Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.423/2002
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2A.423/2002 /bmt

Urteil vom 12. September 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

A. ________, geb. 1969,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger, Bahnhofplatz
1, Postfach 1548, 5401 Baden,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, 4500 Solothurn, vertreten durch
das Amt für öffentliche Sicherheit des Kantons Solothurn, Ambassadorenhof,
4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4502 Solothurn.

Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Solothurn vom 29. Juli 2002.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die 1969 geborene türkische Staatsangehörige A.________ heiratete am 24.
Januar 2001 in der Türkei den schweizerisch-türkischen Doppelbürger
B.________. Am 7. Juni 2001 reiste sie zu ihrem Ehemann in die Schweiz ein
und erhielt gestützt auf die Heirat mit einem Schweizer (Art. 7 ANAG) die
Aufenthaltsbewilligung. Die eheliche Wohngemeinschaft wurde nach wenigen
Monaten (Ende August 2001) aufgegeben. Im Rahmen des von der Ehefrau
angestrebten Eheschutzverfahrens wurde mit Entscheid des Amtsgerichts
Olten-Gösgen vom 17. Dezember 2001 das Getrenntleben zwischen den Ehegatten
festgestellt und der Ehemann zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen
verpflichtet. Parallel dazu strengte der Ehemann in Istanbul ein
Scheidungsverfahren an. (Offenbar) seit anfangs März 2002 hat sich der
Ehemann nach der Türkei abgemeldet.

Gestützt auf diesen Sachverhalt stellte das Amt für Ausländerfragen des
Kantons Solothurn fest, dass A.________ weder gestützt auf Art. 7 ANAG noch
auf Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbewilligung beanspruchen könne. Mit Verfügung
vom 5. Juni 2002 wurde ihr Begehren um Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung abgelehnt und sie aus dem Gebiet des Kantons Solothurn
weggewiesen, unter Ansetzen einer Ausreisefrist per 30. Juni 2002. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wies mit Urteil vom 29. Juli 2002
die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 2. September 2002 beantragt A.________,
der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 29. Juli 2002
sei vollumfänglich aufzuheben und es sei ihr die Aufenthaltsbewilligung zu
verlängern.

Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind die kantonalen Akten
eingeholt worden.

2.
2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.
Art. 7 Abs. 2 ANAG hält fest, dass kein Anspruch besteht, wenn die Ehe
eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung
von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer
zu umgehen.

Art. 7 Abs. 2 ANAG bezieht sich auf die so genannte Scheinehe; ein
Bewilligungsanspruch soll nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift dann
nicht bestehen, wenn schon zum Vornherein nie der Wille bestand, eine Ehe
einzugehen, und der einzige Zweck der Heirat darin besteht, einem Ausländer
zu einer fremdenpolizeilichen Bewilligung zu verhelfen. Nach feststehender
bundesgerichtlicher Rechtsprechung soll darüber hinaus der Ausländer auch
dann keine Bewilligung gestützt auf Art. 7 ANAG beanspruchen können, wenn er
sich im fremdenpolizeirechtlichen Verfahren auf eine Ehe beruft, die
möglicherweise ursprünglich als solche gewollt war, welche nunmehr aber nur
noch formell besteht oder aufrecht erhalten wird mit dem alleinigen Ziel, dem
Ausländer eine Anwesenheitsbewilligung zu verschaffen. Die Berufung auf die
Ehe ist in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich. So verhält es sich, wenn
die Ehegatten getrennt leben und mit einer Wiederaufnahme einer ehelichen
Gemeinschaft offensichtlich nicht mehr zu rechnen ist, wobei es auf die
Ursache der Trennung der Ehegatten nicht ankommt. Die Berufung auf die Ehe
läuft in einem solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig losgelöst von
der Aussicht auf ein irgendwie geartetes Zusammenleben mit dem
schweizerischen Ehegatten den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen; auf
eine derartige Beanspruchung des Aufenthaltsrechts des ausländischen
Ehegatten in der Schweiz ist Art. 7 ANAG nicht ausgerichtet (BGE 127 II 49 E.
5 S. 56 ff., mit Hinweisen auf nicht veröffentlichte Urteile des
Bundesgerichts).

2.2  Dafür, dass es dem um Bewilligung ersuchenden Ausländer nicht (mehr) um
das Führen einer eigentlichen Lebensgemeinschaft geht, sondern dass er die
Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung umgehen will, sind konkrete
Hinweise erforderlich. Wie es sich damit verhält, entzieht sich in der Regel
dem direkten Beweis und ist oft - wie bei der eigentlichen Scheinehe (vgl.
BGE 122 II 289 E. 2b S. 295) oder früher bei der Bürgerrechtsehe (vgl. BGE 98
II 1 ff.) - nur durch Indizien zu erstellen (BGE 127 II 49 E. 5a S. 57).
Feststellungen über das Bestehen solcher Indizien können äussere
Gegebenheiten, aber auch innere, psychische Vorgänge betreffen (Wille der
Ehegatten); es handelt sich so oder anders um tatsächliche Gegebenheiten (BGE
98 II 1 E. 2a S. 6; vgl. auch BGE 125 IV 242 E. 3c S. 252; 119 IV 242 E. 2c
S. 248; 95 II 143 E. 1 S. 146).

Tatsächliche Feststellungen binden das Bundesgericht, wenn eine richterliche
Behörde - wie vorliegend das Verwaltungsgericht - als Vorinstanz den
Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt hat (Art. 105 Abs. 2
OG).

Ausgeschlossen ist im Übrigen die Rüge der Unangemessenheit (vgl. Art. 104
lit. c Ziff. 3 OG).

2.3  Das Verwaltungsgericht ist in seinem Urteil von den dargestellten, zu
Art. 7 ANAG entwickelten Grundsätzen ausgegangen und hat gestützt darauf
erkannt, dass die Beschwerdeführerin sich im fremdenpolizeirechtlichen
Verfahren rechtsmissbräuchlich auf die Ehe berufe. Die
Tatsachenfeststellungen, die es seinem Urteil zugrunde gelegt  hat (S. 5),
sind im Lichte von Art. 105 Abs. 2 OG nicht zu beanstanden. Insbesondere
durfte es angesichts des kurzen ehelichen Zusammenlebens und der Entwicklung
der Verhältnisse seit Ende August 2001 den Schluss ziehen, dass mit der
Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft realistischerweise nicht mehr zu
rechnen ist und auch die Beschwerdeführerin selber davon auszugehen hat.
Damit aber trifft es zu, dass die Geltendmachung einer Aufenthaltsbewilligung
gestützt auf Art. 7 ANAG vorliegend rechtsmissbräuchlich ist. Es kann hiefür
auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden
(vgl. Art. 36a Abs. 3 OG), denen nichts beizufügen ist.

Da keine intakte, tatsächlich gelebte eheliche Beziehung zwischen der
Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann besteht, kann sich die
Beschwerdeführerin sodann im Hinblick auf die Bewilligungsverlängerung zum
Vornherein auch nicht auf Art. 8 EMRK berufen (BGE 127 II 60 E. 1d/aa S. 64
f.).
2.4  Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich nach dem Gesagten als
offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG)
abzuweisen.

Mit dem vorliegenden Urteil in der Sache selbst wird das Gesuch, der
Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, gegenstandslos.

2.5  Die Beschwerdeführerin stellt das Gesuch, es sei ihr für das
bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung zu gewähren. Voraussetzung dafür ist insbesondere, das ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 152 Abs. 1 OG). Wie die
vorstehenden Erwägungen zeigen, hatte die Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine
ernsthaften Erfolgsaussichten. Das Gesuch ist daher abzuweisen. Entsprechend
dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 i.V.m. Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Departement des Innern des
Kantons Solothurn und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem
Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. September 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: