Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.457/2002
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2A.457/2002 /leb

Urteil vom 19. März 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Häberli.

A. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Huber,
General Guisan Quai 36, 8002 Zürich,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,
Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, 3003 Bern,
Eidgenössische Steuerrekurskommission,
avenue Tissot 8, 1006 Lausanne.

Verrechnungssteuer (geldwerte Leistung),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Eidgenössischen
Steuerrekurskommission vom

9. August 2002.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG, bezweckt Finanz- und Treuhandgeschäfte, Verwaltungen sowie
Finanz- und Unternehmensberatung. Im Anschluss an eine Buchprüfung der Jahre
1991 bis 1994 verlangte die Eidgenössische Steuerverwaltung von der
A.________ die Nachzahlung von 247'800 Franken an Verrechnungssteuern
(Verfügung vom 11. August 1999). Nach erfolglosem Einspracheverfahren
gelangte die A.________ an die Eidgenössische Steuerrekurskommission, welche
den angefochtenen Einspracheentscheid vom 20. März 2001 schützte (Entscheid
vom 9. August 2002).

B.
Am 16. September 2002 hat die A.________ beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, den angefochtenen
Entscheid aufzuheben und die Sache an die Steuerrekurskommission zu neuer
Beurteilung zurückzuweisen. Eventuell sei "die von der Vorinstanz behauptete
Gewinnausschüttung um Fr. 578'000.-- zu reduzieren".
Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
während die Eidgenössische Steuerrekurskommission auf Stellungnahme
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 43 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die
Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21) unterliegt der angefochtene Entscheid
der Eidgenössischen Steuerrekurskommission der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht. Als in Anspruch genommene Steuerpflichtige ist die
Beschwerdeführerin zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (vgl. Art.
103 lit. a OG).

2.
Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 1992 unter dem Titel "Kommissionen
B.________" Eingänge in der Höhe von 588'304.50 und Auszahlungen von
578'262.55 Franken verbucht. Die Zahlungen von rund 578'000 Franken hat die
Vorinstanz als geldwerte Leistung (verdeckte Gewinnausschüttung) an
nahestehende Personen betrachtet und eine entsprechende
Verrechnungssteuerforderung der Eidgenössischen Steuerverwaltung über 202'300
Franken bestätigt. Streitig ist vor Bundesgericht nur (noch) diese Summe;
bezüglich der restlichen Verrechnungssteuerforderung in der Höhe von 45'500
Franken hat die Beschwerdeführerin den vorinstanzlichen Entscheid akzeptiert,
auch wenn sie formell dessen gänzliche Aufhebung beantragt.

3.
Der Bund erhebt auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, auf
Lotteriegewinnen und auf Versicherungsleistungen eine Verrechnungssteuer
(vgl. Art. 1 Abs. 1 VStG); diese stellt für inländische Leistungsempfänger
eine reine Sicherungssteuer dar, erwerben sie doch bei ordnungsgemässer
Deklaration der Einkünfte einen Rückerstattungsanspruch (vgl. Art. 1 Abs. 2
in Verbindung mit Art. 21 ff. VStG). Erhoben wird die Steuer beim Schuldner
der steuerbaren Leistung, welcher diese um den Steuerbetrag gekürzt
ausrichtet (Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 VStG).

3.1 Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG unterliegt der Verrechnungssteuer u.a. der
Kapitalertrag der von einem Inländer ausgegebenen Aktien, wobei als solcher
Ertrag jede geldwerte Leistung der Gesellschaft an Inhaber von
Beteiligungsrechten oder an ihnen nahestehende Dritte gilt; ausgenommen sind
lediglich Rückzahlungen von im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteilen am
einbezahlten Grund- oder Stammkapital (Art. 20 Abs. 1 der
Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966 zum Verrechnungssteuergesetz
[VStV; SR 642.211]). Zu den steuerbaren geldwerten Leistungen gehört nach
ständiger Rechtsprechung jede Art von Zuwendung an Aktionäre, die ihren
Rechtsgrund ausschliesslich im Beteiligungsverhältnis hat. In dem Mass, in
welchem solche Leistungen einem unbeteiligten Dritten unter den gleichen
Umständen nicht erbracht worden wären, ist die Verrechnungssteuer geschuldet.
Gleich behandelt werden die Zuwendungen an Personen, die den Inhabern
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte nahestehen; eine entsprechende
Zuwendung liegt vor, wenn wirtschaftliche oder persönliche Verbindungen nach
den gesamten Umständen als eigentlicher Grund der zu besteuernden Leistung
betrachtet werden müssen. Als nahestehende Personen gelten insbesondere auch
solche, denen der Aktionär erlaubt, die Gesellschaft wie eine eigene zu
benützen (Urteil 2A.204/1997 vom 26. Mai 1999, in: ASA 68 S. 749, E. 2a, mit
Hinweisen).

3.2 Der Nachweis des Aufwandcharakters von Leistungen obliegt - den
allgemeinen Regeln über die Beweislast folgend - der steuerpflichtigen
Gesellschaft. Nach Art. 39 Abs. 1 VStG hat diese der Eidgenössischen
Steuerverwaltung über alle Tatsachen, welche für die Steuerpflicht oder die
Steuerbemessung von Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen
Auskunft zu erteilen; sie muss insbesondere ihre Geschäftsbücher
ordnungsgemäss führen und diese - zusammen mit Belegen und anderen Urkunden -
auf Verlangen beibringen. Zwar ist es nicht Sache der Steuerbehörden, über
die Zweckmässigkeit von Aufwandspositionen zu entscheiden und so ihr eigenes
Ermessen an die Stelle desjenigen der Geschäftsleitung zu setzen. Die
steuerpflichtige Gesellschaft hat aber nachzuweisen, dass die in Frage
stehenden Leistungen geschäftsmässig begründet sind, damit sich die
Steuerbehörden vergewissern können, dass geschäftliche Gründe und nicht
allfällige enge persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen zum Empfänger
für die Erbringung der Leistung ausschlaggebend waren (Urteil 2A.204/1997 vom
26. Mai 1999, in: ASA 68 S. 749 f., E. 2b; BGE 119 Ib 431 E. 2c S. 435).
Behauptet die steuerpflichtige Gesellschaft, sie sei lediglich als
Treuhänderin oder Inkassomandatarin und nicht auf eigene Rechnung tätig
geworden, so verlangt die Praxis, dass sie dies mittels - aus der Zeit der
Begründung des Rechtsverhältnisses stammender - klarer Abmachungen zwischen
ihr und dem Auftraggeber belegt. Von besonderer Bedeutung ist dies für
internationale Rechtsgeschäfte, entziehen sich solche doch weitgehend der
Kontrolle der inländischen Steuerbehörden, weshalb an den Nachweis des
betreffenden Rechtsverhältnisses strenge Anforderungen zu stellen sind
(Urteil 2A.204/1997 vom 26. Mai 1999, in: ASA 68 S. 750, E. 2b; Urteil
2A.12/1994 vom 7. November 1995, in: ASA 65 S. 401, E. 2b).

4.
4.1 Die Vorinstanz hat erwogen, bei den Zahlungen im Umfang von rund 578'000
Franken, welche die Beschwerdeführerin vom streitigen Konto getätigt habe,
handle es sich um Aufwendungen, deren geschäftsmässige Begründetheit nicht
erstellt sei; insbesondere habe das behauptete Treuhandverhältnis bzw.
Inkassomandat nicht bewiesen werden können. Daraus müsse geschlossen werden,
dass die fraglichen Zahlungen an Personen geleistet worden seien, welche die
Gesellschaft - aus welchen Gründen auch immer - wie ihre eigene benützen
könnten. Mithin stelle die vom streitigen Konto bezahlte Summe eine der
Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung dar. Die
Beschwerdeführerin bringt demgegenüber vor, bei den Eingängen gemäss
streitigem Buchhaltungskonto handle es sich um Zahlungen der B.________in
Hamburg, welche auf mündlichen Vereinbarungen beruhten. Die fraglichen Gelder
seien ihr nur anvertraut worden und sie sei zu deren Weiterleitung
verpflichtet gewesen, hätte sie sich doch sonst der Veruntreuung im Sinne von
Art. 138 StGB strafbar gemacht. Im Übrigen sei nicht verständlich, wie die
Vorinstanz zum Schluss komme, sie habe gegenüber der B.________ Ansprüche
gehabt, welche über die in der Erfolgsrechnung deklarierte Kommissionsgebühr
von 1,75 Prozent hinausgehen.

4.2 Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die fraglichen
Transaktionen buchhalterisch nicht als Fremdgeschäfte behandelt hat; vielmehr
verbuchte sie die Zahlungen der B.________ im Konto Nr. *** "Kommissionen
B.________" erfolgswirksam. Wenn sie nun aber die Eingänge von 588'304.50
Franken in ihrer Buchhaltung selbst als eigene Umsätze behandelt, kann sie
nicht beanstanden, wenn sie von den Steuerbehörden auf ihrem buchhalterischen
Vorgehen - bis zum Nachweis von dessen Unrichtigkeit - behaftet wird. Es
stellt sich mithin einzig die Frage, ob die Beschwerdeführerin
rechtsgenüglich darzutun vermag, dass sie die betreffenden Zahlungen von der
B.________ lediglich treuhänderisch, zur Weiterleitung an die wahren
Destinatäre, erhalten hat. Dies verkennt die Beschwerdeführerin insbesondere
dann, wenn sie in ihren Ausführungen über die strafrechtlichen Konsequenzen
einer Veruntreuung von anvertrauten Geldern spekuliert. Es hat sich im
vorliegenden Verfahren zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt, ob sie die
angeblich fremden Gelder hätte behalten sollen oder dürfen, sondern allein,
ob sie zu beweisen vermag, dass es sich bei den streitigen Eingängen
tatsächlich um fremde, ihr zur Auszahlung an Dritte überlassene Beträge
handelt. Darum lässt sich - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin -
nicht beanstanden, wenn sich die Vorinstanz mit den abwegigen Ausführungen zu
hypothetischen Straftatbeständen nicht ausdrücklich befasst hat; jedenfalls
wurden dadurch offensichtlich keine Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin
verletzt.

4.3 Zum Nachweis des behaupteten Treuhandverhältnisses hat die
Beschwerdeführerin ein Schreiben der B.________ vom 8. Mai 1992 eingereicht.
Diesem Dokument lässt sich jedoch nur entnehmen, dass die Beschwerdeführerin
für die B.________ das "Inkasso von Kommissionen aus Mineralöl-Geschäften"
gegen eine Gebühr von "1.75% flat" durchführen werde. Für die vorliegend
relevanten Transaktionen ergibt sich daraus nichts Konkretes. Insbesondere
bleibt unklar, ob und inwieweit zwischen diesen und dem fraglichen Schreiben
der B.________ überhaupt ein Zusammenhang besteht, handelt es sich doch bei
den vorliegend interessierenden Geschäften angeblich um Kommissionen, welche
die Beschwerdeführerin im Auftrag der B.________ ausbezahlt hat und nicht um
Inkassoaufträge. Andere Beweise, aus welchen sich ergäbe, dass sie fremde
Geschäfte besorgt hat, oder auch nur eine detaillierte Schilderung der
Vorgänge ist die Beschwerdeführerin schuldig geblieben. Sie hat sich darauf
beschränkt, zu erklären, die streitigen Zahlungen seien mündlich vereinbart
worden, was zivilrechtlich zulässig sei. Nachdem vorliegend aber nicht über
die Zulässigkeit der behaupteten Rechtsgeschäfte zu entscheiden ist, sondern
allein deren Nachweis interessiert, sind diese Ausführungen unbehelflich.

4.4 Mithin steht fest, dass die Angaben der Beschwerdeführerin den -
zugegebenermassen strengen - Anforderungen, welche bei internationalen
Geschäften an den Nachweis eines Treuhandverhältnisses gestellt werden (vgl.
E. 3.2), offensichtlich nicht zu genügen mögen. Die Vorinstanz hat demzufolge
kein Bundesrecht verletzt, wenn sie die Zahlungen von insgesamt rund 578'000
Franken an verschiedene Empfänger als geschäftsmässig nicht begründet
betrachtet und den Aktionären der Beschwerdeführerin oder diesen
nahestehenden Personen zugeordnet hat. Nach dem Gesagten unterliegt diese
Summe einer Verrechnungssteuer von 35 Prozent (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit. a
VStG), was den streitigen Betrag von 202'300 Franken ergibt.

5.

Demnach erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet und
ist abzuweisen.

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens werden die bundesgerichtlichen Kosten
der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153
und Art. 153a OG). Parteientschädigung ist keine auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen
Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer,
Stempelabgaben, und der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 19. März 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: