Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.512/2002
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2A.512/2002 /bmt

Urteil vom 9. Januar 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.

X.________, geb. 14.03.1954, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher
Dr. Urs Oswald, Bahnhofstrasse 1, Postfach 31, 5330 Zurzach,

gegen

Migrationsamt des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 86/88, 5001 Aarau,
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 70,
Postfach, 5001 Aarau.

Ausweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im
Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 13. September 2002.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der jugoslawische Staatsangehörige X.________ reiste 1974 in die Schweiz ein.
1977 heiratete er eine Landsfrau, welche zu ihm in die Schweiz zog. Mit ihr
zusammen hatte er vier Kinder, geboren 1976, 1978, 1981 und 1983. Sämtliche
Familienmitglieder erhielten 1984 die Niederlassungsbewilligung.

Am 13. Januar 1998 tötete X.________ seine Ehefrau. In zweiter Instanz
verurteilte ihn das Obergericht des  Kantons Aargau am 14. Dezember 2000
wegen vorsätzlicher Tötung zu neun Jahren Zuchthaus und einer - bedingten -
Landesverweisung von neun Jahren. Nachdem das Bundesgericht am 15. Juli 2001
eine Nichtigkeitsbeschwerde teilweise - in Bezug auf die Landesverweisung -
gutgeheissen hatte, setzte das Obergericht des Kantons Aargau deren Dauer mit
Urteil vom 23. August 2001 im von X.________ beantragten Ausmass auf vier
Jahre herab.

Mit Verfügung vom 13. Februar 2002 wies die Fremdenpolizei des Kantons Aargau
X.________ per Datum der Haftentlassung (frühester Zeitpunkt für eine
bedingte Entlassung ist der 20. September 2004) für unbestimmte Zeit aus der
Schweiz aus. Die gegen diese Verfügung erhobene Einsprache wurde am 13. Mai
2002 abgewiesen. Am 13. September 2002 wies das Rekursgericht im
Ausländerrecht des Kantons Aargau die gegen den Einspracheentscheid vom 13.
Mai 2002 erhobene Beschwerde ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 17. Oktober 2002 beantragt X.________
dem Bundesgericht, das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des
Kantons Aargau vom 13. September 2002 sei aufzuheben; es sei von seiner
Ausweisung abzusehen und er sei zu verwarnen.

Das Migrationsamt (Fremdenpolizei) und das Rekursgericht im Ausländerrecht
des Kantons Aargau beantragen, gleich wie das Bundesamt für Ausländerfragen,
Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

2.
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz unter
anderem dann fremdenpolizeirechtlich ausgewiesen werden, wenn er wegen eines
Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Diesen
Ausweisungsgrund erfüllt der Beschwerdeführer. Die Ausweisung soll nach Art.
11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen
angemessen erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit erklärt Art. 16
Abs. 3 ANAV namentlich als wichtig die Schwere des Verschuldens des
Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und
seiner Familie drohenden Nachteile. Unter diesem letzten Gesichtspunkt können
auch die Beziehungen zwischen volljährigen Personen in die Interessenabwägung
miteinbezogen werden, vorliegend die Beziehungen des Beschwerdeführers zu
seinen volljährigen Kindern.

2.2 Der Beschwerdeführer ist wegen einer im Jahr 1998 begangenen
vorsätzlichen Tötung zu einer Zuchthausstrafe von neun Jahren verurteilt
worden. Es handelt sich dabei um ein schwerwiegendes Verbrechen, und das
Rekursgericht hat, unter Bezugnahme auf die Beurteilung durch die
Strafgerichte, zutreffend festgestellt, dass der Beschwerdeführer grosses
Verschulden auf sich geladen habe. Der Beschwerdeführer war schon zuvor in
Strafverfahren verwickelt gewesen. Wiewohl er sich dabei wegen Verhaltens zu
verantworten hatte, das ungleich weniger schwer wiegt als das Tötungsdelikt,
kann, wie das Rekursgericht festhält, nicht unberücksichtigt bleiben, dass er
1992 und 1994 verurteilt werden musste, weil er mehrfach ein Motorfahrzeug
führte, ohne über einen Führerausweis zu verfügen. Für die ihm mit
Strafbefehl vom 16. Dezember 1994 auferlegte Gefängnisstrafe von 14 Tagen
konnte ihm angesichts der gesamten Umstände der bedingte Strafvollzug nicht
gewährt werden. Am 25. März 1997, knapp ein Jahr vor Begehung des
Tötungsdelikts, wurde der Beschwerdeführer (nach 1976 zum zweiten Mal) von
der Fremdenpolizei verwarnt.

Das Rekursgericht hat das öffentliche Interesse an der Ausweisung des
Beschwerdeführers angesichts von dessen Verschulden und der Art des letzten
begangenen Verbrechens zu Recht als sehr gross bezeichnet. Was es in diesem
Zusammenhang über das Verhältnis zwischen strafrechtlicher Landesverweisung
und ausländerrechtlichen Fernhaltemassnahmen unter den Gesichtspunkten
Schwere des Delikts, Resozialisierungsgedanken, akzeptierbares Ausmass des
Restrisikos (konkret unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des
Beschwerdeführers) darlegt, bedarf keiner Korrektur oder Ergänzung; es kann
hiezu vollumfänglich auf E. 3b des angefochtenen Urteils verwiesen werden
(vgl. Art. 36a Abs. 3 OG).

2.3 Was die privaten Interessen des Beschwerdeführers daran, in der Schweiz
bleiben zu dürfen, betrifft, hat das Rekursgericht alle massgeblichen
Gesichtspunkte berücksichtigt und zutreffend gewichtet. Es ist von einer
langen Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Schweiz ausgegangen, wobei es
aber richtig hervorhob, dass dieser nicht ein Ausländer der "zweiten
Generation" ist, sondern in seiner Heimat aufwuchs, dort die Schule besuchte
und bis zum zwanzigsten Altersjahr lebte. Aus der diesbezüglich unbestritten
gebliebenen Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Urteil (vgl. im Übrigen
Art. 105 Abs. 2 OG) bestehen auch heute gewisse Anknüpfungspunkte des
Beschwerdeführers zum Kosovo (Besitz eines Grundstücks, sein Vater und eine
Schwester leben dort,  ab und zu verbrachte er Ferien in der Heimat), und er
muss sich nicht in ein ihm gänzlich unvertrautes Umfeld begeben, wenn er die
Schweiz zu verlassen hat. Was allgemein die Problematik einer Rückreise in
ein Land mit schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen nach langem
Aufenthalt in der Schweiz betrifft, so kann vollumfänglich auf E. 3e/dd des
angefochtenen Urteils verwiesen werden. Der Beschwerdeführer scheint in der
Schweiz zumindest beruflich gut integriert zu sein; seine erworbenen
beruflichen Kenntnisse können ihm aber auch in seiner Heimat nützlich sein.
Angesichts der aufgelaufenen Schulden gelang offenbar der Umgang mit dem Geld
nicht immer, wobei diesbezüglich nur die hauptsächliche, nicht aber die
ausschliessliche (s. E. 3e/cc des angefochtenen Urteils) Verantwortung bei
der Ehefrau des Beschwerdeführers lag. Auch die Tatsache, dass alle Kinder
des Beschwerdeführers in der Schweiz leben und hier einen gefestigten
Anwesenheitsstatus haben, vermag die Interessenlage nicht in entscheidendem
Masse zu Gunsten des Beschwerdeführers zu beeinflussen; die Kinder sind
volljährig, und von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen und ihrem
Vater kann keine Rede sein (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1d und e S. 260 ff.
betreffend Art. 8 EMRK). Nicht zu beanstanden ist schliesslich, dass das
Rekursgericht dem Wohlverhalten des Beschwerdeführers im Strafvollzug keine
entscheidende Bedeutung beigemessen hat.

2.4 Nach dem Gesagten ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, dass dem
sehr grossen öffentlichen Interesse an einer Ausweisung des Beschwerdeführers
aufgrund seiner Aufenthaltsdauer, der Anwesenheit seiner erwachsenen Kinder
in der Schweiz, seiner beruflichen und sprachlichen Integration und der
besseren Resozialisierungschancen in der Schweiz ein erhebliches privates
Interesse gegenübersteht, welches jedoch unter Berücksichtigung aller
Umstände das öffentliche Interesse nicht zu überwiegen vermag (E. 3f des
angefochtenen Urteils).

Die Ausweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz auf unbestimmte Zeit
erweist sich damit als angemessen, d.h. verhältnismässig, und verletzt
Bundesrecht nicht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist offensichtlich
unbegründet und im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen.

2.5 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und
153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt und dem
Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Januar 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: