Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.447/2002
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2A.447/2002 /bie

Urteil vom 23. September 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

A. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Federspiel,
Lindenstrasse 37, Postfach 356, 8034 Zürich,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.

Ausweisung

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 26. Juli 2002)

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies am 15. Mai 2002 den aus dem Kosovo
stammenden, hier über eine Niederlassungsbewilligung verfügenden A.________
(geb. 1973) aus. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigte diesen
Entscheid auf Beschwerde hin am 26. Juli 2002. A.________ gelangt hiergegen
mit dem Antrag an das Bundesgericht, von der Ausweisung abzusehen, das
Verfahren zu sistieren oder die Ausweisung auf maximal vier Jahre zu
befristen.

2.
Seine Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich
unbegründet und kann ohne Schriftenwechsel oder Einholen der Akten im
vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG erledigt werden:
2.1 Der Beschwerdeführer ist vom Bezirksgericht Zürich am 25. November 1998
wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und weiterer
Delikte zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Bei Straftaten
von solcher Art und Schwere verfolgt das Bundesgericht im Rahmen von Art. 10
Abs. 1 lit. a ANAG (SR 142.20) - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK - eine
strenge Praxis (BGE 125 II 521 E. 4a/aa S. 527; jüngst etwa bestätigt im
Urteil 2A.296/2002 vom 18. Juni 2002, E. 2.1; Urteil des EGMR vom 19. Februar
1998 i.S. Dalia c. France, Rz. 54, PCourEDH 1998 76). Wie die Vorinstanz zu
Recht festgestellt hat, besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse daran,
den Beschwerdeführer von der Schweiz fern zu halten.

2.2 Die vom Verwaltungsgericht umfassend und zutreffend berücksichtigten
privaten Interessen (vgl. Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV [SR
142.201]) vermögen dieses nicht aufzuwiegen:
2.2.1Der Beschwerdeführer kam 1989 als Sechzehnjähriger im Rahmen eines
Familiennachzugs in die Schweiz. Er hat damit einen wesentlichen Teil seiner
Jugend im Kosovo verbracht und ist mit den dortigen Gebräuchen und
Verhältnissen vertraut. Zwar befindet er sich inzwischen seit über 13 Jahren
in der Schweiz, doch entfällt ein wesentlicher Teil dieses Aufenthalts auf
den Strafvollzug. Bereits zuvor hat er wiederholt zu Klagen Anlass gegeben:
Seit dem 1. November 1993 musste er mehrmals wegen Hehlerei, Diebstahls usw.
bestraft werden. Am 13. Januar und 29. August 1994 ist er von der
Fremdenpolizei des Kantons Zürich verwarnt worden, was ihn nicht davon
abhielt, erneut schwer straffällig zu werden. Nach dem Urteil des
Bezirksgerichts war ein Kokainkonsum dabei zwar nicht auszuschliessen, doch
soll umgekehrt keine nennenswerte Sucht bestanden haben. Der Umstand, dass
der Beschwerdeführer inzwischen von den Drogen weggekommen sein will, fällt
deshalb - entgegen seinem Einwand - nicht wesentlich ins Gewicht. Dass er
hier gewisse Beziehungen zu seinen offenbar gesundheitlich angeschlagenen
Eltern pflegt, lässt die Ausweisung ebenfalls nicht als unverhältnismässig
erscheinen, vermag er in diesem Zusammenhang doch keine über normale
familiäre Beziehungen hinausgehende, rechtsrelevante Abhängigkeiten darzutun
(vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1d/e S. 260 ff.; 115 Ib 1 E. 2 S. 4 ff.);
nötigenfalls kann sich seine hier anwesende Schwester um die kranken Eltern
kümmern. Die Frau des Beschwerdeführers, die er am 13. August 1993 geheiratet
hat, verblieb bis zum 16. April 1995 in Z.________. Auch ihr ist eine
Ausreise gegebenenfalls zuzumuten, musste sie sich gestützt auf das Vorleben
ihres Mannes und dessen fremdenpolizeilichen Verwarnungen doch bewusst sein,
dass sie im Falle einer weiteren Straffälligkeit ihr Ehe- und Familienleben
mit ihm unter Umständen nicht mehr hier würde pflegen können. Die 1996
geborene Tochter R.________ befindet sich ihrerseits noch in einem
anpassungsfähigen Alter. Der Tatsache, dass die Frau des Beschwerdeführers
offenbar im dritten Monat schwanger ist, wird nötigenfalls bei der Regelung
der Modalitäten für die Ausreise Rechnung getragen werden können.

2.2.2 Zwar hat das Bundesgericht erkannt, dass sich aus dem durch Art. 8
Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV geschützten Recht auf Achtung des
Privatlebens bei intensiven privaten Beziehungen ein Anspruch auf die
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ergeben kann (vgl. BGE 126 II 377 E.
2c S. 384 ff., mit Hinweisen); solche enge Verbundenheiten bestehen hier
indessen nicht; im Übrigen wäre der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in
diese im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt. Das korrekte Verhalten
des Beschwerdeführers seit seiner Haftentlassung und seine Bemühungen, wieder
Fuss zu fassen, sind zwar positiv zu würdigen, doch folgt die
fremdenpolizeiliche Ausweisung anderen Massstäben und Kriterien als der
Entscheid über die strafrechtliche Landesverweisung und die bedingte
Entlassung aus dem Strafvollzug. Aus fremdenpolizeilicher Sicht stellt der
Resozialisierungsgedanke nur einen unter mehreren zu berücksichtigenden
Faktoren dar. Wie sich aus den verschiedenen, in Art. 10 Abs. 1 ANAG
genannten, bereits weit unterhalb der Schwelle strafbaren Verhaltens
beginnenden Ausweisungsgründen ergibt, steht hier primär das Interesse der
öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Vordergrund. Bei der Prognose, welche
im Lichte des gesamten ausländerrechtlich relevanten Verhaltens und nicht
lediglich aufgrund einer mehr oder weniger kurzen Zeitspanne seit der
Haftentlassung zu stellen ist, dürfen deshalb strengere Massstäbe angelegt
werden (BGE 114 Ib 1 E. 3b S. 4/5; bestätigt im Urteil 2A.531/2001 vom 10.
April 2002, E. 3.1.3). Dass der Beschwerdeführer im Strafvollzug zu keiner
Kritik Anlass gegeben hat, ist ausländerrechtlich damit nicht (allein)
ausschlaggebend (BGE 125 II 105 E. 2c S. 109 f.; 114 Ib 1 E. 3b S. 4 f.);
ebenso wenig vermag seine bedingte Entlassung wesentlich ins Gewicht zu
fallen, bildet diese im schweizerischen Strafvollzug doch die Regel (BGE 124
IV 193 ff.). Würde allzu stark allein auf die seit der Tat verflossene -
straflose und für irgendeine berufliche Tätigkeit genutzte - Zeit abgestellt,
erschiene die Aufrechterhaltung der Anwesenheitsberechtigung umso
wahrscheinlicher, je schwerer die Straftat war und je länger die
ausgesprochene Strafe ausfiel, was nicht Sinn und Zweck von Art. 10 Abs. 1
lit. a ANAG entspricht (Urteil 2A.531/2001 vom 10. April 2002, E. 3.1.3).
Insbesondere bei schwerwiegenden Drogen- und Gewaltdelikten ist angesichts
der von diesen ausgehenden potentiellen Gefahren für die Gesellschaft nur ein
geringes Restrisiko in Kauf zu nehmen. Ein solches kann beim Beschwerdeführer
mit Blick auf die kurze Dauer der Bewährung in Freiheit aufgrund seines
bisherigen Verhaltens nicht hinreichend ausgeschlossen werden. Zwar haben
sich seine persönlichen Verhältnisse - wie er geltend macht - seit der
Strafverbüssung etwas gefestigt, doch haben ihn die wiederholten
Verurteilungen und Verwarnungen bereits einmal nicht davon abzuhalten
vermocht, in der Drogenszene massiv straffällig zu werden. Ist die Ausweisung
auf zehn Jahre damit verhältnismässig, hatten die kantonalen Behörden weder
eine erneute Verwarnung noch eine zeitliche Beschränkung der
Fernhaltemassnahme zu prüfen und besteht heute kein Anlass, das Verfahren zu
sistieren.

3.
3.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach abzuweisen. Für alles
Weitere kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3 OG). Mit dem vorliegenden Urteil in der
Sache selber wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

3.2 Für den Fall des Unterliegens ersucht der Beschwerdeführer um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Dem Gesuch kann nicht
entsprochen werden, da die vorliegende Beschwerde gestützt auf die
publizierte und die über Internet zugängliche Rechtsprechung in ähnlichen
Fällen als zum Vornherein aussichtslos zu gelten hatte (vgl. Art. 152 Abs. 1
OG). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer somit
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a
OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
2.1 Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
abgewiesen.

2.2 Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat des Kantons Zürich
und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, sowie
dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. September 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: