Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.428/2002
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002


2A.428/2002 /kil

Urteil vom 27. Januar 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

A. X.________,
C.X.________,
B.X.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch D.Y.________,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, Militärstrasse 36,
Postfach, 8021 Zürich.

Ausweisung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Kammer,
vom 17. Juli 2002.
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Der deutsche Staatsangehörige A.X.________ (geb. 1959), seine schweizerische
Ehefrau C.X.________ (geb. 1963) und ihr gemeinsamer Sohn B.X.________ (geb.
1990) führen mit Eingabe vom 26. August 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 17. Juli
2002. Damit hatte dieses eine Beschwerde der Familie X.________ gegen einen
Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich abgewiesen. In der Sache
geht es darum, dass A.X.________ vom Regierungsrat für die Dauer von zehn
Jahren aus der Schweiz ausgewiesen worden ist.

Die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich beantragt namens
des Regierungsrates, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht
schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das
Bundesamt für Ausländerfragen beantragt ebenfalls, die Beschwerde abzuweisen.

2.
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) kann der Ausländer aus der
Schweiz fremdenpolizeirechtlich unter anderem dann ausgewiesen werden, wenn
er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die
Ausweisung soll aber nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen
"angemessen", d.h. verhältnismässig (BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) erscheint
(Art. 11 Abs. 3 ANAG). Dabei ist namentlich auf die Schwere des Verschuldens
des Beschwerdeführers, auf die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie
auf die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile abzustellen (Art. 16 Abs.
3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV; SR 142.201]). Eine
vergleichbare Interessenabwägung setzt im Übrigen gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK
- bzw. Art. 36 in Verbindung mit Art. 13 BV - auch ein Eingriff in das Recht
auf Achtung des Familienlebens voraus (vgl. BGE 122 II 1 E. 2 S. 5 f., mit
Hinweisen).

2.2  A.X.________ ist seit 1978 - zunächst in Deutschland, dann in der
Schweiz, wo er seit 1989 ununterbrochen lebt - wegen der Begehung von
Verbrechen und Vergehen vielfach straffällig geworden. Auffallend sind die
zahlreichen Strassenverkehrsdelikte; der Beschwerdeführer wurde sodann
wiederholt wegen Körperverletzung und Nötigung verurteilt (es kann auf die
Zusammenstellung der Delikte auf S. 2 und 3 des angefochtenen Entscheides
verwiesen werden, Art. 36a Abs. 3 OG). Besonders ins Gewicht fallen die in
der Schweiz angeordneten Freiheitsstrafen von rund vier Jahren seit 1996,
darunter diejenige von dreieinhalb Jahren Zuchthaus gemäss Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. Juni 2000 wegen Geiselnahme, Raub,
Gehilfenschaft zu Raub und Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz.

Die formellen Anforderungen für eine Ausweisung von A.X.________ sind nach
dem Gesagten gegeben.

2.3 Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abwägung der berührten Interessen
trägt allen wesentlichen Aspekten hinreichend Rechnung und lässt sich weder
in Bezug auf die Sachverhaltsfeststellung (Art. 105 OG) noch in Bezug auf die
daraus gezogenen Schlussfolgerungen beanstanden. Namentlich kann dem Gericht
nicht vorgeworfen werden, es habe die gegenläufigen Interessen des
Beschwerdeführers und diejenigen seiner Familie nur ungenügend gewürdigt. Für
die vor Bundesgericht geltend gemachten "massiven Angst- und Panikzustände
sowie Depressionen" der Ehefrau bestehen in den Akten keine Anhaltspunkte.
Zudem ist es grundsätzlich unzulässig, neue tatsächliche Behauptungen und
neue Beweismittel erst im letztinstanzlichen Verfahren vorzubringen, obwohl
diese schon im kantonalen Beschwerdeverfahren hätten geltend gemacht werden
können (vgl. zum Novenverbot BGE 114 Ib 27 E. 8b S. 33). Der Umstand, dass
der 12-jährige Sohn B.X.________ heute noch "mit den gleichen Schulkameraden
und Lehrern weiter verbleiben kann", steht der Feststellung des
Verwaltungsgerichts, dass für B.X.________ - ob im In- oder Ausland - mit dem
Übertritt in die Oberstufe ohnehin ein Wechsel des ganzen schulischen Umfelds
anstehen dürfte, nicht entgegen. Ebenso wenig begründet ist die Rüge, die
Beschwerdeführer hätten nicht mit der Ausweisung des Ehemannes und Vaters
rechnen müssen, weil diesem noch am 15. Dezember 2000 die
Niederlassungsbewilligung erteilt worden sei und die Fremdenpolizei die
bevorstehende Ausweisung "nie klar dargestellt" habe. A.X.________ besitzt
die Niederlassungsbewilligung seit 1994; am 15. Dezember 2000 ging es
offensichtlich nur um die Verlängerung der Kontrollfrist. Des Weiteren war
der Beschwerdeführer bereits am 3. März 1989 verwarnt worden (unter
ausdrücklicher Androhung der "Wegweisung"). Auch eine zweite Verwarnung im
Februar 1997 hielt ihn nicht von der Begehung weiterer schwerer Delikte ab,
obwohl ihm bereits damals "schwerer wiegende fremdenpolizeiliche Massnahmen"
in Aussicht gestellt wurden. Schliesslich wurden die Beschwerdeführer
vorliegend auch ausdrücklich im Hinblick auf "fremdenpolizeiliche
Entfernungsmassnahmen" befragt (vgl. Protokolle vom 9./13. Dezember 2000 bzw.
vom 17./19. Januar 2001). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
durch die kantonale Behörde bzw. ein widersprüchliches Verhalten derselben
ist nicht ersichtlich.

Wenn das Verwaltungsgericht angesichts der persönlichen und familiären
Verhältnisse des Beschwerdeführers einerseits und dessen Verschulden
andererseits den Schluss zog, die privaten Interessen am Verbleib in der
Schweiz vermöchten das öffentliche Interesse an einer Entfernung und
Fernhaltung nicht zu überwiegen, so erweist sich dies nach dem Gesagten als
bundesrechtskonform. Dies gilt im Übrigen auch für die Dauer der Ausweisung.

2.4 An dieser Beurteilung vermag das Inkrafttreten des Abkommens zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
(Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681, AS 2002 1529) am 1. Juni 2002
nichts zu ändern. Der Ausweisungsgrund der gerichtlichen Bestrafung wegen
eines Verbrechens oder Vergehens (Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG ) ist mit dem
Freizügigkeitsabkommen vereinbar (Andreas Zünd, in:
Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Rz 6.41), wobei die
strafrechtliche Verurteilung für sich genommen nicht ausreicht, sondern
darüber hinaus zu würdigen ist, ob eine gegenwärtige tatsächliche und
hinreichend schwere Gefährdung vorliegt (Zünd, a.a.O., mit Hinweisen).
Solches trifft für den Beschwerdeführer A.X.________ zu: Art und Häufigkeit
der im Laufe der Jahre begangenen, immer schwerer wiegenden Straftaten lassen
darauf schliessen, dass er - zumindest für die Dauer der verfügten Ausweisung
- noch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt (vgl.
Art. 5 Anhang I Freizügigkeitsabkommen).

3.
Die offensichtlich unbegründete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist im
vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen.

Dementsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt,
unter solidarischer Haftung.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht (2. Kammer) des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Januar 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: