Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.477/2002
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2A.477/2002 /kil

Urteil vom 10. Oktober 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Feller.

X. ________, geb. ...1982,
Beschwerdeführer,

gegen

Einwohnerdienste des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Internationale Kundschaft
als kantonale Fremdenpolizei, Spiegelgasse 6, 4001 Basel,
Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelrichterin für
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,
Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht,
vom 20. September 2002.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der aus Jugoslawien stammende X.________ stellte am 3. Juli 2001 ein
Asylgesuch. Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnte sein Gesuch am 26. November
2001 ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Mit Urteil des Strafgerichts
Liestal vom 17. Juli 2002 wurde X.________ wegen Widerhandlungen gegen das
Betäubungsmittelgesetz zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten und
zu einer unbedingten Landesverweisung für die Dauer von zehn Jahren
verurteilt. Am 7. August 2002 wurde er nach Pristina ausgeschafft.

Am 19. August 2002 reiste X.________ von Italien her kommend in die Schweiz
ein und versuchte nach Deutschland zu gelangen. Die deutschen Behörden nahmen
ihn fest und überstellten ihn den Behörden des Kantons Basel-Stadt, welche
ihn wegen Verstosses gegen die Ausländergesetzgebung in Haft nahmen. Am 21.
August 2002 stellte X.________ erneut ein Asylgesuch, und er wurde aus der
Haft entlassen. Das Bundesamt für Flüchtlinge trat mit Verfügung vom 30.
August 2002 auf das Asylgesuch nicht ein und ordnete erneut die - sofort zu
vollziehende - Wegweisung an.

X. ________ wurde am 27. August 2002 (vorübergehend) wegen geringfügigen
Diebstahls und am 29. August 2002 wegen der Anschuldigung der Drohung gegen
Beamte in Haft genommen. Per 17. September 2002 wurde er aus der
Untersuchungshaft entlassen und den Einwohnerdiensten des Kantons Basel-Stadt
(kantonale Fremdenpolizei) zugeführt. Diese ordneten am 18. August 2002 gegen
ihn die Ausschaffungshaft an. Nach mündlicher Verhandlung bestätigte die
Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht des
Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Stadt (Haftrichterin), dass die
Anordnung von Ausschaffungshaft für drei Monate, d.h. bis 16. Dezember 2002,
rechtmässig und angemessen sei. Zudem wies sie das Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung ab.

Mit in albanischer Sprache verfasstem Schreiben vom 20. September
(Postaufgabe am 23. September, Eingang beim Bundesgericht am 25. September)
2002, welches von Amtes wegen übersetzt wurde (Eingang der Übersetzung beim
Bundesgericht am 1. Oktober 2002), ersuchte X.________ das Bundesgericht
unter Bezugnahme auf die Haft um Hilfe. Gestützt auf die Eingabe ist ein
Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eröffnet worden.

Die Haftrichterin beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. In
ihrer Stellungnahme weisen die Einwohnerdienste, ohne einen förmlichen Antrag
zu stellen, darauf hin, dass der Beschwerdeführer nicht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Ausschaffungshaft an sich erhebe. Das
für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zur Vernehmlassung
eingeladene Bundesamt für Flüchtlinge hat sich innert Frist nicht geäussert.

2.
2.1 Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ausschliesslich der
Entscheid über die Bestätigung der Ausschaffungshaft. Der Beschwerdeführer
beschwert sich hauptsächlich darüber, dass er in sein Heimatland ausgeschafft
werden soll; darüber hat sich das Bundesgericht nicht auszusprechen.
Wenigstens teilweise (und sinngemäss) bemängelt der Beschwerdeführer auch die
Haftanordnung. (Bloss) insofern kann auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
eingetreten werden.

2.2 Wurde ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger
Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet, so kann die zuständige kantonale
Behörde (Art. 13c Abs. 1 ANAG) einen Ausländer mit Zustimmung der kantonalen
richterlichen Behörde (Art. 13c Abs. 2 ANAG) zur Sicherstellung von dessen
Vollzug in Ausschaffungshaft nehmen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b
ANAG (s. auch Art. 13c Abs. 3 ANAG) erfüllt sind, insbesondere wenn ein
gesetzlicher Haftgrund gemäss Art. 13b Abs. 1 ANAG vorliegt. Gemäss Art. 13c
Abs. 5 lit. a ANAG ist die Haft zu beenden bzw. nicht zu bewilligen, wenn
sich erweist, dass der Vollzug der Weg- oder Ausweisung aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen undurchführbar ist.

2.3 Nachdem der Beschwerdeführer bereits früher asylrechtlich weggewiesen und
gegen ihn eine strafrechtliche Landesverweisung ausgesprochen worden war, ist
er am 30. August 2002, nach seiner erneuten Einreise, vom Bundesamt für
Flüchtlinge wiederum aus der Schweiz weggewiesen worden. Die
Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung des Vollzugs dieser Wegweisung und
verfolgt damit einen vom Gesetz vorgesehenen Zweck. Ein Haftgrund liegt
offensichtlich vor: Auch nach (für ihn erfolglosem) Abschluss des zweiten
Asylverfahrens weigert sich der Beschwerdeführer beharrlich, in sein
Heimatland zurückzukehren, ohne dass er konkrete Aussichten auf rechtmässige
Einreise in ein Drittland hätte; auch sein übriges Verhalten (Drohungen gegen
Beamte, sofortige illegale Einreise nach erfolgter Ausschaffung) lässt darauf
schliessen, dass er sich, sollte er aus der Haft entlassen werden, den
Behörden für den Wegweisungsvollzug nicht zur Verfügung halten würde. Damit
ist zunächst der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG erfüllt (vgl. dazu
BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.; s. auch BGE 125 II 369 E. 3 b/aa S. 375).
Ferner ist der Beschwerdeführer, bei seinem Versuch, nach Deutschland zu
gelangen, trotz Bestehens einer rechtskräftigen Landesverweisung, in die
Schweiz eingereist; damit ist der Haftgrund von Art. 13a lit. c in Verbindung
mit Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG gegeben. Schliesslich liegt auch der
Haftgrund von Art. 13a lit. e in Verbindung mit Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG
vor, nachdem der Beschwerdeführer wegen (angesichts des Strafmasses nicht
bloss unbedeutender) Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz
verurteilt wurde und er aufgrund eines Strafantrags vom 18. September 2002
wegen Drohung gegen Beamte strafrechtlich verfolgt wird. Dem Vollzug der
Wegweisung stehen weder rechtliche noch tatsächliche Hindernisse entgegen
(vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG), und dem Beschleunigungsgebot (vgl. Art.
13b Abs. 3 ANAG) ist bisher offenkundig in genügender Weise nachgelebt
worden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die Polizei in Basel habe ihm die Hand
gebrochen, und nach Aussage des Spitals sollte diese operiert werden. Damit
spricht er sinngemäss die Haftbedingungen an; gemäss Art. 13c Abs. 3 ANAG
sind bei der richterlichen Überprüfung des Haftanordnungsentscheids auch die
Umstände des Haftvollzugs zu berücksichtigen. Was die Handverletzung
betrifft, lässt sich den Akten nichts entnehmen, was die Behauptung des
Beschwerdeführers, sie sei ihm durch die Polizei zugefügt worden, belegen
würde. Es fällt diesbezüglich auf, dass er bereits bei der ersten Einvernahme
vom 18. September 2002 im Hinblick auf die Anordnung von Ausschaffungshaft
davon sprach, er habe Probleme mit der Hand und habe eigentlich nur solange
hier bleiben wollen, bis diese wieder in Ordnung sei. Dies lässt den Schluss
zu, dass die Handverletzung ihre Ursache nicht in mit der Ausschaffungshaft
in Zusammenhang stehenden Ereignissen hat. Es versteht sich aber von selbst,
dass die Haftvollzugsbehörden dafür besorgt zu sein haben, dass jederzeit die
gebotene medizinische Betreuung des Beschwerdeführers gewährleistet ist.

Gemäss Art. 13d Abs. 1 Satz 2 ANAG kann der Verhaftete mit seinem
Rechtsvertreter jederzeit mündlich und schriftlich verkehren. In den Akten
befinden sich Kopien von zwei vom Beschwerdeführer am 1. Oktober 2002
unterzeichnete Vollmachten an einen Rechtsanwalt betreffend Strafverfahren
und betreffend Ausschaffungshaft. Der Kontakt mit einem Rechtsvertreter
scheint gesichert. Was die Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsanwalts schon
für das erste Haftprüfungsverfahren betrifft, so hat die Haftrichterin ein
entsprechendes Begehren unter Hinweis auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung mit zureichenden Gründen abgelehnt.

2.4 Soweit auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingetreten werden kann,
erweist sie sich als offensichtlich unbegründet, und es ist darauf im
vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) nicht einzutreten.

2.5 Soweit die Bitte des Beschwerdeführers, es sei ihm zu seiner Verteidigung
ein Anwalt zur Verfügung zu stellen, so zu verstehen ist, dass er auch für
das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Verbeiständung ersuchen
will, kann dem Gesuch wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht
entsprochen werden (vgl. Art. 152 OG).

2.6 Der Beschwerdeführer ist als unterliegende Partei für das
bundesgerichtliche Verfahren grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 156 OG). In
Fällen der vorliegenden Art rechtfertigt es sich jedoch, von der Erhebung
einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 154 und Art. 153a Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Einwohnerdiensten des Kantons
Basel-Stadt, Abteilung Internationale Kundschaft als kantonale
Fremdenpolizei, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt,
Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, sowie dem Bundesamt
für Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Oktober 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: