Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.445/2002
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2A.445/2002/leb

Urteil vom 20. September 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.

A. B.________, Beschwerdeführerin 1,
C.________, Beschwerdeführer,
E._________, Beschwerdeführerin 2,
alle vertreten durch Herrn Martin Ilg, Rechtsberatung, Rämistrasse 5,
Postfach 464, 8024 Zürich,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.

Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, vom 3. Juli 2002.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
A. B.________, Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien, reiste am 22.
November 1996 in den Kanton Zürich ein, wo ihr im Familiennachzug eine
Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Ehemann, F.B.________, erteilt
wurde, der im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung ist. Das Ehepaar hat zwei
Kinder, C.________, geboren am *** 1997, und E.________, geboren am *** 1998;
beide Kinder wurden in die Aufenthaltsbewilligung der Eltern einbezogen.

Im März 1999 wurde F.B.________ verhaftet. Am 24. Mai 2000 erkannte das
Bezirksgericht Winterthur ihn unter anderem der Gefährdung des Lebens, der
Erpressung, der Freiheitsberaubung und Entführung, der Drohung, der Nötigung,
der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der mehrfachen
Widerhandlung gegen das Waffengesetz für schuldig und verurteilte ihn zu drei
Jahren Zuchthaus und zu einer strafrechtlichen Landesverweisung von zehn
Jahren. Im Berufungsverfahren bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich
den Schuldspruch, ordnete indessen eine Arbeitserziehungsmassnahme an; in
diese Massnahme wurde auch eine frühere Gefängnisstrafe von elf Monaten
umgewandelt.

Am 20. April 1999 bewilligte die Einzelrichterin des Bezirksgerichts
Winterthur den Eheleuten B.________ das Getrenntleben und wies der Ehefrau
die Obhut über die Kinder zu.

Die Fremdenpolizei (heute Migrationsamt) des Kantons Zürich lehnte gestützt
auf diesen Sachverhalt ein Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
von A.B.________ und der beiden Kinder ab. Der gegen diese Verfügung erhobene
Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich blieb erfolglos. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich trat mit Beschluss vom 3. Juli 2002 auf
die gegen den regierungsrätlichen Rekursentscheid erhobene Beschwerde nicht
ein.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 13. September 2002 beantragen
A.B.________ und ihre Kinder C.________ und E.________, den Beschluss des
Verwaltungsgerichts vom 3. Juli 2002 aufzuheben und das Migrationsamt des
Kantons Zürich anzuweisen, ihnen den künftigen Aufenthalt im Kanton Zürich zu
bewilligen.

Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind die kantonalen Akten
eingeholt worden.

2.
Auf dem Gebiete der Fremdenpolizei ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b OG unzulässig gegen die Wegweisung (Ziff. 4)
sowie die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das
Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (Ziff. 3).

2.1  Die Beschwerdeführer können keinen Bewilligungsanspruch aus dem
Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR
142.20) ableiten. Insbesondere fällt Art. 17 Abs. 2 ANAG als
anspruchsbegründende Norm ausser Betracht, nachdem der Ehemann der
Beschwerdeführerin bzw. der Vater des Beschwerdeführers und der
Beschwerdeführerin 2 nicht die Niederlassungs-, sondern bloss die
Aufenthaltsbewilligung hat. Sodann ergeben sich keinerlei Ansprüche auf
fremdenpolizeirechtliche Bewilligungen aus der Verordnung vom 6. Oktober 1986
über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO; SR 823.21); weder Art. 31
ff. BVO betreffend Bewilligungen ohne Erwerbszweck (z.B. Art. 33 BVO für
Aufenthalte für medizinische Behandlungen) noch Art. 13 lit. f BVO betreffend
sogenannte Härtefälle sind Normen, welche die kantonale Fremdenpolizeibehörde
zur Erteilung einer Bewilligung verpflichten würden (vgl. BGE 122 II 186 E.
1a S. 187 f., mit Hinweisen).

2.2  Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer auf Art. 8 EMRK.

Soweit diese Konventionsnorm das Recht auf Achtung des Familienlebens
garantiert, kann der Ausländer daraus gegebenenfalls einen Anspruch auf
Erteilung einer fremdenpolizeirechtlichen Bewilligung ableiten, wenn er eine
familiäre Beziehung zu in der Schweiz lebenden nahen Verwandten mit einem
gefestigten Anwesenheitsrecht hat und diese Beziehung tatsächlich gelebt wird
und intakt ist. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die familiäre Beziehung
zum Ehemann bzw. Vater. Dieser hat bloss eine Aufenthaltsbewilligung, auf
deren Erneuerung er keinen Rechtsanspruch besitzt. Damit aber hat er kein
gefestigtes Anwesenheitsrecht, welches als Grundlage für einen
Bewilligungsanspruch der Beschwerdeführer dienen könnte (BGE 126 II 377 E. 2b
S. 382 ff.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, gilt dies
ausgesprochen im vorliegenden Fall, kann doch der Ehemann bzw. Vater der
Beschwerdeführer nicht ernsthaft damit rechnen, dass ihm nach der in näherer
Zukunft bevorstehenden Beendigung des Massnahmenvollzugs nochmals eine
Aufenthaltsbewilligung erteilt wird; sein Anwesenheitsstatus erweist sich als
ausgesprochen prekär. Unter diesen Umständen erübrigt sich zu prüfen, ob die
geltend gemachten familiären Beziehungen intakt sind; von einer in
fremdenpolizeirechtlicher Hinsicht im Sinne von Art. 8 EMRK massgeblichen
Beziehung könnte aber jedenfalls zum Vornherein keine Rede sein, soweit es um
das Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin 1 und ihrem Ehemann geht.

Soweit sodann Art. 8 EMRK das Recht auf Achtung des Privatlebens
gewährleistet, würden selbst eine langjährige Anwesenheit im Land und die
damit verbundenen üblichen privaten Beziehungen nicht genügen, um dem
Ausländer einen Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Bewilligung zu
verschaffen. Erforderlich wären besonders intensive private Beziehungen bzw.
eine bereits ausgeprägte Verwurzelung in der Schweiz. Das Bundesgericht
anerkennt denn auch einen derartigen Bewilligungsanspruch nur ganz
ausnahmsweise (vgl. BGE 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 425 E. 4c S. 432 f.).
Die entsprechenden Voraussetzungen sind vorliegend offensichtlich nicht
erfüllt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend darlegt (E. 2b des
angefochtenen Urteils, worauf verwiesen werden kann).

Keine weitergehende fremdenpolizeirechtliche Ansprüche als Art. 8 EMRK räumen
Art. 13 und 14 BV ein.

2.3  Die Beschwerdeführer rufen noch verschiedene andere Normen an, gestützt
worauf ihnen ein Bewilligungsanspruch zustehen solle. Was Art. 9 und 8 BV
betrifft, sind sie auf BGE 126 II 377 E. 4 S. 388 bzw. E. 6 S. 392 ff. zu
verweisen. Keiner weiteren Erläuterung bedarf, dass weder Art. 7 noch Art. 12
BV dazu bestimmt sind, Anspruch auf fremdenpolizeirechtliche Bewilligungen zu
verschaffen. Vergeblich berufen sich der Beschwerdeführer und die
Beschwerdeführerin 2 im vorliegenden Verfahren sodann auf Art. 11 BV bzw. die
UNO-Kinderrechtekonvention (SR 0.107); weder aus dieser Verfassungsnorm noch
aus der erwähnten Konvention lassen sich in fremdenpolizeirechtlicher
Hinsicht Rechte ableiten (BGE 126 II 377 E. 5 S. 388 ff.; 124 II 361 E. 3b S.
367 f.).
2.4 Da unter keinem Titel ein Rechtsanspruch auf Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligungen der Beschwerdeführer besteht, ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig. Es ist noch zu prüfen, inwieweit
die Beschwerde als staatsrechtliche Beschwerde betrachtet und entgegen
genommen werden kann.

3.
Angefochten ist - einzig - der Beschluss des Verwaltungsgerichts, womit
dieses auf die bei ihm eingereichte Beschwerde nicht eingetreten ist.
Gegenstand einer staatsrechtlichen Beschwerde kann daher einzig die Frage
sein, ob das Verwaltungsgericht durch seinen Nichteintretensbeschluss
verfassungsmässige Rechte verletzt habe. Das Verwaltungsgericht stützt sich
auf § 43 Abs. 1 lit. h in Verbindung mit § 43 Abs. 2 des zürcherischen
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (Fassung vom 8. Juni 1997).
Danach ist die Zulässigkeit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht auf dem
Gebiet der Fremdenpolizei davon abhängig, ob die eidgenössische
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist. Insoweit die Beschwerdeführer das
Bestehen eines Bewilligungsanspruchs unter Berufung auf Normen der
Bundesverfassung und internationaler Übereinkommen behaupten und gestützt
darauf den Nichteintretensbeschluss des Verwaltungsgerichts kritisieren,
könnte ihre Beschwerde so verstanden werden, dass sie eine verfassungswidrige
Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts rügen wollen. Abgesehen davon, dass
nicht ausdrücklich eine derartige Rüge formuliert wird (s. Art. 90 Abs. 1
lit. b OG), erwiese sich diese als offensichtlich unbegründet, nachdem die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht wegen Fehlens eines
Rechtsanspruchs gerade unzulässig ist. Eine verfassungswidrige Anwendung der
kantonalen Verfahrensnormen in anderer Hinsicht wird nicht formgerecht
dargetan: Soweit eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV (und Art. 6 EMRK)
geltend gemacht wird, beschränken sich die Beschwerdeführer darauf, eine
angeblich unzulässige Ermessenseinschränkung durch die Fremdenpolizei zu
rügen. Derartige Einwendungen sind angesichts der einzigen Streitfrage
(Nichteintreten durch das Verwaltungsgericht) nicht zu hören. Inwiefern das
Verwaltungsgericht selber im Hinblick auf die von ihm zu beantwortende
verfahrensrechtliche Frage den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches
Gehör verletzt haben soll, lässt sich der Beschwerdeschrift nicht entnehmen.

Soweit auf die Beschwerde überhaupt als staatsrechtliche Beschwerde
eingetreten werden kann, ist sie offensichtlich unbegründet.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
einzutreten ist und die Beschwerde als staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen
ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Urteil ergeht im
vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).

Mit diesem Urteil wird das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen für die Dauer
des Beschwerdeverfahrens gegenstandslos.

5.
Die Beschwerdeführer ersuchen um unentgeltliche Prozessführung. Dem Gesuch
ist schon wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht zu entsprechen (Art.
152 OG). Als unterliegende Parteien werden sie für das bundesgerichtliche
Verfahren kostenpflichtig. Da der Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin
2 minderjährig sind und letztlich allein durch ihre Mutter, die
Beschwerdeführerin 1, handeln, ist die Gerichtsgebühr vollumfänglich ihr
aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

Soweit auf die Beschwerde als staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist,
wird sie abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Beschwerdeführerin 1 auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat des Kantons
Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2.
Kammer, sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. September 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: