
Bei einer Inspektion der Steuerbehörde durch die Eidgenössische
Steuerverwaltung wurde die Nichtdeklaration des Liquidationsüberschusses
sowie diverser Rentenbezüge der Ehefrau von X.________ und deren Kinder
(Witwen- und Waisenrenten) aufgedeckt. Am 5. Juli 1999 verfügte die Kantonale
Steuerverwaltungskommission Nidwalden deswegen für die direkte Bundessteuer
eine Nachsteuer sowie die Auferlegung einer Steuerbusse von je Fr. 21'966.--
zuzüglich Verzugszinsen. Mit parallelen Entscheiden vom 25. Oktober 1999
wiesen die Steuerkommission für übrige natürliche Personen sowie die
Kantonale Steuerverwaltungskommission Nidwalden zwei Einsprachen von
X.________ gegen die Auferlegung einer Nachsteuer bzw. Steuerbusse bei der
direkten Bundessteuer ab.

D.
Dagegen erhob X.________ zwei Beschwerden bei der Steuerrekursabteilung des
Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden. Diese hiess die Beschwerden mit
parallelen Urteilen vom 23. Juli 2001 (versandt am 20. Dezember 2001) gut und
hob die Einspracheentscheide der Steuerkommission für übrige natürliche
Personen und der Kantonalen Steuerverwaltungskommission Nidwalden betreffend
die direkte Bundessteuer sowie die entsprechenden Nachsteuer- und
Bussenverfügungen des kantonalen Steueramtes auf. Im Wesentlichen werden die
Urteile damit begründet, der Steuerpflichtige habe den Liquidationserlös zwar
nicht in den dafür vorgesehenen Feldern der Steuererklärung deklariert, die
Steuerbehörde hätte bei gehöriger Sorgfalt aber erkennen müssen, dass die
Deklaration mangelhaft sei. Damit fehle es an einer gesetzlichen
Voraussetzung, um auf die rechtskräftige Veranlagung zurückzukommen. Überdies
ergäben sich aus den dem Gericht vorliegenden Akten keine Anhaltspunkte
dafür, dass der Steuerpflichtige mit dem Vorsatz gehandelt habe, der
Steuerbehörde Einkommen zu verheimlichen. Angesichts der komplexen Materie
könne auch nicht davon ausgegangen werden, er habe gegen eine
Sorgfaltspflicht verstossen. Damit entfielen sowohl eine Nachsteuer als auch
eine Steuerbusse.

E.
Das kantonale Steueramt Nidwalden führt gegen beide Urteile mit
gleichzeitigen separaten Eingaben vom 30. Januar 2002
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Es beantragt, die beiden
Urteile des Verwaltungsgerichts Nidwalden vom 23. Juli 2001 seien
hinsichtlich der Nachsteuer bzw. Steuerbusse im Zusammenhang mit dem
Liquidationsüberschuss von Fr. 188'747.-- aufzuheben und es seien die
jeweiligen unterinstanzlichen Einspracheentscheide zu bestätigen; eventuell
seien die Urteile des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur
Neuentscheidung über die Nachsteuer bzw. Steuerbusse an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat dazu zwei getrennte
Verfahren eröffnet.

Das Verwaltungsgericht hat in beiden Verfahren unter Verweis auf die
angefochtenen Urteile auf eine Vernehmlassung verzichtet. X.________ stellt
in beiden Verfahren das Begehren, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
abzuweisen und das verwaltungsgerichtliche Urteil zu bestätigen; im Verfahren
betreffend Steuerbusse wird dieser Antrag ergänzt durch das Eventualbegehren,
eine allfällige Steuerbusse sei auf das gesetzliche Minimum zu beschränken.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,
Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, schliesst sich den beiden
Verwaltungsgerichtsbeschwerden des Steueramtes des Kantons Nidwalden an und
stellt dieselben Anträge wie dieses.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden stehen sachlich und prozessual in
einem engen Zusammenhang. Es rechtfertigt sich deshalb, die Beschwerden, in
sinngemässer Anwendung von Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG, in einem
Verfahren zusammenzufassen und in einem einzigen Entscheid zu beurteilen
(vgl. BGE 113 Ia 390 E. 1 S. 394).

2.
2.1 Das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden handelte im vorliegenden
Fall als kantonale Steuerrekurskommission im Sinne von Art. 140 ff. DBG.
Gegen deren Entscheid ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art.
146 DBG). Das kantonale Steueramt ist als kantonale Verwaltung für die
direkte Bundessteuer zur Beschwerde legitimiert (Art. 146 zweiter Satz DBG in
Verbindung mit Art. 103 lit. c OG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die
unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier
- eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt
nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an
die Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG).

2.3 Das Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die
von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die
Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder
abweisen (BGE 117 Ib 114 E. 4a S. 117, mit Hinweis).

3.
3.1 Streitig ist im vorliegenden Fall, ob die Urteile des Verwaltungsgerichts,
den Beschwerdegegner bei der direkten Bundessteuer im Zusammenhang mit dem
unversteuert gebliebenen Liquidationserlös nicht mit einer Nachsteuer zu
belegen und nicht wegen Steuerhinterziehung zu büssen, vor Bundesrecht
standhalten. Die beiden Tatbestände sind nach dem neuen Recht der direkten
Bundessteuer nicht mehr zwingend aneinander gekoppelt (dazu etwa Klaus A.
Vallender, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen
Steuerrecht, Bd. I/2b, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Art.
83-222, Basel/Genf/München 2000, N 5 f. zu Art. 151). Im Folgenden ist
dennoch zunächst die Frage der Nachsteuer und danach diejenige der
Steuerbusse zu prüfen.

3.2 Nicht mehr strittig ist, ob die angefochtenen Urteile auch insoweit dem
Bundesrecht entsprechen, als der Beschwerdegegner die Hinterlassenenrenten
seiner Ehefrau und deren Kinder nicht deklariert hatte. Da die
beschwerdeführende Behörde ihren Antrag ausdrücklich auf den Gesichtspunkt
des Liquidationsüberschusses beschränkt und sich nicht auf die unterbliebene
Deklaration der Witwen- und Waisenrenten beruft, bildet dies vor
Bundesgericht nicht mehr Streitgegenstand.

4.
4.1 Ergibt sich aufgrund von Tatsachen oder Beweismitteln, die der
Steuerbehörde nicht bekannt waren, dass eine Veranlagung zu Unrecht
unterblieben oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, oder ist
eine unterbliebene oder unvollständige Veranlagung auf ein Verbrechen oder
ein Vergehen gegen die Steuerbehörde zurückzuführen, so wird die nicht
erhobene Steuer samt Zins als Nachsteuer eingefordert (Art. 151 Abs. 1 DBG).

Hat der Steuerpflichtige Einkommen, Vermögen und Reingewinn in seiner
Steuererklärung vollständig und genau angegeben und das Eigenkapital
zutreffend ausgewiesen und haben die Steuerbehörden die Bewertung anerkannt,
so kann keine Nachsteuer erhoben werden, selbst wenn die Bewertung ungenügend
war (Art. 151 Abs. 2 DBG).

4.2 Bei der Beantwortung der Frage, ob neue Tatsachen oder Beweismittel schon
zur Zeit der Veranlagung vorlagen, ist der Aktenstand in diesem Zeitpunkt
massgeblich (Urteil des Bundesgerichts 2A.187/2000 vom 3. November 2000). Ein
Verschulden des Steuerpflichtigen ist nicht erforderlich (vgl. etwa Agner/
Jung/Steinmann, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer,
Zürich 1995, S. 439; Blumenstein/Locher, System des schweizerischen
Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 345). Im Übrigen kommt es
entscheidend auf die Würdigung der jeweiligen Pflichten des Steuerpflichtigen
und der Steuerbehörde bei der Veranlagung an. Dabei stehen die Prinzipien der
objektiven Gesetzmässigkeit und der Rechtsgleichheit in einem Spannungsfeld
zum Grundsatz der Rechtssicherheit und zum Vertrauensprinzip. Dieses
Spannungsfeld soll nach der Regel von Art. 151 DBG aufgelöst werden, wobei
das Gesetz allerdings auslegungsbedürftig ist.

4.2.1 Nach Art. 123 Abs. 1 DBG stellen die Veranlagungsbehörden zusammen mit
dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteuerung
massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Daraus geht
zunächst hervor, dass Behörden und Steuerpflichtiger grundsätzlich gemeinsam
auf eine richtige und vollständige Veranlagung hin arbeiten. Der
Steuerpflichtige muss alles tun, um eine vollständige und richtige
Veranlagung zu ermöglichen (Art. 126 Abs. 1 DBG). Insbesondere muss er das
Formular für die Steuererklärung wahrheitsgemäss und vollständig ausfüllen
(Art. 124 Abs. 2 DBG); dazu hat er bestimmte Beilagen einzureichen, unter
anderem Verzeichnisse über sämtliche Wertschriften, Forderungen und Schulden
(Art. 125 Abs. 1 lit. c DBG). Der Steuerpflichtige trägt dabei die
Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Steuererklärung.
Ist er sich über die steuerrechtliche Bedeutung einer Tatsache im Unklaren,
darf er diese nicht einfach verschweigen, sondern hat er auf die Unsicherheit
hinzuweisen. Jedenfalls muss er die Tatsache als solche vollständig und
zutreffend darlegen.

4.2.2 Demgegenüber prüft die Veranlagungsbehörde die Steuererklärung und
nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor (Art. 130 Abs. 1 DBG). Die
Steuerbehörde darf sich jedoch grundsätzlich darauf verlassen, dass die
Steuererklärung richtig und vollständig ist. Sie ist nicht verpflichtet, ohne
besonderen Anlass Quervergleiche mit Akten anderer Steuerpflichtiger
vorzunehmen (Urteil des Bundesgerichts 2A.187/2000 vom 3. November 2000) oder
im Steuerdossier nach ergänzenden Unterlagen zu suchen. Die Steuerbehörde
darf freilich auch nicht unbesehen in der Art auf die Steuererklärung
abstellen, wie wenn es sich um eine Selbstveranlagung handeln würde. Die
Steuerbehörde muss insbesondere berücksichtigen, dass in die
Steuerdeklarationsformulare nicht nur Tatsachen einzutragen sind, sondern
sich dabei auch eigentliche Rechtsfragen stellen (vgl. dazu
Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 345; Klaus A. Vallender, a.a.O., N 7 ff. zu
Art. 151; Ders., in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen
Steuerrecht, Bd. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Aufl., Basel/Genf/München 2002,
N 8 zu Art. 53).

4.2.3 Nicht gefestigt ist, was gilt, wenn die Veranlagungsbehörde einen nicht
eindeutigen oder unvollständigen Sachverhalt ungeklärt liess und die auf
derart unsicherer Grundlage getroffenen Annahmen sich nachträglich als
unzutreffend herausstellen (vgl. Vallender, a.a.O., N 9 zu Art. 151). Eine
Pflicht zu ergänzender Untersuchung besteht für die Steuerbehörden aber auch
diesfalls nur dann, wenn die Steuererklärung Fehler enthält, die klar
ersichtlich bzw. offensichtlich sind. Bloss erkennbare Mängel genügen nicht,
dass davon ausgegangen werden muss, bestimmte Tatsachen oder Beweismittel
seien den Behörden schon zur Zeit der Veranlagung bekannt gewesen bzw. es
müsse diesen ein entsprechendes Wissen angerechnet werden.

4.3 Im vorliegenden Fall ist die Veranlagung unbestrittenermassen
rechtskräftig geworden. Da der Beschwerdegegner den Überschuss aus der
Liquidation der A.________ AG nicht als Wertschriftenertrag bzw. als
Einkommen im Bemessungsjahr 1996 ausgewiesen und die Steuerbehörde in der
Folge einen solchen nicht als Einkommen veranlagt hat, steht überdies fest,
dass die Veranlagung unvollständig geblieben ist. Zu prüfen bleibt freilich,
ob der fragliche Liquidationsüberschuss der Steuerbehörde im Sinne von Art.
151 Abs. 1 DBG bekannt war oder ihr allenfalls erkennbar gewesen wäre.

4.3.1 In der Steuererklärung hatte der Beschwerdegegner seinen
Beteiligungsüberschuss aus der Liquidation der A.________ AG bzw. den
Umstand, dass die Liquidation inzwischen abgeschlossen war, überhaupt nicht
angeführt. In der Wegleitung zur Steuererklärung 1997/98 für die direkte
Bundessteuer wird in Ziff. 3 unter anderem ausgeführt:

"Als Zinsen und Gewinnanteile gelten auch die in Form von Gratisaktien,
Gratisobligationen, Gratisliberierungen, Liquidationsüberschüssen oder in
irgendeiner anderen Form enthaltenen geldwerten Leistungen aus Guthaben und
Beteiligungen, die rechtlich keine Rückzahlung eines der steuerpflichtigen
Person zustehenden Kapitalguthabens oder Kapitalanteils darstellen."

Zwar ist dem Beschwerdegegner teilweise zugute zu halten, dass es nicht
offensichtlich ist, von welchem massgeblichen Zeitpunkt bei einem
Liquidationsanteil, wie er im vorliegenden Fall zur Diskussion steht,
steuerrechtlich auszugehen ist. Aufgrund der allfälligen Unsicherheit hätte
er aber an die Steuerbehörden gelangen können und müssen und nicht einfach
auf eine Deklaration des Liquidationsüberschusses als Einkommen verzichten
dürfen. Der Beschwerdegegner hat somit seine gesetzlichen Pflichten bei der
Steuererklärung nicht erfüllt.

4.3.2 Die Steuerbehörde hat das Wertschriftenverzeichnis mit dem Vermerk
"Aktien A.________ AG, Em --> in Liq." ergänzt. Unklar ist, ob die weitere
Anmerkung "Übertrag auf Kto. ...", die sich jedenfalls auf zwei zusätzliche
Ergänzungen des Wertschriftenverzeichnisses bezieht, auch für den Vermerk
über die Beteiligung an der A.________ AG gilt. Dem zuständigen Steueramt war
somit sowohl die Beteiligung des Beschwerdegegners an der A.________ AG als
auch der Umstand, dass sich diese in Liquidation befand, bekannt. Woher das
Steueramt davon wusste, ist nicht erstellt, aber auch nicht entscheidend.
Denn die Veranlagungsbehörde konnte nicht wissen, dass die Liquidation
vollendet und der daraus hervorgegangene Erlös dem Beschwerdegegner
zugeflossen war. Der Beschwerdegegner hatte sie auch in keiner Art darauf
aufmerksam gemacht. Damit erweist sich der Tatbestand von Art. 151 Abs. 2
DBG, wonach eine Nachbesteuerung ausgeschlossen ist, wenn der
Steuerpflichtige richtig deklariert und die Steuerbehörde die Bewertung
anerkannt hat, als nicht erfüllt.

4.3.3 Darüber hinaus war die Veranlagungsbehörde auch nicht verpflichtet, im
Dossier ergänzend nachzuprüfen, ob ein Meldeformular oder sonstige
aufschlussreiche Unterlagen vorhanden waren. Hätte die Steuerbehörde
allerdings das Dossier des Beschwerdegegners konsultiert, wäre sie auf die
Meldung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 4. März 1997 gestossen,
welche beim zuständigen Steueramt unbestrittenermassen am 4. April 1997 und
damit vor Abschluss des Veranlagungsverfahrens am 22. Januar 1998 eingegangen
ist. Der Beschwerdegegner hat im vorliegenden Fall ein solches Gesuch für
einen Liquidationsüberschuss im Betrag von Fr. 188'747.-- gestellt, und
diesem Gesuch ist von der Eidgenössischen Steuerverwaltung stattgegeben
worden. Darüber erhielt das für die Veranlagung der Einkommenssteuer
zuständige Steueramt an sich rechtzeitig Meldung. Da es jedoch aufgrund des
Fehlens jeglichen Hinweises auf den Liquidationserlös in der Steuererklärung
zu keinen entsprechenden Nachforschungen verpflichtet war, darf dem Steueramt
das mögliche Wissen um das Meldeformular nicht entgegengehalten werden.

4.4 Demnach handelt es sich beim fraglichen Liquidationserlös des
Beschwerdegegners nicht um eine der Steuerbehörde bekannte Tatsache bzw. um
eine solche, deren Kenntnis sich das Steueramt anrechnen lassen muss. Der
Beschwerdegegner durfte aus der unvollständigen Veranlagung folglich auch
nicht ableiten, dass die Steuerbehörde den Liquidationsüberschuss als nicht
steuerbar erachtete. Damit ist eine Nachsteuer zu erheben, und das
Verwaltungsgericht hat insoweit Bundesrecht verletzt, als es von einer
Nachsteuer absah.

5.
5.1 Nach Art. 175 Abs. 1 DBG wird unter anderem mit Busse bestraft, wer als
Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung
zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung
unvollständig ist.

5.2 Der objektive Tatbestand der vollendeten Steuerhinterziehung setzt
voraus, dass aufgrund des Verhaltens des Steuerpflichtigen eine Veranlagung
überhaupt unterbleibt oder eine rechtskräftige Veranlagung sich als
unvollständig erweist (vgl. dazu Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz
über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, Art. 175, N 1 ff., S. 474 ff.;
Agner/Digeronimo/ Neuhaus/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte
Bundessteuer, Ergänzungsband, Zürich 2000, Art. 175, N 2 ff., S. 333 ff.;
Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 363 f.; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Bd. I,
9. Aufl., Bern/Stuttgart/ Wien 2001, S. 1009 ff., § 38, N 9 ff.; Roman
Sieber, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen
Steuerrecht, Bd. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Aufl., Basel/Genf/München 2002,
N 6 ff. zu Art. 56).

5.3 Der subjektive Tatbestand der vollendeten Steuerhinterziehung setzt
Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus (Agner/Jung/Steinmann, a.a.O., Art. 175, N
2 f., S. 475; Agner/Digeronimo/Neuhaus/Steinmann, a.a.O., Art. 175, N 2.3, S.
336; Höhn/Waldburger, a.a.O., S. 1014, § 38, N 19; Sieber, a.a.O., N 18 zu
Art. 56). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt der Nachweis des
Vorsatzes als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass
sich der Beschuldigte der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten
Angaben bewusst war. Ist dieses Wissen erwiesen, so muss angenommen werden,
dass er auch mit Willen handelte, d.h. eine Täuschung der Steuerbehörden
beabsichtigt und eine zu niedrige Veranlagung bezweckt (direkter Vorsatz)
oder zumindest in Kauf genommen hat (Eventualvorsatz). Diese Vermutung lässt
sich nicht leicht entkräften, weil in der Regel ein anderer Beweggrund für
die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten Angaben nur schwer
vorstellbar ist (BGE 114 Ib 27 E. 3a S. 29 f., mit Hinweisen; Urteil
2A.187/2000 vom 3. November 2000, E. 3c/bb). Fahrlässig handelt der
Steuerpflichtige demgegenüber, wenn er die Folgen seines Verhaltens aus
pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht
genommen hat. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der
Steuerpflichtige die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen
und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (vgl. Art. 18
Abs. 3 StGB).

5.4 In objektiver Hinsicht erging aufgrund der unvollständigen
Steuererklärung des Beschwerdegegners eine ungenügende Veranlagung, welche
rechtskräftig geworden ist.

5.5 In subjektiver Hinsicht ergibt sich, dass der Beschwerdegegner, von Beruf
Schreiner und im fraglichen Zeitpunkt rund 44 Jahre alt, Alleinaktionär und
Liquidator der aufgelösten Gesellschaft war. Als solcher kann er sich der
Verantwortung für die mit der Liquidation zusammenhängenden Fragen nicht mit
dem Argument angeblich ungenügender Sachkenntnis entziehen. Der
Beschwerdegegner hat zwar für die Erarbeitung der Steuererklärung - auch wenn
er diese danach selber unterzeichnet und eingereicht hat - einen Treuhänder
beigezogen. Dennoch war seine Beteiligung an der A.________ AG und der
Umstand, dass sich diese in Liquidation befand, in der Steuererklärung nicht
aufgeführt. Für diese Unterlassung gibt es keine nachvollziehbaren Gründe
oder Erklärungen. Zwar scheint, dass er weitgehend seinem Treuhänder vertraut
hat. Nach der Rechtsprechung hat sich der Steuerpflichtige aber das
schuldhafte Verhalten seines Vertreters anrechnen zu lassen, wenn dieser im
Veranlagungsverfahren unrichtige Angaben gemacht und damit eine
Steuerverkürzung bewirkt hat und wenn der Steuerpflichtige in der Lage
gewesen wäre, die Fehler zu erkennen (ASA 36 S. 374 E. 3). Insbesondere nimmt
der Steuerpflichtige den Versuch einer Steuerverkürzung in Kauf, wenn er die
Erstellung der Steuererklärung ohne klare Instruktionen und ohne jegliche
Kontrolle einem Treuhänder überträgt und sich nicht darum kümmert, ob die in
der Steuererklärung enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind (vgl.
Urteil des Bundesgerichts 2A.228/2001 vom 13. November 2001 in StE 2002 B
101.21 Nr. 15). Der Beschwerdegegner hätte somit die Arbeit seines
Treuhänders kontrollieren und allenfalls korrigieren müssen. Er kann daher
aus dem Verhalten des Treuhänders nichts zu seinen Gunsten ableiten.

Hinzu kommt, dass auf Seiten des Beschwerdegegners keine Schwierigkeiten
bestanden, das Meldeverfahren bei der Verrechnungssteuer einzuleiten bzw.
einleiten zu lassen, obwohl sich für die entsprechende steuerliche Behandlung
des Liquidationsüberschusses zumindest vergleichbare Fragen stellten wie bei
der Veranlagung für die direkte Bundessteuer; gleichzeitig ergab sich dadurch
freilich auch ein gewisses Risiko, dass nicht nur die Eidgenössische
Steuerverwaltung, sondern vermutlich auch die kantonale und kommunale
Steuerbehörde davon Kenntnis erhalten würden. Mit der Genehmigung des
Meldeverfahrens wurden indessen auch allfällige Unklarheiten über den
Liquidationserlös beseitigt. Trotzdem hat der Beschwerdegegner diesen
Überschuss, der immerhin mehr als das Dreifache des deklarierten Einkommens
betrug, in der Steuererklärung nicht angegeben. Er hat sich damit zumindest
eine Sorgfaltspflichtverletzung zuschulden kommen lassen, womit sein
Verschulden erstellt ist.

5.6 Der Beschwerdegegner hat sich demnach der vollendeten Steuerhinterziehung
schuldig gemacht, weshalb das Verwaltungsgericht auch insoweit Bundesrecht
verletzt hat.

6.
6.1 Damit sind beide Verwaltungsgerichtsbeschwerden gutzuheissen, und die
angefochtenen Entscheide müssen aufgehoben werden, soweit sie den
Liquidationserlös betreffen. Hinsichtlich der Nachsteuer kann der
Einspracheentscheid der Steuerkommission für übrige natürliche Personen vom
25. Oktober 1999 bestätigt werden, soweit er sich auf den
Liquidationsüberschuss bezieht. Hingegen ist die Angelegenheit an das
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden zurückzuweisen zur Neufestsetzung
der Hinterziehungsbusse - da insofern aus dem Einspracheentscheid nicht
deutlich hervorgeht, wieweit er sich auf den Liquidationserlös und nicht auch
auf die Hinterlassenenrenten bezieht - sowie zur allfälligen Neuverlegung der
Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens (vgl. Art. 114 Abs. 2
OG).

6.2 Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
unterliegenden Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1, Art. 153 und
153a OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 159 Abs. 1
und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die bundesgerichtlichen Verfahren 2A.60/2002 und 2A.61/2002 werden vereinigt.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerden werden gutgeheissen, und die Urteile des
Verwaltungsgerichts, Steuerabteilung, des Kantons Nidwalden vom 23. Juli 2001
betreffend Nachsteuer bzw. Bussenverfügung wegen Steuerhinterziehung
betreffend direkte Bundessteuer werden aufgehoben, soweit sie den
Liquidationsüberschuss von Fr. 188'747.-- betreffen.

3.
Der Einspracheentscheid der Steuerkommission für übrige natürliche Personen
vom 25. Oktober 1999 (ausgefertigt und mitgeteilt am 8. November 1999)
betreffend Nachsteuer wird bestätigt, soweit er den Liquidationsüberschuss
von Fr. 188'747.-- betrifft.

4.
Die Sache wird zur Neufestsetzung der Hinterziehungsbusse sowie zur
allfälligen Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des kantonalen
Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.

5.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdegegner
auferlegt.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. April 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: