Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.574/2002
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002


2A.574/2002 /bie

Urteil vom 13. Mai 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Merkli,
Gerichtsschreiber Matter.

X. ________, Beschwerdeführerin,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern,
Münstergasse 3, 3011 Bern,
Steuerrekurskommission des Kantons Bern, Sägemattstrasse 2, Postfach 54, 3097
Liebefeld.

Direkte Bundessteuer 1997/1998,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission
des Kantons Bern vom 22. Oktober 2002.

Sachverhalt:

A.
X. ________ gab in der Steuererklärung für die Periode 1997/98 als Beruf
"Chefarzt-Sekretärin" an. Sie arbeitete in den Jahren 1995 und 1996 als
Teilzeitangestellte bei verschiedenen Arbeitgebern und bezog auch Leistungen
der Arbeitslosenversicherung. Für die direkte Bundessteuer 1997/98 wurde sie
von der Steuerverwaltung des Kantons Bern mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 44'213.-- veranlagt, gemäss Einspracheverfügung mit Fr. 43'234.--. Ihre
dagegen gerichtete Beschwerde wies die kantonale Steuerrekurskommission am
22. Oktober 2002 ab.

B.
Mit "Beschwerde" vom 24. November 2002 beansprucht X.________ vor dem
Bundesgericht verschiedene Abzüge vom Einkommen. Im Weiteren ersucht sie um
Steuererlass.

Die Steuerverwaltung und die Steuerrekurskommission des Kantons Bern
schliessen auf Abweisung der Beschwerde, die Eidgenössische Steuerverwaltung
auf teilweise Gutheissung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend die direkte
Bundessteuer ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 Abs. 1
OG in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das
Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172.021] sowie Art. 98 lit. g OG und Art. 146
des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG;
SR 642.11]). Der angefochtene Entscheid unterliegt aber nur insoweit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, als es sich um die
direkte Bundessteuer handelt.

Mit Bezug auf die Staatssteuern steht - jedenfalls noch für die hier
interessierende Periode - nur die staatsrechtliche Beschwerde offen (und auch
dies erst nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges bzw. nach
erfolgloser Anrufung des kantonalen Verwaltungsgerichts). Die Voraussetzungen
von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG erfüllt die Eingabe der Beschwerdeführerin
ebenfalls nicht. Auf ihre "Beschwerde" ist deshalb nicht einzutreten, soweit
sie sich gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission betreffend die
kantonalen Steuern (insbes. Ziff. 1 des Entscheids) richten sollte.

Hinsichtlich der Bundessteuern ist auf die fristgerecht (vgl. Art. 106 OG)
eingereichte Eingabe der nach Art. 103 lit. a OG legitimierten
Beschwerdeführerin grundsätzlich einzutreten. Gemäss Art. 108 Abs. 2 OG hat
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter anderem die Begehren und deren
Begründung zu enthalten. An diese stellt das Bundesgericht indessen
namentlich bei Laienbeschwerden - wie hier - keine allzu hohen Anforderungen,
da es im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Recht von Amtes
wegen anwendet und nicht an die Begründung der Parteibegehren gebunden ist
(Art. 114 Abs. 1 OG; BGE 118 Ib 49 E. 1a S. 51). Es genügt, wenn aus der
Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der
angefochtene Entscheid beanstandet wird (BGE 118 Ib 134 E. 2 S. 135, mit
Hinweis).

Von vornherein nicht eingetreten werden kann indessen auf das Begehren um
Steuererlass; hierüber entscheiden die Eidgenössische Erlasskommission bzw.
die zuständigen kantonalen Amtsstellen endgültig (Art. 67 Abs. 3 DBG).

2.
Die Beschwerdeführerin macht vorab verschiedene Gewinnungskosten geltend,
namentlich Aufwendungen für die Anschaffung eines Personalcomputers sowie für
die Teilnahme an Computer- und Managementkursen.

2.1 Der Bund erhebt eine Einkommenssteuer von den natürlichen Personen (Art.
1 lit. a DBG). Zu diesem Zweck wird das Reineinkommen ermittelt, indem von
den gesamten steuerbaren Einkünften (Art. 16-24 DBG) die Aufwendungen und
allgemeinen Abzüge (Art. 26 -33 DBG) abgezogen werden (Art. 25 DBG). Als
Gewinnungs- bzw. Berufskosten können Unselbständigerwerbende laut Art. 26
Abs. 1 lit. c DBG (nebst Fahrkosten und Mehrkosten für auswärtige
Verpflegung) die "übrigen für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kosten"
abziehen. Ebenfalls abzugsfähig sind nach lit. d die "mit dem Beruf
zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskosten", praxisgemäss mit
Einschluss der sog. Wiedereinstiegskosten. Näheres regelt die Verordnung des
Eidgenössischen Finanzdepartements über den Abzug von Berufskosten der
unselbständigen Erwerbstätigkeit bei der direkten Bundessteuer vom 10.
Februar 1993 (VBK; SR 642.118.1; vgl. auch das diesbezügliche Kreisschreiben
der EStV vom 22. September 1995, ASA 64 692 ff.; sowie BGE 124 II 29 E. 3a S.
32; ASA 67 477 E. 2c, je mit weiteren Hinweisen). Die in Art. 26 Abs. 2 DBG
für die übrigen Berufskosten vorgesehenen Pauschalabzüge sind gemäss Art. 3
(sowie Anhang) VBK (Fassung vom 31. Mai 1996 für die hier massgeblichen
Bemessungsjahre 1995 und 1996) auf 3% des Nettolohnes, jedoch nicht unter Fr.
1'800.-- und nicht über Fr. 3'600.--, festgesetzt worden.

2.2 Vorliegend geht weder aus den Steuerakten noch aus dem angefochtenen
Entscheid hervor, welcher Betrag bei der Veranlagung der direkten
Bundessteuer als Berufskostenabzug zugelassen worden ist. Die Vorinstanz
weist nur auf die kantonalrechtliche Gewinnungskostenpauschale von 20% des
gesamten Erwerbseinkommens hin, wobei nicht klar wird, ob sie diese Pauschale
auch bei der direkten Bundessteuer angewendet hat, was unzulässig wäre.
Nachfolgend sind die geltend gemachten Abzüge einzeln und nach Bundesrecht zu
beurteilen.

2.2.1 Anfang 1996 erwarb die Beschwerdeführerin einen Personalcomputer für
Fr. 3'400.--, dessen Anschaffungspreis sie in Abzug bringen will.

Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG
sowie Art. 7 Abs. 1 VBK bildet eine zur Berufsausübung erforderliche
EDV-Anlage mit Hard- und Software ein Arbeitswerkzeug, dessen
Anschaffungskosten grundsätzlich vollumfänglich im Erwerbsjahr zum Abzug
zugelassen sind. Prinzipiell sind diese Aufwendungen im Pauschalbetrag für
übrige Berufskosten enthalten, jedoch ist der Nachweis höherer Kosten
vorbehalten. Wie bei anderen Gewinnungskosten wird bei ausserberuflicher
Nutzung des Geräts ein sog. Privatanteil ausgeschieden (vgl. zum Ganzen: ASA
69 872 E. 3; 62 403 E. 2; 59 246 E. 2; Peter Spori, PC-Kosten und Steuern, ST
1988, 51 ff.; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, N. 30 zu Art. 26;
Bruno Knüsel, in: Martin Zweifel/Peter Athanas (Hrsg.), Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, N. 14 zu Art. 26; je mit weiteren
Hinweisen).

Vorliegend beruhten die Einkünfte 1995/96 der Beschwerdeführerin zwar zum
grossen Teil auf Arbeitslosentaggeldern. Mehrmals erzielte sie aber in den
hier massgeblichen Bemessungsjahren kurzzeitige  bzw. teilzeitliche
Zwischenverdienste in ihrem angestammten Tätigkeitsbereich als
Chefarzt-Sekretärin. So verfasste sie zwischen 1993 und 1998 in Heimarbeit
alle Arztberichte eines Krankenheims, das ihr dafür weder einen Arbeitsraum
noch eine EDV-Anlage zur Verfügung stellte. Diese Schreibarbeiten erledigte
sie ab 1996 auf dem von ihr angeschafften Computer, ebenso wie die
Hausaufgaben und die Diplomarbeit für einen Management-Kurs, den sie im
gleichen Jahr auf Kosten des Arbeitsamtes belegte. Das Gerät diente ihr auch
zur Umsetzung und Vertiefung der Kenntnisse, die sie 1995 in (ebenfalls von
den Behörden finanzierten) Computerkursen erworben hatte. Dank all diesen
zusätzlichen Kompetenzen hoffte sie, sich auf dem neuesten Stand ihres Berufs
zu halten und so ihre Chancen zu erhöhen, eine neue Stelle zu finden.

Daraus ergibt sich, dass die streitigen EDV-Anschaffungsauslagen als
erforderliche und somit abziehbare Gewinnungskosten einzustufen sind, wie
dies auch die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt. Schon im Hinblick
auf die für das Krankenheim geschriebenen Arztberichte kann der Computer als
effektives und notwendiges Berufswerkzeug gelten. Besteht damit aber ein
genügender direkter Zusammenhang zur Erwerbsausübung, so ist nicht weiter
danach zu fragen, ob die EDV-Kaufauslage auch unter die Weiterbildugs- bzw.
Wiedereinstiegskosten fallen könnten. Die Ausscheidung eines Privatanteils
scheint sich hier - soweit ersichtlich - nicht aufzudrängen, wird aber von
der Steuerrekurskommission näher zu prüfen sein, ebenso wie im Übrigen das
Verhältnis zwischen Kostenpauschale und tatsächlichen Mehrkosten.

2.2.2 In Anwendung von Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG und Art. 8 VBK sind auch die
Kosten der von der Beschwerdeführerin besuchten Computer- und
Management-Kurse abzugsfähig. Dabei handelte es sich nicht um
Ausbildungskosten für die erstmalige Aufnahme eines neuen (zusätzlichen)
Berufs (vgl. Art. 34 lit. b DBG). Genauso wenig war eine blosse persönliche
Bereicherung oder kulturelle Weiterentwicklung bezweckt. Es ging schliesslich
nicht um eine - wohl ebenfalls abzugsfähige - Umschulung bzw. berufliche
Neuausrichtung. Vielmehr wollte die Beschwerdeführerin damit einzig ihre
Chancen erhöhen, nach längerer Arbeitslosigkeit wieder eine Stelle im Rahmen
des bereits erlernten und ausgeübten Berufes zu finden, dank aktueller
Kenntnis der notwendigen Arbeitsinstrumente und vertieftem Bezug zum
Management-Aspekt der Chefarzt-Tätigkeit (vgl. dazu auch: BGE 113 Ib 114 E.
2-3 S. 117 ff.; ASA 60 356 E. 2; Ziff. 3 des Kreisschreibens der EStV vom 22.
September 1995; Locher, a.a.O., N. 62 ff. zu Art. 26 sowie 16 ff. zu Art. 34,
Knüsel, in: Zweifel/Athanas, a.a.O., N. 8 ff. zu Art. 26 sowie Markus Reich,
in: Zweifel/Athanas, N. 14 f. zu Art. 34; Hans Zehnder, Die Behandlung der
Kosten für Ausbildung und berufliche Weiterbildung im schweizerischen
Steuerrecht, Diss. Zürich 1985, passim).

2.2.3 Zahlenmässig gänzlich unbelegt geblieben sind dagegen die sonst für die
Arbeitssuche geltend gemachten Auslagen (Post- und Telefon- sowie
Kopierkosten, Reise- und Verpflegungsspesen bei auswärtigen
Anstellungsgesprächen, usw.). Schon deshalb können sie nicht anerkannt
werden, ohne dass noch zu prüfen ist, ob bei einer nicht erwerbstätigen,
sondern arbeitslosen Person die Aufwendungen für die Suche einer neuen Stelle
statt Lebenshaltungskosten erforderliche Gewinnungskosten darstellen (vgl. in
diesem Sinne insbesondere Locher, a.a.O., N. 3 zu Art. 25 und N. 52 zu Art.
26).

3.
Nebst ihren Berufs- bzw. Gewinnungskosten beantragt die Beschwerdeführerin,
von ihrem Einkommen seien all jene Aufwendungen abzuziehen, welche sie im
Zusammenhang mit dem Tod ihrer Mutter übernehmen musste (Beerdigungskosten,
Grabunterhalt, usw.). Zu Recht hat die Vorinstanz indessen die
Abzugsfähigkeit dieser Auslagen verneint und insbesondere festgehalten, um
abziehbare Unterstützungskosten im Sinne von Art. 35 Abs. 1 lit. b DBG könne
es sich schon deshalb nicht handeln, weil der geforderte minimale
Unterhaltsbetrag nicht erreicht sei (vgl. dazu auch Locher, a.a.O., N. 48 ff.
zu Art 35; Ivo P. Baumgartner, in: Zweifel/Athanas, a.a.O., N. 21 ff. zu Art.
35). Ebenso wenig abzugsfähig sind hier die nach dem Unfall vom 14. Februar
1999 angefallenen Mehrkosten, da sie nicht die streitigen Bemessungsjahre
1995/96 betreffen.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, soweit darauf
einzutreten ist, und die Ziff. 2 und 3 des angefochtenen Entscheids sind
aufzuheben. Die Sache ist im Sinne der Erwägungen zur näheren Abklärung sowie
neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei wird die
Steuerrekurskommission sich namentlich auch mit dem bisher noch nicht
geprüften Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinderzusetzen haben, ihre
Einkünfte bzw. die Rückforderungen der Arbeitslosenkasse seien falsch
berechnet worden.

Bei diesem Ergebnis und mit Blick auf die finanzielle Situation der
(teilweise unterliegenden) Beschwerdeführerin rechtfertigt es sich, im
vorliegenden Fall ausnahmsweise keine Gerichtsgebühr zu erheben. Die -
ebenfalls teilweise unterliegende - kantonale Steuerverwaltung wird somit
auch nicht kostenpflichtig. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen genommen und
teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Die Ziff. 2 und 3 des
Entscheids der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 22. Oktober 2002
werden aufgehoben und die Sache wird zu neuem Entscheid im Sinne der
Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung und der
Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Mai 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: