Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.587/2002
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2A.587/2002 /leb

Urteil vom 11. März 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.

A. ________ AG,
Beschwerdeführer, vertreten durch Roesler Treuhand, Brunnenstrasse 25,
Postfach, 8610 Uster,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich, Abteilung Direkte Bundessteuer,
Waltersbachstrasse 5, 8090 Zürich,
Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich, Talacker 41, 8090 Zürich.

Direkte Bundessteuer für die Steuerperioden
1.1. - 31.12.1999 und 1.1. - 31.12.2000,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der
Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 28. Oktober 2002.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG, X.________, nachfolgend A.________ AG genannt,
erwirtschaftete in den Geschäftsjahren 1994 bis 1997 jeweils Verluste. Für
die Steuerperiode 1.1.1998 bis 31.12.1998 reichte sie keine Steuererklärung
ein und wurde daher nach Ermessen eingeschätzt. Der steuerbare Reingewinn
wurde mit Fr. 1'000.-- und das Eigenkapital (per 31.12.1998) mit Fr.
50'000.-- veranlagt. Die Veranlagung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Für die Steuerperiode 1.1.1999 bis 31.12.1999 wurde die A.________ AG mit
einem Reingewinn von Fr. 23'400.-- und einem Eigenkapital von Fr. 7'000.--,
für die Steuerperiode 1.1.2000 bis 31.12.2000 mit einem Reingewinn von Fr.
10'971.-- und einem Eigenkapital von Fr. 18'000.-- veranlagt. Die
Veranlagungen des Reingewinns entsprachen der jeweiligen Selbstdeklaration;
nicht berücksichtigt wurde hingegen der je geltend gemachte Saldo der
Vorjahresverluste. Gegen die zwei Veranlagungen erhob die A.________ AG
Einsprachen, wobei beantragt wurde, der steuerbare Reingewinn sei für die
Steuerperioden 1999 und 2000 je mit Fr. 0.-- zu veranlagen, dies in
Berücksichtigung der Vorjahresverluste. Die Einsprachen wurden abgewiesen.
Die A.________ AG gelangte gegen die entsprechenden Einspracheentscheide mit
Beschwerde an die Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich, welche
die Beschwerde am 28. Oktober 2002 abwies.

B.
Gegen den Beschwerdeentscheid vom 28. Oktober 2002 hat die A.________ AG am
2. Dezember 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie stellt den
Antrag, es sei die Verrechnung der noch nicht verrechneten Verluste
zuzulassen und die Steuerperioden 1999 und 2000 mit Fr. 0.-- zu veranlagen.

Das Kantonale Steueramt Zürich beantragt Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Bestätigung des angefochtenen Entscheids.
Die Bundessteuer-Rekurskommission hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die
Eidgenössische Steuerverwaltung stellt den Antrag, die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 67 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) können juristische Personen vom
Reingewinn der Steuerperiode (Geschäftsjahr, vgl. Art. 79 Abs. 2 DBG)
Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren
abziehen, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser
Jahre nicht berücksichtigt werden konnten.

1.1 Mit dieser gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit, Gewinne mit früheren
Verlusten zu verrechnen, wird das im Steuerrecht geltende
Periodizitätsprinzip durchbrochen, um bis zu einem gewissen Grad dem
Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
gerecht zu werden. Die mit dem Periodizitätsprinzip verbundenen Härten
können, soll dieses nicht ausgehöhlt werden, aber nicht vollständig beseitigt
werden. Das Gesetz selber beschränkt die Verrechnungsmöglichkeit daher in
zweierlei Hinsicht; zum einen können Verluste höchstens aus den sieben der
Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren geltend gemacht werden, zum
andern ist der Abzug nur zulässig, wenn er in vorausgehenden Jahren nicht
berücksichtigt werden konnte. Hat die steuerpflichtige juristische Person es
unterlassen, in einer früheren Steuerperiode einen Verlust bzw. einen
Verlustvortrag vom Reingewinn abzuziehen, kann die Verlustverrechnung in
einer späteren Steuerperiode nicht nachgeholt werden. Verluste sind stets im
nächstmöglichen Jahr mit Gewinn zu verrechnen; Verzögerungen sind unzulässig
(Peter Agner/Beat Jung/ Gotthard Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die
direkte Bundessteuer, Zürich 1995, N. 1-3 zu Art. 67; Peter
Brülisauer/Stephan Kuhn, in: Martin Zweifel/Peter Athanas (Hsg.), Kommentar
zum Schweizer Steuerrecht, Bd. I/2a, Bundesgesetz über die direkte
Bundessteuer, N. 4-9 zu Art. 67; s. ferner, zum Abzug von Verlustüberschüssen
bei natürlichen Personen, Markus Reich/Marina Züger, in: Zweifel/Athanas,
a.a.O., N. 14 zu Art. 31; Peter Locher, Kommentar zum DBG, N. 8 zu Art. 31).

Wird die juristische Person in einer Steuerperiode zu einem Reingewinn
veranlagt und ficht sie diese Veranlagung nicht an, können Verluste aus dem
massgeblichen Geschäftsjahr bzw. die Verlustüberträge aus früheren
Geschäftsjahren in den nachfolgenden Steuerperioden nach dem Gesagten nicht
mehr zum Abzug gebracht werden. Da die Verlustverrechnung nicht aufgeschoben
werden darf, rechtfertigt der Verzicht auf die Ergreifung eines Rechtsmittels
gegen eine derartige Veranlagung die Annahme, dass keine verrechenbare
Verluste (mehr) vorliegen. Insofern liegt über das Bestehen von Verlusten
bzw. über deren vollständige Kompensation mit Gewinnen bis und mit Abschluss
des zuletzt steuerlich erfassten Geschäftsjahres ein rechtskräftiger
Entscheid vor, auf welchen nicht mehr zurückgekommen werden kann, es sei
denn, die Voraussetzungen einer Revision seien erfüllt. Dies im Unterschied
zu einer Veranlagung zu einem Reingewinn von Fr. 0.--; eine solche lässt die
Möglichkeit der Verlustverrechnung nicht untergehen (vgl. Urteil des
Bundesgerichts 2A.192/2000 vom 9. Mai 2001, publiziert in: RDAF 2001 II S.
261 ff., E. 1).

1.2 Unerheblich für die Zulässigkeit der Verlustverrechnung ist, ob eine
juristische Person in der vorausgehenden Steuerperiode ordentlich oder nach
Ermessen veranlagt wurde. Erwächst eine Ermessensveranlagung, welche einen
Reingewinn festsetzt, in Rechtskraft, steht verbindlich fest, dass im
entsprechenden Geschäftsjahr kein auf eine spätere Steuerperiode
übertragbarer Verlust entstanden ist (Urteile des Bundesgerichts 2A.32/2002
vom 25. April 2002 und 2A.55/2002 vom 30. Oktober 2002, E. 2). Dies gilt nun,
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht nur für Verluste im für
die Steuerperiode, für welche eine Ermessensveranlagung vorzunehmen war,
massgeblichen Geschäftsjahr, sondern auch für Verluste aus weiter
zurückliegenden Geschäftsjahren: Die Steuerbehörde hat die
Ermessensveranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen (Art. 130 Abs.
2 DBG). Da sämtliche Verluste stets mit dem nächstmöglichen Gewinn zu
verrechnen sind, müssen dabei auch allfällige Verlustüberschüsse aus
Vorjahren von Amtes wegen (nötigenfalls geschätzt und) berücksichtigt werden.
Resultiert bei der Ermessensveranlagung ein Gewinn als Saldo, gelten mithin
sämtliche Vorjahresverluste im Rahmen der zeitlich befristeten
Verlustverrechnung als verrechnet; die ordentliche zeitlich befristete
Verlustverrechnung gemäss Art. 67 Abs. 1 DBG wird durch eine definitive
Ermessenstaxation unterbunden, es sei denn, es werde ein Reingewinn von Fr.
0.-- veranlagt (Brülisauer/Kuhn, a.a.O., N. 7 und 12 zu Art. 67 DBG; s. auch
Reich/Züger, a.a.O., N. 16 zu Art. 31 DBG; Locher, a.a.O., N. 8 und 10 zu
Art. 31 DBG).

1.3 Nachdem die Beschwerdeführerin für die Steuerperiode 1998 nach Ermessen
mit einem Reingewinn von Fr.1'000.-- veranlagt worden ist, kann sie nach dem
Gesagten für die Veranlagungen per 1999 und 2000 weder den nachträglich
geltend gemachten Verlust aus dem Geschäftsjahr 1998 noch die ausgewiesenen
Verluste aus früheren Geschäftsjahren geltend machen, sofern sie sich
hinsichtlich der Veranlagung 1998 auf keinen Revisionsgrund im Sinne von Art.
147 Abs. 1 DBG berufen kann. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, sind die
Voraussetzungen für eine Revision nicht erfüllt. Diese ist gemäss Art. 147
Abs. 2 DBG ausgeschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund
vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen
Verfahren hätte geltend machen können. Wer nach Ermessen veranlagt wird, weil
er nicht rechtzeitig die zur Veranlagung notwendigen Angaben gemacht und
Unterlagen vorgelegt hat, handelt nicht mit der nötigen Sorgfalt (Urteil
2A.55/2002 vom 30. Oktober 2002, E. 3, mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin
macht nichts geltend, was unter den gegebenen Umständen als Revisionsgrund
qualifiziert werden könnte.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als vollumfänglich
unbegründet; sie ist abzuweisen.

Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Kantonalen Steueramt Zürich,
Abteilung Direkte Bundessteuer, und der Bundessteuer-Rekurskommission des
Kantons Zürich sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 11. März 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: